MALMSTEEN, YNGWIE - Attack!!
Mehr über Malmsteen, Yngwie
- Genre:
- Neoclassic Metal
- Label:
- Steamhammer
- Release:
- 16.09.2002
- Razor Eater
- Rise Up
- Valley Of Kings
- Ship Of Fools
- Attack!
- Baroque & Roll (Instrumental)
- Stronghold
- Mad Dog
- In The Name Of God
- Freedom
- Majestic Blue (Instrumental)
- Valhalla
- Touch The Sky
- Iron Clad
- Air (Instrumental)
Es ist mal wieder soweit... Yngwie Malmsteen beschert uns sein mittlerweile 14tes Studioalbum. Wie üblich hat man es hierbei mal wieder mit einer komplett neuen Besetzung zu tun: Dougie White (ex-RAINBOW), Derek Sherinian (PLANET X, ex-DREAM THEATER) und Patrik Johansson haben bei "Attack!!" die Ehre, in der Gegenwart des schwedischen Flitzefingers zu agieren.
Was neben dem für Malmsteen-Verhältnisse schon fast revolutionären Coverartwork gleich zu Beginn hervorsticht ist die überraschend gute Produktion. Yngwie scheint aus den Fehlern des letzten Outputs "War To End All Wars" gelernt zu haben und liefert dem Hörer einen kristallklaren, knackigen Sound mit einem ungewöhnlichen Spektrum an Detailverliebtheit. Zwar beginnt "Attack!!" mit den beiden ersten Tracks "Razor Eater" und "Rise Up" noch sehr verhalten, doch die Qualität wächst mit zunehmender Spielzeit beständig. Innovative Arbeit darf man von einem Musiker wie Malmsteen selbstverständlich zu keinem Zeitpunkt erwarten, dennoch schafft er es auf seinem neusten Output, eine geradezu unverschämt hohe Ohrwurmgarantie zu liefern.
Insgesamt betrachtet muss man "Attack!!" ein wenig Zeit lassen, damit es seine volle Wirkung entfalten und den Fan verzaubern kann. Zwar zünden Tracks wie "Touch The Sky" und "Valhalla" bereits beim ersten Hördurchgang, die meisten Songs benötigen jedoch ein höher frequentiertes Anspielen, bis sie sich im Gehirn festfressen. Die bereits erwähnte Detailverliebtheit, die man von Malmsteen eigentlich seit seinen ersten Alben nicht mehr vorfand, lässt "Attack!!" auf eine sehr verspielte Art und Weise im Herzen der Hörerschaft Platz finden. Der Maestro beschränkt sich bei seinem Gitarrenspiel nicht mehr auf pures, meist emotionsloses Herunterfiedeln neoklassischer Themen in Höchstgeschwindigkeit, sondern lässt sich viel häufiger zu Gefühlen und grandiosen Melodiebögen hinreissen. Hinzu kommen die erstklassigen Gitarrensounds und Effekte, die Yngwie seinem Instrument entlockt und die jeden Gitarristen förmlich zum Experimentieren zwingen, damit auch aus dem eigenen Verstärker ein derartiger Sound dringt (eine mittelstark verzerrte Violine dürfte ähnlich klingen).
Als weiteren Höhepunkt zeigt sich Sänger Dougie White, der eine klare Bereicherung für Yngwies Truppe ist und seinen Vorgänger Mark Boals fast in Vergessenheit schießt. Leider gibt es jedoch auch auf "Attack!!" wieder einige Punkte stark zu kritisieren. Neben dem anfänglich schwachen Start des Albums (über den man aber bei der Gesamtbetrachtung hinwegsehen kann) fällt der Auftritt des kongenialen PLANET X-Gründers Derek Sherinian mehr als bescheiden aus. Sicherlich kann man auf einer Malmsteen-Scheibe kein wirres, 20-minütiges Keyboardsolo mit Anleihen aus Prog, Fusion und sämtlichen Paralleluniversen erwarten, doch dass einem Musiker wie Sherinian nicht mehr Freiraum als ein simples Verlegen von Klangteppichen zugesprochen wird, ist mehr als ein Armutszeugnis. Unverständlich ist auch die Tatsache, dass Malmsteen höchstpersönlich einen Song eingesungen hat (wer im Leben sonst nichts zu lachen hat, sollte sich dringend mal "Freedom" reinpfeifen). Dennoch sollen diese Negativpunkte auf keinen Fall die definitiv vorhandene Klasse von "Attack!!" in den Schatten stellen. Das Songmaterial ist viel zu stark, als dass es durch einen mangelhaften spielerischen Freiraum für den Keyboarder merklich abflachen würde.
Als besonderen Punkt möchte ich an dieser Stelle auf den Abschlusstrack "Air" hinweisen, der eine Variation eines Bach-Themas beinhaltet. Mir persönlich ist selten ein derart emotionsgeladenes Gitarrenspiel in die Ohren gekommen. Bei "Air" klingt Malmsteens Gitarre endgültig wie eine Violine; die sehr langsam (!) und tragend gespielte Melodie lebt von hunderprozentig perfekten Bendings, wodurch ein fliessender Übergang zwischen Mensch und Gitarre entsteht, wie ihn auf diese Weise nur der Meister persönlich erlangt.
Fazit: Yngwie Malmsteen wird mit diesem Output seine gesamte Fanschar in Entzücken versetzen. Mit "Attack!!" zeigt der 39-jährige Familienvater deutlich, dass auch weiterhin mit ihm zu rechnen ist. Gerade angesichts der Schnelllebigkeit gewisser anderer Bands und Musikstile ist es äußerst beruhigend zu wissen, dass es irgendwo da draussen einen Menschen wie Yngwie J. Malmsteen gibt, der sein eigenes Ding durchzieht und konsequent Alben mit musikalischem Anspruch und Tradition veröffentlicht.
Der Rezensent zieht an dieser Stelle seinen imaginären Hut...
Anspieltipps: Touch The Sky, Valhalla, Air
- Redakteur:
- Christian Debes