AMORAL - Decrowning
Mehr über Amoral
- Genre:
- Death/Thrash
- Label:
- Spikefarm/Soulfood
- Release:
- 11.11.2005
- Showdown
- Lacrimal Gland
- Decrowning
- Tiebreaker
- Drug Of Choice
- Denial 101
- Control Cancer
- Raptus
- Warp (Instr.)
- Bleeder
Das finnische Quintett befand sich nach seinem Debüt "Wound Creations", das sich am melodischen und progressiven Death Metal orientiert hat, in einer Zwickmühle: Welche Marschrichtung mit dem zweiten Album einschlagen? Denn seien wir mal ehrlich: Noch frickeliger als die Übersongs - was sich auch auf die Spielzeit bezieht – 'The Last Round' und 'Nothing Daunted' geht´s nimmer! Ein wahres Freudenfest für Liebhaber des Technical Death Metal hatten die Finnen da abgeliefert. Selige Erinnerungen an Chuck Schuldiner (Ex-DEATH) sind dabei – nicht nur in mir – geweckt worden. Umso mehr war ich auf das zweite Album gespannt!
Als ob die Jungs wüssten, welche tonnenschwere Last und Erwartungen auf ihnen lasten, nennen sie den ersten Song schlicht 'Showdown'. Und der hat´s wahrlich in sich, denn vorbei sind die Zeiten, als man, wie beim Debüt, nach zwanzig Durchläufen immer noch Neues entdeckte. Während auf dem Debüt die melodischen Elemente weitestgehend den technischen weichen mussten, ist es auf "Decrowning" genau umgekehrt. Klar, hier und da lassen die Jungs schon die Muskeln spielen, aber in erster Linie steht dabei der Song mehr im Vordergrund. Der Opener 'Showdown' reißt mich in der Hinsicht immer wieder vom Hocker! Während das Gitarrenduo Ben Varon und Silver Ots ein Hammeriff nach dem anderen locker aus dem Handgelenk schüttelt, treibt die Rhythm-Section Erkki Silvennoinen (b.) und Juhana Karlsson (dr.) die Songs unbarmherzig nach vorne. Fehlt noch das raue Organ von Niko Kalliojärvi, der sich so dermaßen Pitbull-mäßig durch die Songs knurrt, als hätte er vor den Aufnahmen sein Chappi net zu futtern bekommen. Hört euch nur mal die Melodiebögen gegen Ende des Songs an, und ihr wisst, warum die Jungs absolut nichts falsch machen können. Auf diesem hohen Niveau lärmen sie bei 'Lacrimal Gland' weiter. Besonders hervorzuheben sind dabei die Gitarrensoli, die so dermaßen gefühlvoll und technisch präzise gezockt werden, dass nach jedem Durchlauf mein Kinn den Teppichboden küsst. Gerade beim Titelsong springen einen am Anfang die mehr als offensichtlichen IN FLAMES-Einflüsse geradezu an, aber wen interessiert´s, wenn die Jungs mal nebenbei einen Gang runterschalten und ihre progressive Vergangenheit aufleben lassen. Diese wird bei 'Tiebreaker' wieder zum Leben erweckt, das gleich mit einer solomäßigen Titelmelodie anfängt, um sich danach in ein Groovemonster zu steigern. Mein absoluter Favorit ist das von vielen Schreiberlingen zu Unrecht verschmähte 'Denial 101', wo sich Niko – wie schon Eingangs erwähnt – in bester Pit-Bull-Manier bis in die Magengegend reinknurrt. Die übrigen Songs fallen von den restlichen nicht allzu stark ab, weshalb Fans der ersten Scheibe hier auf jeden Fall ein Ohr riskieren sollten. Genauso wie auf der ersten CD, wo 'Languor Passage' den Ruhepol gebildet hat, befindet sich auf "Decrowning" das Pendant zu dem Stück in Form von 'Warp', bevor mit 'Bleeder' ein guter Schlusspunkt gesetzt wird.
Fazit: Wer eine logisch-vertrackte Weiterentwicklung von "Wound Creations" erwartet, ist bei "Decrowning" eindeutig unterfordert. Selbst Spötter müssen den Jungs aber zugestehen, dass sie alles andere als den sicheren Weg gegangen sind. Gerade heutzutage, wo viele Bands auf Nummer sicher gehen, kann man´s AMORAL nicht hoch genug anrechnen, dass sie sich auf unbekanntes Terrain begeben haben. Ganz an die Glanztaten vom Debüt können sie trotzdem nicht anknüpfen, aber dafür dürften die neuen Songs live eher zünden als das alte Material.
Angesichts dieses Albums bin ich mal gespannt, welchen Weg die Finnen auf ihrem dritten Album bestreiten werden. Eines ist aber sicher: Die Ausgangslage ist nicht unbedingt die schlechteste, denn die beiden extremen Pole (technisch versus melodisch) haben die Jungs schon ausgelotet. Oder um es mit den Worten von TOM PETTY abzuschließen: "Into the great wide open, under them skies of blue ...".
Anspieltipps: Showdown, Decrowning, Denial 101
- Redakteur:
- Tolga Karabagli