HARPAZO - The Crucible
Mehr über Harpazo
- Genre:
- Progressive Rock
- ∅-Note:
- 9.50
- Label:
- Rockshots Records
- Release:
- 28.06.2024
- Ichor
- Legion Program
- I Am God
- Golden Crown
- The Crucible
- Two Witnesses
- Change Of Heart, Pt. 1
- Ultimatum
- We Are Weak
- Small Price To Pay
- Change Of Heart, Pt. 2
- The Book Of Life
Welcome back, Gary Wehrkamp!
15 lange Jahre sind ins Land gezogen, seit SHADOW GALLERY zum letzten Mal ein offizielles Studioalbum veröffentlicht hat.Auch wenn die Begleitumstände mehr als tragisch waren - Frontmann Mike Baker verstarb kurz vor den Aufnahmen zu "Digital Ghosts", schien es doch irgendwie vorwärts zu gehen bei den kutligen US-Prog-Metallern. Denn immerhin ist die Band kurz darauf zum ersten Mal überhaupt live aufgetreten und hat auch einen Abstecher auf den alten Kontinent gewagt. Seither herrscht jedoch eine zunehmend beunruhigende Stille über der Legende, die über zwei Dekaden einen Meilenstein nach dem anderen herausgegeben und sich zur Vorzeigeadresse im amerikanischen Underground entwickelt hat. Die Hoffnung bleibt bestehen, verringert sich nun aber noch weiter, da Mastermind und Hauptsongschreiber Gary Wehrkamp mit HARPAZO eine neue Truppe am Start hat, die zwar viele geniale Eigenschaften von SHADOW GALLERY in ihren Sound implementiert, das einstige Flagschiff aber nicht wird ersetzen können. Doch immerhin ist Wehrkamp wieder präsent, und natürlich feiert er seine Rückkehr mit einem echten Paukenschlag.
Gemeinsam mit seinem Sidekick Marc Centanni, der in der White-Metal-Szene schon einige Akzente setzen konnte, hat er ein Albumprojekt in die Wege geleitet, in dem das Genie des erfahrenen Gitarristen sofort wieder omnipräsent spürbar ist, dessen generelle Ausrichtung aber ein wenig vom gewohnten Kurs abweicht. "The Crucible" entpuppt sich nämlich als vielschichtiges Konzeptwerk, dessen Storytelling-Effekte der Scheibe schnell einen Musical-Anstrich im progressiv rockenden Sinne verpasst, welches aber neben der erwartungsgemäß berauschenden Instrumentalkost vor allem mit wunderschönen, manchmal gar einzigartigen Gesangseinlagen punktet, für die nicht nur die beiden Protagonisten verantwortlich zeichnen, sondern ebenfalls eine Riege namhafter Gastakteure. DC Cooper (ROYAL HUNT), Christian Liljegren (NARNIA) und Bruno Sa (OPERATION MINDCRIME) sind nur einige Namen unter dem Dach von "The Crucible", von dem sich auch der allgegenwärtige Mark Zonder am Schlagzeug sowie sein stöckeschwingender Kollege Niklas Kahl (LORD OF THE LOST) heimisch fühlen. Doch ganz im Zentrum steht die fabelhafte Lee Lemperle, Insidern womöglich von OUTSIDE THE WALL ein Begriff, deren elfenartige und trotzdem kraftvolle Stimme durch große Teile des Albums führt und die Hörerschaft sofort mit ihrem einnehmenden Charisma verzückt - Mensch, ist das eine tolle Sängerin!
Angeführt von Lemperle nimmt die Story schließlich auch ganz schnell Fahrt auf, bewegt sich durch melancholisch-verträumte Instrumentalparts, duelliert sich zwischenzeitlich mit herrlich verspielten Wehrkamp-Gitarren, mischt klassischen Prog Rock mit vielen akustischen Sequenzen und erzeugt schließlich eine Atmosphäre, wie man sie selbst bei SHADOW GALLERY in dieser Intensität kaum erlebt hat. Und ja, mir ist bewusst, dass dies weit aus dem Fenster gelehnt ist, als absoluter Die-Hard-Anhänger der Combo mag ich mir dieses Urteil aber erlauben!
Doch letztendlich wweiß man nach einer kurzen Eingewöhnungsphase sowieso gar nicht, wo man mit seiner Begeisterung hin soll. Solch tolle Balladen, solch mächtige Melodien, solch packende Gänsehautstimmen und dazu noch ein musikalisches perfekt ausbalanciertes Konzept, das einen regelrecht verschlingt und auch kaum mehr loslässt - unglaublich, was hier wieder aus erlesener Feder geschaffen wurde. Und ganz ehrlich: So sehr ich SHADOW GALLERY vermisse und so sehr ich mir wünschen würde, es gäbe eines Tages ein Comeback, kann ich mich sehr gut mit dem Gedanken anfreunden, dass der wichtigste Baustein in einem neuen Bandprojekt frische Wege beschreitet. Mit "The Crucible" hat HARPAZO nicht nur einen Einstand nach Maß hingelegt, sondern zeitgleich eines der schönsten und besten Alben des Jahreskalenders 2024. Ich bin sehr, sehr glücklich!
- Note:
- 9.50
- Redakteur:
- Björn Backes