PLACE VENDOME - Place Vendome
Mehr über Place Vendome
- Genre:
- Melodic Rock
- Label:
- Frontiers / Soulfood
- Release:
- 07.10.2005
- Cross The Line
- I Will Be Waiting
- Too Late
- I Will Be Gone
- The Setting Sun
- Place Vendome
- Heaven's Door
- Right Here
- Magic Carpet Ride
- Sign Of The Times
Michael Kiske gilt vielen Rock- und Metalfans noch immer als einer der besten Sänger aller Zeiten, und das sicher nicht zu Unrecht, hat er sein Ausnahmetalent doch schon bei vielen Anlässen unter Beweis gestellt. Dass es um sein Verhältnis zur Metalszene und um die Einstellung der Szene ihm gegenüber nicht immer zum Besten bestellt war, soll hier nicht weiter thematisiert werden, da dies schließlich für die Beurteilung des vorliegenden Werkes eher belanglos ist. Widmen wir uns also einem Projekt, das unter der Federführung von Serafino Perugino (seines Zeichens Boss des italienischen AOR- und Melodic-Rock-Labels Frontiers Records) entstand und neben dem ehemaligen HELLOWEEN-Sänger weitere prominente Musiker der deutschen Rockszene zusammenführt. So findet sich neben der kompletten Instrumentalabteilung von PINK CREAM 69 auch VANDENPLAS-Keyboarder Günter Werno im Line-up von PLACE VENDOME wieder.
Gemeinsam widmet sich das Quintett sehr melodischem, aber gelegentlich durchaus auch gediegen hartem Melodic Rock mit hohem musikalischem und kompositorischen Anspruch. Der flotte Opener 'Cross The Line' ist dabei bereits eines der härteren Stücke, bei dem neben Kiskes ausdrucksstarkem Gesang auch genretypische Chöre den Refrain begleiten. Instrumental setzt Günter Werno seine Keyboards sehr songdienlich in Szene, während Uwe Reitenauer einige geniale Leads zum Besten gibt, die eigentlich jedem harten oder weichen Rocker ein breites Grinsen ins Gesicht zaubern müssten. Bei 'I Will Be Waiting' geben sich die Herrschaften lockerer und entspannter. Durch das Zurückfahren der Backing-Chöre bekommen Michael Kiskes Gesangsmelodien mehr Raum, sich entfalten zu können, und der Refrain ist definitiv hitverdächtig. Allgemein kann sich der mitreißende Groove der aus Dennis Ward und Kosta Zafirou bestehenden Rhythmusabteilung hören lassen, was gerade ein Stück wie 'I Will Be Gone' schön demonstriert, das mich ein wenig an die Solowerke von Bruce Dickinson aus der ersten Hälfte der Neunziger erinnert. Balladeske Klänge gibt es in Form des zurückgelehnt rockenden, atmosphärischen 'Too Late', des ähnlich gelagerten, wenn auch etwas kraftvolleren 'Right Here' und des zarten, verträumten 'Heaven's Door' mit seinen schönen Akustikpassagen. Von einer recht progressiven Seite mit richtig atmosphärischen Keyboards präsentiert sich PLACE VENDOME auf 'The Setting Sun', bei dem Kiske mit Leichtigkeit in höhere Bereiche vordringt, die allgemein auf der Scheibe eher sparsam eingesetzt werden. Das Titelstück 'Place Vendome' rockt dagegen wieder richtig satt und heavy, getragen von einem Riff, das ordentlich in die Beine geht. Gekrönt wird dieses Highlight von einem sehr eingängigen Refrain der Extraklasse und einer überragenden Gesangslinie zu Anfang des letzten Drittels. 'Magic Carpet Ride' ist kein STEPPENWOLF-Cover, sondern eine sehr gelungene Eigenkomposition, die durch den Wechsel von entspannteren Passagen und schön bratenden Gitarren überzeugen kann. Der ultimative Überflieger fehlt jedoch noch: Das abschließende 'Sign Of The Times' bietet nämlich eine wunderbare Synthese aus epischen Momenten und Space-Rock-Anleihen, die einerseits erneut dem Siebziger-Prog, andererseits aber auch den mittleren QUEENSRYCHE zu huldigen scheint. Bei diesem Stück stimmt einfach alles.
Wenn ihr bisher auf die nostalgische Verklärung der "Keeper Of The Seven Keys"-Zeiten fixiert wart und von Kiske eine Neuauflage derselben erwartet habt, dann ist es vielleicht an der Zeit, sich damit abzufinden, dass sich die künstlerische Entwicklung des Protagonisten nicht mit derlei Wunschträumen vereinbaren lässt. Weniger im Schubladendenken verhaftete Zeitgenossen sollten PLACE VENDOME eine faire Chance geben, denn was ihr hier instrumental und gesanglich geboten bekommt ist wirklich erstklassig. Herr Kiske belegt eindrucksvoll, was für eine gigantische Stimme er nach all den Jahren noch hat und einige der Hooklines, die er zum Besten gibt, sind wirklich traumhaft schön. Wenn das Label dieses Projekt in der Tradition von FOREIGNER und JOURNEY sieht, dann ist das sicher zutreffend, wobei wenig überraschend in den härteren Momenten auch ein wenig PINK CREAM 69 durchschimmert und sich auch Fans der britischen Melodic-Institution PRAYING MANTIS angesprochen fühlen dürften. Ich bin jedenfalls von dieser Scheibe sehr positiv überrascht und würde mir wünschen, dass sie eines Tages eine Fortsetzung finden wird. Vielleicht hat sie ja sogar das Zeug dazu, Kiske wieder ein wenig mit der Basis zu versöhnen, denn so wie ich die Situation einschätze, sollte PLACE VENDOME sowohl unter Metallern als auch unter Classic-Rock-Fans seine Liebhaber finden.
Anspieltipps: Cross The Line, I Will Be Waiting, Place Vendome, Sign Of The Times
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle