SAINT - Crime Scene Earth
Mehr über Saint
- Genre:
- Heavy Metal
- Label:
- Armor Records
- Intro
- Half A Times Measure
- Terror In The Sky
- Everlasting God
- Crime Scene Earth
- The Judas In Me
- Too Many
- Invader (JUDAS PRIEST-Cover)
- Bended Knee
- Lost
Wenn eine Band einen Übersänger wie Josh Kramer nur ein Drittel der Songs singen lässt, dann ist was faul, oder?
Die Formation um Ausnahmesänger Josh Kramer gilt vielen als fromme Antwort auf JUDAS PRIEST und das Backprogramm der Band ist durchaus aller Ehren wert, enthält es doch zu Hauf wahre Perlen des klassischen Metals, die von einer tollen Stimme in eine besondere Liga gehoben werden. Daran knüpfte SAINT nach der Reunion im Jahre 2004 mit "In The Battle" nahtlos an. Auch der Nachfolger "The Mark" war trotz seines arg schwachbrüstigen Sounds noch aller Ehren wert. Doch mit "Crime Scene Earth" macht es die Band aus dem regenreichen Nordwesten der USA ihren Fans schwerer als das nötig gewesen wäre.
Der Grund dafür liegt dieses Mal weder in der Produktion noch im Songmaterial. Erstere ist nämlich wieder ein ganzes Stück druckvoller und differenzierter geworden als beim Vorgänger; gerade der Drumsound ist sehr gelungen. Auch das Songmaterial glänzt über weite Strecken mit coolen Hooks und straightem, hartem und traditionellem Metal. Musikalisch ist das sechste Studioalbum der Band also die perfekte Synthese aus den beiden Vorgängern. Was ist also verkehrt im Staate Oregon? Nun, ihr werdet euch verwundert die Augen reiben: Es liegt am Gesang. Hat Josh Kramer das Singen verlernt? Nein, Gott bewahre! Josh Kramer singt wie der junge alte Gesangsprophet, der er ist. Das Problem ist, dass man ihn nicht singen lässt! Dem Vernehmen nach, war die Band der Meinung, dass Joshs Stimme für die gewünschte härtere Ausrichtung nicht fies genug sei, und deshalb singt Josh, welcher derweil noch immer Bandmitglied ist, nur auf drei Stücken - nämlich auf dem Opener 'Half A Time Measure', dem großartigen Titelstück und natürlich auf der JUDAS PRIEST-Coverversion zu 'Invader' (alles andere wäre hier derbster Frevel gewesen). Beim Rest der Stücke shoutet Bassist Richard Lynch ins Mikro und das macht er an sich gar nicht schlecht. Etwas tiefer, weniger melodisch, dafür aber bissiger und dreckiger als Josh. Eigentlich auch ein cooler Sänger, der Mann. Doch der SAINT-Fan erwartet halt die Sirene von Josh Kramer, wenn er eine SAINT-Scheibe einwirft. Und zwar nicht nur auf einem Drittel der Spielzeit.
So steht der Fan der Band ein wenig wie der berühmte Ochs vor dem Berg und weiß nicht so recht, was er von "Crime Scene Earth" halten soll. An sich ist es ein schön harsch und doch transparent produziertes Album mit coolen Songs. Der Opener ist ein dramatischer Rocker mit gigantischen Hooks in der Bridge und einem ziemlich hysterischen aber irgendwie auch coolen Refrain, während der Midtempo-Stampfer 'Terror In The Sky' einen sauberen Groove auf die Bretter zimmert. Hier attestiere ich Richard Lynch sehr gerne, dass er auch seine Sache als Sänger gut macht, was auch beim keyboard-lastigeren Melodic-Stück 'Everlasting God' durchaus der Fall ist. Ein weiteres Highlight ist 'Bended Knee' mit seiner tollen Lead-Arbeit. Dennoch: Ich glaube nicht, dass die Stücke mit Josh als Sänger an Tiefe und Charakter verloren hätten. Ganz im Gegenteil.
Trotz der irritierenden Gestaltung des Gesangs ist "Crime Scene Earth" also alles andere als ein schlechtes Album. Die Band muss sich nur fragen lassen, ob es klug war, ihr größtes Aushängeschild über weite Strecken so weit in den Hintergrund zu stellen. Doch das muss letztlich jeder SAINT-Fan für sich herausfinden. Was mich angeht, hätte ich mir Josh Kramer als Leadsänger auf allen neun Stücken gewünscht. Dann hätten die Mannen gerne auch Richard einen großen Anteil an zweiter Stimme und Backing Vocals einräumen dürfen. Aber nun ist es so, wie es ist, und ich kann ganz gut damit leben. Dennoch hoffe ich, dass Josh beim nächsten Mal wieder alle Freiheiten bekommt, die ein solcher Sänger verdient hat. So treffe ich in letzter Konsequenz trotz gemischter Gefühle die Aussage, dass wir hier ein gutes SAINT-Album vorliegen haben. Aber eines, das an sich ein großartiges hätte werden können und müssen!
Anspieltipps: Half A Times Measure, Crime Scene Earth, Terror In The Sky, Bended Knee
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle