GREY SEASON - Invidia
Mehr über Grey Season
- Genre:
- Progressive Metal / Noise / Hardcore
- ∅-Note:
- 7.00
- Label:
- Noizgate Records
- Release:
- 26.06.2015
- Inferiors
- Reflections
- Reclusive Years
- Maere
- Invidia
- Captain Trips
- Pandemic Winter
- Red Forest
- Black Seas Of Infinity
- Venenum
Brutale Klangwände, jazzige Konter!
Wahre Nervenstärke ist gefragt, wenn man sich für die Musik von GREY SEASON interessiert. Bereits das vorangegangene Werk "Septem" war ein harter Brocken, der von doomigen Hardcore-Tiefschlägen gezichnet war, während im Vordergrund der progressive Modern-Metal-Sound seine dominanten Spielchen trieb. Nicht lange nach der Veröffentlichung des Erstlings hat sich die Band nun wieder ins Studio begeben und einen weiteren, recht konfusen Brocken zusammengebaut. Das Ergebnis hört auf den Namen "Invidia" und stellt inhaltlich sogar noch eine größere Herausforderung dar als sein Vorgänger - und das will was heißen.
Von Mathcore-Explosionen und totalen Strukturbrüchen ist GREY SEASON aber auch diesmal weit entfernt. Die Band hat zwar eine spürbare Vorliebe für kompositorische Obskuritäten und gibt sich diesen phasenweise auch hin, möchte aber niemals den Beweis antreten, dass vollkommene Gegensätze nicht zwingend gegeneinander arbeiten müssen. Nein, "Invidia" folgt im weitesten Sinne schon einem roten Faden, den man aber nicht sofort erkennen kann. Gerade zu Beginn wechseln sich gequälte Doom-Brachialitäten mit fast schon dämonischen Vocals und hypnotischen, aber in sich doch vertrackten Riffs ab. Es ist finster, mehr als nur grau, doch ein gewisser Hoffnungsschimmer bleibt gerade dann erhalten, wenn sich einer der versteckten Melodiebögen doch mal für einen Moment zeigt.
Trotzdem ist das Eintauchen in den monströsen Bastard, den GREY SEASON hier geschaffen hat, alles andere als leicht. Immer wieder geben sich Dissonanz und Sperrigkeit die Klinke in die Hand, während einige brutale Core-Gitarren die Distortion auf die Spitze treiben. Doch irgendwo zwischen all den Kontrasten findet sich eine minimalistisch formulierte Harmonie, die vor allem in den längeren Tracks der Platte zum Vorschein kommt. Ein kleines melodisches Flackern in Nummern wie 'Reflections' und 'Reclusive Years' erwärmt die Hoffnung, dass die Sache irgendwann rund wird. Doch schwere Brocken wie 'Captain Trips' stellen sich dieser Erwartung in den Weg und beenden all das, was sich kurz zuvor quälend langsam entfaltet hat.
Und genau hier muss man dann einschränken, hier gehört die Intervention hin - denn so zerstörerisch wie GREY SEASON hin und wieder mit guten Ansätzen umgeht, so teuer bezahlt die Band am Ende für die vermeintliche Verschwendung. Denn der Fluss von "Invidia" gerät immer wieder ins Wanken, die Gradlinigkeit, die man bereitwillig opfert, wirkt sich sehr destruktiv auf die Homogenität des Albums aus. Und auch wenn man im monumentalen 'Black Seas Of Inifinty' trotz einiger nahezu jazziger Ausflüge einen Konsens für das hiesige Schaffen findet, ist auf der Strecke schon einiges liegen geblieben.
Insgesamt ist es aber schwer, die Musik von GREY SEASON respektive "Invidia" überhaupt in Worte zu kleiden. Die Elemente sind vielfältig, der Zugang erschwert, die Herausforderung manchmal vielleicht zu groß. Und trotzdem ist kein bisschen Reue dabei, wenn man die Zeit beschreibt, die man mit diesem Werk verbringt. Denn was das Quintett anpackt, hat Substanz und Spannungsvermögen - und damit auch den innovativen Faktor, den man an anderer Stelle so oft vermisst. Es fehlt vielleicht etwas, aber es ist auch eine Menge Großartiges da. Trotz allem!
Anspieltipps: Reclusive Years, Black Seas Of Infinity
- Note:
- 7.00
- Redakteur:
- Björn Backes