Römerstein Open Air - Römerstein

01.09.2006 | 14:12

15.07.2006, Festivalgelände

Morgens halb elf in Wannweil. Es ist der 15. Juli 2006. Ein verschlafener Pressesprecher macht einen mühsamen Gang zum Telefon, um seinen Fahrer zu wecken, welcher nach einer durchzechten Nacht noch lieblich im Reich der Träume liegt. Dieser Pressesprecher bin in diesem Fall ich. Ich sollte mich auf den Weg ins weit entfernte Römerstein-Böhringen machen, wo das diesjährige Römerstein Open Air stattfand.

Nach einigen Komplikationen in Sachen Presseausweis geht es dann endlich los. Nach etwa 20 Minuten Fahrt kamen wir um ca. 15.00 Uhr verspätet am Ort des Geschehens an und parkten auf einem der verdammt vielen freien Parkplätze. Dank der extremen Hitze schien noch recht wenig los zu sein. Also gingen wir sogleich aufs Festivalgelände und hörten schon die Ansage der ersten Band.

FETZER & THE TURBOCHARGERS und CARNIVAL OF SOULS haben wir leider verpasst, und daher standen CROWD IN ANGER auf der Bühne. Die Jungs waren durchweg zwischen 15 und 17 Jahre alt und spielten für ihr Alter wirklich ausgereifte, rohe und an die alten METALLICA erinnernde Klänge. Die Songs klangen abwechslungsreich, und die Technik und der Sound ließen neben einigen unvermeidbaren Problemen nichts zu wünschen übrig. Trotz allem bemerkte man die Semi-Professionalität der Band, da beim Spielen einige Fehlgriffe gemacht wurden und die Ansagen des Frontmannes eher mager klangen. Natürlich kann es auch sein, dass die Band aufgrund der Handvoll Besucher nicht richtig warm zu werden vermochte. Von den Temperaturen mal abgesehen. Ein netter Anblick waren aber auch einige Bandshirts, die sich unter den Besuchern befanden. Scheinbar hatte sich die Band jetzt schon Freunde gemacht. Insgesamt kann der Auftritt trotz des noch kalten Publikums auf jeden Fall als gelungen angesehen werden.

Als nächstes nahmen wir uns Zeit, das Gelände mal näher zu betrachten. Ins Auge fiel sofort der große Süßigkeitenstand mit seiner bunten Auswahl. Dies passte natürlich perfekt ins Bild, vor allem, da sich direkt daneben ein Death-Metal-Stand mit dem ehemaligen Gitarristen von DEBAUCHERY als Verkäufer befand. Ungeachtet dessen fanden wir in nächster Nähe noch den KWICK!-Stand mit einem eingebauten Fernseher mit Live-Übertragung der 30 Meter (!) entfernten Bühne. Die Preise für Getränke, Essen und Co. waren human gehalten. Beispielsweise gab es den Festival-Überlebens-Saft "Bier" für gerade mal 2 Euro, Steak für 3,20€, Rote für 2,00€, Pizza für ca. 5,00€ und sogar Crépes für 1,50€.
Die Toiletten (in diesem Fall Dixies) waren sehr sauber, und es gab genügend davon. Sogar eine Dusche war vorhanden. Zwar begrenzte sich das Wort "Dusche" auf einen kleinen Gartenschlauch, aber immerhin...

Als wir nun auf dem Live-Monitor die nächste Band-Ankunft beobachtet hatten, gingen wir wieder zurück vor die Bühne. SILENT OVERDRIVE standen auf dem Plan. Nachdem der Auftritt gestartet war, konnte man sagen, dass zwar immer noch wenig Publikum vor Ort war, es aber immerhin etwas mehr wurde. Einige schienen aufgrund der Hitze einfach noch daheim geblieben zu sein. Nichtsdestotrotz spielte die Band voller Elan ihren selbsternannten Melodic-Trash-Core herunter. Der Sänger lief zu jedem erdenklichen Punkt auf der Bühne und shoutete munter seine Lunge heraus. Klanglich erinnerte mich die Stimme eher an Metalcore, das instrumentale Zusammenspiel aber eher an Death Metal. Leider klangen die Songs etwas eintönig, was auch der gute Sound nicht mehr ganz retten konnte. Trotzdem sah ich zum ersten Mal einige Headbanger, welche sich von alledem nicht den Spaß verderben ließen. Der Gig war pünktlich zu Ende, und die Stimmung im Publikum war immer noch recht mau. Mich persönlich konnte der Auftritt trotz des guten Sounds nicht komplett überzeugen. Auch konnte man sich bis jetzt immer ohne Probleme direkt an die Absperrung vor dem Fotograben stellen. Nie waren so viele Leute vor der Bühne, dass es eng wurde.

Als wir dann hiernach wieder zum Auto gingen, um unsere trockenen Kehlen mit Gerstensaft zu befeuchten, machten wir erst mal eine Pause und warteten auf die nächste Band. Die Hitze machte uns ziemlich zu schaffen; sogar so stark, dass man nicht einmal die Haare offen tragen konnte, um bei den Bands mitzubangen.
Nach einem kurzen Abstecher ins Pressezelt mit einer anschließenden Abkühlung ging es dann gen SUBTERFUGE CARVER.

Die Band überzeugte meinen Geschmack mit einem sehr derben, rohen aber zum Stil passenden Sound und einer Abwechslung zwischen Metalcore, Death und Thrash Metal. Die taktvollen Melodien luden zum unbeschwerten Kopfschütteln ein und blieben im Gehör. Auch der Sänger hatte sichtlich seinen Spaß und haute ein Shouting raus, das nichts zu wünschen übrig ließ. Trotzdem kam das Auftreten des Frontmannes eher "komisch" herüber. Sympathisch wollte er mir einfach nicht werden. Und das, obwohl das Publikum sich vergleichsweise mehr mitreißen ließ als bei den vorherigen Bands. Trotzdem ein gelungener Auftritt dieser potenzialreichen Band.

Nun hieß es wieder, eine Viertelstunde zu warten. Die Zeit wurde wieder einmal mit regenerativen und erfrischenden Aktivitäten überbrückt und auch dazu genutzt, mit einigen Leuten über die Bands zu reden. Bis jetzt kamen fast ausschließlich nur positive Aussagen rüber und beschwert wurde sich wenig. Besonders die entspannte Atmosphäre wurde angepriesen, welche auch uns gefiel.

Doch nun war es so weit, und SILVERMACHINE kamen vors Publikum. Hier ist als Vorinformation hinzuzufügen, dass dies die Band des ROA-Veranstalters (Olly) ist. Er ist der Sänger und legte nach seiner kurzen Ansage gleich los. Die Klänge erinnerten meiner Meinung nach stark an MOTÖRHEAD und schlugen sich solide ihren Weg frei. Insgesamt klang die Zusammenstellung recht rockig und fütterte die leider wenig vorhandene Zuhörerschaft mit teils deutschen, teils englischen Texten. Jedoch konnte der Sound nicht wirklich überzeugen, da er etwas zu kratzig rüberkam. Nichtsdestotrotz war der Gig nicht zu verachten, vor allem, da alles insgesamt sehr solide und professionell klang.

Das Auto, einige Brötchen und gewisse alkoholische Getränke riefen wieder unsere Namen, und wir machten uns sofort auf zur nächsten verdienten Pause. Nach einer kurzen Erfrischung und einer provisorischen "Dusche" (s.o.) lächelte uns das Pressezelt an, und wir warteten gespannt auf das erste Highlight des Abends: MYSTIC PROPHECY.

Als die Band nun endlich auf der Bühne stand und kraftvoll in die Saiten griff, fiel leider auf, dass soundtechnisch zu viele Höhen vorhanden waren. Ein paar mehr Bässe hätten hier nicht geschadet. Ansonsten war der Sound sehr klar und rauschfrei. Schlagzeuger Matze (SACRED STEEL, RoFa-Ludwigsburg-DJ) ließ es kräftig krachen, und der Sänger versuchte tatkräftig, mit seiner guten Laune die Zuhörer anzuheizen. Leider klappte dies nicht ganz, und einige blieben immer noch kalt. Über die Anzahl der Festivalgänger konnte man sich dennoch nicht beklagen. Im Vergleich zu anderen Bands standen weitaus mehr Metalheads vor der Bühne. In die erste Reihe gelangte man trotzdem noch. Der Gig selbst bot heavy-lastigen Power Metal vom Feinsten und begeisterte das Publikum mit einer Coverversion des MANOWAR-Songs 'Fighting The World'. Daumen hoch für MYSTIC PROPHECY.

Ausspannen. Der nächste Gang führte erst mal zum KWICK!-Stand, um das Freibier einzulösen, schließlich war es die Wochen vor Festivalbeginn möglich, sich bei KWICK! anzumelden und ein Freigetränk zu reservieren - ganz zu Freuden der Besucher. Nach langem Nachdenken ließ ich mich doch noch zu einer Jacky-Cola überreden und ging nun glücklich vor die Bühne. CHINCHILLA ließen nicht lang auf sich warten.

Astreiner US-Power-Metal-Sound verwöhnte die Ohren, und der Gute-Laune-Funken, den die Band entfacht hatte, sprang sehr schnell auf die Zuhörerschaft über. Hier sah ich zum ersten Mal ein sehr intensives Fanaufkommen, denn die Anzahl der CHINCHILLA-Shirtträger stieg rapide an und füllte vor allem die ersten Reihen. Erstmals war die Absperrung zum Fotograben nicht erreichbar, und viele kreisende Köpfe waren zu sehen. Das Publikum machte kräftig mit. Irgendwann starrten einige verwunderte Augen auf die Stelle, wo der Bassist einst stand. Doch metallische Zupfgeräusche forderten zum Umdrehen auf: Der gesuchte Herr stand mit seiner Gitarre mitten im Publikum und bearbeitete diese fachmännisch. Eine nette Abwechslung. Die Krönung des Ganzen war noch eine Coverversion: Nach einigen Anspielungen auf andere Songs (z.B. 'Painkiller' von JUDAS PRIEST) spielten CHINCHILLA letztendlich 'I Stole Your Love' von KISS und bekamen damit positive Resonanz. Für mich war dieser Auftritt das erste große Highlight. Das Zusammenspiel aller Instrumente und der Musiker hat einfach gepasst, und die Stimmung war wirklich gut.

Wie immer gab es nach dem Gig eine Entspannungsphase für uns Schreiberlinge, und wir trafen den Veranstalter des Festivals. Er hinterließ einen freundlichen und gelassenen Eindruck und machte sich wieder an die Arbeit. Für uns ein Zeichen, langsam in die erste Reihe zu gehen und einen Platz zu sichern. Schließlich waren CREMATORY als nächstes an der Reihe.

Scheinbar brauchte die Band erst etwas Zeit, sich aufzuwärmen, denn von großer Spielfreude zeugten die ersten Minuten nicht gerade. Hier dominierten eher schlecht gespielte Instrumente und grimmig dreinguckende Musiker. Sänger Felix sah noch ziemlich gelangweilt aus, und die Keyboarderin entsprach vom Gesichtsausdruck her der Definition von schlechter Laune. Diese Phase dauerte glücklicherweise nicht lange, und CREMATORY wurden besser. Jetzt konnte man deutliche Spielfreude von den Gesichtern der Bandmitglieder ablesen, und sie spielten einen Erfolg nach dem anderen. Nicht nur die Nacken des Publikums, sondern auch meiner wurden kräftig beansprucht, und gute Laune machte sich trotz depressiver Texte breit. Der Song 'Tears Of Time' wurde musikalisch etwas aufgepeppt, und des Weiteren wurde 'Raining Blood' von SLAYER angeschnitten, was etwas mehr Abwechslung in die ganze Sache brachte. Insgesamt wurden drei neue Songs gespielt, wovon der letzte das erste Mal live gespielt wurde. Soundtechnisch betrachtet kam mir das Keyboard etwas zu dominant vor und einige Stellen zu verratzt, aber allgemein kann man sich eigentlich nicht beklagen.

Nach einer weiteren Pause und aufgrund der gesunkenen Temperaturen gewechselter Klamotten gingen wir nun zum Headliner des Abends: BRAINSTORM.

Dieser ließ aber eine Viertelstunde auf sich warten, und einige Fans wurden ungeduldig. Nachdem aber die Band die Bühne fertig vorbereitet hatte und BRAINSTORM endlich anfingen, war das Unbehagen in den Reihen der Fans blitzartig beseitigt, und alle sangen und bangten mit. Zumindest die erste Hälfte der Besucher und Fans nach der Absperrung. Der Rest war noch ziemlich still und hörte aufmerksam und kopfnickend zu. Der Auftritt selbst ist kaum zu beschreiben. Die komplette Band bestand aus Chaoten, die sich einen Spaß nach dem anderen erlaubten. Gute Laune und viel Lachen waren also garantiert. Man muss die Band aber selbst gesehen haben, um die Stimmung beschreiben zu können. Erklären kann man das nicht. Der Sänger Andy heizte das Publikum gekonnt und lustig an und machte dem Power Metal seiner Band alle Ehre.
Der Sound war der beste, den ich an diesen Abend gehört hatte. Rauschen und Kratzen waren hier Fehlanzeige. Einziges Manko war, dass der Sänger ab und zu den einen oder anderen Ton nicht traf. Dies kann man aber getrost wegstecken und wieder vergessen. Belohnung für die Band war, dass diese trotz der viertelstündigen Verspätung sogar noch eine weitere Viertelstunde spielen und Zugaben geben durfte. Alles in allem sehr gelungen und weiter zu empfehlen.

Der offizielle Teil des Festivals war nun vorbei, und es folgte die Aftershow-Party. Hierfür wurden BIG BALLS, eine AC/DC-Cover-Band verpflichtet. Diese traten dann auch kurz vor unserer Heimfahrt auf, daher haben wir nur einen Song mitbekommen, welcher aber soundtechnisch gut und musikalisch sehr authentisch klang. Nach einigen Rückfragen an mehrere Besucher, welche durchweg positive Resonanzen abgaben, fuhren wir erschöpft und müde nach Hause. Die Pilgerfahrt war vorbei.

Fazit:
Das R-O-A 2006 war zwar ein kleines, aber sehr gelungenes Festival mit einem Spitzen-Bandaufgebot. Keine der Bands, welche wir mitbekommen haben, waren ein Flop. Aufgrund der verhältnismäßig niedrigen Besucherzahlen hat man sich sehr familiär gefühlt, und es war nie unangenehm dort. Zu schaffen gemacht hat uns einzig die Hitze und die knallende Sonne.
Wie oben erwähnt fand ich die "sanitären Anlagen" sehr ordentlich. Die Dusche war hier eine wirklich gute Idee. Vor allem in Anbetracht der tropischen Temperaturen an jenem Tag.
Des Weiteren waren auf jeden Fall die Preise für Verpflegung sehr vorbildlich. Solche Preise würde ich mir auch auf anderen Festivals wünschen.
Ein negativer Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die Erreichbarkeit des Festivals. Mit dem Auto ist alles kein Problem, nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist es auch für in der Nähe wohnende Besucher sehr stressig, dort hinzukommen. So braucht man beispielsweise für gerade mal 30 Entfernungskilometer etwa zwei Stunden, wie es bei mir der Fall gewesen wäre.

Ansonsten kann ich nur sagen: Weiter so!

Gastautor Sebastian Schneider

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