ENSLAVED - Utgard
Auch im Soundcheck: Soundcheck 09/2020
Mehr über Enslaved
- Genre:
- Progressive Metal / Black Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Nuclear Blast / Warner
- Release:
- 02.10.2020
- Fires In The Dark
- Jettegryta
- Sequence
- Homebound
- Utgardr
- Urjotun
- Flight Of Thought And Memory
- Storms Of Utgard
- Distant Seasons
Progressiver Black Metal außer Konkurrenz.
Es ist schon bemerkenswert, wie langlebig etliche Vertreter der norwegischen Black-Metal-Szene der 90er sind. Insbesondere bei den Exemplaren, die sich stilistisch aus ihrem urtümlichen, martialischen Gründungsfundament erhoben und sich klanglich immer weiterentwickelt haben, wie eben ENSLAVED. Tatsächlich konnte ich der Entwicklung von Grutle Kjellson und seinem Gefolge stets folgen, bei den artverwandten Kollegen von BORKNAGAR ging mir das nicht immer so. Nun erscheint also "Utgard" Corona-bedingt ein halbes Jahr später, Wer in der nordischen Mythologie bewandert ist, wird wissen, dass es sich bei Utgard um das Reich des Riesen Utgardloki handelt, wo Menschen und Götter keine Macht haben.
Tatsächlich spiegelt sich der Gedanke der Nomenklatur auch musikalisch wieder. Waren die letzten ENSLAVED-Alben "In Times" und "E" sehr hart zu knackende Nüsse, fühlt sich "Utgard" so intuitiv wie außerweltlich an. Von der ersten Sekunde an umschließen die Akkorde, der Rhythmus, der Gesang den Hörer. Als beträte man einen nordischen Märchenwald voller unbekannter Gefahren, lauern hinter jedem Songtitel kleine Meisterwerke, die in ihrer Tiefe den Prog-Idolen der Norweger in nichts nachstehen.
Was einst Black Metal war, wird schon seit langem durch viele Inspirationsquellen gespeist. Selten gelang es aber, diese bestimmte nordische Sehnsucht (wer schon einmal in einer vom Polarlicht erleuchteten Winternacht in Norwegen unterwegs war, weiß, wovon ich rede) akustisch einzufangen. Wo eigentlich die klirrende Kälte als das probateste Mittel gilt, ist das Songwriting ENSLAVEDs beispielsweise bei 'Jettegryta' eine ganz andere Hausnummer. Selbst in der Disziplin der Post-Rock-Gitarren schlagen sich die Norweger besser als alle weinerlichen Sozialpädagogik-Studenten in Hipster-Klamotten zusammen: 'Homebound' ist so ein Monster von einem Song, bei dem wilde Raserei und schwelgerische Höhepunkte einen unverwüstlichen Pakt schmieden, der vom charismatischen Gesang Grutles Kjellsons initiiert wird.
Obwohl das Album mit seinen 45 Minuten eine für ENSLAVED-Verhältnisse eher kürzeres ist, kommt man aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Selbst wenn bei 'Urjotun' die Riesen in Tanzlaune sind und der Song alleinstehend konzeptionell wohl nie dem klanglichen Kosmos "Utgards" zugeschrieben würde, klingt es beinahe zwingend. Wie jeder andere Song auf "Utgard". Ganz zweifellos ein Jahreshighlight, dem ich etwas voreilig nur neun Punkte zugesprochen habe.
Anspieltipps: Jettegryta, Homebound
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Nils Macher