Metalfest Open Air 2010 - Dessau

02.06.2010 | 09:50

13.05.2010, Flughafen

Bei all dem Nackenschmerzen und Gänsehaut erzeugenden Metal bleibt nur eins zu sagen: "Always Hail Satan" (Zitat von URGEHAL).

Nach einer weiteren kalten Nacht, gibt es am Freitagmorgen wieder schnelles Geschrammel mit Gegrowle von der Bremer Death-Metal-Band DEATHRIP. Ziemlich rhythmisch, so dass es gut ist, um sich etwas zu bewegen und damit etwas aufzuwärmen. Dennoch nichts besonderes, dafür klingen die Songs, darunter 'Battlefield', ziemlich gleich. Möglicherweise erklärt das die skeptischen Blicke des stark gepiercten Sängers Säbel. Aber Säbel ist überrascht, dass doch ein paar, wohl rund 150 Leute, vor der Bühne stehen, denn immerhin ist es "noch mitten in der Nacht". Applaus gibt es am Ende dennoch für die Jungs.

Positiv begrüßt werden auch SAXORIOR. Die Black-Metaller aus Pirna scheinen ihre eigene kleine Fangemeinde vor der Bühne zu haben, besonders der Name von Bassist Tom, der liebevoll "Pommes" genannt wird und mit seiner Frisur an Wolfgang Petry erinnert, ist immer wieder zu hören. Doch die Fans mögen die Jungs mit ihren schnellen Gitarrenriffs und dem teilweise hohen Gesang. Netter Black Metal für den die Fans doch am Ende gerne die "Pommesgabeln" zeigen.

Mit einer heroischen Melodie beginnen PAINFUL aus Baden-Württemberg ihren Auftritt. Mit hoher Krächzstimme schreit Sänger Mike: "Come on, scream for me!" Keiner reagiert. Dafür geht es energisch los, kraftvolle Drums und tiefes Gegrowle. Eine an sich nette Mischung aus Black und Death Metal. Ebenso heroisch wie die Eingangsmelodie ist die Körpersprache des Sängers, der immer wieder die Hände nach oben hebt. Doch auch bei PAINFUL scheinen die Songs, darunter 'Rest In Pieces', doch recht ähnlich zu klingen. Dennoch gibt es einige Besucher, die ihre Mähnen schwingen. Bleibt nur die Frage, ob ihnen die Musik so gut gefiel oder sie sich mal wieder aufwärmen mussten.
[Franziska Böhl]

Großes Kino am frühen Nachmittag. Nachdem PAINFUL für faulige Ohren sorgen, kommen mit URGEHAL die heimlichen Headliner auf die Bühne. Old-School-Rumpel-Black Metal mit Texten á la "La La La La La – Satan! – Da Da Da" lässt die Kehlen im Bier ertrinken und die Stimmung vor der Bühne in unbekannte Höhen schießen. Wer einen Song 'Satanic Black Metal In Hell' nennt und mit den Worten "Always Hail Satan" die Bühne verlässt, hat den Preis für den kultigsten Auftritt sicher in der Tasche.
[Enrico Ahlig]

Die Coburger Band VARG wird vom gesamten Publikum mit erhobenen Hörnern begrüßt. Trotz ihrer Medienpräsenz scheinen die Jungs bei den Festivalbesuchern also hoch im Kurs zu stehen. Vier brennende Fackeln zieren die Bühne an diesem Freitagmorgen. Mit 'Viel Feind Viel Ehr' vom neusten Album "Blutaar" werden die Gäste sofort mitgerissen. Verschlafene Gesichter lassen ihre Haare kreisen und wachen mehr und mehr auf.

Ein Sauflied soll auch noch die letzten Lebensgeister hervor locken und 'Skål' wird angestimmt. Die Rot-Schwarz bemalte Band hat ihre Fans gut im Griff! Auch der nächste Titel ist dem Publikum gut bekannt und der Chorus wird von fast allen lauthals mitgesungen. Als Highlight des Tages folgt die Vorstellung eines neuen Liedes. Das neue Stück startet sanft mit Gitarre. Nach wenigen Takten stellt sich die vermeintliche Ballade jedoch als knallhart heraus und unter hämmernden Drums wehen aller Orts die Haare. Für ein weiteres Stück reicht die Zeit noch 'Sieg Oder Niedergang' bildet den Abschluss der Darbietung und die Band lässt sich von der begeisterten Menge feiern.

Als nächstes beehren VADER das Metalfest. Nach 24 Jahren Erfahrung kann man von den Polen einen starken Auftritt erwarten. Als Piotr mit seiner Band die Bühne betritt werden sie lautstark von den Gästen empfangen. Es steht ein Death-Metal-Inferno bevor, welches sogar die Schlachtfreude von BOLT THROWER übertrumpfen wird.

Wiwczarek begrüßt das Metalfest mit "Deutschland!" und leitet die ersten Takte von 'This Is The War' ein. Brachial hämmert das Schlagzeug und die Gitarren kreischen. Peter glänzt fast als eine Ein-Mann-Show. Er grunzt gekonnt seine Vocals und spielt die Soli sauber. Nebenbei spielt er mit der Menge als wäre das Publikum mit seinen Händen verbunden. Jede Geste führt zu Moshpits, mehr Crowdsurfern oder heizt die Banger mehr an. Nach dem starken Opener kommen ein paar Titel vom neuen Album "Necropolis". Selten hat man die Gelegenheit ein so Abwechslungsreiches Death-Metal-Inferno zu erleben. Nach einigen weiteren Liedern wünscht Peter Dessau noch einen "Schönen Abend" und verlässt die Bühne.
[Stefan Brätsch]

Nach der polnischen Walze kommen die Spielleute von CORVUS CORAX gerade recht, um mal wieder die Trötenfraktion zu unterhalten. Ganz ehrlich: Niemand hat vorher geglaubt, mit welcher Leichtigkeit Teufel und seine Kollegen die Metaller um den Finger wickeln. Eine große Polonaise startet gleich zu Beginn. Tja, hier hat der Wahnsinn eben Methode. Dennoch gehen abseits der Hauptbühne die Finger doch eher in die Ohren. Eine Tröte ist eben keine Gitarre und ein Teufel noch lange kein Satanic Black Metal In Hell.

Mittlerweile hat der Nieselregen weiter zugenommen. Doch mehr als ein paar Liebeströpfchen vom Himmel kommen auch bei EPICA noch nicht ins Erdenreich. Frontfrau Simone friert sichtlich und hat sich leider auch dick eingepackt – zur Trauer aller männlichen Fans. Doch auch bei fast einstelligen Temperaturen heizen Songs wie 'Sensorium', 'Sancta Terra' oder dem abschließenden 'Consign To Oblivion' mächtig ein und lassen im Herzen die Sonne aufgehen.
[Enrico Ahlig]

Da ein wenig Satanismus noch niemandem geschadet hat, bleiben dem Regen zum Trotz wenigstens ein paar Leute, um sich die Gottesmörder von DEICIDE anzuschauen. Glen Benton zeigt vom ersten Song an eine beeindruckende astreine Stimmgewalt. Die Gästeschar ist wild am Bangen und schon tauchen die ersten Crowdsurfer auf und werden im Bühnengraben vom Sicherheitspersonal entgegen genommen. So hat ein Death-Metal-Konzert zu starten: von Anfang an mit vollen Kanonen aus den Boxen! Die Show wird gnadenlos durchgezogen, überall kreisen Haare. Manche Banger fegen mir ihrer Haarpracht sogar den schlammigen Boden, doch das scheint niemanden zu stören. Das Publikum rastet zu 'Sacrificial Suicide' endgültig aus. Nach einem weiterem Titel ist die Darbietung leider schon zu Ende. Erschöpfte Menschen ziehen zurück zu ihren Zelten, es findet wieder ein fast vollständiger Publikumswechsel statt.

Währenddessen bietet der Hangar Schutz vor Regen und Kälte. Dennoch stehen wohl alle vor der Mainstage, denn der Hangar ist fast leer. Zu MYSTIC PROPHECY finden sich sehr wenige Besucher ein. Amerikanischer Power Metal aus Deutschland scheint nicht im Zeitgeist zu liegen, zumindest nicht im Vergleich zur Musik von FINNTROLL und ELUVEITIE, welche zeitgleich auf der Mainstage stehen. Die erste Reihe steht tapfer vor der Bühne und wartet auf die Deutsche Band um Sänger Roberto Liapakis. Die Musiker werden vom spärlichen Publikum lautstark begrüßt. Zum Opener erklingt Robertos herrliche Stimme und heizt die Fans gehörig an. Leider ist der Hangar mit so wenigen Besuchern eine akustische Katastrophe und der Hall verursacht unerträgliche Ohrenschmerzen. Sänger und Gitarristen spurten eingeübt über die Bühne und posieren gekonnt für das Publikum. Die Band lässt sich von der geringen Besucherzahl gar nicht irritieren und fährt ihr volles Programm auf. Voller Spielfreude folgt ein Lied dem anderen und das Publikum wird tatkräftig mit eingebunden. Roberto feuert den Drummer an, Constantine und Markus spielen sich gegenseitig an. Alles wirkt gewohnt und trotzdem nicht gekünstelt. Wer eine gute Show und spitzen Laune haben will, muss zu MYSTIC PROPHECY gehen! Die Musiker stimmen noch einige bekannte Lieder an und werden dann unter Jubel und Geklatsche von der Bühne entlassen.
[Stefan Brätsch]

Nach Ritualmusikern und umgedrehten Kreuzen ist nun Zeit für die Pagan Alliance, bestehend aus FINNTROLL und ELUVEITIE. Wenn selbst die Jungs der beteiligten Plattenfirmen wenige Stunden vor diesem Gig nicht wissen, was sich genau abspielen wird, dann kann es nur gut werden. Und so verläuft der knapp zweistündige Gig nicht nach normalen Mustern. Zu Beginn kommen während eines gemeinsamen Intros beide Bands auf die Bühne, während danach abwechselnd und teilweise auch gemeinsam Songs von ELUVEITIE und FINNTROLL aus den Boxen geschossen werden. Dabei wird es oftmals ziemlich voll auf der Bühne, denn 14 Leute müssen erstmal untergebracht werden.

Jedoch muss man ELUVEITIE heute den Tagessieg attestieren. Denn Songs wie 'Omnos' oder 'Nil' können zwar partytechnisch den Humppa-Hymnen der Finnen nicht das Wasser reichen, soundtechnisch aber mächtig punkten. Während es bei FINNTROLL etwas dumpf um die Ohren rumpelt, legen die Schweizer einen satten und klaren Sound auf die Bretter. Nach zwei Stunden und dem gemeinsam intonierten 'Trollhamaren' verabschieden sich die Musiker überglücklich von ihren Fans und zischen schon auf der Treppe die ersten Feierabendbiere. Prost!
[Enrico Ahlig]

Zu TESTAMENT wurde die Bühne komplett umgestaltet. Das Drumset befindet sich nun auf einem hohen Podest weit über der restlichen Bühne. Mit weiteren Risern wurde eine breite Treppe improvisiert. Chuck Billy eröffnet vom Podest aus mit 'More Than Meets The Eye' vom aktuellen Album. Gitarrensoli spielt er spielerisch mit seinem Mikrofonständer mit, den er auch bei längeren Märschen über die Treppe nicht aus den Händen gibt. Die Festivalgäste lassen sich voll auf TESTAMENT ein und bangen trotz stärker werdendem Regen unbeirrt auf dem Festivalgelände. Die Standfestigkeit der Fans wird mit einem mitfühlenden "You guys have a good time out there in the rain?", von Billy gewürdigt. Die Antwort ist lautes Gejubel und Geklatsche. TESTAMENT belohnen das Publikum mit einem sauber gespielten Brett nach dem anderen. Die Lichtshow untermalt die kniffeligen Soli und das schnelle Drumming in passenden Farbtönen. Hierbei hat jeder Song seine eigene Farbkombination. Die Menge wird weiter angeheizt und die Stimmng steigert sich von Stück zu Stück. Das Finale bildet 'D.N.R.' vom vorletztem Album, der elf Jahre alten "The Gathering"-Scheibe und TESTAMENT verabschieden sich aus Deutschland.
[Stefan Brätsch]

Etwas verspätet betreten im Hangar noch die niederländischen Pagan- und Folk-Metaller von HEIDEVOLK als letzte Band an diesem Freitagabend die Bühne. Noch einmal wird es richtig heroisch und episch. Die Jungs geben Vollgas, schütteln gerne auch mal zu den schnellen Gitarrenriffs ihre Mähnen oder spielen Luftgitarre, animieren das Publikum mit "Hoi"-Rufen und fröhnen dem "Sachsengott"
[Franziska Böhl]

Redakteur:
Franziska Böhl

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