Eier mit Speck 2010 - Viersen

07.10.2010 | 20:38

23.07.2010, Hoher Busch

Cholesterinhaltiges Frühstück für saftige Bands.

Der englische Abend ist eröffnet: Als Co-Headliner stehen für heute Abend die Progrocker von der Insel an. PINEAPPLE THIEF bieten modernen psychedelischen Rock mit melodischen Gesangparts, die oftmals an Steven Wilson von PORCUPINE TREE erinnern. Die Schulfreunde um Frontmann Bruce Soord präsentieren ältere Stücke wie das theatralische 'Too Much To Lose' mit beachtlicher Länge von fünfzehn Minuten, das schnellere 'Preparation For Meltdown' oder auch den über YouTube bekannt gewordenen Track 'Shoot First'. Es wird also einmal quer durch die Alben der letzten Jahre gespielt und somit eine gute Mischung aus sphärischen Sounds und treibenden Passagen geboten. Dabei wirkt die Band sehr introvertiert, nur Soord zeigt gelegentlich seine beeindruckenden Fähigkeiten an den Saiten. Aber stille Wasser sind tief, denn alle vier Akteure bearbeiten ihr Instrument auf höchstem Niveau, und die Songs wirken dadurch astrein.

Doch trotz aufwändiger Lichtshow und musikalischen Anspruchs will der Funke nicht ganz auf das Publikum überspringen. Die Jungs sind gewillt, ihr Verständnis von Rockmusik rüberzubringen, doch die langen Instrumental-Parts und abgefahrenen bewusstseinserweiternden Gitarrenmomente finden nicht den gedachten Anklang. Die Instrumente werden zu sehr in den Vordergrund gestellt, und für viele Zuhörer wirkt dies wie ein schlechter Trip. Zu schwere Kost für den frühen Abend?

Trotzdem: Wer auf berauschenden Progrock als Sinneserlebnis steht, sollte dieser Gruppe auf jeden Fall eine Chance geben und mal reinhören. Einfach Augen und zu und die Seele baumeln lassen. Für mich der Geheimtipp des Festivals!
[Markus Großheim]

And now it's time for PARADISE LOST! Mit ein paar Minuten Verspätung betreten die Gothic-Rocker die Festivalbühne als zweiter Headliner des Festivals und ... enttäuschen. Sicher, was die Engländer da bieten, ist in der Tat nicht schlecht, aber nicht mal ansatzweise so gut, wie ein Name wie PARADISE LOST nun mal verspricht, selbst wenn ein paar Unbeirrte die Mängel nicht interessieren und sie zu der Musik des Fünfergespanns mitgehen.

Das Quintett muss sich mit wirklich schlechtem Sound herumschlagen. Außerdem ist der Gesang viel zu leise, wobei sich beides im Verlauf des Gigs auch nicht so recht bessert. Den Soundmann scheint dieses Defizit auch nicht weiter zu interessieren. Der Radius der einzelnen Musiker wirkt auch sehr stark begrenzt; viel holen die klasse Lichteffekte, der Nebel und die Bühnengestaltung raus. Dies sorgt für den Großteil der düsteren Atmosphäre.

PARADISE LOST spielen ihr übliches Best-of-Programm mit Titeln wie 'Pity The Sadness' aus dem von 1992 stammenden Album "Shades Of God", der Bandhymne 'As I Die', 'Erased', 'The Enemy' oder 'One Second'.

Gespickt ist der mit gut 75 Minuten viel zu kurze Auftritt mit vier Songs aus dem aktuellen Album "Faith Divides Us – Death Unites Us": 'I Remain', 'Frailty', die Einstiegsnummer 'Rise Of The Denial' und der Titeltrack.

Nachdem die Besuchermenge mit 'Say Just Words' rausgeschmissen wird, macht sich Ernüchterung breit. Hier wäre deutlich mehr drin gewesen; die Ansprüche waren (zu Recht) hoch. Was bleibt, ist zwar ein solider Auftritt, der aber heruntergezockt wurde und bei dem Spielfreude, Herz und Motivation zu wünschen übrig ließen.
[Daniel Schmidt]

Aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen war der Besuch des dritten Tages leider nicht möglich.

Unterm Strich darf man den Veranstaltern wieder einmal eine hervorragende Organisation bescheinigen, die ein abwechslungsreiches und teils hochkarätiges Line-up gebucht haben, getreu dem viel zitierten Motto "Alles kann, nix muss". Auch 2010 haben die Hertzblut-Produktionen ein familiäres und entspanntes Festival auf die Beine gestellt, das sich atmosphärisch von manch größerem Event aus dem Sektor abhebt und keine Zielgruppe kennt. Wir freuen uns auf die sechste Auflage 2011!
[Daniel Schmidt]

Alle Livefotos von Dennis Kreuels.

Redakteur:
Daniel Schmidt

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