SAINT, ANGELIC FORCES und MARC PIRAS TRIO - Hagen-Hohenlimburg

10.05.2025 | 12:29

20.03.2023, Werkhof Kulturzentrum

White Metal noch und nöcher am Tor zum Sauerland.

Die hiesige White-Metal-Gemeinde hat zum großen Showdown eingeladen und es tatsächlich geschafft, die Jungs von SAINT nach einer gefühlten Ewigkeit wieder über den großen Teich zu bekommen. Wie der Zufall es will, macht der Tross auch im Hagener Stadtteil Hohenlimburg Halt, was insofern ungewöhnlich ist, dass leider viele Bands lieber die etablierten Ruhrpott-Städte ansteuern und die Randbezirke oftmals in die Röhre schauen. Dabei ist der hiesige Werkhof eine der coolsten Locations weit und breit und war im vergangenen Jahr auch schon Veranstaltungsort für so manche spannende Underground-Tournee.

Um dem Happening auch ein bisschen Lokalkolorit hinzuzufügen, dürfen die Herrschaften vom MARC PIRAS TRIO heute den Opener geben und die Zuschauer mit einer vielseitigen Mischung aus Heavy Rock, Blues und traditionellem Hardrock unterhalten. Piras selbst ist in der Szene kein Unbekannter mehr, hat unter anderem mit TREASURE SEEKER ein Album aufgenommen, ist aber auch sonst in den einschlägigen Szene-Foren aktiv und bringt am heutigen Aben auch ein ordentliches Following mit zu seiner Show, das die anfangs noch spärlich besetzte Location dann auch direkt mit Stimmung versorgt.

Die Band ist extrem motiviert, interagiert ständig mit dem Publikum, bringt aber auch richtig starkes Songmaterial auf die Bühne, an deren hinterstem Platz der vielleicht jüngste Akteur am heutigen Abend Platz genommen hat. Ein jugendlicher Schlagzeuger in einer Riege erfahrener Musiker, das sorgt natürlich für Aufsehen, und da der junge Herr bei seinem ersten Auftritt auch souverän in die Kessel schlägt, verdient er an dieser Stelle mehr als nur einen Höflichkeitsapplaus. Nach immerhin 45 Minuten räumt das MARC PIRAS TRIO die Instrumente wieder ein, kann sich aber sicher sein, heute Abend den einen oder anderen neuen Fan gewonnen zu haben.

Letzteres gilt definitiv auch für die Niederländer von ANGELIC FORCES, die mit einer satten Ladung traditionellem Heavy Metal einsteigen eine stilistische Kurskorrektur für dieses Dreierpack übernehmen, sofort aber auch die ersten Reihen elektrisieren. Der Werkhof hat sich mittlerweile ganz ordentlich gefüllt und feiert die Nachbarn aus dem Westen gebührend ab. Die Band lässt sich die Gelegenheit nicht nehmen, ein Hitfeuerwerk abzubrennen, das im Nachhinein die Frage aufwirft, warum ANGELIC FORCES außerhalb des White-Metal-Spektrums nicht schon größer in Erscheinung getreten ist.

Das teils thrashige Riffing ist makellos, der oftmals mehrstimmige Gesang bringt eine feine Hookline zutage, und in Sachen Rhythmusarbeit ist die Band extrem tight zugange. Das wird auch umgehend honoriert. An vorderster Front findet man einige Kollegen mit dem passenden Bandmerch, die fast alle Songs mitsingen und der Band in den knapp 40 Minuten einen Empfang bereiten, den die manchmal verblüfft wirkenden Herren wohl so nicht erwartet haben. Folgerichtig verteilen die Musiker im Anschluss reichlich Goodies, bedanken sich auch bei ihren Anhängern und fahren später mit der Gewissheit in die Heimat zurück, dass sie in Hohenlimburg auch künftig gerne gesehene Gäste sind.



Die ersten Berichte über die bisherigen Auftritte der Heiligen waren recht ambivalent. Manch einem fehlten offensichtlich die Gänsehautmomente, die SAINT auf Platte immer wieder produzieren konnte, selbst auf dem aktuellen Album "Immortalizer", welches heute auch im Mittelpunkt des Interesses steht. Doch von einer durchschnittlichen oder gar lahmen Show darf heute keine Rede sein. Als die Band unter lautem Beifall auf die Bühne stürmt und mit dem Doppelpack 'The Blade' und 'Immortalizer' ins Set einsteigt, ist die Verbindung zum Publikum sofort hergestellt. Selbst der eher schüchterne Gitarrist Matthew P. Smith, heute mit einem außerordentlichen Gitarrendesign unterwegs, wagt immer wieder die gereckte Faust, klatscht die vordersten Reihen ab und krönt sein virtuoses Spiel ein ums andere Mal mit lauten Backing-Shouts.

Auf der Gegenseite lauert mit Richard Lynch ein Szene-Urgestein, Mastermind und Chefdenker der heutigen SAINT-Inkarnation, der nicht nur durch seine weiße Haarpracht echter Blickfang wird, sondern vor allem auch durch sein lebendiges Stageacting. Lynch ist ständig in Bewegung, bangt sich den Nacken wund und führt auch die Ansagen, aus denen dann Klassiker wie 'Phantom Galaxy', 'Steel Killer' und 'We All Stand' hervorgehen. Währenddessen hat der neue Frontmann Eli Prinsen seine Feuertaufe längst überstanden. Der stimmgewaltige Shouter, der zuletzt auch für die Nachfolge von Warrel Dane bei NEVERMORE gehandelt wurde, ist eine mächtige Erscheinung, ein echter Hüne, der mit einer immensen Leidenschaft jeden einzelnen Ton setzt, sofort sympathisch rüberkommt und sicherlich noch ein paar zusätzliche Punkte sammelt, als er mit dem Hinwweis auf die exklusiven Tourshirts gleich mehrere Exemplare in die Menge wirft. Vor allem aber ist er dem großen Vermächtnis dieser Band gewachsen, beherrscht Screams und Shouts ebenso wie die meist melodischen Chorus-Melodien und zeigt seine Qualitäten vor allem in den etwas anspruchsvolleren Stücken wie 'Ride To Kill' und 'In The Battle'.

Als nach knapp 90 Minuten immer mehr Leute den Bandklassiker 'Too Late For Living' fordern, lässt sich SAINT erst gar nicht mehr gesondert auf die Bühne bitten, sondern feuert eine der größten White-Metal-Hymnen aller Zeiten mit massig Energie ins Auditorium - und setzt damit schließlich den Schlusspunkt auf einen fantastischen Gig, der die Erwartungen dann doch deutlich übertroffen hat.

Nach Konzertende verteilen alle Bands noch einige Gimmicks, signieren geduldig den gerade erworbenen Merch und veräußern auch einen großen Teil ihrer neuen Tour-CD, auf der sich eine Proberaum-Session mit der vollständigen Konzert-Setliste wiederfindet. Da spielt es dann auch keine Rolle mehr, ob man der White-Metal-Szene grundsätzlich zugetan ist oder auch nicht - gute Musik ist nun mal gute Musik, und davon haben alle drei Acts heute mehr als ausreichend abgeliefert!

Text und Fotocredit: Björn Backes

Redakteur:
Björn Backes

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