Sundown 2004 - Gaildorf

13.12.2004 | 05:16

20.11.2004, Körhalle

Bevor ich mit dem eigentlichen Review beginne, muss ich noch ein paar Sachen loswerden.
Zunächst sage ich hiermit kurz "Danke!" an Georg, sowie an Achim vom Sundown, ohne die ich weder dieses Review schreiben könnte, noch Fotos hätte machen können, und nicht zuletzt dieses oberfette Festival hätte genießen können.
Weiterhin hoffe ich, dass jeder, der dieses Review liest etwas Nachsicht haben wird. So wie sich die Situation ergab, war ich leider der Einzige Vertreter von POWERMETAL.de und unglücklicherweise aufgrund der schlechten Wetterlage erst kurz vor 19 Uhr vor Ort. Somit werde ich leider keine Aussagen über die Auftritte der Bands OPPOSITION OF ONE, REAL:DEAD:LOVE, ALEV und den EXCREMENTORY GRINDFUCKERS machen können. Besonders ärgert mich das bei den EXCREMENTORY GRINDFUCKERS. Weiterhin sah ich alle Bands bis auf EKTOMORF zum ersten Mal…

Zu Beginn ein paar nackte Zahlen: Etwa 650 km standen am Sonntag auf der Kilometeranzeige meines Autos. In mein Notizbuch hatte ich über 8 Seiten mit Stichpunkten zu den jeweiligen Bands voll gekritzelt und die Digitalanzeige meiner Kamera zeigte etwa 150 Bilder an. Und das Sundown … war ausverkauft! Das ist zwar keine genaue Zahl, aber dennoch sehr beeindruckend. Wie gesagt erreichte ich die Körhalle kurz vor 19 Uhr. In eisiger Kälte tummelten sich einige Leute, teilweise nur in Shirt oder Top gekleidet, vor dem Eingang. Brav wie ich bin stellte ich mich zunächst hinten an. Aber sofort kam mir der Gedanke, dass es sich bei den Leuten vor mir lediglich um Besucher handelt, die noch keine Karte haben. Ok, ich hatte auch keine, aber das sollte ja nicht das Problem sein. Sollte ich wirklich nicht in die Gästeliste gerutscht sein, so würde ich halt bezahlen und das Beste daraus machen. Doch dann der erste Schock: die Abendkasse ist dicht! Es gibt keine Karten mehr! "Ok, " dachte ich "jetzt muss das doch schon hingehauen haben mit der Gästeliste, sonst war die Fahrt wahrlich etwas sinnlos." Es hat hingehauen, und nach einigem Durchfragen bekam ich einen Pressepass. Wirklich Leid tat es mir allerdings um die Leute, die noch ewig vor der Halle standen und froren, in der Hoffnung die Situation würde sich doch noch zu ihren Gunsten ändern. Andererseits habe ich auch Verständnis für den Veranstalter. Jeder der wirklich hinwollte bestellte seine Karte vor, oder tauchte zeitig auf. Das Problem ergab sich, wie ich erfuhr auch nicht aus einer für den Zeitpunkt zu stark gefüllten Halle, sondern aufgrund dessen, dass man bei den Auftritten der Headliner noch einmal mit einen Zuwachs an Zuschauern rechnen musste. Als Sicherheitsverantwortlicher da noch ein unnötiges Risiko einzugehen wäre Wahnsinn. Dennoch konnte man nur Mitleid haben, mit allen, die sich ihren Abend durch eine spontane Anreise versaut haben. Und zumindest eines muss man in diesem Zusammenhang ankreiden: Auf der Internetseite des Sundown fand ich nirgends einen Vermerk, wie lange die Abendkasse geöffnet hat. Im Gegenteil, einen Tag vorher wurde noch von "genügend Karten" gesprochen, so dass sich viele eventuell zu sehr in Sicherheit gewogen haben. Aber wie auch immer, dieser Umstand soll nicht Thema dieses Reviews sein. Außerdem sollte ich selbst für mich schön die Klappe halten, wäre ich schließlich auch beinahe einer von vielen gewesen, die nicht hineingekommen wären. Ob sich letztlich noch eine Lösung für beide Seiten gefunden hat, entzieht sich meiner Kenntnis.

Das Sundown machte die Körhalle zu einer Fundgrube für jedes Metalherz. Sofort erwartete einen ein ausgedehnter Metalmarkt, dem auch ich später textiltechnisch zum Opfer fiel. Auf der anderen Seite der Halle befand sich die Bühne, welche augenblicklich von PSYCHOPUNCH eingenommen wurde.

PSYCHOPUNCH
Immerhin kenne ich die ja schon von der Night of Power, und wirklich auffällig ist an ihnen höchstens, dass sie genauso abgehen wie am 16. Oktober in Adelsheim. Ansonsten rocken sie ihr Set routiniert durch. JM nutzt die Gesangspausen in den Liedern um, die Gitarre auf halb acht hängend, von einer Bühnenseite zur anderen zu rennen. Seltsamerweise kommen PSYCHOPUNCH hier auch besser an. Seltsam, weil ihre Musik für Metalheads wohl etwas zu weit in Richtung Punk geht, und sie somit absolut "untrue" sind. Und Gothics können schon gar nix mit ihnen anfangen. Die Besucher scheinen aber Spaß daran zu haben in Bewegung zu kommen, und dafür passen PSYCHOPUNCH natürlich bestens, auch wenn es zu keiner ernsthaften Pit-Bildung kommt. Allerdings wirkt die Band dieses Mal auch gar nicht so hart, wie beim ersten Mal, als ich sie sah. Sie sind nur viel zu laut! Im gesamten Beschallungsfeld der großen Boxen links und rechts von der Bühne hält man es während des Auftritts nicht aus.

BLOODFLOWERZ
Auf diese Band war ich wirklich gespannt. Ich meine mich dunkel daran zu erinnern, einmal morgens, noch etwas verpeilt, über das M'era Luna in Hildesheim gestiefelt zu sein. Dabei war mir der coole, und für dieses Festival erfrischend rockige Sound aufgefallen. Ehe ich jedoch die Hauptbühne erreichen konnte, waren die BLOODFLOWERZ bereits damit beschäftigt ihren letzten Song zu zelebrieren. Seitdem hatte ich nur noch Schelte über die Band vernommen. Aber weil der eigene Eindruck am Ende doch immer der Beste ist, wollte ich mich nun vom Gegenteil überzeugen lassen.
Was sofort auffiel: ja, im ersten Moment kommt einem alles auf der Bühne, besonders Sängerin Kirsten, vor wie EVANESCENCE. Die Frontfrau hatte sich in ein schwarzes Rüschen-Röckchen gesteckt und betonte ihre Vorzüge oben herum mit einem straffen Korsette. Aber gut, hier geht’s ja schließlich um Musik, und nicht um eine Modenschau. Dabei gab es auch musikalisch keine wirklich großen Überraschungen. Auch da eifert die Band aus Schwäbisch Hall dem großen Bruder aus den Staaten nach. Allerdings ist die Stimme von Kirsten bei weitem nicht so markant wie die von Amy Lee. Dies muss aber nicht zwangsläufig als Nachteil gewertet werden, denn es schließt ein, dass ihre Stimme auch nur halb so viel nervt. Der Rest vom Schützenfest blieb hinter der sich selbst in Szene setzenden Kirsten recht farblos. Einzig auffällig ist da höchstens noch der Hüne mit der Gitarre namens Markus.

Was die Stimmung im Publikum angeht, so lösten die BLOODFLOWERZ doch eher eine Stagnation aus. Zwar hatte sich viele vor der Bühne versammelt, mehr als ein leichtes Kopfnicken bei einigen war allerdings nicht zu erkennen. Mir persönlich war es auch etwas zu seicht um ordentlich zu rocken, und bei nicht wenigen Liedern hatte man das Gefühl, die Stimme bildet keine Einheit mit den Instrumenten. Das änderte sich jedoch bei den Songs vom ersten Album. Ich bin mir nicht sicher, aber es müssten die Songs 'Fatal Kiss' und 'Ablaze' gewesen sein. Bei beiden stimmte einfach alles. Die Lieder wirkten im Gegensatz zu allen vorherigen sehr viel sphärischer. Weniger Rock ist bei dieser Band scheinbar mehr. Und plötzlich konnte ich mir wieder vorstellen, dass das Gefühl diese Band sei gut, aber unterschätzt, nicht von ungefähr kommt. Unterhalten wurde das Publikum hier zusätzlich zum einschlägigen Outfit der Sängerin noch mit etwas Show.
Was allerdings wieder nervte, waren die etwas … nennen wir es mal "ungünstigen" Ansagen von Kirsten. Eigentlich kann ich mir schlicht kein Publikum dieser Band vorstellen, das auf eine Aufforderung wie "Breitet eure Flügel aus!" ernsthaft reagiert. Sowohl Gothics, als auch Metallern ist das zu doof. Und auch die Ankündigung zu 'Too Much' (zumindest denke ich, das es dieses Lied war) "Habt stets Kontrolle über eure Maßlosigkeit!" war irgendwie strange. Was allerdings richtig gut ankam war ihr Headbanging. Teilweise sah man nur so die Dreadlocks fliegen.
Wie es der Zufall so will, war dieser Gig auch noch mehr oder weniger bandhistorisch. Gitarrist Markus gab beim Sundown sein Abschiedskonzert. Man gab sich aber Mühe, das ganze nicht zu theatralisch zu gestalten. Außerdem wurde gleich bekannt gegeben, dass er zumindest hinter den Kulissen ein fester Bestandteil der Band bleiben wird. Und so gab's "nur" einen dicken Kuss von Kirsten und das Thema war durch. Ob es ihn nicht doch etwas grämte, so sang- und klanglos von der Bühne zu verschwinden, lasse ich jetzt mal offen.

Setlist:(ohne Gewähr)
'Last Exit'
'Black Snake Sister'
'Fire In Paradise'
'Too Much'
'Ablaze'
'Fatal Kiss'
'Dorian'
'Diabolic Angel'
'False Gods'

Ok, auch wenn diese Band reichlich unanstrengend war, so zog es mich erstmal zum Auto. Leider kam ich nicht schnell genug wieder in die Halle um den Anfang der nächsten Band zu sehen. Irgendetwas stimmte auch nicht. Die Uhr in meinem Auto zeigte schon kurz nach 21 Uhr, obwohl die BLOODFLOWERZ doch viel früher dran sein sollten. Vielleicht war ich auch nicht auf dem neusten Stand, ich hatte schließlich nicht noch einmal Zeit mich via Internet zu informieren.

END OF GREEN
Als ich die Halle wieder betrat spielten meines Erachtens GRAVEWORM. Aber ich wunderte mich schon sehr, wie melodisch und "erträglich" die klangen. Es waren natürlich nicht GRAVEWORM, sondern END OF GREEN, was mir alle zuletzt gestellten Fragen beantwortete. Die Erklärung bekam ich einen Tag später, als ich noch mal auf der Sundown-Homepage vorbei schaute. GRAVEWORM waren gezwungen abzusagen, weil ihr Schlagzeuger mit ATROCITY durchs Land zog, oder so.
Na gut, ist für mich nicht der große Verlust … glaube ich zumindest. Höchstens in dem Sinne, dass ich diese Band noch nicht live gesehen habe, und eine Erfahrung ärmer bin. Andererseits weiß ich auch nicht was ich verpasse. Enttäuschung oder Ärger darüber konnte ich allerdings auch im Publikum nicht feststellen. Im Gegenteil, END OF GREEN wurden teilweise gefeiert wie Götter. Was für mich als Mitteldeutscher völliges Neuland ist, scheint in Süddeutschland schon starken Kultstatus zu genießen. Jedenfalls wurde es bei den Stuttgartern so richtig warm. Unzählige sangen jeden Text mit, den Sänger Michelle mit schluchtentiefer Stimme a la Peter Steele (TYPE O NEGATIVE) ins Mikro hauchte. Trotz seiner zentralen Rolle war er aber nicht der Blickfang der Bühne. Natürlich ist die Mütze und die langen Haare die darunter hervorschauen sein Markenzeichen, aber dennoch wirkte dieses Auftreten und die, meiner Meinung nach, zu weit ausgereizte Teilnahmslosigkeit an der Euphorie etwas arrogant. Wirklich krass wirkte vielmehr die Präsenz von Gitarrist Michael Setzer, der seine fetten, extralangen Dreads fliegen lies. Insgesamt war der Auftritt jedenfalls das erste richtige Highlight des Abends. Wann immer es möglich war wurde gehüpft oder gepogt. Diese Band ist definitiv rockbar. Leider sehe und höre ich alles von END OF GREEN zum ersten Mal, was höchstens Eindrücke, aber keine konkreten Aussagen zu speziellen Liedern, oder einen Vergleich zum Album zulässt. Den Zuschauern hat es jedenfalls super Gefallen.

EKTOMORF
Endlich ist es so weit. Und mir sei vergeben, wenn ich mit ein paar Superlativen um mich werfe, aber diese Band rockt einfach nur wie die Seuche! Ich hatte lange überlegt, ob ich von Anfang an ins Publikum gehe, oder doch erst Fotos mache. Ich habe mich dann für die zweite Variante entschieden, und wenn man einen Blick in die Fotoabteilung wirft, freut sich vielleicht der ein oder andere darüber.
Traditionell stimmten Jószef (Drums) und Csaba (Bass) ihre Instrumente selbst, was allerdings niemanden so richtig zu interessieren schien. Auch der altbekannte Roadie und patentierte Chef-Vorgröler ist wieder am Start. Seine Nummer mit dem "Eins,zwei,Schrei!" kam auch hier super an. Alle machten mit, entweder indem sie zurückbrüllten, oder "Drei!" riefen. Doch erst als die Bühne leer war, und das Trommel-Intro zu 'I Know Them' vom Band durch die Boxen bretterte wurde es richtig laut. Sänger Zoltán ließ sich am längsten Zeit auf die Bühne zu kommen, doch kaum war er da, brach der Sturm über die Körhalle herein. Innerhalb von Sekunden verwandelte sich der Bereich mittig vor der Bühne in ein Schlachtfeld, während die gesamte erste Reihe zum kollektiven Headbangen überging. Ohne Pause gingen EKTOMORF zu einer knüppelharten Version von 'Destroy' über. Ich stand direkt vor Csaba, und machte eilig so viele Fotos wie nur möglich. Bei keinem der Auftritte der Band hab ich ihn bisher so abgehen sehen! Sein Kopf war ein einziger Ball aus Haaren! Was ich besonders genoss war sein Bass, der erfreulicherweise schön laut eingestellt war, und einfach nur endgeil klang. Zu 'A.E.A' hielt es mich noch im Graben, doch bei 'Gipsy' war ich endlich im Pit. Das Ende dieses Liedes ist traditionell der Teil, wo ich am meisten abdrehe. Innerhalb von einer halben Minute versaute ich mir so meinen Nacken für die nächsten drei Tage. Meine Stimme hielt immerhin noch zwei Lieder durch.
Machten EKTOMORF doch mal eine Pause, so brachen sofort "EKTOMORF"-Rufe aus. Meine Güte, da hat man immer das Gefühl, die Welt steht kurz vor der Apokalypse und diese Band ist die einzige, die sie abwenden kann. Das diese Rufe sich nicht wie üblich durch die gesamte Show zogen, lag wohl am ausgiebigen Kräfteverzehr bei jedem Einzelnen im Publikum.
Zoli kam unterdessen nicht daran vorbei sich permanent zu bedanken. Das erfreuliche daran ist, dass man es ihm immer noch glauben kann. Bleibt nur zu hoffen, das sich die Ungarn noch möglichst lange diese Ehrlichkeit bewahren können, die sie ein ums andere Mal sympathisch macht. Nach meinem persönlichen Lieblingsstück 'No Compromise' kündigte Farkas ein Stück des neuen Albums an. Bereits in Adelsheim hatte man zwei neue Stücke gespielt. Wenn ich mich recht erinnere war es damals der Titelsong 'Instinct'. Da kam mir das nicht wie eine besonders gute Idee vor. Allgemein bin ich überhaupt kein Fan davon, wenn Bands neue Lieder live spielen, obwohl das dazugehörige Album noch nicht ausgekoppelt ist. Besonders Lieder, die einem lange im Gedächtnis bleiben brauchen meist mehrere Anläufe um beim Hörer anzukommen. Dementsprechend kann man live normalerweise selbst mit guten Stücken noch nichts anfangen. Ganz zu schweigen davon, dass man den Text nicht kennt. 'Holy Noise' widersetzt sich da allerdings den Naturgesetzen. Der Sound ging sofort ins Ohr, alle konnten zumindest "This Is The Holy Noise" sofort mitgrölen und während des Refrains sprang scheinbar die ganze Halle. Doch richtig geil wurde es im zweiten Teil des Liedes, dem wohl derbsten Speedpart des Abends. Nach diesem Lied kommt einem das Warten auf das neue Album wie eine Ewigkeit vor.
Nachdem man dann auch noch die letzten die noch standen mit 'Everything' und 'Only God' weggefegt hatte gab's auch noch eine kleine Zugabe. Wie man verlauten ließ war dies nun das letzte Mal, das man 'To Live Is To Die' von METALLICA anspielte. Zum Abschluss gab es mit 'I Break You' noch ein weiteres Stück vom neuen Album "Instict", das bereits in Adelsheim gespielt wurde. Und irgendwie ging das dieses Mal auch schon besser ins Ohr. Nicht abzusehen, was aus dieser Band noch wird …

Setlist:(ohne Gewähr)
'I Know Them'
'Destroy'
'A.E.A'
'Gipsy'
'No Compromise'
'Holy Noise'
'Everything'
'Only God'
Zugabe:
'To Live Is To Die' (METALLICA)
'I Break You'


DIE APOKALYPTISCHEN REITER
Nachdem EKTOMORF gespielt hatten bin ich heimgefahren … kleiner Spaß. Wie eben schon erwähnt: … als könnten EKTOMORF die Apokalypse abwenden. Können sie natürlich nicht, denn der abgedrehte Headliner stand erst noch bevor. Dass ich, genauso wie große Teile der Besucher, körperlich am Ende war, ist allerdings kein Witz. Während also für den Umbau jedes noch so beschissene Kinderlied was jemals über den Äther trällerte eingespielt wurde versuchte ich Backstage etwas Kraft zu tanken. Als allerdings die REITER die Bühne betraten stand ich wieder Gewehr bei Fuß im Graben, um Fotos zu machen. Allerdings gestaltet sich dies ziemlich schwierig, da Frontmann Fuchs wie angestochen über die Bühne tobte, und somit für das Blitzlichtgewitter fast unsichtbar wird. Umso mehr freue ich mich letztlich doch noch ein paar schöne Aufnahmen von ihm zu haben. Aber kommen wir zur Musik, und da möchte ich eigentlich erstmal mit dem anfangen, was mir nicht so gefallen hat.
Mein erster Eindruck von der Band, von der ich schon viel gehört hatte, und die scheinbar meist zu einer Polarisierung bei den Hörern führt, war: "Das hab ich irgendwo alles schon mal gesehen!" Um konkret zu werden: der Keyboarder, der im Übrigen nicht grade mit seiner Rolle überlastet wirkte, kam mit nietenbesetzter Maso-Maske auf die Bühne. Kann sein, das er das nicht immer macht, aber in diesem Fall wirkte er bei weitem nicht so cool wie Greg von SLIPKNOT, an den er spontan erinnerte. Und nicht mal der ist cool.
Solch auffällige Frisur wie die von Sänger Fuchs, sowie sein gesamtes Auftreten (barfuß, wild herumspringend) lösten unweigerlich einen Deja vú –Effekt zum letzten LETZTE INSTANZ-Auftritt aus. Und die Musik klang einige Mal wie IN EXTREMO goes Hardcore. Doch soviel nur zum ersten Eindruck.
Kommen wir zur Musik: zunächst wurde die Härtegrenze der Band, vor allem mit den älteren englischen Stücken, voll ausgelotet. Ein ums andere Mal mischten sich chaotische Knüppelattacken in die Songs. Auch wenn mir diese Art und Weise nicht sonderlich gefiel, so besetzte man doch, einen Teil meines ersten Eindrucks wieder entkräftend, damit eine kleine, aber eigene Nische. Und vor allem eines hatten die REITER definitiv richtig gut drauf: Die Leute nach einem Kräfte zehrenden Festivaltag anzuheizen. Spätestens als Fuchs dann offiziell "das Ende des Winters" verkündete, hatte er bei jedem einen Stein im Brett. Dies war auch nichts anderes als die ideenreiche Ankündigung zu 'Die Sonne scheint' (mir aus dem Arsch). Vielleicht ist es genau das, was dem Sundown noch gefehlt hat: Eine Band, die nicht nur durch Härte, sondern auch durch "gute Laune gute Laune schafft". Konnte man bisher besonders die Lieder auf Deutsch, wie 'Barmherzigkeit' und 'Der kleine Wicht' hervorheben, so wurde es nach einem anständigen Drumsolo von Schlagzeuger Sir.G immer party-mäßiger. Die Metal-Tiraden wichen zunehmend angenehmeren Melodien und hymnenhafteren Gesängen. Absolutes Highlight war als letztes Lied, die Ode an sich selbst, 'Reitermaniacs', das sich bei allem Spaß auch durch ein stilvolles Gitarrensolo auszeichnete. Und plötzlich outete sich auch jeder noch so finstere EKTOMORFler als "Reiter".
Irgendwann so gegen Ende machten DIE APOKALYPTISCHEN REITER auch etwas, das noch keine Band an diesem Abend gemacht hatte: sie holten jemanden auf die Bühne. In diesem Fall ein junges Mädchen. Die ging zwar gut zur Musik ab, allerdings wirkte es etwas … naja. Trotzdem eine tolle Geste!
Eigentlich war die Band noch gar nicht ganz von der Bühne herunter, da kamen sie auch schon wieder zurück. Packten noch das ironisch-naive 'Metal Will Never Die' aus, und brachten das Stimmungsbarometer mit ihrer eigentümlichen Version des Klassikers 'Dschinghis Khan' noch mal bis zum Anschlag der Skala. Zum endgültigen Abschied gab es dann noch 'Das Paradies', und dann war wirklich Schluss.
Standesgemäß verbeugte sich die gesamte Combo noch einmal vor dem Publikum, bevor sie endgültig die Bühne verließen.
Als Fazit bleibt nur zu sagen: die REITER waren ein absolut würdiger Headliner. Fuchs ist eine Stimmungskanone, und die Band hat ein anständiges Repertoire an hochklassigen Stücken. Man konnte sich beweisen lassen, dass auch Headbanging mit Hinterkopf-Dreads möglich ist und dass deutsche Musik noch allemal zum Headlinen taugt.
Diese Band schiebt definitiv den Wal!

Setlist:
'Intro'
'Vier Reiter stehen bereit'
'Unter der Asche'
'Warum?'
'Instinct'
'Rock'n Roll'
'Barmherzigkeit'
'Gone'
Reitermania'
'Iron Fist'
'We Will Never Die'
'Der kleine Wicht'
'Die Sonne scheint'
Drumsolo
'Licked By The Tongues Of Pride'
'Sehnsucht'
'Terra Nola'
'Reitermaniacs'
Zugabe:
'Metal Will Never Die'
'Dschinghis Khan'
'Das Paradies'

Anschließend hatte ich eigentlich vor es mir im Backstage-Bereich doch noch mal etwas gemütlich zu machen und eventuell doch mal das Buffet in Anspruch zu nehmen, das ich bisher so schüchtern verschmäht hatte. Doch Pustekuchen! Als ich hinter die Bühne schaute, gab's da nix mehr zu sehen. Kein Catering, keine Bands, nichts mehr! "Das geht hier alles ganz schön schnell!", dachte ich und saß dann doch schon viel früher als erwartet hinter dem Lenkrad meines Autos. Da mich über 300 Kilometer vom Heimathafen trennten fuhr ich zumindest los. Nach unzähligen Schlaf-Stopps und immer wieder zufallenden Augen fiel ich kurz nach 8 Uhr am Sonntagmorgen ins Bett.

Redakteur:
Michael Langlotz

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