PELANDER - Time
Mehr über Pelander
- Genre:
- Classic Rock
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Nuclear Blast Records
- Release:
- 14.10.2016
- Umbrella
- Family Song
- The Irony Of Man
- True Color
- Precious Swan
- Time
Ruhig-entspannte Scheibe des WITCHCRAFT-Frontmanns Markus PELANDER.
Unter dem eigenen Nachnamen PELANDER veröffentlicht der Sänger der Retro-Doom-Band WITCHCRAFT sein erstes Solo-Album (vor einigen Jahren gab es schon eine EP), kurz "Time" betitelt. Mit zu viel Gerede wirft er ja nie um sich, und auch Promo-Texte gab es kaum. Untypisch für eine Zeit, in der man mit übertriebenen bis nichtssagenden Informationen überflutet wird. Ziemlich angenehm, dieser Kontrast.
Auf verstärkte Gitarren wird quasi durchgehend verzichtet, es gibt eine sehr ruhige Scheibe, die mich an eine Mischung aus BOB DYLAN, JETHRO TULL und NEIL YOUNG erinnert. Ähnlich wie auf der famosen letzten WITCHCRAFT-Scheibe "Nucleus" gibt es auf "Time" auch viele repetitive Gitarrenmelodien und langgezogene Gesangslinien, die sicher in die "love-it-or-hate-it"-Richtung gehen. Ich persönlich finde, dass Markus Pelander eine absolut großartige Stimme hat. In den etwas kraftvolleren Momenten auf der neuen Scheibe erinnert er mich etwas an Chris Cornell (SOUNDGARDEN, AUDIOSLAVE), wenn es ruhig wird (also in den meisten der nur 36 Minuten), wirkt er schwach und zerbrechlich. Manchmal wird es erzählerisch. Ihr merkt: Die Stimme ist der Hauptzugang zu dieser Scheibe. Wer damit nicht warm wird, kann sich das Album schenken.
Es gibt sechs Nummern: 'Umbrella' ist der JETHRO-TULL-lastigste Song der Scheibe. Dies liegt nicht nur an den dezent eingesetzten Querflöten-Momenten, sondern auch am Gitarrenspiel, das an ruhige Momente von "Aqualung" erinnert. Beim Gesang denke ich sofort an "Nucleus". Pelander ist einfach sofort erkennbar.
Der entspannte "Family Song" ist eher eine gesungene Erzählung über eine schräge Familie. Es wird etwas schneller, und der Song lebt etwas stärker vom warmen Gitarrenspiel. Fein finde ich hier die Klaviereinsätze, die mich an JIM CROCE erinnern.
Es folgt 'The Irony Of Man'. Fast nur die Stimme von Markus trägt diesen Song, der ein wenig abfällt. Die Streicher sind dezent, und natürlich sind die Gesangslinien schon stark, aber irgendwie berührt mich die Nummer nicht wirklich. Die teilweise nur gedoppelte Frauenstimme dazu bereichert den Song auch nicht wesentlich. Zumindest die letzten 15 Sekunden versprühen dann ein wenig Feenstaub. Insgesamt aber der schwächste Song.
'True Colour' ist kein PHIL-COLLINS-Cover. Eher denke ich an eine doomige Version der ruhigeren MANILLA-ROAD-Nummern. Nur ohne verzerrte Gitarren. Nachdem der Song etwa drei Minuten vor sich hindudelt, steigt plötzlich ein Bongo ein, das Ganze kriegt ein fast lateinamerikanisches Flair (freilich ohne die Rhythmik), und nach wenigen Sekunden ist es wieder vorbei. Es folgt ein Riff, das perfekt zu WICHTCRAFT passt, dazu der Gesang... Eigentlich eine feine, ruhige WITCHRAFT-Nummer. Auch hier kommt später Damengesang und ein bisschen Geige dazu. Kein überragendes Stück, aber schon ganz gut gemacht.
Besser ist direkt danach der 'Precious Swan', ganz klar ein Highlight des Albums. Viel Repetition, viel Acoustic-Doom, dazu die Stimme von Markus Pelander in den tiefen Basslagen - doch, dieser Song wäre auch auf "Nucleus" ein Highlight gewesen. Wer schon die letzten IRON-MAIDEN-Alben für zu repetitiv hielt, braucht in die Nummer gar nicht reinhören. Aus meiner Sicht wird hier jedenfalls eine faszinierende, dunkle Dynamik aufgebaut. Zum ersten Mal gibt es auch etwas härtere Gitarren, aber auch nur in dezenten Menge. Die Streicher tragen den Song am Ende schön mit. Eine Wahnsinns-Nummer!
Abgeschlossen wir das Album "Time" mit dem Song 'Time", und allzu viel Zeit ist ja nicht vergangen. Die Gitarren erinnern an alten Folk Rock à BOB DYLAN, auch an JIM CROCE. Dazu der hypnotisierende PELANDER-Gesang - Markus bringt sein Solo-Album auf gutem Niveau zum Abschluss. Ich empfinde es als ein etwas zu frühes Ende, denn das Material ist zwar nicht überragend, aber doch durchgehend gutklassig. Ein weiterer Song wäre doch sicher drin gewesen?
Insgesamt sind da schon ein paar feine Songs drauf, aber das letzte Quäntchen fehlt mir, um die Scheibe wirklich in die ganz hohen Notenregionen zu heben. Da wäre sicher noch etwas mehr drin gewesen (für das Genre, verbunden mit einer so grandiosen Stimme, bin ich definitiv empfänglich). Zumal ich die Spielzeit von 36 Minuten ein wenig kurz halte. Für ein oder zwei kürzere Nummern wäre sicher noch Platz gewesen.
Anspieltipps: Umbrella, Precious Swan.
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Jonathan Walzer