KATATONIA - Nightmares As Extensions Of The Waking State
Mehr über Katatonia
- Genre:
- Dark / Progressive Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Napalm Records
- Release:
- 06.06.2025
- Thrice
- The Liquid Eye
- Wind Of No Change
- Lilac
- Temporal
- Departure Trails
- Warden
- The Light Which I Bleed
- Efter Solen
- In The Event Of
KATATONIA präsentiert sich 2025 trotz Personalrochade in (Alb)-Traumhafter Form!
Stephen King sagte mal über Albträume: "Albträume existieren außerhalb der Logik. Es bringt wenig, sie erklären zu wollen. Sie sind die Antithese der Poesie der Angst."
In den Wochen vor dem Release gab es im Hause KATATONIA ein großes Stühlerücken. Mit einigen Nebengeräuschen stieg erst Gründungsmitglied Anders Nyström (auch bei BLOODBATH) aus, zur Albumankündigung entschwand auch der andere Saitenhexer in Person von Roger Öjersson fast schon still und leise. Ersatz stand sofort parat in Form von Nico Elgstrand (ENTOMBED A.D) und Sebastian Svalland (PAIN). Dazu hat sich KATATONIA den bislang schmissigsten Albumtitel der Bandhistorie ausgedacht, heißt das neue Werk in aller Bescheidenheit "Nightmares As Extensions Of The Waking State". Doch wie sehr ändert sich der Sound der Band, nachdem die gesamte Gitarrenfront und ein Gründungsmitglied verlustig gegangen sind?
Glücklicherweise gar nicht. Bis auf das Fehlen der Öjersson'schen Gitarrensoli höre ich da keinen Unterschied. Die KATATONIA-typischen Gitarrenwände sind weiterhin präsent und "Nightmares..." ist für mich die nächste logische Entwicklung nach dem großartigen "Sky Void Of Stars", doch alles ist trister und dunkler und lässt mich öfters an den Klassiker "Night Is The New Day" denken. Wirkte der Vorgänger stellenweise beschwingt, gar zugänglich, fordert das neue Werk den Hörer von Anfang mehr. Ich will jetzt nicht sagen, dass ein KATATONIA-Album leichte Kost ist, aber der Albtraum als Erweiterung des Wachzustands hat den Zugang gut verriegelt. Der Opener 'Thrice' – in dessen ersten Momenten ich mich schon anschnallen wollte - oder die erste Single 'Lilac' kommen bandtypisch recht unterkühlt und ein wenig vernagelt daher. Gerade letzt genannte Nummer braucht Zeit, sich zu entfalten. Jeder erneute Durchlauf befördert neue Details an den Hörapparat, jede Wendung ergibt plötzlich Sinn und unterstreicht für mich wieder einmal, dass das Songwriting im Hause KATATONIA weiterhin über jeden Zweifel erhaben ist.
Doch gänzlich vergleichbar mit "Sky Void Of Stars" ist "Nightmares..." nicht. Klar, die Grundformel ist weiterhin dieselbe. So gibt es auch wieder flottere Nummern, wie 'The Liquid Eye' oder das fast tanzbare 'Warden'. Ein paar Überraschungen haben sich auch eingeschlossen. Das schon genial betitelte 'Wind Of No Change' kommt dunkel und bedrohlich mit pumpendem Bass und einem unheilvollen Chor daher. Nur um im Refrain ein blasphemisches "Hail Satan" anzustimmen. KATATONIA goes Black Metal? Weit gefehlt. Auch ein pfeifender Klaus Meine kommt nicht um die Ecke.
Meine persönlich größte Überraschung lauert in Form von 'Efter Solen' an vorletzter Stelle. Wer sich noch an den Bonussong 'Vakaren' vom 2015er Werk "The Fall Of Hearts" erinnert, dürfte einen Aha-Moment erleben. 'Efter Solen' ist der erste komplett in Schwedisch gesungene KATATONIA-Song, der dazu komplett elektronisch daherkommt. Ein wenig wie 'Lacquer' von "City Burials", nur mit einem gänzlich anderen Feeling. Wärmer, nachdenklicher. Jonas Renkse (Gesang) phrasiert hier noch unnachahmlicher als ohnehin schon. Sein einzigartiger Gesang schwebt erhaben über allem und in Verbindung mit seiner dunklen Poesie (textlich erneut ein absoluter Genuss) ist das für mich weiterhin eine Benchmark im Bereich der melancholischen Seite des Metal. Passend zur tristen Stimmung wagt sich Jonas Renkse nicht mehr so häufig in die oberen Register seiner Stimme, was gerade einem Song wie 'The Light Which I Bleed' sehr zu Gute kommt.
"Nightmares As Extensions Of The Waking State" zeigt KATATONIA auch 2025 in bestechender Form. Trotz personellem Aderlass sind die Schweden in ihrer ganz eigenen Liga unterwegs, begehen aber nicht den Fehler, den erfolgreichen Vorgänger 1:1 zu kopieren. Vielmehr setzen sie heuer auf zurückhaltende Songs, die sie mit einer entsprechenden Nachdenklichkeit würzen. Was anfangs schnöde und fast gelangweilt herüberkommt, entwickelt sich von Mal zu Mal zu einer überaus schmackhaften Erfahrung, die keinen Fan enttäuschen wird und ihren Status weiter zementiert. Auch wenn der Sommer vor der Tür steht, liefert KATATONIA den Soundtrack für einsame Stunden, wenn die Natur wieder im Begriff ist, zu verfallen.
Anspieltipps: Temporal, Warden, Efter Solen
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Kevin Hunger