Summer Breeze 2012 - Dinkelsbühl

26.10.2012 | 22:21

15.08.2012,

Für viele wie immer der krönende Abschluss des Festivalsommers: Das Summer Breeze. Szenegrößen wie AMON AMARTH, IMMORTAL oder SUBWAY TO SALLY geben sich die Klinke in die Hand.

Nach einer gefühlten Ewigkeit beehren auch endlich mal wieder die Düsterheimer von NAGLFAR das Summer Breeze. Die Schweden machen sich ja traditionell ohnehin sehr rar und haben in ihrer mittlerweile zwanzigjährigen Bandgeschichte gerade mal sechs Langrillen auf den Markt geschmissen. Dafümarillionr hat sich der glatzköpfige Bandkopf Kristoffer inzwischen in seiner nicht mehr ganz so neuen Rolle als Sänger recht gut eingefunden und seinen Bewegungsradius im Vergleich zu früheren Tagen durchaus erweitert. Zudem starrt er unentwegt diabolisch in die Menge – ein Blick, der sich übrigens dauerhaft bei ihm festgesetzt hat und später in der VIP-Area selbst manch anderem Schwarzmetaller Respekt abverlangen soll. Just in dem Moment, als der schwerst tätowierte Kristoffer seine satanischen Verse von der Hauptbühne keifert, spaziert gerade ein Besuchertrupp Dinkelsbühler Anwohner durch den Fotopit. Die werden sich auch ihren Teil gedacht haben. NAGLFAR stört's nicht weiter, neben neuerem Material darf natürlich auch der Übersong 'I Am Vengeance' nicht fehlen. Schade nur, dass nicht gleich noch der "Sheol"-Nachbar 'Black God Aftermath' hinterher geschoben. Trotzdem schön, die DISSECTION-Erben eine Woche nach dem Party.San gleich nochmal serviert zu bekommen.
[Carsten Praeg]

UNLEASHED scheinen immer und überall zu spielen, insbesondere auf dem Summer Breeze sind sie gefühlt jedes Jahr und jeden Tag anzutreffen. Dies ist jedoch nichts Schlechtes, denn UNLEASHED machen einfach nur Spaß! Johnny Hedlund geht wie immer gekonnt mit dem Publikum um und heizt zu altbekanntem Liedern wie 'Destruction Of The Race Of Men' oder 'The Longships Are Coming'. [Und für die nicht der englischen Sprache Mächtigen gibt es mit 'Wir kapitulieren niemals' auch was zum Mitgrölen. - Anm. v. Carsten] Dazu gibt's auch einiges neues Material von der "Odalheim", welche dieses Frühjahr im Soundcheck abgeräumt hat. UNLEASHED ist wie immer einen Besuch wert, man bekommt was man kennt und erwartet: Death Metal von der speziellen UNLEASHED-Sorte. Einziges Manko: Viele Lieder kommen durch die knappe Spielzeit viel zu kurz, es kann nun mal nicht jeder ein Headliner sein. Auch wenn UNLEASHED es sicher verdienen würden.
[Stefan Brätsch]

Nach den Abgängen zu SOULFLY und zur CAVALERA CONSPIRICY sind von der Wegweisenden Ursprungsband SEPULTURA bekanntlich nur noch Andreas Kisser und ein inzwischen kurzhaariger Paulo Junior aus den Achtzigern dabei. Das stört die Brasilianer aber reichlich wenig, als sie mit dem Thrash-Klassiker 'Beneath The Remains' losbrutzeln. Das ganze wird mit dem Evergreen 'Refuse / Resist' auch noch getoppt, während der schwarze Frontröhrer Derrick Leon Green auch mal selbst zu den Drumsticks greift. 'Territory' und 'Arise' sind weitere Hits aus der nimmermüden Mottenkiste, die nicht nur von den anderen bereits genannten Ablegern immer wieder gern live zelebriert werden, sondern auch das Herz eines jeden Fans der Anfangstage höher schlagen lassen. Apropos Fans: Die werden in der gleißenden Nachmittagssonne inklusive der zahlreichen Crowdsurfer eifrig mit dem Feuerwehrschlauch bearbeitet, ehe es nur einen Rausschmeißer geben kann, natürlich: "Roots! Bloody Roots!!!" Dankeschön!
[Carsten Praeg]

Fast schon ein Urgestein an US-Death-Metal erwartet einen um eine moderate Uhrzeit von kurz vor 5 im Partyzelt: Die Mannen von INCANTATION spielen zum ersten Mal auf dem Breeze. Da es im Zelt noch etwas kühler ist als unter freiem Himmel haben sich dann doch noch ein paar Gäste ins Zelt verirrt und warten neugierig auf die Truppe. Schade, dass hier so wenig los ist, allerdings auch irgendwo verständlich nach drei Tagen Dauerbeschallung und dem Bombenwetter am Samstag. Losgelegt wird mit 'Oath of Armageddon', und das weckt bei ein paar Festivalgängern dann doch die Neugier, so dass sich ein paar mehr Leute ins Zelt trauen. INCANTATION sind kompromisslos und plätten alles, was ihnen in den Weg kommt. Zweifelsohne haben US-Deather an diesem Tag die Härtegrad-Latte mal eben um einiges Höher gelegt. Bei 'Dying Divinity' hellikoptern dann auch schon ein paar mehr Matten im Zelt rum, die Band macht es ja auch schon professionell vor und hat sichtlich Spielfreude. Mit 'Anoint the Chosen' beenden INCANTATION ihren brutalen Killing-Spree und empfehlen sich fürs nächste Mal.
[Janine Kremnitz]

Als PARADISE LOST die Bühne betreten, geht die Sonne bereits unter. Dennoch herrschen noch Temperaturen wie in einem Backofen. Und die Engländer liefern trotzdem eine gewohnt gekonnte Show. Routiniert werden mit Schweißperlen auf der Stirn Disco-Hits wie 'Erased' oder 'Say Just Words' gespielt, aber auch neue Songs von den letzten Alben. Durch die Hitze ist jedoch ein wenig Stimmungsarbeit des Sängers Nick Holmes notwendig, um Bewegung in das träge Publikum zu bekommen. Um zur Bühne zu kommen, haben die Kräfte noch gereicht - dafür aber nicht mehr zum Klatschen, Singen und Moshen. Schade, denn die Songauswahl ist großartig. Durch die Hitze lassen sich die düsteren Lieder jedoch nicht voll genießen. PARADISE LOST gehören in Clubs oder unter einen Sternenhimmel.
[Stefan Brätsch]

Wie soll man beginnen... an einem recht schönen Festivalsamstag an, dem ich mich selbst voller Erwartungen melde, eine lange nicht mehr gesehene Band - LACUNA COIL - endlich mal wieder live auf der Bühne zu sehen, werde ich leider seitens der Akustik etwas gedämpft. Und das, obwohl die Band an diesem Tag ihr bestes gibt und eine gute Bühnenshow an den Tag legt (gemessen an der Bühnenabstinenz und der Tatsache, dass es spätnachmittags noch sehr heiß ist). Leider klingt alles recht verzerrt an meiner Position, wähle ich doch eine mit der vermeintlich besten Akustik direkt neben dem Tower. Es ist durchaus etwas ungeschickt bei  einer stimmlastigen Band, wie es LACUNA COIL nun mal ist, die Instrumente in den Vordergrund zu stellen und  diese Einstellung die gesamte Zeit unverändert zu lassen. Schade, kein guter Einstand für den Tontechniker, zumal dies das 15-jährige Bandjubiläum ist. Dennoch, wer sich einmal an den Klang gewöhnt hat, wird mit einer bunten Mischung Liedern aus der Banddiscography belohnt. Die Band um Frontfrau Scabbia und Frontmann Ferro verstehen sogar Spaß, als sie das Publikum zum Mitsingen auffordern und ein Lied anstimmen, das in  einer Melodie von Lady Gaga endet. Meine persönlichen Highlights sind 'Heaven's A Lie' gefolgt von 'Swamped'  und 'To the Edge'. Auch die Vorstellung des neuen Albums "Dark Adrenalin" mit frischen Liedern wie 'Trip the Darkness' und 'I Don't Belive in Tomorrow' lassen aufhorchen, einige Münzen im Portemonnaie locker und einen neuen Regalplatz im CD-Regal frei zu machen.
[Benjamin Kutschus]

Ein OOMPH!-Konzert ist doch kein Kindergeburtstag - oder doch? Nach diesem Gig bin ich mir da nicht mehr so sicher. Hier kann nach Herzenslust mitgeklatscht, mitgesungen und geschunkelt werden. Erinnert mich irgendwie auch an die Volksmusiksendungen, die meine Oma anschaut. Doch der Reihe nach. Im neuen, maritimen Outfit und Bühnendekoration mit Maskottchen beginnt erst einmal die Schiffsreise mit 'Unzerstörbar' ja noch ganz gut. Aber wenn man noch nicht mal ein halbes Lied gehört hat und zum Klatschen genötigt wird, ist das mehr als albern. Die Leute sollen ihren Spaß haben, aber nicht auf so eine aufgezwungene Weise. Dazwischen die gleichen Ansagen von Sänger Dero wie bei anderen Festivals. So wird auch hier 'Bis der Spiegel zerbricht' Justin Biber gewidmet und 'Sandmann' ist für "Germanys Next Top Moppel Angy Merkel" bestimmt. Das alles wirkt ziemlich einstudiert, spontane Einlagen sucht man vergebens. Da nützt auch ein geschminktes Gesicht nicht viel. Oh Mann, was ist nur aus dieser Band geworden? Da ist 'Gott ist ein Popstar' ja noch das harmloseste heute. Bei 'Seemansrose' soll geschunkelt werden. Das ist doch eher was für Volksfeste und der Tiefpunkt ist erreicht. Da kann am Ende 'Augen auf' oder Monty Pythons 'Always Look On The Bright Side Of Life' auch nichts mehr reißen. Nun aber schnell ein Bier zum runterspülen! Für mich definitiv die letzte OOMPH!-Schifffahrt.                                                                                                                                   [Swen Reuter]

Auf der Zeltbühne sind ASPHYX kurz vor 21 Uhr spät dran, doch das verzeiht man den lockeren Niederländern um den blondbärtigen Frontcharismat Martin van Drunen gerne. "Ach, du brauchst ja auch noch einen Soundcheck von mir", meint der Sänger so ganz nebenbei während der Umbauarbeiten im perfekten Deutsch in Richtung Mischpult. Und schon wartet man grinsend gern noch ein paar Minuten. Harrend des grundsoliden Death-Metal-Ereignisses mit Doom-Einschlag, das da noch kommen soll. Nach dem Intro bollert das Quartet traditionell mit 'Vermin' los, und spätestens mit 'M.S. Bismarck' haben die Oldenzaaler das Publikum endgültig auf ihrer Seite. Da bedarf Martin, der wahlweise auch mit seiner Zweitband HAIL OF BULLETS jedes Festival beackern kann, gar nicht mehr vieler seiner aufheiternden Ansagen. Egal ob zu spät, zu leise oder was auch immer – die Niederländer muss man einfach lieb haben und abfeiern!
[Carsten Praeg]

Wenn einer in Sachen Bühnenkilometer Marathonläufer Barney von NAPALM DEATH Konkurrenz machen kann, denn ist es Pete Koller von SICK OF IT ALL. Der Bandana-Blondie spult bewaffnet mit seiner Gitarre, einem schwarzen Muscle-Shirt und Tattoos nicht nur die gleiche Meilenzahl runter, er legt außerdem noch dutzendweise Kung-Fu-Sprünge oben drauf. Der Wirbelwind ist überhaupt nicht zu halten, während sein Bruder und Sänger Lou Koller nach dem wsetl zum Opener 'Take The Night Off' anheizt. Und die Harcore-Legende macht die langsam anbrechende Nacht wirklich zum Tage: Moshpits, Crowdsurfer und famose Stimmung. Die New Yorker beweisen trotz über eines viertel Jahrhunderts Bandgeschichte, dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören. Obwohl ihnen durchaus noch etwas mehr Spielzeit zugestanden hätte, schütteln sie 19 Songs aus dem Ärmel und verabschieden die feiernden Fans mit 'Step Down'.
[Carsten Praeg]

In Sachen Pyrotechnik sind heute ASP die Hauptattraktion. Nach SICK OF IT ALL jedoch kein leichtes Unterfangen, denn musikalisch geht's nun ab in die Schwarzkittel-Abteilung. Wie immer gibt es nur schöne Menschen bei einem ASP-Konzert. Zumindest meint das Sänger Alexander Spreng. Na ja, das ist Ansichtssache. Und während wieder heiße Diskussionen laufen, ob man die Buchstaben des Bandnamens nun einzeln oder zusammen ausspricht, geht es auf der Bühne mit 'A Prayer For Sanctuary' los. Die Menge ist gut aufgelegt und kann sich auf eine Stunde Unterhaltung freuen. Die Musik und die Pyrotechnik laufen perfekt zusammen und die Fans feiern eine tolle Party. Auch wenn man diese Musik nicht so mag, ist es sehr löblich, dass die Band sich dem Festival anpasst und viele ihrer Songs härter spielt als sonst. Beim finalen 'Ich will brennen' singen alle mit und bedanken sich mit viel Applaus bei der Band. Einziger Wehrmutstopfen ist, dass es 'Sing Child' nicht auf die Ohren gibt.
[Swen Reuter]

Als Höhepunkt des kleinen Breeze-Jubiläumsjahres haben sich die Wikinger um Johan Hegg zur Schlacht auf der Mainstage eingefunden. Die Massen strömen in AMON AMARTH-Shirts und Trinkhörnern aufs Festivalgelände, um den Göttern des Melodischen Death Metal und natürlich auch Odin sowie Thor zu huldigen. Der Platz vor der Bühne ist bis auf den letzten Quadratzentimeter ausgefüllt und die Vorfreude auf die Schlacht hängt wie Thors Hammer über dem Publikum. Sprechchöre und Gejubel sind allerorts zu hören. Mit 'War of the Gods' wird die Schlacht dann auch endlich eröffnet und sofort geht das Gemoshe vor und auf der Bühne los! Die Menge ist ein einziges chaotisches Meer aus Haaren und moshender Körper, so muss das sein! Auf der Bühne ist die Dekoration dieses Jahr recht spartanisch ausgefallen, zumindest wurde kein komplettes Schlachtschiff aufgebaut. Dafür prangt eine gigantische Schlachtszene am Bühnenhintergrund, davor ragen sechs übermannshohe, beleuchtete Runentafeln in die Höhe. Zusätzlich hat man genug Licht auf die Bühne gehängt, um eine Kleinstadt beleuchten zu können. Mit 'Death In Fire' steigert sich die Stimmung sogar noch mehr, während die Grabencrew fast von Crowdsurfern überschwemmt wird. Dazu geben die Pyro-Kanonen, was sie können. Zusammen mit der Lichtshow hat man den Eindruck, als würde die komplette Bühne in Flammen stehen. Gänsehaut entsteht beim Anfang des nächsten Hits: Zu Beginn von 'Pursuit Of Vikings' ist die Bühne in Dunkelheit gehüllt, einzig die Runen leuchten zum Gitarrenintro - welches mal wieder gekonnt herausgezögert wird. Mit 'Guardians Of Asgaard' als letzte Zugabe geht der Gig leider auch schon zu Ende, es müsste aber jeder auf seine Kosten gekommen sein. Wieder waren AMON AMARTH Garant für absolute Partystimmung, ein Jubiläum muss einfach so gefeiert werden. Hoffentlich wird das nächste richtige Jubiläum ähnlich grandios, zu übertreffen wird es kaum sein!
[Stefan Brätsch]


Redakteur:
Swen Reuter

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