WOLFHEART, BEFORE THE DAWN, HINAYANA - Siegburg

10.11.2023 | 22:28

08.11.2023, Kubana Live Club

Ein perfektes Billing zwischen Todesstahl, Melancholie und Melodie!

Wie ich sie nicht mag, diese gigantischen Tour-Pakete, die in den letzten Jahren diverse Metal-Spielrichtungen unter einem Hut zusammenfassen, um möglichst große Hallen zu füllen. Klar, ich verstehe die Notwendigkeit für die Bands, doch altmodischerweise komme ich eigentlich zu einem Konzert, weil ich Lust auf den Headliner und seine metallische Spielrichtung habe. Da ist es umso erfrischender, dass der gute Tuomas Saukkonen seine beiden Bands WOLFHEART und BEFORE THE DAWN aktuell quer über den europäischen Kontinent führt und als Opener mit HINAYANA direkt noch eine Band mit ins Billing genommen hat, die perfekt zum melancholisch-melodischen Todesstahl der beiden anderen Acts passt. Als großer Liebhaber des Melodic Death Metals kann ich mir dieses Paket natürlich nicht entgehen lassen und mache mich gemeinsam mit meiner Kollegin Barbara an einem verregneten Mittwochabend auf den Weg nach Siegburg, um mir das Dreierpack im wunderschönen Kubana Live Club anzuschauen.


Wie erwähnt, betreten die Amerikaner HINAYANA als erste Band des Abends recht pünktlich die Bühne und bedienen erst einmal die Fans von klassische melancholischem Melodic Death der Marke INSOMNIUM. Gerade erst habe ich ja auch das neue Album der Texaner namens "Shatter And Fall" mit einer glatten Neun-Punkte-Wertung bedacht und bin natürlich gespannt, wie sich das Quartett heute Abend auf der Bühne schlägt. Und um es kurz zu machen: Ich bin begeistert. Die Jungs aus Austin sind routiniert, spielen auf allerhöchstem Niveau und haben entsprechend auch schnell das Publikum, das auch zu recht früher Stunde schon zahlreich erschienen ist, in ihrer Hand. Dazu kommt, dass, wie üblich im Kubana, der Sound hervorragend ist und den Amerikanern dabei hilft, ihre druckvollen Riffs und auch ihre herrlich eingeflochtenen Melodiebögen an den Mann und die Frau zu bringen. Und so verfliegt die eigentlich etwas zu kurz geratene Show auch viel zu schnell, wobei mir schlussendlich auffällt, dass HINAYANA bis hierher noch dieser große Song fehlt, der einem direkt nach dem Ende des Konzerts nicht mehr aus dem Kopf gehen will und einen praktisch sofort zum Merchstand treibt, um die aktuelle Scheibe zu kaufen. Doch auch ohne diesen großen Hit erntet der Fünfer abschließend einen mehr als ordentlichen Applaus und darf sich auch am eben erwähnten Merch-Tisch, an dem sich die Band zeitnah nach der Show einfindet, über sehr viel Zuspruch und Foto-Anfragen freuen. Ich bin gespannt, wohin die Reise für die Jungs noch geht, denn das Zeug zum zukünftigen Headliner ist hier definitiv vorhanden.

Nach diesem hervorragenden Anheizer geht die Reise für das Siegburger Publikum auf jeden Fall gen Finnland, denn nach einer kurzen Umbaupause übernimmt BEFORE THE DAWN, mit einem deutlich schlichteren Bühnenbild, die Bretter. Große Aufbauten haben Tuomas Saukkonen, der heute Abend hinter der Schießbude Platz nimmt, und seine Mitstreiter aber auch gar nicht nötig, denn die grandiosen Hooklines und Gitarrenleads sind auch so beeindruckend genug. Hatte ich eben bei HINAYANA noch von dem fehlenden großen Hit gesprochen, kann sich der Vierer aus Finnland in dieser Hinsicht nicht über einen Mangel beklagen. Angesichts von Hämmern wie 'My Darkness', 'Winter Within' oder auch 'Dying Sun' weiß man überhaupt nicht, welcher Ohrwurm sich denn nun im Gehörgang einnisten soll. Und auch die Tracks vom aktuellen Silberling "Strombringer" fügen sich perfekt in die Liste der Klassiker ein, wobei 'Destroyer' mit tollem Refrain punktet, während 'Chains' vor allem von einem fast schon rockigen Riff nach vorne gepeitscht wird. Dabei musiziert die gesamte Band auf allerhöchstem Niveau, wobei ich dennoch Neusänger Paavo Laapotti gesondert hervorheben möchte, denn mit starken Growls und seiner charismatischen Gesangsstimme schlägt er sich quer durch die BEFORE THE DAWN-Diskografie hinweg hervorragend und lässt mich hoffen, dass er den Posten auch dauerhaft in der Zukunft bekleiden wird. Das Publikum dankt die astreine Leistung der Band mit Applaus, gereckten Fäusten und sogar einem ersten Moshpit während 'Wrath', das den Zugabenblock des Sets einläutet. Die Frage nach dem Ohrwurm des Abends klärt sich dann hier auch endlich, denn mit 'Deathstar' und 'Deadsong' feuern die Finnen ihre beiden größten Songs zum Abschluss des Sets ab und übertrumpfen noch einmal locker jeden noch so guten Refrain, der sich bis hierhin im Gedächtnis festgesetzt hat. Einziger Kritikpunkt bleibt damit erneut die etwas zu kurze Spielzeit, denn für mich hätte der Vierer auch gerne noch eine weitere Stunde auf der Bühne stehen können. Wir müssen aber auch realistisch bleiben, denn Tuomas Saukkonen ist so schon ordentlich ausgelastet, bekommt er doch schließlich nur eine kurze Verschnaufpause, bevor er für das Set von WOLFHEART ans Mikrofon und die Gitarre wechseln muss. Und auch ich gönne mir eine kurze Verschnaufpause und gebe den Ball an meine Kollegin Barbara weiter.

Setliste BEFORE THE DAWN: Unbreakable; Destroyer; My Darkness; Faithless; Dying Sun; Chains; Downhearted; Winter Within; Wrath; Deathstar; Deadsong

[Tobias Dahs]

Was ist das Getränk der Finnen? Richtig, Tee. Also zumindest am heutigen Abend bei Sänger, Gitarrist und Bandgründer Tuomas. Die Stimme jedenfalls ist geschmiert und die tiefen Growls haben ordentlich Dampf. Also keine Spur von Müdigkeit, im Gegenteil, WOLFHEART legt kraftvoll los. Das Kubana ist ja wirklich ein kleiner, feiner Live-Club. Hier gibts keinen Fotograben und will man Bilder schießen stellt man sich natürlich mit in die erste Reihe. Das ist nah dran. Also wirklich nah. So 30 cm. Das macht natürlich den besonderen Charme von Club-Konzerten aus. Die Stimmung ist hervorragend. Die Horde Fans hat Spaß, kennt die Songs, die Köpfe wippen und die Haare fliegen. Die Ansagen ans Publikum und ebenso die Parts mit Klargesang übernimmt Bassist Lauri Silvonen und obwohl ich kein Fan von Klargesang bin, muss ich sagen, die Stimmen ergänzen sich ziemlich perfekt. Live nimmt es auch nichts von der Power, die WOLFHEART hier auf die Bühne bringt. Beim Song 'The King', vom aktuellen Album "King Of The North", greift dann noch Gitarrist Vagelis Karzis zum Mikrofon. Auch das passt. Ein Haufen sehr vielseitiger Musiker also, wow. Mittlerweile ist der Moshpit in die Gänge gekommen und ich ziehe mich mit der Kamera mal auf die hinteren Stufen zurück. Hier ist man noch immer nah dran, hat beste Sicht und besten Sound. Ich mag den Club und die Atmosphäre und muss sagen, es ist auch für Kölner die kleine Anfahrt wert. Dort war das Konzert übrigens nirgends auf den einschlägigen Vorankündigungsseiten zu finden, was ich als Fan tatsächlich ziemlich ätzend finde. Was soll denn immer das Gezicke benachbarter Städte?! Wie auch immer, die Show ist großartig und ich kann Tobias nur zustimmen: Das Line-up ist absolut perfekt abgestimmt!

Setliste WOLFHEART: Skyforger; Ghost of Karelia; Zero Gravity; Knell; Boneyard; Routa Pt. II; The King; Strenght And Valour; Aeon Of Cold; The Hammer; The Hunt

[Barbara Sopart]

Viel gibt es dann von meiner Seite auch nicht hinzuzufügen, außer vielleicht die Feststellung, nach dem triumphalen Konzertende mit den Volltreffern 'Aeon Of Cold', 'The Hammer' und 'The Hunt', dass Tuomas und seine Mitstreiter gemeinsam mit KALMAH aktuell ganz klar die Speerspitze sind, wenn es um folkig-epischen Melodic Death Metal mit harter Kante geht. Solltet ihr euch auch die Tuomas Saukkonen-Vollbedienung geben und BEFORE THE DAWN und WOLFHEART an einem Abend erleben wollen, solltet ihr euch zügig ein Ticket sichern, denn bei einem kleinen Plausch nach der Show ließ der Bandkopf durchblicken, dass er sich so eine Herkulesaufgabe wohl so bald nicht mehr zumuten wird. Zwei Sets an einem Abend zu spielen, fordert eben doch viel Kraft, auch wenn man das dem finnischen Mastermind heute Abend nicht angemerkt hat.

[Tobias Dahs]

Photo Credits: Barbara Sopart

Redakteur:
Tobias Dahs

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