With Full Force XXV - Ferropolis

05.07.2018 | 09:18

14.06.2018, Gräfenhainichen

25 Jahre With Full Force: Zum Jubiläum macht der einst selbsternannte "härteste Acker Deutschlands" seinem Namen alle Ehre und zerlegt die "Stadt aus Eisen".



1994 ging es tief in Ostdeutschland zum ersten Mal heftigst zur Sache. Die damals wie heute unkonventionelle und avantgardistische Mixtur aus unterschiedlichsten Stilen der harten Gitarrenmusik zieht auch nach einem Vierteljahrhundert noch Tausende begeisterte Fans an. Einige Umzüge später (Werdau, Zwickau, Roitzschjora) ist man in der Stadt aus Eisen "Ferropolis" angekommen und nimmt sich ein Wochenende Zeit für eine großartige Geburtstagsparty. Das 25-jährige Jubiläum des "With Full Force"-Festivals wollten die Kollegen Christian Gaum und Tobias Schneider auf keinen Fall verpassen und haben kräftig mitgefeiert.

In der Vergangenheit machten sowohl Besucher, Bands und auch der Wettergott dem Namen immer wieder alle Ehre. Speziell vergangenes Jahr war der Ausfall eines kompletten Festivaltages aufgrund heftigster Unwetter ein unerwarteter Dämpfer. Doch dieses Jahr sind alle drei Festivaltage frei von Regen und bei insgesamt kontinuierlich leichter Bewölkung mit Temperaturen um die 25 Grad Celsius droht weder Sonnenbrand noch Hitzeschlag. Das Wetter hat bei der Party also mitgespielt, weshalb sich der Festivalbericht ganz auf die Bands, die drei Bühnen und das feierwütige Publikum konzentrieren kann.

Ohne Kompromisse gibt es auf der Ferox Stage bei KATAKLYSM mit dem grandiosen Opener 'Like Angels Weeping The Dark' vom "In the Arms of Devastation"-Album gleich mal eine voll auf die Zwölf. Mit '10 Seconds From The End' beinhaltet die Setlist durchaus eine Überraschung, wobei heute leider kein älterer Song gespielt wird. Wenigstens eine Nummer vom "Shadows And Dust"-Album wäre schön gewesen. Aber 'Guillotine', 'Crippled And Broken' und speziell die Hardcore Death Metal-Hymne 'As I Slither' lassen die Stadt aus Eisen erbeben und sorgen für reichlich Bewegung vor der Bühne. Der Sound ist druckvoll und laut, aber eben auch sehr mechanisch, weshalb die feinen Gitarrenmelodien, die immer wieder in das Geballer einfließen, im heutigen Liveset oftmals untergehen. Wenn man die letzten Alben der kanadischen Institution nicht mehr verfolgt hat, können Songs wie 'Outsider' oder 'The Black Sheep' aufgrund der etwas unklaren Lärmorgie nicht vollständig begeistern. Insgesamt bleibt KATAKLYSM dennoch eine überragende Liveband, die auch heute wieder eindrucksvoll ihren Status als Legende des Northern Hyperblast bestätigt.

Hin und wieder es diese Momente, wenn eine einem völlig unbekannte Band spielt, man in begeisterte Euphorie verfällt und sich im Anschluss sämtliche Veröffentlichungen zulegt. Bei BODY COUNT weiß ich vorher, was mich erwartet, habe aber Ice-T und seinen Kumpel Ernie C noch nie live gesehen, obwohl ich mich als echten Fan bezeichnen würde. So ein bisschen Sorge gibt es sogar, ob die Jungs aus L.A. den hohen Erwartungen live überhaupt entsprechen können. Mit dem Startschuss 'Raining Blood / Postmortem' können die Amis ja erst mal nichts verkehrt machen und so ist die SLAYER-Covereinlage ein echter Pitöffner! Als dann 'Bowels Of The Devil' nachgelegt wird, ist die wilde Party vor der Bühne voll im Gange. Die abwechslungsreiche Setlist pendelt gelungen zwischen alten Hits ('Drive By', 'There Goes The Neighbourhood') und neuen Krachern ('Manslaughter', 'No Lives Matter'). Die Band zeigt die komplette Zeit große Spielfreude und Ice-T ist ein Meister der Unterhaltung. Mal politisch bissig, mal aberwitzig an der Grenze der Zitierfähigkeit erfahren seine deutlichen Ansagen zum Thema Rassismus zurecht große Zustimmung. Der Mann ist von diesen Publikumsreaktionen angenehm erfreut. So verwandelt sich der Pit von einer anfänglichen Note 8,5 rasch zu einer sagenhaften 9,5. "There's always room for a bit more." Bei der anschließenden Vorstellung der Band wird deutlich, dass auf die ausgedehnte Tour anscheinend die ganze Familie mitgenommen wurde. Denn neben seinem Sohn "Little Ice-T" steht auch mal kurzzeitig die zweijährige Tochter auf der Bühne. Zum großen Finale mit 'Talk Shit Get Shot' und der neuen deutschen Nationalhymne 'Cop Killer' wird nochmal die Ghetto-Keule (in diesem Fall wohl eher eine Shotgun) ausgepackt und sorgt für kolossales Ausrasten vor der Bühne. Frenetischer Jubel des Publikums und dankbare Anerkennung der Band sind nach 50 Minuten die Folge. Das Fazit: Diese Party war damit schon mal ein unvergessliches Erlebnis.

Über den ersten Headliner BULLET FOR MY VALENTINE herrscht generell geteilte Meinung. Kommerzmetaller und Kindermusik sagen die einen, herausragende Musiker die anderen. Obwohl sich selbst eher zu ersteren zählend, will man sich trotzdem sein eigenes Bild machen. Das Intro und die Bühnenaufmachung sind jedenfalls eines Headliners würdig, genauso wie der astreine Sound. Doch scheint der Funke nur bei den wirklichen Fans überzuspringen und der Rest des Publikums wartet geduldig das restliche Set ab, bis doch mal ein aus Funk und Fernsehen bekannter Song ertönt. Alles halb so wild, schließlich folgen noch zwei weitere Headliner in den kommenden Tagen.

Eine wirklich heftige Portion diabolischer Musik steht zu Beginn von Teil 1 der Knüppelnacht auf dem Programm der Zeltbühne. Die Österreicher BELPHEGOR zeigen sich (musikalisch) laut, bestialisch und wahrlich bitterböse. Was Frontmann Helmuth und seine Mitstreiter zu später Stunde servieren, ist keine leichte Kost. Die Mixtur aus disharmonisch-kreischenden Gitarren und Blastbeats wird dabei so präzise dargeboten, dass dies nur einen Schluss zulässt: Einen besseren Opener für die lange Nacht des Black und Death Metals kann es nicht geben. Absolut passende Show zur Knüppelnacht.

Death Metal "roh und ohne Beilagen" gibt es von UNLEASHED seit nunmehr bald 20 Jahren. Auf Platte mag das teilweise etwas langweilig geworden sein und nicht immer vollständig überzeugen, doch live ist das immer wieder mitreißend. Richtig thrashig wird mit 'This Is Our World Now' ein ordentliches Tempo vorgelegt. Doch die Schweden können nicht nur Uptempo, denn speziell die Nackenbrecher 'Don't Want To Be Born' oder 'Midvinterblod' entfalten auch heute wieder eine unbändige Energie. Der recht ansehnliche Moshpit zu später Stunde bezeugt, dass der Funke längst aufs Publikum übergesprungen ist. 'Into Glory Ride' – da geht doch noch einer, oder? Und Johnny schnappt sich das Mikro: "My warriors, scream for me …" 'Death Metal Victory' ist die Antwort und UNLEASHED beendet mit der ultimativen Abrissbirne einen wirklich gelungenen Auftritt.

Mit dem überragenden aktuellen Album "Mark Of The Necrogram" hat es NECROPHOBIC gängiger Meinung nach wieder mal geschafft, einen Meilenstein in Sachen Black Death Metal zu kreieren. Man kann der Band wirklich nur wünschen, dass ihnen damit vielleicht etwas mehr Aufmerksamkeit zu Teil wird. Denn auch live kann man keine Schwächen feststellen und geht jedes Mal mit gut gelockerter Nackenmuskulatur nachhause. So ist es beim treibenden Beat von 'Pesta' und beim stampfenden Groove von 'Tsar Bomba' unmöglich, den Kopf stillzuhalten. Wahrhaft beeindruckend, wie es NECROPHOBIC schafft, nach wenigen Minuten einen Höhepunkt der Show zu erreichen. Das wirklich Beeindruckende jedoch ist, dass die Band aus Stockholm daran anschließend permanent noch zu weiteren Steigerungen in der Lage ist. So wird der unfassbar gute Auftritt mit 'Revelation 666' und 'Blinded By Light, Enlightened By Darkness' nochmal eine Spur besser. Den endgültigen Abschluss mit dem Uraltsong 'The Nocturnal Silence' nehme ich mir dann zu Herzen und gehe schlafen.

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Redakteur:
Carsten Praeg

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