The Satanic Panic Tour: LUCIFER, ATTIC,THE NIGHT ETERNAL - Hamburg

04.03.2024 | 23:49

22.02.2014, Bambi Galore

Höllisch-heißer Scheiß!

Eine Tour mit dem Motto "Satanic Panic" kann ja nur höllisch-heißen Spaß bedeuten. Wenn sich unter diesem Banner dann THE NIGHT ETERNAL, ATTIC und LUCIFER verbergen, wird diese These auch gleich inhaltlich bestätigt. Dies sehen in Hamburg offenbar nicht ganz wenige Freunde okkult-verbrämter Stromgitarrenmusik ebenso, denn nicht anders ist ein ausverkauftes Bambi Galore an einem Donnerstagabend zu erklären. So wird dann auch frühzeitig zum ersten Gebet gebeten, denn die auf den Karten angegebene Startzeit von 19hundert nehmen die Veranstalter sehr wörtlich.

Als wir um kurz nach Sieben in die gemütlichsten Katakomben in Hamburg Billstedt einfallen, sind die Senkrechtstarter von THE NIGHT ETERNAL schon mächtig am Werkeln. Unterstützt von WARLUST-Bassist Jannik Stüber, braten die jungen Wilden aus Essen Riffs aus der ganz heißen Pfanne. Sänger Ricardo Baum ist dabei wie gewohnt der aktivste Aktivposten der fünf Musiker, die mit jeder Pore ihres Seins diese Musik zu leben scheinen. Wie es im ausverkauften Bambi immer der Fall ist, hat man sofort das Gefühl mitten im Geschehen zu stecken, denn bereits nach wenigen Songs schwitzt es Noten vom Deckengewölbe. Auf er Bühne fliegen die Rasta-Locken, in der Menge fliegen die Fäuste und die Mundwinkel beinahe aller Anwesenden sind zu einem Grinsen verzogen. Es ist aber auch schwer, sich solchen Knaller-Songs wie 'In Tartarus' oder 'Prince Of Darkness' zu entziehen. Die mächtig effektiven Riffs von Rob Richter und Henry Käseberg treffen eben immer genau ins Euphoriezentrum eines jeden Metalheads. Wenn man dies dann auch noch energisch darbietet, bleiben keine Wünsche offen. So kommt die Meute dann der freundlichen Aufforderung, 'Elysion (Take Me Over)' vom ebenso starken Debüt "Moonlit Cross" mitzusingen, sehr gerne nach. Als es dann vor dem Titelsong eben jenes Albums heißt, der Spuk sei bereits beendet, traue wohl nicht nur ich meinen Ohren nicht. Das waren ja nicht mal 45 Minuten. Fickedifack, so geht das aber nicht. Muss man sich wohl mit einer Knolle Astra den Regen draußen schön trinken. Bombenstarker Auftritt!

Nach einer kurzen Pause entern dann die geschminkten Nachbarn von ATTIC die Bühne. Offenbar hat die Band um Frontsirene Meister Cagliostro mal wieder die privaten Dachstühle nach ollem Klimbim durchforstet, denn die Bühne ist schick geschmückt. Davon sieht man zuerst recht wenig, denn im okkulten Fundus befindet sich offenbar auch eine Nebelmaschine, die nach großem Vorbild alter Edgar-Wallace-Verfilmungen, erstmal jegliche Sicht nimmt. Stört mich nicht, denn die Musik ist ja allererste Sahne. Wie übrigens auch der Sound. Ähnlich wie bei THE NIGHT ETERNAL gibt es auch bei ATTIC hier nichts zu bemängeln. Alles klingt ausgewogen, es drückt schön, ohne zu klirren. Auch die hohen Töne des Zeremonienmeisters zwirbeln nicht unangenehm in den Ohren, sodass ich hier beide Daumen nach oben heben muss. Dass es sich bei ATTIC um eine erstklassig aufeinander eingespielte Truppe handelt, die tight aufspielt und dabei immer wieder mit grandiosen Gitarrenideen begeistern kann, ist ebenso wenig neu. Mit 'Darkest Rites', für welches es bereits ein Video gibt, und dem Titelsong 'Retun Of The Witchfinder' gibt es zwei Songs des bald erscheinenden, neuen Albums. Ansonsten schöpft das Quintett aus dem großen Fundus alter Klassiker. Beim Schmachtfetzen 'Join The Coven' singt der halbe Keller wie in Trance lauthals den Chorus mit und beim sensationellen 'The Hound Of Heaven' schwebe ich auf Wolke Sieben. Dieser Song ist einfach rattenscharf! Zu dieser Zeit hoffe ich noch auf meinen Favoriten 'There Is No God', werde aber erstmal mit 'Funeral In The Woods' versöhnt. Dann kündigt man den obligatorischen, kopflosen Überflieger als letzten Song an und ich bin erneut irritiert. Es ist noch nicht einmal 21 Uhr und die beiden Vorbands sind fertig. Kindergeburtstag? Eigentlich bin ich froh, da ich am nächsten Tag wieder früh hoch darf. Vorher wird aber der 'Headless Horseman' noch aus voller Inbrunst mitgegrölt. Geile Scheiße!

Nochmal kurz frische Luft tanken, bevor es mit dem internationalen Gespann namens LUCIFER zur Hauptattraktion des Abends kommt. Leider ist hier von Beginn an der Sound etwas muffig und basslastig, sodass ich mehrfach während des Auftrittes die Sichtposition verändere, in der Hoffnung, irgendwo im Raum, wäre es besser. Dieses Vorhaben war leider nur von Theorie gekrönt. Egal, let the music do the talking. Während ich die beiden bereits abgefeierten Bands auch aus der heimischen Beschallungsmaschinerie abfeiere, will mir dies beim Anhören der Tonkonserven von LUCIFER nicht immer gelingen. Der eigentlich zumeist sehr eingängige Retro-Okkult-Rock ist mir meist etwas zu simpel und plakativ, was dazu führt, dass er sich in meinen Ohren schneller abnutzt als es die Musik von ATTIC und THE NIGHT ETERNAL tun. So ist meine heutige Hoffnung, dass eine livehaftige Darbietung mehr Dreck unter den Fingernägeln preisgeben wird und dass mich eine visuell ansprechende Umsetzung des Okkulten additiv begeistern wird. Nun, leider verhindert der dumpfe Klang jegliche Eingängigkeit und die bewusst abgehobene Darbietung von Johanna Andersson will mich auch nicht abholen. Mir ist dabei sehr wohl klar, dass es sich hier um ein bewusstes Stilmittel der Darstellung handelt und ich denke, dass Fans von LUCIFER eben genau diese kühle Ausstrahlung erleben möchten. Ich mochte dies zum Beispiel bei THE DEVILS BLOOD, aber hier und heute fehlt mir das musikalische Feuer als Gegenpol zu dieser Optik. Selbst als ich weit vorne am Bühnenrand stehe und für zwei Songs sehr hautnah am Geschehen bin, komme ich hier nicht rein in die Welt von LUCIFER. Die im Nachgang gehörten Stimmen sind zumeist andere Meinung und fanden fast alle Gefallen an dem Auftritt. Waren es wohl mal wieder meine komischen Synapsen, die hier auf den falschen Fühlern erwischt wurden. Kann man nichts machen. Wird am Erfolg der Band sicherlich nichts ändern.

Zusammenfassend muss ich erneut auf die tolle Atmosphäre dieser Location hinweisen. Hier stimmt für mich immer alles: Tresen, Tür, Stimmung, Klang, Atmosphäre - das Rundum-glücklich-Paket.

Photo Credits: Nives Ivic und Norman Wernicke


Redakteur:
Holger Andrae

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