Summer Breeze - Dinkelsbühl

03.09.2008 | 08:13

14.08.2008, Festivalgelände

Samstag, 16.08.2008

Organisatorische Defizite, die Zweite. Da einer unserer Redakteure unerwartet ausgefallen ist, muss ich meinen faulen Schinken nach durchzechter Nacht im Pressezelt schon um elf Uhr vor die Pain-Stage schleppen, um mir die Metzger DEBAUCHERY anzusehen. Um überhaupt in die Gänge kommen zu können, musste daher vor dem Frühstück mit rohem Fleisch eine eiskalte Dusche her, die ich dank Unwissenheit, wie denn das Wasser im Wohnmobil warm zu kriegen ist, auch bekomme. So höre ich um fünf vor elf, als ich gerade auf dem Weg vor die Bühne bin, dass DEBAUCHERY auch früher anfangen, als auf der Running-Order angegeben. Ich verpasse glücklicherweise nur die ersten Minuten des ersten Songs, ärgerlich ist diese Unzuverlässigkeit der Planung aber trotzdem.

Außer mir haben sich doch eine ganze Menge Menschen um diese frühe Uhrzeit am vierten Festivaltag in Folge aus dem Zelt geschleppt. So bin ich ehrlich überrascht, was für einen riesigen Zuspruch die Schwaben inzwischen haben. Überraschend ist für mich auch, wie bereit die Massen sind, bei dem groovenden Death Metal mitzugehen. Für mich ist es zu dieser frühen Stunde tatsächlich noch unmöglich, über ein Fußwippen hinauszukommen. Wir hören unter anderem 'Bloodgod Rising' und 'Torture Pit', eine beachtliche Menge im Publikum bangt sich dabei das Gehirn aus der Murmel. Sänger Thomas kündigt dann 'Blood For The Bloodgod' an und übt mit den Fans kurz den Chorus, bevor die Meute genau diesen Song auf die Ohren geschmiert bekommt, bei dem die Mitsingparts erstaunlich gut funktionieren. Der Sound ist während des ganzen Konzerts ordentlich, und auch die Lautstärke wirkt ideal. Nach gut zweiundzwanzig Minuten müssen DEBAUCHERY dann doch um einiges früher von der Bühne - sowohl von Seiten der Band als auch von Seiten der Fans wäre gerne noch ein Song nachgelegt worden. Das Publikum findet es schade und pfeift, was ich sehr gut nachvollziehen kann.

Abschließend kann man über DEBAUCHERY denken, was man will, Fans haben sie. Und sie wissen auch, wie man eine ordentliche Performance hinlegt, die das Publikum zufrieden stellt. Klar, sie klingen wie SIX FEET UNDER (auch wenn sich die Band vehement gegen diese Anschuldigung wehrt), aber scheinbar ist es ja genau das, was die Menge hören möchte. Richtig nachvollziehen kann ich das persönlich nicht, aber glücklicherweise sind Geschmäcker verschieden, und daher geht das völlig in Ordnung. Was mir aber nicht wirklich in den Sinn will, ist, warum die Jungs sich immer noch so vorpubertär mit Blut einschmieren. Das ist nicht nur unnötig, sondern sieht nebenbei auch noch lächerlich aus. Vielleicht sollten sich DEBAUCHERY nicht wundern, dass sie von vielen Death-Metallern nicht ernst genommen werden, solange sie weiter auf dieser Kindergartenshow beharren. Wie auch immer, ich habe nicht viel Zeit über Dinge solcher Art zu sinnieren und schleppe mich immer noch ziemlich verkatert zu den ...

... JAPANISCHEN KAMPFHÖRSPIELEN, die direkt nach DEBAUCHERY auf der Main-Stage spielen und mich schon mit dem ersten Ton bei 'Zieh die Jacke falschrum an' überzeugen. Die Performance der Krefelder ist für diese frühe Uhrzeit tatsächlich nur mit "bärenstark" zu umschreiben, auch wenn Kreischsäge Bony (der übrigens mit feuerrot gefärbter Mähne und Bart aufwartet) mehrmals versichert, die Band sei noch mehr im Arsch als das Publikum. Trotzdem flitzen Bony und Martin, seines Zeichens für die Growls bei den KAMPFHÖRSPIELEN zuständig, beständig hin und her und fordern die Fans immer wieder zum "Schweinepogo" auf. Die Massen gehen ganz ordentlich mit, und zu der schon beachtlichen Menge Fans bei DEBAUCHERY, von denen viele wohl einfach die Baustelle gewechselt haben, kommen immer neue dazu.

Die Musik der JAKAs weiß durchaus zu gefallen, bekommen wir doch ein intelligentes Deathgrind-Fest um die Ohren geknüppelt, das sich gewaschen hat und das auch mir endlich den Schlafsand aus den Augen fegt und langsam Lust aufs erste Bier macht. Ebenfalls Erwähnung sollen die geilen Texte der KAMPFHÖRSPIELE finden: Songtitel wie 'Verpackt in Plastik', 'Alle wollen gut aussehen (Und tun es nicht)' oder 'All das muss verunstaltet werden' sagen da ihr Übriges.

Viel zu früh ist nach dieser starken Show Schluss, und ich komme endlich zum ersten Bierfrühstück, auch wenn ich das zugunsten der JAPANISCHEN KAMPFHÖRSPIELE gerne noch ein wenig verschoben hätte.
[Hagen Kempf]

Für mich beginnt der Tag heute mit einem Highlight aus Frankreich: THE OLD DEAD TREE locken nicht nur zahlreiche französische Fans (alle mit Flagge bewaffnet) vor die Bühne, sondern können auch das Deutsche Publikum begeistern und so ist zu früher Stunde und bei schönstem Sonnenschein schon mächtig was los vor der Pain Stage. Die emotionalen Melodien und die mitreißenden Riffs und der einzigartige Stil der Band begeistert schnell die Fans und auch die Musiker scheinen viel Spaß an diesem Auftritt zu haben. Sänger Manuel ist in Bestform und eindeutig der Blickfang auf der Bühne, immerhin ist der Herr nicht nur hübsch anzusehen, sondern hat auch ein unglaublich intensives Charisma, eine tolle Stimme und eine sympathische, natürliche Art die schnell ansteckend wirkt - So stellt man sich einen guten Frontman vor! Musikalisch graben THE OLD DEAD TREE in der Hitkiste und sorgen vor allem mit 'We Cry As One' für Gänsehaut trotz warmer Temperaturen!

Nach dem emotionalen Klanggewitter der Franzosen, freue ich mich darauf, endlich mal AUTUMN live zu sehen. Die Holländer haben immerhin mit ihrem letzten Album "My New Time" ein absolut originelles und fast schon progressives Werk mit Frauengesang abgeliefert, welches sich angenehm vom Trällerelsen-Einheitsbrei abhebt und mit Songs wie 'Satellites' oder 'Angel Of Desire' auch unverwechselbare Ohrwürmer bietet (die natürlich auch gespielt werden). Schön dass die Band sich dann auch auf die Hits dieses Albums konzentriert, die allerdings schon auf CD sehr auf den einzigartigen Gesang von Nienke de Jong setzen. Blöd nur, dass Nienke nicht mehr dabei ist und die Vocals nun von Marjan Welman übernommen werden. Diese schlägt sich gesanglich zwar nicht allzu schlecht, auch wenn die Stimme nie und nimmer an ihre Vorgängerin herankommt, bietet allerdings eine etwas steife Bühnenpräsenz und hinterlässt am Ende keinen großen Eindruck. Schade, denn von AUTUMN hatte ich mir eigentlich sehr viel (vielleicht zu viel?) erwartet.
[Caroline Traitler]

Wenn sich kurz vor 14 Uhr einige Gasmasken unter die stattliche Menge vor der Hauptbühne mischen, kann das nur eins bedeuten: Gleich gibt’s saftiges Schwarzblech von ENDSTILLE. Und das Kieler Abrisskommando macht mit 'Monotonous' und 'Endstilles Reich' von Anfang an keine Gefangenen. "The german radio hast just announced, that Hitler is dead" erschallt aus den Boxen, und natürlich folgt 'Frühlingserwachen' sogleich. Für manche provokativ. Erwähnenswert ist aber auch der Dunkelhäutige samt ENDSTILLE-Shirt in der ersten Reihe, der unentwegt seine Rastas schüttelt oder die Texte mitgrölt. So von wegen rechts und so, ihr versteht. Doch weiter im Knüppeltakt. Die Bandhymne 'Bastard' kommt diesmal erstaunlich früh in der Setlist, Höhpunkt ist stattdessen wieder einmal Iblis' Mitgrölaufforderung an die Fans: "Na..! Navi..!! Navigator!!!" Der Frontmann mit dem überdimensionalen Nietenarmband hält sich diesmal mit seinen typischen Norddeutschen Ansagen zurück, zeigt sich dafür hinterher aber umso euphorischer: "Das war bisher unser bester Auftritt, von den Leuten her. Hammer, wie viele Hände da hoch gingen. Ich krieg immer noch Gänsehaut." Von seiner Mutter in der ersten Reihe bekommt der Sänger noch einen kleinen Panda-Kuschelbär in die Hand gedrückt, während die Band vor der anschließenden Autogrammstunde erstmal vergeblich ihren Gitarristen sucht: Lars Wachtfels, inzwischen mit fast so langem roten Zottelbart wie Wuschelhaaren, hat sich versehentlich vor statt hinter dem Hammer-Doppeldecker eingefunden und lässt sich dort erstmal von den Fans feiern. Na denn Prost!
Carsten Praeg

Bei den letzten Klängen von ENDSTILLE machen wir uns Richtung KEEP OF KALESSIN auf. Mit "Kolossus" haben die Jungs aus dem karibischen Norwegen dieses Jahr ordentlich auf den Putz gehauen und machen so schon im Vorfeld große Lust auf ihren episch-melodiösen Black Metal. Die Sonne hat heute kein Erbarmen mit den skandinavischen Düster-Wüstern und verbreitet – erstaunlich passend – gute Stimmung auf dem Strohfeld vor der Painstage. Den zahlreichen Fans wird ein glasklarer Sound präsentiert, eingeleitet durch einen einsamen Obsidian Claw (Git.). Die Melodie des Gitarrenintros wird von der hungrigen Menge passgenau mitgesungen und steigert die Spannung Stück für Stück.

'A New Empire's Birth' (Dank an Giovanni!) und 'Crown Of The Kings' lassen die ersten Köpfe kreisen und verbreiten nicht nur vor der Bühne Stimmung. Offensichtlich macht der Gig auch den grimmig posenden KALESSINern einen Heidenspaß. Durch ihre klassischen Black Metal-Wurzeln in Verbindung mit rollenden Bass-Linien entsteht ein super Live-Sound, dabei jedoch immer majestätisch und erhaben, dem sich höchstens J.B.O.-Spaßbremsen entziehen können. 'Many Are We' vom 2006er Werk "Armada" platziert sich mit einem Heavy-Riffing direkt an der Grenze zwischen Hammer und Amboss und zeigt die Klasse des Herrn Obsidian Claw. 'Ascendant' – für mich das Highlight von "Kolossus" - geht live ab wie Butter, nicht zuletzt wegen diesem großartigen Blast-Part, garniert mit diesem sehnsuchtsvollen Riffing – wer es nicht kennt: Anhören! Hier fällt ein weiteres Mal auf, was in der PA der Painstage eigentlich drinsteckt.

Zum Schluss treibt uns die Band zurück in das Jahr 2003 und konfrontiert die heiße und wogende Menge mit dem Kracher 'Come Damnation'. Leider ist danach abrupt Schluss – meine Uhr zeigt allerdings noch sieben Minuten Spielzeit und damit Zeit für zwei Songs. Was ist da passiert? Keine Lust mehr, Abstimmungsprobleme? Wie auch immer: Im direkten Vergleich von ENDSTILLE und KEEP OF KALESSIN haben wir gerade die originellere und um Längen bessere Band gesehen. Desweiteren kann düsterer Black Metal auch bei strahlendem Sonnenschein Atmosphäre erzeugen, wenn auch nicht karibisch, so doch mindestens strahlend-episch.
[Julian Rohrer]

DISMEMBER machen mich traurig. Nicht weil der Auftritt in irgendeiner Form schlecht ist, nein, am Gig an sich gibt es wirklich fast nichts zu beanstanden. Traurig macht mich, wie leer es vor der Main-Stage ist, als eines der Death-Metal-Urgesteine der Neuzeit die Bretter betritt. DISMEMBER sind nicht nur einfach irgendeine Metalband, DISMEMBER sind eine Institution im Death Metal, die als solche meiner Meinung nach auch gewürdigt werden muss. Es ist sehr schade, dass der Metalnachwuchs solch großartige Bands nicht mehr zu schätzen weiß und lieber bei einem Kindergartenverein wie DEBAUCHERY abgeht. Nun gut, hier geht es ja um die Performance von DISMEMBER und nicht um den Musikgeschmack der Kids. Und da lässt sich ganz klar sagen: Die Schweden aus Stockholm haben's einfach drauf. Souverän. Sympathisch. Kompromisslos. Verspielt. So behalte ich die Jungs um Flitzefinger David Blomqvist in Erinnerung.

Der Sound lässt kaum Wünsche offen, lediglich die rechte (von der Bühne aus die linke) Gitarre ist leider einen kleinen Tick zu leise. Trotzdem wirken die doppelläufigen Gitarrensoli, mit denen sich David und Martin Persson duellieren, richtig geil. So was bekommt man meist nur auf CD geboten, wie beispielsweise in URIAH HEEPs legendärem 'The Magician's Birthday'. Aber nicht nur die Soli bringen mich zum Strahlen. Die Performance ist allgemein wirklich gut gelungen. Frontmann Matti Kärki hat sichtlich Spaß am Gig und spielt immer wieder Luftgitarre mit dem Mikrofonständer. Wir hören Klassiker wie 'Sickening Art' oder das monströse 'Dreaming In Red'. Aber auch neuere Songs kommen voll zur Geltung, beispielsweise das rotzige 'Forged With Hate' oder 'Combat Fatique' vom aktuellen Output. Nach und nach kommen mehr Fans hinzu, scheinbar angezogen von der genialen Show, die die Schweden-Combo hinlegt. Langsam finden sich auch immer mehr mosh-willige Anhänger, und das Publikum kommt doch noch etwas in Fahrt. Leider ist der Spuk auch wieder viel zu schnell zu Ende. Die Band spielt sichtlich erschöpft ein Instrumental als Outro, die Fans feiern nun endlich richtig. Alle Mitglieder kommen noch mal nach vorne, um sich zu verbeugen, und dann verlassen die Schweden die Bühne.

Shirley ist glücklich, hat wieder mal ein feuchtes Höschen und begibt sich strahlend zurück zum Stand, um für Biernachschub zu sorgen.
[Hagen Kempf]

Wer NEAERA aus Münster schon einmal gesehen hat, der weiß, dass es keinen 08/15-Metalcore geben wird, und der weiß ebenfalls, dass die Show verdammt anstrengend und genial werden wird. So sollte es auch heute wieder sein – und im Vergleich zu den anderen Bands des Tages ist vor der Bühne auch eine ganze Menge los. Mit leichter Verspätung kommen die Jungs auf die Bühne und entfachen mit 'Spearheading The Spawn' einen Sturm, der erst eine ganze Weile nach Ende des Gigs wieder enden will. Bestens aufgelegt wird die Setlist heruntergespielt, wobei die bandeigenen Granaten wie 'Let The Tempest Come', 'Walls Instead Of Bridges' und 'Armamentarium' natürlich nicht fehlen dürfen. Zu letzterem Song gibt es eine riesige Wall Of Death, die wohl die zweitgrößte des Festivals (nach HEAVEN SHALL BURN) ist. Während des ganzen Gigs gibt es moshende Körper, kreisende Schädel – und sogar gutes Wetter! Natürlich wird auch bei NEAERA ordentlich mit Stroh um sich geworfen, was sich ja schon während des ganzen Festivals zu einem der Lieblingshobbys vieler Besucher entwickelt hat. Bei 'Scars Of Gray' fordert Frontmann Benny (bei dem ich aufgrund der konstanten Unruhe in den Bewegungen mittlerweile eine gewisse genetische Verbindung zu Barney von NAPALM DEATH vermute) die Leute zum Circle Pit um den Soundtower auf, was natürlich ab der ersten Note umgesetzt wird und in einen "Summer-Breeze-Marathon" ausartet, den nur ein ganz geringerer Teil wirklich durchhält. Zum Ende des Sets gibt es bei 'Synergy' noch eine unplanmäßige Wall Of Death, welche den Fünfzig-Minuten-Gig der Jungs perfekt abrundet. NEAERA – kann man sich immer und überall geben, ein Garant für gute Stimmung und eine gute Show.
[Oliver Paßgang]

Nach ihrem genialen Auftritt beim Wacken Open Air stellt sich mir die Frage, ob die Finnen von ENSIFERUM es erstmals schaffen, mich gleich zweimal hintereinander live zufrieden zu stellen? Als das Intro 'Ad Victoriam' ertönt, ist der Platz vor der Bühne bereits mächtig gefüllt. Voller war es bei HELLOWEEN oder SUBWAY TO SALLY auch nicht. Die Stimmung ist ausgelassen, das Wetter bestens, und die Security macht sich auf einen Ansturm von Crowdsurfern gefasst. Mit 'Deathbringer From The Sky' brechen alle Dämme, und die Schlacht beginnt. Im Sekundentakt fliegen die Crowdsurfer in den Graben und Stroh und Schweiß durch die Luft. Party on, Wayne! 'Tolkien Of Time' und 'Tale Of Revenge' treiben die Stimmung noch weiter an, so dass sich Sänger Petri bei 'Ahti' eine Wall Of Death wünscht. Und ab dafür! Selbst wir können uns nicht mehr zurückhalten und starten eine unerbittliche Strohschlacht, die bei 'Lai Lai Hei' auszuarten droht. Schnell wieder Beherrschung gewinnen und die übliche Kritik bei 'One More Magic Potion' geübt. Warum versinkt dieser Song live immer im Soundmatsch? Besser läuft es dagegen beim abschließenden 'Battle Song', der keine Wünsche offen lässt. Kiitos!

Um 17:55 Uhr geben sich auf der Pain Stage PRIMAL FEAR die Ehre. Die Esslinger, die am vorigen Tag noch im englischen Derbyshire auf dem Bloodstock Festival gespielt hatten, sind die Reisestrapazen nicht anzumerken. Gekonnt setzen die Herren um Sänger Ralf Scheepers und Mat Sinner ihre Setlist um und spielen eine Auswahl ihrer wohl bekanntesten Stücke. Schon mit dem Opener 'Sign Of Fear' wird ein Zeichen gesetzt wie der Gig ablaufen soll. Nämlich von Anfang bis Ende konstant mit Vollgas. Das zahlreiche Publikum dankt es und macht richtig Metalparty. Vor allem das herumliegende Stroh wird von manch einem zur Wurfschlacht genutzt und viele Headbanger sehen sich um diesen ökologischen Haarschmuck bereichert. Nach knapp 45 Minuten beenden PRIMAL FEAR mit der Hymne 'Metal Is Forever' einen gelungenen Auftritt und verlassen ein zufriedenes Publikum.

Setlist:

Sign Of Fear
Battalions Of Hate
Running In The Dust
Nuclear Fire
Demons & Angels
Fighting The Darkness
Final Embrace
Metal Is Forever
[Kjell Kaup]

Ganz ehrlich, was manche Die-Hard-Metalheads am Summer Breeze auch kritisieren, empfinde ich als eine der schönsten Ideen des Festivals: Lasst doch auch mal stylistisch etwas andere Bands spielen, es muss nicht immer nur lautes Geprügel sein! Und so sind H-BLOCKX eine wirklich angenehme und sogleich entspannende Angelegenheit für die Ohren und sorgen ohne Ende für Partystimmung. Ich habe mich zwar nicht wirklich viel und intensiv mit H-BLOCKX beschäftigt, aber die gute Laune Songs der Jungs kann man auch ohne Vorkenntnisse schnell mitträllern und die eine oder andere Melodie kommt auch dem H-BLOCKX-Neuling dann doch bekannt vor. Die Herren sind eben Klassiker und dementsprechend gut gelaunt treten sie auch auf, sorgen für mächtig wirbel im zahlreich erschienen Publikum und lassen die Heuballen über die Köpfe der Fans fliegen. Das Heu wird wild durch die Gegend geworfen, die Party geht weiter... Bitte nächstes Jahr wieder einige Bands mit so viel Klasse und guter Stimmung zugleich! H-BLOCKX sind eine angenehme Erscheinung am Summer Breeze und überzeugen nicht nur mich.
[Caroline Traitler]


Man kann den Schweden von SONIC SYNDICATE ja so einiges vorwerfen. Aber mangelnde Spielfreude beim besten Willen nicht. Auch heute können sie die Pain Stage in ein Tollhaus verwandeln. In wenigen Wochen erscheint mit "Love And Other Disasters" das dritte Werk der Nuclear-Blast-Zöglinge. Grund genug, um auf dem Summer Breeze mächtig Werbung für sich zu schieben. Schon früh erklingt der erste Hit 'Denied' aus den Boxen und offenbart so einige gesangliche Schwächen. Roland versucht gar nicht erst, mit seiner Stimme nach oben zu kommen. Leider geht dabei viel Melodie verloren. Ebenfalls schade, dass man heute auf Nummer sicher geht und vor allem Stücke von "Only Inhuman" zockt. Für eine Nummer wird das selbstfinanzierte Debüt "Eden Fire" angerissen, und das neue Album wird nur mit der aktuellen Single 'Jack Of Diamonds' beworben. Schade. Dennoch machen Songs wie 'Unknown Entity', 'Psychic Suicide' und 'Blue Eyed Fiend' immer noch Spaß. Das nächste Mal bitte frische Kost. Warum man allerdings ganze acht Minuten zu früh von der Bühne geht, bleibt mir auch heute noch ein Rätsel.
[Enrico Ahlig]

Wahnsinn, wie groß HEAVEN SHALL BURN inzwischen geworden sind. Ich glaube, der Erfolg der sympathischen Erfurter liegt tatsächlich daran, dass die Jungs gekonnt wie kaum eine andere Band gleichzeitig mehrere musikalische Genres abdecken. Wer auf Death Metal oder Melo-Death steht kommt bei HSB genauso auf seine Kosten wie die Metalcore- und Screamo-Fraktion, für die die Jungs ja meist so etwas wie die härteste Band sind, die noch in ihr Metier fällt. Gelöst davon sind die letzten Scheiben der Herren um Sänger Marcus Bischoff ausnahmslos stark bis sehr stark, weswegen die aktuelle Popularität der Combo meiner Meinung nach auch völlig in Ordnung geht.

HEAVEN SHALL BURN zeigen sich sichtlich gerührt, nach Einbruch der Dunkelheit spielen zu dürfen; Marcus meint dazu, dass dies das erste Mal sei. Gekleidet sind die Jungs alle in schickes Rot mit schwarzen Hosen, auf der Bühne befinden sich vier mit Neonröhren bestückte Säulen, die während dem Konzert ständig die Farben wechseln und mit der Lichtshow in Einklang stehen. Insgesamt wirkt die Show so durchdacht wie simpel und weiß durchaus zu gefallen. Auch der Sound lässt kaum Raum für Beanstandungen.

Als Opener haben die Erfurter 'Endzeit' vom aktuellen Longplayer "Iconoclast" gewählt, und sofort wird klar, dass hier keine Gefangenen gemacht werden. Das Publikum rastet kollektiv aus, Marcus bleiben nach dem ersten Song sichtlich die Worte weg. HSB fackeln nicht lange und nutzen die angestaute Aggression für Songs wie 'Counterweight' oder 'Like A Thousand Suns'. Wir bekommen viel vom 2006er Album "Antigone" zu hören, was mich persönlich sehr glücklich macht, ist die Scheibe doch eine der besten Outputs, die es im Metalcore-Sektor überhaupt gibt. Mit dem Intro 'Echoes' und dem direkt folgendem 'The Weapon They Fear' stimmen HEAVEN SHALL BURN auf den unumstrittenen Höhepunkt der Show ein, bei dem die Erfurter zeigen, dass sie, falls es mit der Musik mal nicht mehr so klappt, locker einen Job in China bekommen könnten, um da große Menschenmassen auf dem Platz des himmlischen Friedens in Formation laufen zu lassen. Die Rede ist hier von einer gewaltigen Wall Of Death mit mindestens 7000 Beteiligten (und diese Schätzung ist sehr vorsichtig, wahrscheinlich waren es noch weit mehr), die sich beim Killer-Song 'Voice Of The Voiceless' kollektiv die Köpfe einschlagen, wieder auseinanderbranden und wieder ineinanderklatschen. Dieses Spektakel wird unter Umständen auf einer DVD zu sehen sein, denn Marcus hatte zuvor angekündigt, dass der Gig von einem Videoteam gefilmt werden wird.

Nach dieser wahnwitzigen Aktion ist beim Publikum langsam die Luft raus, HEAVEN SHALL BURN mobilisieren noch mal alles mit dem EDGE OF SANITY-Cover 'Black Tears', bevor sie von der Bühne verschwinden und ein Schlachtfeld hinterlassen. Toller Gig, tolle Stimmung und sehr sympathische Band! Für mich gibt's leider keine Zeit zu verschnaufen denn ...

... auf der Pain-Stage warten direkt DESTRUCTION und der Mad Butcher auf mich. Und eben diese sind ebenfalls nicht gekommen, um mit Kuschelrock zu werben, sondern hauen dem Publikum direkt den ersten Hassklumpen 'The Butcher Strikes Back' entgegen. Die Fans danken es mit großen Moshpits und ordentlich Crowdsurfern. Der Sound bei DESTRUCTION ist gut bis sehr gut und lässt kaum Raum für Meckereien. Allerdings spüre ich, wie sich nach vier Tagen Festival mein Körper zu Wort meldet, so habe ich zumindest zu diesem Zeitpunkt kaum mehr Energie übrig, um mich am Pit zu beteiligen. Schmier und Konsorten nehmen auf solche Schwächeleien keinerlei Rücksicht und knüppeln einen Smash-Hit nach dem anderen ins müde Volk. Wir hören 'Curse The Gods', 'Nailed To The Cross' und 'Mad Butcher', bei dem der Mad Butcher leibhaftig mit einem Hackebeilchen und drei leicht bekleideten Damen auf die Bühne kommt und böse mit Theo-Waigel-Augenbrauen in die Runde blickt. Dazu schwingt er sein Fleischerbeil durch die Gegend und haut der Frau über seiner Schulter immer wieder mal auf den Hinterschinken. Kann man machen, muss man aber nicht.

Die Pyros bei DESTRUCTION sind auch schick anzusehen, auch wenn manchmal das Timing leicht versaut wurde. Letztendlich ist das aber nur eine minimale Beanstandung an einem sonst recht gut verlaufenden Gig. Natürlich ist damit noch nicht Schluss, auch 'United We Stand' und 'Thrash Till Death' wird ins Volk gepfeffert, bevor uns mit 'Total Desaster' wieder ein totaler Smash-Hit das Fell über die Ohren ziehen soll.

DESTRUCTION legen einen guten Auftritt hin, das Publikum hat allerdings nach vier Tagen feiern und bangen nicht mehr viele Reserven übrig, um unter den ständigen Schlägen in den Nacken weiter durchzuhalten. Trotzdem kann die Performance der Baden-Württemberger Metzger durchaus als gelungen bezeichnet werden.
[Hagen Kempf]

DESTRUCTION auf der Painstage. Was für eine geile Show. Für mich hätte keine andere Band besser dorthin gepasst als die alten Haudegen aus Deutschland. Neben HELLOWEEN sind sie eine derart gelungene Abwechslung zu der recht modernen Ausrichtung des ganzen Festivals, dass mein Metal Heart von Song zu Song lauter schlägt. Mit jedem Pyro, jedem Räkeln der Mädels auf der Bühne, jedem Hieb des Mad Butchers und jedem Stück Heavy Metal, das dort auf der Bühne praktiziert wird, verwandle ich mich in einen dämonischen Achtziger-Metal-Fetischisten. Völlig zeitlos und dabei Old School as fuck wird dort genau das auf den Punkt gebracht, was Heavy Metal sein muss: Bier, Mörder-Sound und eine arschfotzengeile Show. Und ich bin mir sicher, dass ich nicht der Einzige bin, der sich die eine oder andere Träne flüssigen Edelmetalls verdrückt, als Schmier seine Rede zu 'United We Stand' schwingt. Besser geht's fast nicht. Fast? Für Liebhaber: Kommt nächstes Jahr zum POWERMETAL.de-Stand und hört die Rede unseres Chefs zum "Ruck, der durch den Metal gehen muss", das ist dann aber wirklich das Optimum. Nur leider hat auch die schönste Show ein Ende, viel zu früh versteht sich.

Auf der Mainstage macht sich allerdings eine der am kontroversesten diskutierten Bands des black-metallischen Subgenres bereit: CRADLE OF FILTH. Was hat man nicht alles gelästert über diese Band, was wurde nicht alles spekuliert: Würde man Dani Filth überhaupt sehen ab der zweiten Reihe? Was würde passieren, wenn seinen Plateauschuhen ein Absatz abbricht? Wird er das Mikro alleine halten, oder ist es ihm zu schwer/zu groß? Tatsache ist auf jeden Fall, dass sämtliche Amps etc. auf der Bühne fehlen – wahrscheinlich um zu vermeiden, dass sich der filthierte Mastermind auf der Bühne verläuft und nie wieder gefunden wird. Aber im Prinzip ist jeder CRADLE-Gig wie ein Unfall: Man ist angewidert, muss aber dennoch fasziniert hingucken. Und so reihen wir uns ein in die große Menge Voyeure vor der Bühne.

Gut, ihr müsst entschuldigen, aber ein Absatz CRADLE-Bashing muss reichen [herzlichen Dank! - d. Red.]. In der Tat bin ich gespannt auf den Auftritt der Briten. Das letzte Mal haben sie bei mir einen sehr zwiespältigen Endruck hinterlassen. Im Jahr 2000 waren sie im Zuge der "Tattoo The Planet"-Festivals mit BIOHAZARD und SLAYER unterwegs. Trotz fulminanter Bühnenshow, einem relativ starken Album im Ärmel und großem Einsatz war der Auftritt nicht das Gelbe vom Ei. Natürlich zum einen wegen des Vergleichs mit zwei anderen großartigen Bands - und SLAYER, ich meine: hallo!? -, zum anderen war der Sound bei CRADLE unterirdisch – nicht nachvollziehbar, da die anderen Bands super klangen.

Heute soll es also eine zweite Chance geben. In der Erwartung, eine fette Bühnenshow zu sehen, wie sie eben DESTRUCTION vorgeführt hatten, ist die Enttäuschung umso größer, als sich herauskristallisiert, dass CRADLE heute auf jeglichen Schnickschnack verzichten. Doch der Reihe nach: Mit 'Dirge Inferno' vom aktuellen Output "Thornography" beginnt ein wechselhafter Auftritt. Während die Instrumentalfraktion einen recht guten Sound erwischt, ist Mr. Dani F. schlicht nicht zu hören. So ein Schnitzer beim Headliner ist arg, sehr arg. Erst zur Mitte der Songs bekommt es das Kompetenz-Team am Mischpult hin, den Sänger – ja, ich wiederhole mich – des Headliners hörbar zu machen. Der kleine Spring-Speed-Sex-Frosch mit ähnlich abgefahrener Stimme lässt sich davon jedoch nicht beeindrucken und zieht sein Ding professionell durch.

Die Fans der Band freuen sich über eine (in der Songauswahl) abwechslungsreiche Show. Der nicht allzu kleine Backkatalog der Vampire wird Stück für Stück abgearbeitet. Neben der Hardcore-Kajal-Fraktion, die sich einen Ast abmosht, stellt sich bei einem großen Teil der Infernal-Rezipienten mit der Zeit aber so etwas wie Ernüchterung bis hin zu Langeweile ein. Bis auf ein paar Highlights wie fliegende Klorollen, die Teile der Protagonisten auf der Bühne tatsächlich treffen (ich find's unnötig, aber gut), einen springenden, quirligen und überall gut zu sehenden Frontmann und hin- und herlaufende Instrumental-Statisten bieten CRADLE OF FILTH einfach nicht genug, um richtig zünden zu können. Ähnlich wie Sarah Jezebel Deva (Live-Background-Gesang) schon zu Anfang des Gigs recht energiearm agiert, habe ich den Eindruck, dass auch auf der Bühne der Spaß immer mehr flöten geht.

Immer wehmütiger verfolge ich die Auto-Deklassierung einer auf Scheibe mindestens interessanten Band. Nicht, dass es nicht auch positive Eindrücke gibt: 'Gilded Cunt' ist einfach ein großartiger Song und kann als einer der wenigen auch sofort zünden, ebenso wie 'From The Cradle To Enslave', das auch heute Abend durchaus hörenswert ist. Auch das Licht kann ab und zu Atmosphäre erzeugen und Akzente setzen. Doch für einen guten Auftritt ist das viel zu wenig. Nach eineinviertel Stunden ohne Leder, Funken oder Kunstblut bin ich irgendwie froh, dass es endlich vorbei ist. Die Lektion sollte gelernt sein: Auf Platte interessant bis gut, live einfach unnötig, das sind CRADLE OF FILTH.

Die Aussöhnung mit dem Gott der härteren Musik passiert glücklicherweise gleich im Anschluss mit dem Auftritt der gottnahen ANATHEMA. Einen besseren Festival-Abschluss gibt es nicht, oder Caro?
[Julian Rohrer]

So ist es ;-) Ganz nach dem Motto "das Beste zum Schluss" geben sich ANATHEMA als letzte Band des Festivals die Ehre. Passend dazu bietet die Mondfinsternis immer noch eine mystische Kulisse und die Fans warten bereits geduldig in der ersten Reihe, während CRADLE OF FILTH noch auf der Main Stage lärmen. Da passt es doch eigentlich ganz gut, dass ANATHEMA-Keyboarder Les jetzt zum Soundcheck ansetzt und alle seine alten CRADLE-Keyboardlines mitspielt, was natürlich mit amüsierten Gesichtern und Applaus belohnt wird. Immerhin betont Les dann noch ein paar Mal "Das hab ich geschrieben" und setzt ein breites Grinsen auf. Überhaupt sind die Jungs heute besonders gut gelaunt, vor allem Vincent hat ein Dauerlächeln gepachtet, welches er auch während der Show nicht ablegt und verzaubert mit seinem Charisma die Menge. Die entspannte Atmosphäre wirkt ansteckend und so sind auch die Fans und sogar die Securities bald bestens gelaunt, sodass spätestens nach dem ersten Hit 'Fragile Dreams' lauthals mitgesungen wird. Die eine Stunde ANATHEMA ist gespickt mit Überraschungen, auch wenn die Setliste sich im Vergleich zu der vom Hellfest nur wenig verändert hat, so bauen die Cavanagh-Brüder doch immer wieder interessante Abwechslung in Ihre Songs ein. Beim alten Doom-Kracher 'A Dying Wish' wird eben mal PINK FLOYDs 'Another Brick in The Wall' angespielt, wobei Bassist Jamie (der sonst nie vors Mikro kommt) verzerrte Vocals beisteuert. Animiert durch die gute Stimmung, lässt sich auch die Security-Crew zu einem kleinen Abschieds-Scherz hinreißen und einige der netten Herren starten eine Crowdsurfing-Aktion und werden dabei herzlich von ihren Kollegen im Graben herausgefischt, nur um dann gemeinsam vor den Fans zu stehen und diese zum Mitmachen zu animieren. So viel Unterstützung überrascht sogar die Band und Vincent bedankt sich noch extra bei den Security-Jungs mit einem "Ihr seid toll! So etwas habe ich noch nie gesehen!" – Sympathisch! Natürlich kommt mit 'Sleepless' noch ein Hit der ersten Stunde zum Zug (gut dass CRADLE OF FILTH sich das Covern dieses Songs erspart haben!) und natürlich darf auch die bezaubernde Lee bei 'A Natural Disaster' zeigen, dass ihre Stimme auch bei den hartgesottensten Metallern für Gänsehaut pur sorgt! Am Ende verabschieden sich ANATHEMA mit einer Show-Einlage der besonderen Art zum PINK FLOYD-Cover 'Comfortably Numb', denn Vincent hat vor dem Gig den Mad Butcher von DESTRUCTION gebeten, zum letzten Song mit auf die Bühne zu kommen und so endet der Auftritt mit einem lustigen Einsatz des Metzgers, der sich wie wild auf Vincent stürtzt und einen simulierten Kampf filmreif präsentiert! ANATHEMA sind eben immer für Überraschungen gut und beenden das Summer Breeze mit einem grandiosen und einmaligen Auftritt, der zeigt, dass die Liverpooler auch eine lustige Seite haben, die durchaus zu ihren emotionalen Songs passt. [Zur lustigen Seite gehört wohl auch, dass die Jungs nicht zur vereinbarten Autogrammstunde an unserem Stand erschienen wären. "Weg zu weit", pfff! - kopfschüttelnd, Carsten]
[Caroline Traitler]

Party Tent

Zeltbühne, kurz vor vier: Hinter der Bühne bilden AGRYPNIE einen Kreis, nehmen sich gegenseitig in den Arm. Während das Intro läuft und seine Kollegen bereits vorgehen, steht Ex-NOCTE-OBDUCTA-Sänger Torsten noch hochkonzentriert hinter der Bühne. Das gepiercte Haupt gesenkt, die tätowierten Arme angespannt. Dann entert auch er mit einem lauten "Summer Breeze!" und unter Applaus die Bühne. Ohne lange Vorrede brettert das Quintett auch gleich mit 'Und führet mich nicht in Versuchung' vom Debüt "F51.4" los. "Die Zeit ist knapp, also lassen wir mal den Smalltalk", hält Torsten seine Songansagen bewusst kurz, denn eine halbe Stunde ist wahrlich nicht viel Zeit, wenn alle Songs Überlänge haben. Das neue, einfach geniale 'Mauern' kommt als nächstes, gefolgt von 'Kerkerseelenwanderung' und 'Auf den nackten Korridoren', die durch den neuen Schlagzeuger René doch sehr viel mehr Bumms haben als mit Drumcomputer. Die Fans im für diese Uhrzeit gut gefüllten Zelt gehen mit, scheinbar ist leicht avantgardistischer, aber dennoch schnell auf den Punkt kommender Black Metal genau das, worauf die bangende Meute gewartet hat. Die baseballbemützte Saitenfraktion post grinsend um die Wette, während Torsten die Menge anfeuert oder als einziger Langhaariger der Truppe seine schwarze Mähne fliegen lässt. 'Fenster zum Hof' von der aktuellen Langrille "Exit" beendet einen mitreißenden Gig, während dem Outro fällt Torsten hinter der Bühne seinen Bandmitgliedern nass geschwitzt, aber grinsend um den Hals. "Ich hätte gedacht, da kommen höchstens 50 Leute", meint der selbsternannte Unhold sichtlich begeistert, während die Menge noch lange Zugabe fordert.

Setlist:
Intro
Und führet mich nicht in Versuchung
Mauern
Kerkerseelenwanderung
Auf den nackten Korridoren
Fenster zum Hof
[Carsten Praeg]

Heute ist der Tag der Franzosen, denn nachdem schon THE OLD DEAD TREE eine mehr als beeindruckende Performance ablieferten und dafür mit französischen Jubelchören und Trikolore-Fahnen belohnt wurde, ereilt HACRIDE nun ein ähnlich erfreuliches Schicksal. Ich hatte ja nicht gedacht, dass es nach TEXTURES noch einen Auftritt geben könnte, der technische Finesse und endgeilen Groove so gut miteinander verbindet, doch HACRIDE schaffen es tatsächlich, mich eines Besseren zu belehren. Eigentlich ist es fast traurig, dass die talentierten Jungs da vor einem nicht mal halbvollen Zelt spielen müssen, da sich auf der Main Stage starke Konkurrenz in Form von ENSIFERUM manifestiert (und unglaublich viele Leute anzieht). Doch das scheint HACRIDE nicht weiter zu stören und sie fetzen mit technisch beeindruckenden Songs wie 'Perturbed' über die Bühne. Dabei verbinden die Franzosen emotional starke Parts und drückend brutale Riffs zu einem einheitlichen Ganzen und beweisen, dass sie auch live mit dem Niveau ihres saustarken letzten Albums "Amoeba" mithalten können. Ein weiteres Highlight des Festivals!
[Caroline Traitler]

Erst seit wenigen Wochen haben MISERY SPEAKS einen neuen Sänger an Bord. Leider musste Claus Ulka wegen fehlender Zeit seinen Posten räumen. Dafür haben sie mit Przemek Golomb einen durchaus gleichwertigen Ersatz finden können, der mit seinem Hippie-Charme das perfekte Gegenstück zu den musikalischen Hass-Brocken bildet. Ihre Vorliebe für klassischen Hardrock ist bekannt, und so verwundert das Intro 'Rock You Like A Hurricane' von den SCORPIONS nur im ersten Moment. So kann man die Stimmung natürlich auch künstlich in die Höhe treiben. Mit "Wir sind die SCORPIONS aus Münster" stellt sich Basser Martin mit einem fetten Grinsen vor. Die Jungs sind gut drauf und legen mit 'Sentiment Is Missing' gleich gewaltig vor. Leider muss Martin seinen Fünfsaiter zur Seite legen, denn das gute Stück streikt. Jammern hilft nicht, und so schnappt er sich kurzerhand das Mikro und mimt den zweiten Sänger. Das sollte er hauptberuflich machen, denn mit seiner Bühnenpräsenz übertrumpft er sogar Przemek. Achtung, Achtung – der Bass ist einsatzbereit. Martin schnallt ihn sich erneut um und startet den zweiten Versuch. Endlich rumpeln die Boxen. Nach 'Engraved In Stone' bemerkt Prezemek, dass einige im Publikum ganz schön übel aussehen und entweder zu wenig oder zu viel getrunken haben. "Halt die Fresse!" tönt es zurück. Genau, nicht labern - spielen! Bei 'To My Enemies' wollen die Münsteraner Crowdsurfer sehen. Das Publikum hört aufs Wort und erhebt sich in die Lüfte. So muss das sein. Bemerkenswert, wie schnell die Jungs den Wechsel am Mikrofon verkraftet haben. Von MISERY SPEAKS werden wir noch einiges hören – versprochen!
[Enrico Ahlig]

Zu etwas späterer Stunde verzaubern die Italiener NOVEMBRE die mehr oder weniger zahlreichen Fans mit ihrem garantiert emotionalen Mix aus Gothic-, Doom- und Metal-Klängen. Dass ich die Band endlich mal live erleben konnte, nachdem ich mir so viele Jahre lang die Alben mit Begeisterung reingezogen habe, freut mich besonders und dass Sänger Carmelo Orlando auch auf der Bühne eine beeindruckende Performance abgibt, ist erfreulich. Immerhin ist der Gesang immer so eine Sache und was auf Album gut klingt, kann sich live ganz schnell in eher grauenhafte Töne verwandeln, gerade bei so feinen und komplexen Gesangslinien. Doch Carmelo meistert seine Aufgabe perfekt und sorgt für eine Gänsehaut nach der anderen. Ein schöner düsterer Abschluss für mich in der Party Stage!
[Caroline Traitler]

MUSTASCH aus Schweden sind um 22:00 Uhr im Party Tent angesagt. Die Band, die seit 1998 besteht, spielt eine Mischung aus US-Power-Metal(??? - PK) und dreckigen Rock'n'Roll-Elementen, die streckenweise ein wenig an MOTÖRHEAD erinnert. (schon mal von Bands wie THE CULT oder BLACK SABBATH gehört? - SO klingen MUSTASCH. - PK) Dementsprechend ist auch der Gesang von Ralf Gyllenhammar sehr aggressiv und dreckig. Gyllenhammer, der während des Sets immer wieder versucht seine Ansagen auf deutsch zu machen und dabei fehlende Worte einfach durch englische ersetzt, begeistert mit seiner lockeren Art das Publikum und hat jede Menge Lacher auf seiner Seite. Die Skandinavier machen in ihrer 30 Minütigen Show richtig Dampf und schlagen den Zuschauern ihre Riffs und Soli sprichwörtlich um die Ohren. Die Menge dankt es mit viel headbangen und mitgrölen der Refrains. Als die Party dann am schönsten ist, kommt dann leider auch schon der letzte Song. Mit viel Applaus wird das Quartett verabschiedet und gefeiert. Ralf verspricht noch mit einem Zwinkern, sein 25 Jahre zurückliegendes, eingestaubtes Schuldeutsch bis zum nächsten Besuch in Good old Germany wieder aufzufrischen.
Three thumbs up for MUSTASCH!

Setlist:

Down In Black
Accident Blackspot
Parasite
Bring Me Everyone
Monday Warrior
Double Nature
[Kjell Kaup]

Redakteur:
Enrico Ahlig

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