WOLF - Black Wings
Mehr über Wolf
- Genre:
- Power Metal
- Label:
- No Fashion/Zomba
- Release:
- 28.01.2002
- Night Stalker
- Demon Bell
- I Am The Devil
- Venom
- A World Bewitched
- The Curse
- Unholy Night
- Genocide
- A Dangerous Meeting
Kurz vor Veröffentlichung ihrer neuen CD "Evil Star" (2004) muss ich mich einfach dessen Vorgänger "Black Wings" widmen, der zu einem meiner absoluten musikalischen Lieblinge mutiert ist. Mann, war ich im Jahr Zwei nach der Jahrtausendwende von der punkigen Brutalität und den MAIDEN-lastigen Songstrukturen geplättet. Vieles auf "Black Wings" klingt wirklich, als hätte man den IRON MAIDEN-Klassiker "Killers" überarbeitet und für das neue Jahrtausend aufbereitet. Unglaubliche doppelläufige Gitarren fliegen einem in Lichtgeschwindigkeit um die Ohren, während das Powerplay von Drums und Bass auch die stinkigsten Toten aus der Hölle treibt. Niklas, Johan, Mikael und Daniel verstehen ihr Handwerk, das steht fest. Unterstützt von einem weiteren Meister seines Fachs, namentlich Peter Tägtgren, wurde dem musikalischen Hurricane ein würdiges, soundtechnisches Gewand geschneidert, das perfekt und wie angegossen sitzt. Der Sound besitzt zwar keine Tiefe, wie man sie aus älteren Analogproduktionen kennt, er besitzt aber Schärfe. Und zwar eine solche, die einem beim Hören des Outputs fein säuberlich die Gliedmaßen vom Torso schneidet.
Was brauch man mehr? Natürlich fehlt noch ein Sänger, der MAIDEN-inspirierte Musik ebenbürtig intonieren kann. Niklas ist in dieser Hinsicht absolut fähig. Er kann zwar keinem Bruce Dickinson den Blutkelch reichen, singt aber ebenso gut wie er Gitarre spielt. Und das ist verdammt gut. Herausgekommen ist ein Zweitwerk, das nach dem beachtlichen Debüt "Wolf" (2000) alle Grenzen des Power Metal sprengt. Denn der von WOLF praktizierte Power Metal ist anders. Lebendiger, wütender, aggressiver, enfesselter!
Mit 'Night Stalker' feuert die Band einen Uptempohammer auf die Metalschaar ab, der sofort ins müde Gebein fährt. Das rotzige, punkige Powerplay filitiert mit einer chirurgischen Präzision die periphären Organe, dass einem der eiskalte Hauch des Todes die Nackenhaare stramm stehen lässt. Schlagwerker Daniel trümmert einen Stil von einem anderen Stern und zeigt allen Power-Metal-Drummern, dass durchgepumpte Doublebasses Babykacke gegen ein McBrain-beeinflusstes Schlagwerk sind. Sorry Jungs und Mädels, aber dieses Drum-Atomkraftwerk zieht wirklich maßlos und zwar in allerheftigster Art und Weise. 'Night Stalker' ist zudem megamelodisch und mit einer Hookline gesegnet, die im Langzeitgedächtnis ihre blutroten Wurzeln schlägt.
Das folgende 'Demon Bell' fällt kein Stück ab. Im Gegenteil. Das hypergeile Solo raubt einem den Verstand und die rasanten Breaks kicken einem die Beine an den Kniescheiben durch. Ganz, ganz großer Heavy Metal mit Dampf im Quadrat. Keine andere Band auf diesem Planeten kommt so nah an den früheren Zeitgeist alter MAIDEN-Veröffentlichungen heran und kann diesen so unbeschadet in unsere Zeit transportieren. Killer, Killer, Killer!
'I Am The Devil' fegt in bester NWoBHM-Tradition wie eine wilgewordene Sau drauflos. Einstieg mit Brettsolo und dann nur noch Power, bis der Bestatter den Deckel schließt. Die Klampfen riffen sich dem Wahnsinn entgegen, während die Rhythmusfraktion entfesselt geltende Gesetze aus den Angeln hebt und MAIDENs "Heilige Kuh"-Status ernsthaft in Frage stellt. So viel Spielwitz habe ich seit "Killers" nicht mehr gehört. Lustig ist dabei, dass WOLF augenzwinkernd die Gitarrensoli von 'I Am The Devil' komplett MAIDENs 'Phantom Of The Opera' entleihen. Schon mal aufgefallen? Goil!
'Venom' ist zur Abwechslung sehr straight und kann mit einer coolen vocal line punkten, die schön fies interpretiert ist. Die Nummer stampft alles Lebendige zu kleinen toten Zellen ein und hinterlässt mit ihren starken Soli einen klasse Midtempobanger, der den Griff zur Repeattaste provoziert. Der bleibt natürlich aus, weil jeder Track dieses Albums diesen Griff rechtfertigt.
Das anschließende 'A World Bewitched' hat ein paar JUDAS PRIEST-Anleihen parat, die WOLF ebenfalls vier bis fünf Längen besser intonieren als ihre Vorbilder. Die Hookline packt vehement zu, dass einem der Adamsapfel mit einem dumpfen Knall zerplatzt. Ein weiterer melody overkill, der keine Wünsche offen lässt.
Mit 'The Curse' lassen MAIDEN wieder fett grüßen. Ich denke, die altgedienten Herren des Heavy Metal würden sich heutzutage beim Versuch eines Covers die Gräten brechen. Man wird halt älter. Für all diejenigen, denen IRON MAIDENs Musik mittlerweile zu angestaubt und zu ruhig geworden ist, ist "Black Wings" die Pflicht des noch jungen Jahrtausends. 'The Curse' beinhaltet desweiteren einen Mittelteil, wie ihn MAIDEN bis einschließlich "Seventh Son Of A Seventh Son" (1988) von der Struktur her öfter mal praktiziert haben. Power, Breaks, Leads, Tappings, Riffs, Harmonien und Melodien werden einem um die Ohren gefeuert, dass vor lauter Anbetung der Körper durch die Knie ausblutet.
'Unholy Night' ist ein mächtiger, düsterer Stampfer, der fernab jeder Trallala-Melodie böse hymnisch durch die Balken bricht. Wie bei allen anderen Songs, tickt die Band in der Interlude völlig aus und zeigt, dass die 'brandnew wave of heavy metal' in Schweden lebt. Soli bis zum bitteren Ende, treibende Drums und hymnische Vocals besiegeln einen weiteren Hit aus dem Hause WOLF.
'Genocide' kickt mit jeder Sekunde volle Kanone in die Fressleiste. Und das sind bei 3'42 Minuten immerhin 222 Tritte in die Schnauze. Mit der Wucht einer Planierraupe und der Rasanz eines Wirbelsturms säbeln sich WOLF durch die Partituren, als gäbe es kein Morgen mehr. Eine melodische Bombe, deren Sprengkraft jedes Mittelohr zermatscht. Brett!
Zum Abschluss zeigt die Band, dass sie nicht nur geile Eigenkompositionen auf die Kette bekommen, sondern auch erstklassig covern kann. Der MERCYFUL FATE-Track 'A Dangerous Meeting' ist sehr gut adaptiert und relativ nah am Orginal gehalten. Besonders schön ist hierbei, dass es sich ebenfalls um eine WOLF-Komposition handeln könnte, so nahtlos fügt sich die Nummer in den Gesamtkontext der Platte ein.
Ich denke, es ist alles gesagt. "Black Wings" ist ein Hookline-Sperrfeuer, das jedes logische Denkvermögen dem eines Backsteins angleicht. Immer voll auf die Frontallappen, powert die CD von der ersten bis zur letzten Sekunde. Ausfälle sucht man vergebens.
No fillers, just killers! Auf kein anderes Release trifft dieser Spruch so zu wie auf "Black Wings". Ich gebe an dieser Stelle keine Kaufempfehlung, sondern einen Kaufbefehl. Bei Nichtbefolgung wird euch der Wolf reißen!
Anspieltipps: Alles!
- Redakteur:
- Alex Straka