Amphi Festival - Köln

28.07.2009 | 13:23

18.07.2009, Tanzbrunnen

Rocken, bis der Putz abfällt!

Am Vormittag regnet es wie aus Kübeln, dazu starker Wind. Haben wir schon Herbst? Na ganz toll, das kann ja bei dem Wetter heute lustig werden. Doch Petrus hat ein Einsehen, und bis zum Mittag hellt es auf, und die Sonne zeigt sich sogar ab und an. Die anfänglichen Befürchtungen treten zum Glück nicht ein. Im Gegenteil: Das Wetter ist an diesem Tag ideal. Nicht zu warm oder kalt, und bei den Sonnenstrahlen kann endlich einmal die geniale Strand-Area mit den Liegestühlen und Blick auf den Rhein getestet werden. Von da aus hört man noch gut, was auf der Bühne passiert, besser geht es nicht. Dort hat gerade die PANZER AG losgelegt. COMBICHRIST-Chef Andy LaPlegua, der bereits am Samstag mit "SCANDY" vertreten war, steht jetzt am Mikro und bietet zur frühen Stunde guten Sound zum Munterwerden an.

Derweil sind im Theater ganz andere Töne zu hören. Dort wird schaurig-schöner Horrorpunk von THE OTHER präsentiert. Der Name passt gut, denn mit ihrem Outfit und der Musik sind sie ein wenig die Exoten auf dem Festival. Es gibt in der Show beispielsweise 'The End Of Our Time' und 'Der Tod steht dir gut' auf die Ohren, wobei sich Sänger Rod Usher redlich Mühe gibt, die Menge in Stimmung zu bringen. Leider will der Funke nicht überspringen. Keine Ahnung, ob es an der Müdigkeit des Publikums liegt oder ob es die Musik einfach nicht mag, die Jungs jedenfalls geben ordentlich Gas und hätten bessere Resonanz verdient.

Rockig geht es auf der Hauptbühne bei DELAIN zu. Die Band mit ihrer attraktiven Frontfrau Charlotte Wessels präsentiert eingängigen Gothic Metal à la WITHIN TEMPTATION oder EPICA. Die Mischung finden die Gäste klasse und rocken mit den Holländern gemeinsam ab. Sie geben für die Anwesenden 'The Gathering' oder 'Go Away' zum Besten, was toll mit Applaus honoriert wird.

Mit DIORAMA folgt ein musikalischer Richtungswechsel. Torben Wendt hat jetzt das Vergnügen, die Besucher zu unterhalten, was ihm wunderbar gelingt. Er ist mit einer der ausdruckstärksten Sänger, denn selten lebt jemand die Stimmungen der Musik so aus und fesselt das Publikum regelrecht an seine Person. Selbst wenn man den Sound nicht so sehr mag, ist der Auftritt auf jeden Fall sehenswert. Von daher ist die Begeisterung der Fans nach jedem Stück groß, denen ebenfalls die Freude ins Gesicht geschrieben steht.

Im Anschluss steht mit OMINA im Theater wieder ein musikalisches Kontrastprogramm an, und nach JESUS ON EXTASY gibt es zeitliche Verzögerungen beim Beginn. Der Saal ist ziemlich voll und die Jubelrufe groß, als die holländische Formation erscheint. Die Mikrofonständer sind liebevoll mit Blumen geschmückt, und dazu stehen allerlei Plüschtiere auf der Bühne.

Gestartet wird mit 'Dulaman', und sofort herrscht eine ausgelassene und verträumte Stimmung bei diesen Pagan-Folk-Klängen. Sänger Steve Sic ist ein guter Entertainer und lässt einige Späße los. Mit 'Dance Until We Die' kündigt er einen Rap-Song an, bei dem das böse F-Wort natürlich nicht fehlen darf. Die Anwesenden machen den Spaß mit, und in den vorderen Reihen wird ausgelassen getanzt.

Mit über einer halben Stunde Verspätung beginnt der Auftritt von QNTAL. Zum Anfang ist es noch ganz schön voll in der Halle. Die Verzögerung liegt nicht nur an den vorherigen Auftritten, sondern daran, dass zwei Musiker nicht rechtzeitig in Köln waren, wofür sich Sängerin Syrah zu Beginn entschuldigt. Doch was heute qualitativ geboten wird, ist man von QNTAL nicht gewohnt. Die Töne werden nicht getroffen, die Stimme der Sängerin ist teilweise sehr schwach. Irgendwie scheint heute der Wurm drinzustecken.

Als Konsequenz werden die Zuschauer nach und nach immer weniger, was sicherlich auch daran liegt, dass viele zu UNHEILIG wollen. Als 'Die Rose' erklingt ist bereits ein Viertel der Anwesenden gegangen. Die Verbliebenen genießen jedoch den Auftritt so gut es geht, und als die letzten Töne von 'Entre moi et mon amin' verklungen sind, erwischt es alle kalt. Die Band bekommt gesagt, dass sie jetzt nach knapp dreißig Minuten abbrechen muss und es ihr letzter Song war. Davon sind sie völlig überrumpelt, und es gibt es ein Pfeifkonzert mit lauten "Buh!"-Rufen seitens der Fans. Die Sängerin versucht die Masse zu beschwichtigen, was ihr einigermaßen gelingt. Der Abbruch seitens des Veranstalters ist zwar nachvollziehbar, doch die Art und Weise, wie das geschieht, ist nicht gerade die feine englische Art. Sicher wäre am Set einiges geändert worden, und sie hätten die Zuschauer im Vorfeld dafür sensibilisieren können. Von daher war das heute einfach eine Nullnummer.

Wenn man die Wahl zwischen einem Konzert mit dem Grafen und Oswald Henke hat, fällt die Entscheidung nicht schwer, Letztgenanntem den Vortritt zu geben, besonders wenn zu weißen Kontaktlinsen eine gewisse Abneigung besteht. Unter dem Namen HENKE soll es Songs von GOETHES ERBEN, ERBLAST und ARTWORK geben. Die Vorfreude, vielleicht den einen oder anderen Klassiker zu hören, soll bei weitem übertroffen werden!

Los geht es mit 'Kopfstimme', und Oswald springt wie wild über die Bühne, als hätte man ihn gerade aus dem Käfig gelassen. Später folgen mit 'Eissturm' oder 'Nichts bleibt wie es war' gut bekannte Songs, die allerdings wesentlich rockiger als die Originale klingen. Das neue Soundgewand steht ihnen extrem gut, und die Zuschauer feiern mit der Band eine Party und tanzen ausgelassen. Oder anders gesagt: Oswald lässt heute ein wenig den Metaller heraus, auch wenn er damit stimmlich an seine Grenzen gelangt. Gefühlvoll wird dagegen 'Vermisster Traum' präsentiert, das beim Publikum ebenfalls gut ankommt.

Als sich der Sänger seine Uniformjacke schnappt, wissen die meisten, dass nun der 'Zinnsoldat' folgt, der begeistert empfangen wird. Aus der ARTWORK-Geschichte erklingt mit 'Stadt der Träume' eines der bekanntesten Stücke der Bandgeschichte. Danach holt Oswald einen großen Kerzenleuchter auf die Bühne, den er aber nicht anzünden darf, weil er sonst rausgeschmissen wird. Also bleibt er eben so stehen, was niemanden stört, da mit 'Schwarzes Wesen' und 'Sitz der Gnade' zwei weitere Knaller folgen.

Danach verschwindet der Sänger kurz, um sich in einen weißen Overall zu kleiden. Zum letzten Stück wird ein wenig mit roter Farbe gearbeitet. Am Schluss treten die Musiker allmählich nach vorn, um die Anwesenden mit Seifenblasen zu erfreuen. Damit neigt sich ein einzigartiger Auftritt dem Ende entgegen, der schnell zu unserem Highlight des Festivals wird.

Trotz des abrupten Endes des QNTAL-Konzerts beginnen KMFDM fast wieder eine halbe Stunde später als geplant. Sehr zum Leidwesen der Fans, da sich der Auftritt mit dem von FRONT 242 noch mehr überschneidet. Es wiederholt sich also das Schauspiel. Zu Beginn ist der Laden voll, und nach und nach wird es leerer. Das liegt nun aber in keiner Weise an der Band. Die beginnt mit 'D.I.Y.', und sofort ist die Stimmung hervorragend.

Sie lassen sich nicht lumpen und präsentieren allerlei bekannte Songs, und die Zuschauer können ausgiebig tanzen und feiern. Bei diesem Sound hält es keinen ruhig. 'Hau Ruck' oder 'Potz Blitz' gibt es beispielsweise auf die Ohren, und dass es leerer wird, freut einige, denn sie haben jetzt mehr Platz zum Tanzen. Mit 'Love Is Like' geht dann ein sehr schweißtreibender Auftritt zu Ende, der viele freudestrahlende Gesichter hinterlässt.

Jetzt aber schnell hinaus, um wenigstens noch ein wenig von FRONT 242 mitzubekommen! Erst einmal an das Licht gewöhnen, obwohl es schon etwas dunkel ist. Rund um die Bühne haben sich fast alle Besucher versammelt, um den Electro-Helden als letztem Act zu lauschen. In den vorderen Reihen wird ausgelassen getanzt, während die Zuschauer weiter hinten einfach die Musik genießen. Ein absolut toller Ausklang. Damit neigt sich für uns ein sehr schönes Festivalwochenende seinem Ende entgegen. Leider können wir die Show von THE GATHERING und CAMOUFLAGE nicht mehr anschauen, da es die Zeit nicht zulässt.

Das Resümee unseres Debüts im Kölner Tanzbrunnen fällt überaus positiv aus. Trotz des Vorfalls in der Halle haben die Macher schnell reagiert und eine absolut vertretbare Lösung gefunden, wenn auch ein wenig mehr Information vor dem Theater am Samstag wünschenswert gewesen wäre. Ein großes Lob geht auch an die Security, vor allem an die Kollegen, die im Theater die Fotografen koordinierten. Das funktionierte reibungslos, und sie waren bestrebt, dass alles passt. Ein Fakt, der nicht immer selbstverständlich ist.

Das Gelände entpuppte sich für uns "Neulinge" als sehr angenehm und stressfrei, was in Kombination mit guten Bands sicherlich einen Besuch im nächsten Jahr mit sich bringt. Etwas ungünstig war dagegen die Gestaltung des Line-ups auf beiden Bühnen. Hier spielten oft Bands desselben Musikgenres gleichzeitig. In Anbetracht der Vielfalt wäre eine bessere Verteilung angebracht gewesen. Weiterhin war die Zeitüberschneidung einiger Auftritte relativ groß, so dass man meist mehr als nur zwei Songs verpasste. Nicht so recht verstehen kann ich auch, warum das Programm am Sonntag planmäßig länger gehen sollte als am Samstag.

Die Verpflegungspreise hätten auch ruhig etwas niedriger ausfallen können, gerade in Anbetracht der Tatsache, dass das Mitbringen von Lebensmitteln nicht erlaubt war. Doch genug der Kritik, die vielmehr als Anregung für das kommende Jahr zu sehen ist. Alles in allem war es ein gelungenes Festival mit tollen Auftritten, lustigen Begebenheiten, das uns gut in Erinnerung bleiben wird.

Redakteur:
Swen Reuter

Login

Neu registrieren