THE WORD ALIVE - Oberhausen

04.12.2014 | 10:11

01.11.2014, Kulttempel

"Real." ist das bisher mutigste Album der Metalcore-Senkrechtstarter THE WORD ALIVE. Mit einem starken Haufen an Supportbands macht man eine kurze Stippvisite durch das UK, die Niederlande und Deutschland.

Für die Metalcore-Jugend der Altersklasse 16 bis 18 ist das THE WORD ALIVE-Konzert in Oberhausen wohl Pflicht. Gut 300 Kids sammeln sich vor der Bühne, um die US-Amerikaner auf einem ihrer beiden Deutschland-Shows zu sehen. Mit im Gepäck haben sie LIKE MOTHS TO FLAMES sowie THE COLOR MORALE. Zusätzlich gibt noch POLAR aus dem Vereinigten Königreich und die deutschen 08/15-Metalcoreler von BREATHE ATLANTIS die Anheizer.

BREATHE ATLANTIS vergewaltigt dann auch mit zusammengeklauten Songs das Publikum um kurz vor halb acht Uhr Abends. Puh, bei den deutschen Newcomern sucht man die Eigenständigkeit mit der Lupe. Ich befürchte, dass selbst Superman da an seine Grenzen kommt. Breakdowns, Geballer, dann ein Two-Step-Part, Trance, Breakdowns, Breakdowns, Breakdowns, noch mal Breakdowns und dann auch einmal ein ruhiger Jazz-mäßiger Baustein, der an DANCE GAVIN DANCE erinnert. Hinzu kommt so ziemlich jeder Proll-Move den eine Band dieses Genres auf die Bretter legen kann. Ich bange um Deutschlands Jugend, da in der Tat die ersten Reihen Spaß mit diesem Feuerwerk an 08/15-Songs haben.

Viel besser tönt da POLAR. Der melodische Hardcore mit vielen Parallelen zum Metalcore erinnert stark an die Szene-Lieblinge HUNDREDTH. Das Quintett ist zwar noch nicht wirklich bekannt, jedoch scheint es heute viele neue Fans gewinnen zu können. Einige Nasen sind sogar schon vertraut mit den Songtexten und reißen sich gelegentlich um das Mikro. Die Briten glänzen besonders in den flotten, aber durchaus melodischen Parts ihrer Songs. Dass HUNDREDTH scheinbar das Idealbild der Gruppe ist, wird hier nur allzu deutlich. Besonders Sänger Adam Woodford kann mit einer guten Performance punkten. POLAR sollte man auf jeden Fall im Auge behalten. Live lohnt sich der Fünfer zumindest sehr.

Noch besser wird es mit den Amis LIKE MOTHS TO FLAMES, die im Anschluss um 21 Uhr die Bühne betreten. Die Band um den einstigen EMAROSA-Sänger Chris Roetter macht zumindest optisch schon einmal durch zwei SLAYER-Shirts eine gute Figur. Musikalisch kann sich die Truppe jedoch auch sehen lassen. 'The Worst of Me' vom Debütalbum "Like We Don't Exist" eröffnet das Set und sorgt direkt für einen ordentlichen Moshpit, der erstaunlich brutal ausfällt. Die Metalcore-Band macht live eine recht aggressive Figur und kommt deutlich kantiger rüber als auf den beiden Alben. Das halbstündige Set vergeht beinahe wie im Fluge, da die Jungs wirklich eine sehr gute Show hinlegen, die keine Wünsche offen lässt.

Bei THE COLOR MORALE hingegen muss man sich erst etwas an den "klaren" Gesang gewöhnen. Ähnlich ging es mir schon im letzten Herbst als die Truppe den Support für CHIODOS übernahm, doch ist der Sound heute wesentlich besser und somit sind die Vocals hörbarer. Mir persönlich klingen die gesungenen Refrains zu gepresst. Soul ohne Soul sozusagen. In den harten Passagen hingegen kann das Quartett überzeugen. Der kantige und leicht vertrackte Metalcore der Amerikaner scheint - genau wie bei den vorherigen Bands - viel Zuspruch zu finden. Vor der Bühne ist ordentlich Bewegung und Nummern wie 'Suicide Stigma' oder 'Scar Issue' vom aktuellen Album "Hold On Pain Ends" scheinen sich zu Publikumslieblingen zu entwickeln. Dennoch gefällt mir die Performance von LIKE MOTHS TO FLAMES besser als die von THE COLOR MORALE.

Glasklarer Headliner ist aber THE WORD ALIVE. Nahezu die gesamte Fanmasse ist nicht mehr zu bremsen als 'Broken Circuit' und 'Entirety' das Set der Metalcore-Band eröffnen. Besonders Sänger Tyler Smith macht eine extrem gute Figur. Gesanglich ist der Mann sehr gut aufgelegt und schafft nervenzerfetzendes Gekreische genauso gut wie clean Vocals. Umso erstaunlicher ist dies, wenn man sich die energiegeladene Performance des Frontmanns anschaut. Zu kaum einer Sekunde steht der platinblonde Vokalist still. Stets ist er auf den Beinen, um über die Bühne zu sprinten. Den Fans gefällt dieser Einsatz und so belohnen sie THE WORD ALIVE mit einem amtlichen Pit und viel Mitsingen.

Die Setlist bedient sich bei den drei Alben, lässt aber leider 'Battle Royale' von der "Empires"-EP außen vor. Dafür knallen die Breakdowns vom brutalen 'The House of Anubis' umso mehr. Auch das poppige und sehr melodische 'Light House' wird euphorisch von den Fans aufgenommen. Mit 'Never Forget' könnte THE WORD ALIVE ein neuer Live-Hit gelungen sein, da der "Real."-Beitrag nahezu das Highlight der Show darstellt. Diesen Posten nimmt aber das abschließende 'Life Cycles' ein. Doch endet das Konzert noch nicht, da man ein Cover spielen will. Auf den restlichen Daten der Tour wurde dieses nicht gespielt, doch legt man für Oberhausen noch '94 Hours' der Metalcore-Pioniere AS I LAY DYING nach. Es folgt noch '2012' vom Debütalbum "Deceiver" und dann verabschiedet sich die Band nach mehr als 65 Minuten endgültig von den Fans, die allesamt ausgepowert den Heimweg antreten.

Redakteur:
Sebastian Berning

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