BULBUL - Hirn fein hacken
Hirn fein hacken
Mehr über Bulbul
- Genre:
- BULBUL
- ∅-Note:
- 8.00
- Label:
- Exile On Mainstream Records
- Release:
- 28.03.2014
- Fire
- Uhu
- I hea eh scho lang nix meah
- Kanzla
- Fisole
- Quicksand
- Gurdy
- Genderman Can
- Bomb
- A To Beans
28.03.2014 | 15:49
Morbide Visionen, mehrebenig.
Ach, die lassen mal so richtig die Österreicher raus. Genau mein Klischee. Unser Klischee? Immer etwas abseits der Konventionen oder eben ganz weit draußen, kunstbesessen, morbide und - um Gottes Willen! - niemals normal! Wenn schon ein Mensch namens Raumschiff Engelmayr die Gitarre ungewöhnlich saitet, ein kleiner Herr Derhunt den etwa gleichgroßen Bass bearbeitet, ein Didi Kern das Schlagwerk beisteuert und sich dabei des öfteren ein Königskrönchen aufhauptet und alle irgendwie immer mitsingen, ist Frohsinn vorprogrammiert. Der Unterschied zu peinlichen Krawallbürsten, die sich in bandübergreifende Kostümvariationen zwängen oder eine Menge ablenkender Skandälchen produzieren und dabei das authentische Musikmachen vernachlässigen, nimmt mann und frau den drei Alpenveilchen diese ihre Attitüde ernst. Oder nicht?
Wer sich im Interview gegenseitig mit Preiselbeerentorte beschmiert und auf keine Ausfrage mit einer linearen Antwort aufwarten will, der... naja, der scheißt auf seine Promotion. Die beste, die BUL BUL ohnehin liefern kann, ist der leibhaftige Auftritt vor einer zunehmend mitzuckenden, mitwackelnden, kopfschüttelnden Zuschauermenge. Was kann sich aber wohl hinter Komplikationen wie 'I hea es schon lang nix mea' verbergen? Nonsens als Konsens? Gesellschaftskritik? Druff' g'schissa! Spass is! Wen genau die drei Exzentriker mit dem Neunminutenkrautroller 'Kanzla' meinen, kann zum Gewinnspiel ausgebaut werden, da hier keiner der Drei über den gesamten Zeitraum hinweg singt. Wollen die den österreichischen Bundeskanzler einschläfern, unsere eigene Regierungsschefin in ihrem wohlmeinenden Stillstand charakterisieren oder huldigen die etwa dem Exile-On-Mainstream-Labelchef Andreas Kohl? Der – Tätärätä! - den allgemeinen szenischen Rufnamen "Der Kanzler" genießen darf. Spannend bleebts. Zuschriften bitte an uns! Vielleicht kann ich den BULBULs eine Fruchttorte aus dem Kreuz leiern.
Nachdem das spannende Gewinnspielliedlein verklungen ist, welches sich im übrigen schön arrangiert zwischen Psychose und Impro-Rock bewegt, biegen wir mit 'Fisole' in Richtung Zerhackstückelmusik ein. Musste ja mal kommen - gagt ja schon der Albumtitel in spannender Vorausschau. So schlimm wird’s dann ja auch nicht, verschreckt aber bestimmt alle außer Performance-erfahrene Großstädter. Füße hoch, Klischee will durch!
Englmayr setzt in 'Quicksand' sein bestes Noisrockgitarrenbrettchen auf und das funktioniert prima. Irgendeiner der Drei singt dabei - wie schon erwähnt (TK) - immer, ein Tanzsong und Argument, BUL BUL die Händchen für gelungene Stücke zu bescheinigen. Den mit 'Gurdy' oder 'Genderman Can' geht das weiter. Die ausklingenden beiden Abschlussnebeleien sind "konzeptionell" passend, also unpäßlich schrägästhetisch und äußerst unterhaltsam. Zugegeben hatte mein erster Hörversuch von "Hirn klein hacken" Augenrollen zur Folge. Jetzt beginne ich, das hier zu lieben.
- Note:
- 8.00
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben