70000tons of Metal - Miami - Georgetown - Miami

11.05.2012 | 20:40

23.01.2012, MS MAJESTY OF THE SEAS

Please stay on board and Rock!

Der Dienstag beginnt für uns irgendwie relativ spät, so dass wir das Frühstück verpassen und gleich zum Mittagessen übergehen. Danach folgt die Mission "Festival-T-Shirt" ergattern. Im vergangenen Jahr hatte sich der Veranstalter total verplant und die Obertrikotagen waren bereits nach wenigen Stunden über den Tisch gegangen. Der Verkauf sollte bereits am Montagabend losgehen, doch daraus wurde nichts. Also bilden sich vor den zwei Verkaufsständen riesige Schlangen, denn irgendwie hat jeder Angst, nichts mehr abzubekommen. Aber dieses Mal hat man sich gut bevorratet, doch mit 30 Dollar pro Shirt ist das nicht gerade eine preiswerte Angelegenheit. Da kann man daneben gleich eine Gelddruckmaschine stellen. Naja, was soll's, ein Andenken an die Reise muss schon sein.

Nach gut zwei Stunden ist die Mission erfüllt und es geht weiter zu den Interviews. Da es auf hoher See mit dem Handyempfang schlecht aussieht, werden die Informationen zu den Interviewterminen kurzerhand per Zettel durch die Kabinentür geschoben. Tja, einfach aber praktisch.
[Swen Reuter]

Für uns steht ein Plausch mit den beiden NIGHTWISH-Protagonisten Tuomas und Marko und THERION-Mastermind Christofer Johnsson auf dem Programm. Zuerst treffen wir uns mit den beiden Männern der finnischen Erfolgsband schlechthin und bekommen einen Interviewraum zugeteilt in Form einer leeren Kabine. Artig gratulieren wir zuerst zur goldenen Schallplatte in Deutschland, was die NIGHTWISH-Jungs folgendermaßen kommentieren: "Vielen Dank und vor allem vielen Dank Deutschland. Ohne euch wären wir nicht dort, wo wir jetzt sind. Das waren wirklich tolle Nachrichten. Und das schon fünf Wochen nach Verkaufsstart - Wahnsinn!"

Was uns natürlich interessiert ist wie man die Kreuzfahrt als Band erlebt, ob es mehr Urlaub ist oder am Ende doch harte Arbeit? Ein leicht ironischer Unterton ist bei Toumas herauszuhören: "Ja, ist schon stressig hier. Den ganzen Tag von früh bis spät ist man auf Achse, trifft nette Leute und muss auch zwischendurch noch Shows spielen." "Das musst gerade Du sagen, mit deiner doppelten Rum-Cola!", lautet Markos berechtigter Einwurf. "Das werde ich auch nicht mehr bestellen.", so die passende Antwort. Die ernste Antwort lautet dann: "Nein, wir waren gleich begeistert, als wir von der Anfrage hörten. Es ist eine lustige, vor allem neue Sache. Ich bin das erste Mal auf einer Kreuzfahrt und dann auch noch in der Karibik - warum also nicht?"

Die Frage nach den Auswirkungen des leicht wackelnden Schiffs auf der Bühne ist von Marko auch gleich beantwortet: "Ja, das merkt man schon ein wenig. Ich lehne mich gern mal etwas nach hinten, und dann schwankt man so. Man weiß nicht, ob es das Schiff ist oder ob man selbst ein wenig den Gleichgewichtssinn verloren hat." Der zweite Gig wird am Mittwoch auf dem Pool Deck sein. Das lässt sich Tuomas nicht nehmen, um noch hinzuzufügen, dass das dem Wort Stagediving eine völlig neue Bedeutung gibt. Zum Schluss noch die Frage, was denn für sie die Bands sind, die unbedingt noch gesehen werden müssen, wenn man hier schon einmal die Zeit dafür hat. Für Toumas ganz klar: "AMORPHIS, STRATOVAROUS, CHILDREN OF BODOM, VENOM, MY DYING BRIDE und THERION." So verabschieden wir uns dann von den beiden, noch schnell ein Foto gemacht und auf geht's in die nächste Kabine.

Obwohl, es ist dieselbe Kabine - strenggenommen. Wir müssen noch ein wenig auf Herrn Johnsson warten, weil er sich leicht verspätet. "Sorry, ich habe noch ein bisschen an den neuen Stücken geprobt", ist die Entschuldigung des gutgelaunten Bandchefs. "Für uns als Band ist das hier fast das Beste, was uns passieren konnte. Wir haben Bandmitglieder, die überall auf der Welt leben. Wir sehen uns hier mal in Ruhe einige Tage am Stück, machen 3 Tage Urlaub und spielen zwischendurch noch 2 Shows. Leider konnten wir nicht wirklich proben, aber wir werden die bekanntesten und älteren Stücke spielen, die so auf die Schnelle jeder wieder im Kopf hat. Und wie gesagt, wir besprechen ein wenig das neue Album. Es wird Zeit für etwas Neues im 25. Jahr Bandgeschichte.", sind die ersten, entspannten Worte des Mannes in Jeans und T-Shirt. "Mir gefällt die Sache hier richtig gut, alle sind entspannt. Auch das Verhältnis zwischen Band und Fans ist hier sehr angenehm. Keiner muss Angst haben, uns irgendwann verpasst zu haben, wir sind ja die ganze Zeit da."

Wir kommen auf den hohen Anteil deutscher Besucher bei der Cruise zu sprechen und so toll das auch ist, so sollten uns die Worte von Christofer zu denken geben: "Deutschland war früher das Metal-Land Nummer 1. Aber im Moment ändert sich das rasant. Vor einigen Jahren noch, hatten wir in Deutschland 8 bis 10 Gigs auf einer Tour. Heute gibt es nur noch 1 bis 2 Zwischenstopps auf der Durchreise von Frankreich nach Polen. Dafür ist damals kaum jemand nach Frankreich gefahren. Zudem werden die Hallen in Deutschland immer kleiner, oder man hat Schwierigkeiten, sie zu füllen." Also Leute, es gibt einen Ruf zu verlieren! Hintern hoch und ab in die Konzerthallen! Und das bitte nicht nur zu den großen Bands, sondern auch mal den Untergrund live vor Ort checken - es lohnt sich. Für Johnsson ist einer der Gründe Youtube-HD. "Für mich ist es nahezu unverständlich, dass sich, hauptsächlich die jüngere Generation, lieber vor Youtube setzt, anstatt das Konzert vor Ort zu sehen. Da werden teilweise nicht mal mehr die Lieder aus dem Netz gezogen." Zu guter Letzt bleibt uns nur noch die Frage nach den Plänen für das anstehende Jahr. "Es wird einige Shows geben, in Amerika und Europa. Unser neues Album wird auch erscheinen, es wird vielleicht ein wenig anders als die bisherigen. Es wird wieder Zeit für ein bisschen Veränderung im Gebilde THERION. Also, euch viel Spaß noch und wir sehen uns!" So beenden wir den kleinen Plausch. Eine äußerst sympathische Begegnung.
[Matthias Köppe]

Am frühen Abend spielen AMORPHIS in der Spectrum Lounge. Die ist rappelvoll, als die Jungs ihren Gig mit 'Silver Bride' starten. Da alles ziemlich eng ist, stehen die Fotografen direkt vor dem Rastas schwenkenden Sänger und bekommen diese direkt ab. Währenddessen haben sich die Fans schon warm gefeiert und die Band kann heute Abend viele Sympathiepunkte einfahren. Dass man mit einem Besuch eines AMORPHIS-Konzertes nicht viel falsch machen kann, beweist sich wieder vortrefflich. Die Finnen um Frontmann Tomi Joutsen liefern ein gutes Konzert ab, das einfach nur Spaß macht. Nach dem Oberburner 'House Of Sleep' ist dann mit 'Black Winter Day' auch schon Schluss. Noch einmal gibt es viel Beifall für die Band, ehe die sich verabschiedet. Durch die Größe der Räumlichkeit hat das Ganze etwas von einem Clubkonzert, was auch mal nicht schlecht ist.

Setlist:
Silver Bride
Towards And Against
Mermaid
The Smoke
Rich And Poor
You I Need
Sampo
Drowned Maid
Crack In A Stone
Alone
House Of Sleep
Black Winter Day
[Swen Reuter]

Knapp 4 Decks tiefer im großen Chorus Line Theatre beginnt mittlerweile der Gig von IN EXTREMO. Mit den ersten Tönen füllt sich der Saal recht schnell und auch sofort wird zu einem ersten kleinem Tänzchen geladen. Zu 'Sterneneisen' und 'Frei zu sein' ist das auch kein Problem. Danach sorgt Sänger Micha für den Spruch der Woche. Zuerst werden alle gebeten sich zu melden, die deutsch sprechen. Das sind erwartungsgemäß sehr viele, und so werden wir mit den Worten begrüßt: "Herzlich willkommen auf dem deutschen Boot! Uns scheint hier die Sonne aus dem Ar ... !" Gelächter und tosender Applaus erfüllen den gesamten Raum. Musikalisch geht es auch weiter - 'Zigeunerskat' und 'Sängerkrieg' stehen auf dem Programm. Die Stimmung steigt stetig und wird weiter befeuert von den äußerst gut gelaunten Akteuren auf der Bühne. Hier und da ein kleines Witzchen, dort eine kleine Geschichte. Eine Reise durch die letzten Jahre der Bandgeschichte rundet das Ganze musikalisch natürlich ab. Es wird einfach abgefeiert zu 'Vollmond', 'Zauberspruch' und 'LIAM'. Das Publikum hüpft, springt und tanzt wild durcheinander. Einfach so, wie es sein muss, wenn eine Band alles dafür gibt, gute Laune zu verbreiten. Und das tun die sieben Berliner sichtlich. Auch bei ihnen fließt der Schweiß in Strömen. Doch so schnell, wie die Party in Gang kam, wird schon wieder abgebremst. Jeder Rausch ist vergänglich, so auch dieser. Die letzten Songs werden angestimmt, aber natürlich geben beide Seiten nochmal alles, um das hier gebührend zu Ende zu feiern. Mit 'Flaschenpost' und 'Spielmannsfluch' in mehreren Sprachen findet eine wilde Sause ihren Abschluss, die wohl so auch noch auf keinem Schiff der Welt stattgefunden hat.

Setlist:
Sterneneisen
Frei zu sein
Zigeunerskat
Sängerkrieg
Unsichtbar
Vollmond
Zauberspruch
LIAM
Erdbeermund
Stalker
Flaschenpost
Spielmannsfluch

Die Kanadier von ANNIHILATOR sind schon ewig im Geschäft, trotzdem hatte ich es bisher immer erfolgreich geschafft, ein Konzert von ihnen zu verpassen. Aber heute muss es sein, es gibt keine weitere Entschuldigung. Also kommen wir nach kurzer Stärkung zurück in das große Amphitheater, wo uns ein Banner über der Bühne sagt, dass wir hier richtig sind. Auch der Zustrom an Besuchern ist beträchtlich, aber das konnte man erwarten. Ein kurzes Intro mit viel Donnern und Grollen und schon stehen die drei Protagonisten auf der Bühne. Und es geht gleich los ohne viele Experimente, 'Ambush' und 'King Of The Kill' gehen sofort voran und strapazieren die ersten Nackenmuskeln. Frontmann Jeff Waters ist spürbar gut gelaunt und macht nach einer kleinen Begrüßung die ersten Witze über seine kanadische Heimat. Doch sofort gibt es wieder Musik vom Feinsten. Zu 'Ultra-Motion' und 'Set The World On Fire' bleiben nur noch die wenigsten ruhig stehen. Das Tempo bleibt auch danach weiter auf hohem Niveau. Die Männer begeistern einfach jeden Anwesenden. Also weiter mit kleinen lustigen Einlagen vom Frontmann und Highspeed-Metal. Alles in allem sehen wir ein tolles Konzert, was sich mit 'Phantasmagoria' und 'Alice In Hell' aber auch schon wieder zu schnell dem Ende neigt. Bleiben nur ein toller erster Eindruck und das Wissen, dass man die Zeit sinnvoll genutzt hat.

Setlist:
Ambush
King Of The Kill
Ultra-Motion  
Set The World On Fire
W.T.Y.D.
The Trend
Stonewall
Phantasmagoria
Alice In Hell
I Am In Command

Es folgt eine etwas längere Umbaupause, die wir für einen kleinen Rundgang über das Schiff nutzen. Und man kann nach zwei Tagen tatsächlich immer noch etwas Neues entdecken. Also erkunden wir die Shooner Bar etwas ausgiebiger und spazieren noch einmal kurz über das Pool Deck. Zudem ist es hier draußen auch erheblich wärmer als in den durch die Klimaanlage auf Eisschranktemperaturen herunter gekühlten Räumen. Also genießen wir ein Stückchen der CHILDREN OF BODOM und beobachten dabei die Crewmitglieder des Schiffes, die ihre freie Zeit ebenfalls bei den Konzerten verbringen. Einige schütteln nur den Kopf aus Unverständnis, andere zeigen sich durchaus interessiert. Ein schon seltsames Schauspiel. Die Hate-Crew aus Finnland benutzt derzeit in gewohnter Manier auffallend oft das "F-Wort". Also hier nichts Neues, da gehen wir doch wieder zurück in das große Amphitheater.

Hier steht jetzt die nächste Kultband auf der Bühne, die ich bisher in meinem Leben verpasst habe: VENOM. Ein gut gefüllter Saal erwartet uns, in dem die Protagonisten wohl schon ein wenig eher begonnen haben. Uns schallt ein donnerndes 'Black Metal' aus dem Mikro entgegen und das ist wohl das Motto der folgenden nicht mehr ganz 90 Minuten. Was auffällt ist zunächst der Drummer. Danny Needham agiert hinter der Schießbude wie ein Tier, die langen Haare fliegen durch die Luft, im Wechsel mit Armen und Drumsticks. Sehr beeindruckende Sache das Ganze. Auch der Sound ist sehr druckvoll, den die drei Herren hier aus den Boxen lassen. Mit 'Antichrist' und 'Hammerhead' bringt man die Massen derweil zum heftigen headbangen. Eine tolle Metal-Party nimmt ihren Lauf, ganz im Stil der guten, alten Zeit. Die Sitze werden kaum als solche genutzt, zwischen den Reihen wird immer gemosht was das Zeug hält. Sänger "Cronos" Lant fordert die Meute immer wieder zum Tanz auf und diese folgt dem Meister bedingungslos. Und so vergeht die Zeit wie im Fluge. Langsam neigt sich der Gig dem Ende entgegen, jedoch nicht ohne Zugabe. Die reißt nochmal alle mit, bevor mit 'Witching Hour' ein tolles Konzert endet.

Die finale Party des Abends geben HAMMERFALL auf dem Pool Deck. Die Schweden legen sich sofort ins Zeug, und ernten eine Menge Applaus der vielen Zuschauer, die eine karibische Nacht unter freiem Himmel verbringen können. Uns hingegen ist das dann ein wenig zu viel und wir ziehen es vor, den Abend bei einem kleinen Absacker ruhig ausklingen zu lassen. Schließlich hat man eine Menge zu verarbeiten, kommt es hier doch nahezu immer und überall zu einer Art Reizüberflutung. Der nächste Tag führt uns schließlich zu neuen Ufern.
[Matthias Köppe]

Redakteur:
Swen Reuter
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