THE BUTTERFLY EFFECT & TAKIDA - Wiesbaden

08.12.2009 | 09:25

06.12.2009, Räucherkammer

Melodic Rock und ein wenig Indie Prog locken die Wiesbadener auch am Sonntagabend und bei Regen aus der Bude.

Etwa 80 Zuschauer haben sich in der Räucherkammer, dem "kleinen Schlachthof”, eingefunden, um einem Paket zu lauschen, das sicherlich mehr Zuschauer verdient gehabt hätte. Aber Sonntagabend ist natürlich auch nicht der allerbeste Tag, um eine Halle zu füllen, und die beiden Bands sind in Deutschland auch noch nicht allzu bekannt. Allerdings tummeln sich doch einige BUTTERFLY EFFECT-Shirts in der Halle. Kein Wunder, ist das Merchandise doch wirklich zu fanfreundlichen Preisen erhältlich. So kostet ein schwarzes BUTTERFLY EFFECT-Shirt mit einem reduzierten, goldgedruckten Covermotiv des aktuellen Albums und einem ebenfalls goldenen Schmetterling auf der Rückseite nur zwölf Euro.

Doch erstmal kommen TAKIDA aus Schweden. Mit ihrem Album "Bury The Lies" haben sie zu Recht Aufmerksamkeit erregt. Der melodische, harte Rock ist einerseits sehr eingängig und radiokompatibel, hat jedoch andererseits genug Wumms, um die Nordländer vom Mainstream zu distanzieren. Um kurz nach 21 Uhr geht es los, unprätentiös betreten TAKIDA die kleine Bühne, grinsen ins Publikum und legen los. Man ist sich ganz offensichtlich bewusst, dass die Leute, die da sind, eigentlich wegen THE BUTTERFLY EFFECT in der Halle rumstehen. Deswegen gibt es keine langen Albernheiten, keine Mitsingspielchen und ähnlichen Firlefanz, nur hier und da mal eine kleine Ansage des Frontmannes Robert Petterson ("Dieser Song ist über unser Fussballteam, wenn sie gegen Deutschland spielen. Der Song heißt 'Losing'"), der auch live eine sehr gute Figur macht. Die Setlist ist ziemlich übersichtlich mit gerade mal sechs Stücken. Mit Ansagen und ein bisschen Pause zwischen den Songs spielt die Band gerade mal eine gute halbe Stunde. Schade eigentlich, denn das Publikum nimmt den Sound doch freudig auf, wippt mit und spendet auch höflichen Applaus. Mehr darf man wohl als Opener mit nur einem noch sehr neuen Album im Gepäck nicht erwarten, auch wenn die Jungs in Schweden wohl schon deutlich populärer sind.

Setlist: Losing, Feeble Pride, Halo, The Dread, Curly Sue, Evil Eye

Dann ist Zeit für THE BUTTERFLY EFFECT. Auf die Australier haben die Fans gewartet. Der kleine Club passt zum Sound der Band ausgezeichnet, sind doch ihre Songs eher etwas zum Anhören und Genießen und weniger für den Moshpit. Zumindest, was das aktuelle Album "Final Conversation Of Kings" angeht. Mit dem großartigen 'Window And The Watcher' - meiner unmaßgeblichen Meinung nach der zweitbeste Song auf dem Album - wird gleich mal ein Meisterstück ins Publikum gefeuert. Sofort ist die Stimmung großartig, die Band hat ein Heimspiel. Auffällig ist übrigens, wie viele weibliche Fans anwesend sind. Die Schmetterlinge scheinen mit ihrem Sound trotz harter Gitarren und Nu Metal Einflüssen einen Frauenappeal zu haben. Liegt das am Frontmann Clint Boge? Sicherlich, denn der Rest der Band spielt eher für sich selbst, auch wenn Gitarrist Kurt Goedhart zwar kaum still steht, so schaut er doch nur selten ins Publikum. Aber Clint zieht auch alle Augen auf sich, mit wirren Haaren, Tattöwierungen, einem Piercing und einem Mehrtagesbart. Offensichtlich lässt diese Erscheinung der Damen Herzen aufgehen, das scheint die einzige Erklärung zu sein.

Die Stimmung bleibt oben, auch als ein paar ältere und durchaus etwas härtere Songs ausgepackt werden. Die Band rockt sich so durch den Backkatalog, der immerhin drei Alben und eine EP umfasst, und streut immer wieder aktuelle Songs ein, die doch für leicht erhöhte Begeisterung sorgen. Mit dem älteren Material ist man nicht so vertraut, was wenig verwundert, sind die beiden Scheiben "Begins Here" und "Imago" hier auch wirklich nicht leicht zu kriegen. Dummerweise aber am Merchandise-Stand auch nicht, wo ich vor dem Gig eigentlich versuchen wollte, die Tonträger wenn möglich alle einzugemeinden. Dem war aber nicht. Schade.

Clint hält sich mit Ansagen weitgehend zurück und überlässt den Songs die Konversation. Dem Publikum scheint das gut zu passen und so wird der Auftritt durchgehend gefeiert und betanzt. Bis sich die Band dann nach 'Crave' verabschiedet. Huch, schon? THE BUTTERFLY EFFECT haben noch nicht einmal eine Stunde gespielt. Sie kommen zwar noch einmal wieder, um 'Worlds On Fire' zuzugeben, aber damit machen sie gerade einmal die Stunde voll. Genug Material hätte die Band doch gehabt, obendrein gutes, denn meinen Lieblingssong 'In These Hands' haben sie verabscheuungswürdiger Weise nicht gespielt. Und etwas Besseres werden sie ja wohl an diesem Abend auch nicht mehr vorhaben, da könnten doch ruhig noch ein paar Tönchen kommen. Aber nein, Schluss ist. Um kurz nach 23 Uhr. Also, ich müsste noch nicht ins Bett...

Setlist: Window And The Watcher, A Slow Descent, Reach, Final Conversation, Room Without A View, Everybody Runs, Always, Sum of 1, Gone, In A Memory, Crave, Worlds On Fire

Zwei starke Auftritte von Bands, von denen ich mir auch in Zukunft noch Einiges erhoffe, machen einen gelungenen Abend. Rundum gelungen kann ich allerdings nicht behaupten, denn warum beide zusammen heute gerade mal eineinhalb Stunden Musik gemacht haben, will sich mir nicht erschließen. Wie es scheint, rocken heute nur noch die alten Bands länger als sie unbedingt müssen, die Headliner-Shows mit siebzig Minuten werden zur Normalität und Touren gleichen eher Festival-Rundreisen, weil man gleich eine ganze Handvoll Vorgruppen mitnimmt. Bin ich der Einzige, dem das missfällt? Hey, es ist Rock 'n' Roll. Was ist mit Party?

Redakteur:
Frank Jaeger

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