Rock Hard Festival 2015 - Gelsenkirchen

19.06.2015 | 09:35

22.05.2015, Amphitheater

Ein Wochenende lang gute Musik, bestes Wetter, netteste Menschen und tollste Bands.

FREITAG – 22. Mai:

SPACE CHASER

Noch ruht das Amphitheater in beschaulicher Idylle am Rhein-Herne-Kanal und die Anzahl an Kutten und Lederjacken vor der Bühne ist eher überschaubar. Aber es ist auch erst Freitagnachmittag, das Rock Hard Festival wartet auf seinen Auftakt. Den besorgen ein paar junge Thrasher aus Berlin, die mit ihrem Demo (2012) und ihrem Debüt "Watch The Skies!" (2014) die Szene ordentlich aufgemischt haben. Die Rede ist natürlich von SPACE CHASER und der Auftakt in Form von 'Loaded to the Top' einfach nur oberamtlich! Schlagzeug und Bass stellen die Leistungsfähigkeit der P.A. auf die Probe, während die beiden Gitarristen von Minute eins an mächtig Alarm in den obersten Griffbrett-Gefilden machen. In den obersten Stimmlagen fühlt sich auch Sänger Siegfried Rudzynski wohl, der Gesang kommt mal mindestens so geil wie auf Platte. Es kommt also dem Tragen von Eulen in die Bay Area gleich, die Qualitäten der Truppe noch mehr im Detail vorzustellen.

Die vor der Bühne versammelten Fans gehen beim bestens gelungenen Festival-Opening folglich mächtig steil, vor allem die jüngeren Kuttenträger drehen im Pit eine Runde nach der anderen und feiern den Berliner Fünfer nach allen Regeln der Kunst ab. Qualitätstechnisch bewegt sich SPACE CHASER schon in jungen Karrierejahren auf sehr hohem Niveau, das bei regem Zuspruch im Amphitheater dargebotene ANTHRAX-Cover 'Caught In a Mosh' sprengt keineswegs die Kragenweite der Jungs. Nach 40 Minuten und ekstatischem Mähne-Schütteln müssen die Jungspunde sich dann auch schon von der Bühne verabschieden, der eröffnende Thrash-Joker sticht auch in diesem Jahr und pegelt die Euphorie für die nachfolgenden Bands auf verdammt hohem Niveau ein.

Setlist: Loaded to the Top, Thrashold, Watch the Skies, Interstellar Overlords, Predator, Decapitron, Caught in a Mosh (ANTHRAX-Cover), Skate Metal Punks

[Nils Macher]

 

ARCHITECTS OF CHAOZ

Generationenwechsel in Gelsenkirchen. Nach den aufstrebenden, jungen Wilden betritt eine Szenenlegende die Bühne. Oder besser befährt, denn Paul Di'Anno hat immer noch mit seinem Knie zu kämpfen und wird auf einem Rollstuhl auf die Bretter gefahren. Absagen wollte der frühere MAIDEN-Fronter die Tour nämlich auf gar keinen Fall. Die Leidenschaft für die Sache kann man Papa Paule während des Auftritts mit seiner "neuen" Band fortwährend anmerken. Die Musiker, die jetzt mit ihm gemeinsam als die ARCHITECTS OF CHAOZ in die Saiten greifen, sind natürlich keine gänzlich Unbekannten, sondern schon lange als THE PHANTOMZ unterwegs. Kein Wunder also, dass die Songs des aktuell erschienenen Debüts "The League of Shadows" präzise runtergezockt werden. Dabei macht das anfängliche Doppel bestehend aus 'Erase the World' und 'Horsemen of Death' fix deutlich, was man hier noch zu erwarten hat. Schließlich kennt das Publikum das Songmaterial größtenteils noch nicht, lässt sich aber nicht lange bitten, die modern-aggressive Adaption so mancher NWOBHM-Blaupausen zu beklatschen und mit wohlwollendem Kopfnicken zu quittieren. Eine livehaftige Enttäuschung wie bei ASHES OF ARES vor zwei Jahren bleibt uns glücklicherweise erspart, denn damals unterbot Matt Barlow sein eigenes Niveau mit neuer Band deutlich.

Paul Di'Anno kann jedenfalls auch ein Rollstuhl nicht daran hindern, heute sein Bestes zu geben und den zahlreich erschienenen Fans die Show zu bieten, auf die sie sich gefreut haben. Seine Stimme hat zwar auch schon bessere Tage gesehen, einen Abbruch tut das der Stimmung vor Ort aber nicht. Und so spielt sich die Band durch das energiegeladene Set, das mit 'How Many Times' und 'When Murder Comes To Town' die beiden geilsten Gassenhauer des Albums zu bieten hat. Und zum Schluss? Na klar, eine MAIDEN-Nummer darf einfach nicht fehlen. Wer gerade noch nicht genug herumgezappelt hat, darf sich bei 'Killers' noch einmal komplett verausgaben und die Band in den verdienten Feierabend schicken.

Setlist: Erase The World, Horsemen Of Death, Architects Of Chaoz, Dead Eyes, How Many Times, When Murder Comes To Town, The Children Of Madness, Killers (IRON MAIDEN-Cover)

[Nils Macher]

 

FLOTSAM & JETSAM

Nachdem im Vorfeld die Epic-Metaller von WHILE HEAVEN WEPT ihren Gig canceln musste, haben die Festival-Verantwortlichen in FLOTSAM & JETSAM einen mehr als gleichwertigen Ersatz gefunden. In der kommenden Dreiviertelstunde präsentieren sich die Arizona-Thrasher von ihrer Sahneseite, halten eine überwiegend gut gemischte Songliste parat und schaffen es, eine beachtliche Menge Flots vor der Bühne zu versammeln. 'No Place For Disgrace' und 'Desecrator' eröffnen den Reigen, es wird gerifft, soliert und mit Erik A.K. hat die Legende einen unglaublich charismatischen Frontmann in ihren Reihen, der auch im fortgeschrittenen Alter noch locker die Töne trifft und halten kann. Nostalgische Gänsehaut kommt auch bei der Lizzie Borden-Thematik 'She Took An Axe', sowie beim “erstes Album, erster Song“ 'Hammerhead' auf, obgleich in Anbetracht der klanglichen Großtaten, die im Laufe des Festivals noch kommen sollten, der Sound durchaus hätte druckvoller ausfallen können.

Doch sei's drum, 'Dreams Of Death' und 'I Live You Die', diesmal ohne Gladiatorenmaske, machen den Old-School-Set-Braten noch zusätzlich schmackhaft und im Publikum werden fleißig Matten geschüttelt. Auch wenn ich es durchaus schade finde, dass solch eine Band wie FLOTSAM & JETSAM nicht einen besseren Slot erwischt hat, machen Erik und seine Mannen das Beste aus ihrer Situation. 'Suffer The Masses' der "Drift"-Lichtblick 'Me' beenden diesen immens coolen Auftritt dann etwas plötzlich und abrupt, zumal es scheint, als hätte FLOTSAM & JETSAM noch etwas im Repertoire. Man kann leider nicht alles haben, erster Daumen hoch für die Verpflichtung dieser Band, zweiter Daumen hoch für die Erfüllung der Aufgabe. Old School As Fuck!

Setlist: No Place For Disgrace, Desecrator, She Took An Axe, Dreams Of Death, Hammerhead, Iron Tears, I Live You Die, Suffer The Masses, Me

[Marcel Rapp]

 

GOD DETHRONED

Hurra, Hurra, die Hessen, die sind da. Zumindest ich freue mich wie Bolle, als wir nach ein paar nervigen Staus und dem Schneckentempo am Kassenhäuschen endlich mit einem Bier bewaffnet unsere Plätze einnehmen und uns schon beim großartigen Thrashgewitter aus Arizona einen passenden Platz für das folgende Todesblei-Inferno ersitzen können. Immerhin haben sich die holländischen Death-Metal-Pioniere von GOD DETHRONED angekündigt. Eigentlich bereits 2012 aufgelöst, reformiert Mastermind Henri Sattler gelegentlich die Seinen zu besonderen Anlässen. Ein solcher Festtag scheint heute gekommen zu sein. Grundsätzlich kann ich diese Hochgeschwindigkeitsfahrten und Blastbeatattacken im melodiefreien Raum nur wohl dosiert und häppchenweise zu mir nehmen. Sie stellen immer wieder eine große Herausforderung für mich dar. Das sehen wohl auch noch mehr Fans so, denn direkt vor der Bühne sind die Reihen löchrig und das weite Rund bleibt ebenfalls unerwartet lange spärlich besetzt.

GOD DETHRONED überrascht jedoch zunächst positiv mit einem glasklaren und brutalen Sound, der mir die Sonnenbrille vom Haupthaar fegt und sogar die eine oder andere auflockernde Gitarrenharmonie freilegt. Das passt und macht Spaß. Musikalisch hat das Quartett ein wahres Best-Of-Set zusammengestellt, bei dem fast jede der zahlreichen Veröffentlichungen berücksichtigt wird. 'Hating Life', 'The Art Of Immolation', 'Nihilism', 'Soul Sweeper', 'Soul Capture', 'Villa Vampiria', 'Sigma Enigma' oder das abschließende 'The Grand Grimoire' zerlegen das Amphitheater schonungslos in seine Einzelteile. Da dürften wenige Wünsche offen geblieben sein. Und wenn das Quartett dann einmal das Tempo herausnimmt und mächtig durch die Gegend groovt, ist das richtig fett und sorgt für reichlich Nackenschmerzen und Pommesgabeln bei den Anwesenden.

Zu Beginn fällt es auch nicht weiter ins Gewicht, dass sich bewegungstechnisch auf der Bühne nicht so viel abspielt und die Performance etwas unterkühlt daherkommt, denn die Abrissbirnen in Verbindung mit dem brachialen Sound verfehlen ihre Wirkung nicht. Doch spätestens nach einer halben Stunde setzen erste Ermüdungserscheinungen ein, die Faszination des Vortrages lässt nach und ich ertappe mich mehrfach dabei, wie mein Blick verstohlen auf die Uhr wandert. Meine Aufmerksamkeitsspanne scheint geringer zu sein als erwartet. Insgesamt ist das einstündige Massaker aber ein guter Wachmacher und ein gutes, weil sehr brutales Konzert, das aber letztendlich ein wenig zu eintönig geraten ist. Und auch das scheint der Großteil des Publikums so zu sehen, denn es gibt zwar wohlwollenden Applaus, der jetzt jedoch nicht wirklich euphorisch ausfällt.

Aber: Ich bin da, bin wach, habe ein Bier und harre voller Vorfreude der Dinge, die da noch kommen mögen.

Setlist: Faithless, Hating Life, The Art Of Immolation, Through Byzantine Hemisphere, Nihilism, Boiling Blood, Swallow The Spikes, Soul Sweeper, No Man's Land, Soul Capture, Villa Vampiria, Sigma Enigma, The Grand Grimoire

[Chris Staubach]

 

PENTAGRAM

Der musikalisch großartig zusammengestellte Freitag geht langsam aber sicher auf sein großes Finale zu, und als vorletzte Band des Tages dürfen wir PENTAGRAM begrüßen, die Doom-Legende um Bobby Liebling, die seit den frühen Siebzigern klassisch schwer rockt, in den Achtzigern einige veritable Genreklassiker veröffentlichte, und die gerade in den letzten Jahren wieder erhöhte Aufmerksamkeit auf sich zog. Dies natürlich nicht zuletzt aufgrund des Dokumentarfilms "Last Days Here" über das, gelinde gesagt, nicht immer einfache Leben von Sänger und Frontmann Bobby Liebling, das in der Szene große Empathie auslöste. So ist die bange Frage vor jedem PENTAGRAM-Gig, und so auch heute: Kann Bobby auftreten, wie gut geht es ihm, ist er stimmlich in Form, und zu guter Letzt: Wen hat er an seiner Seite?

Nun, wir können beruhigt sein, denn der knochendürre Bobby macht vom Betreten der Bühne an einen sehr fitten und agilen Eindruck. Klar, man sieht ihm an, dass er von seiner Krankheit gezeichnet ist, doch seine aktuelle Form ist kein Vergleich zu den Bildern, die wir aus der Dokumentation kennen. Zumindest für den Außenstehenden scheint es, als habe er seine Sucht für den Moment im Griff, und so macht es große Freude, den exzentrischen Bewegungen, den skurrilen Grimassen und den wilden Gesten des geisterhaft wirkenden Sängers zuzuschauen. Ebenso viel Spaß macht es natürlich, seiner Stimme zu lauschen, denn ich sage euch: Bobby ist toll bei Stimme! Auch wenn wir von seinen genuschelten Ansagen kein Wort verstehen, so ist seine Singstimme ein Phänomen: Laut, kräftig, klar vernehmbar hat Bobby auch keinerlei Probleme mit den Texten und den Einsätzen. Er lebt die Songs, und das spürt das Publikum zu jeder Sekunde. Bobby merkt auch sofort, dass er alle Sympathien des Publikums auf seiner Seite hat und so lässt er es sich auch nicht nehmen, mit diversen Ladies im Publikum zu schäkern und zotige Anmerkungen und Gesten zu machen. Eben so, wie man sich einen Rockstar und Schwerenöter der ganz alten Schule so vorstellt.

Ja, Leute, der Bobby ist fit, da bleibt uns nur die Frage nach der Band und der Setlist, und da fällt natürlich als allererstes auf, dass Bobbys langjähriger Weggefährte und Bandkamerad Victor Griffin an der Gitarre abgängig ist und von seinem weitaus jüngeren Kollegen Matt Goldsborough vertreten wird. Über die Gründe erfahren wir nichts, doch zusammen mit Victors Neffen Greg Turley am Bass und Minnesota Pete Campbell am Schlagzeug brennt natürlich auch instrumental nichts an. Die Setlist ist ebenfalls aller Ehren wert, setzt sie doch klare Schwerpunkte auf die Kultalben "Pentagram" und "Be Forewarned", dazu werden weitere Hits wie 'When The Screams Come' vom zweiten Album, sowie mit jeweils zwei Stücken die späteren Alben "Review Your Choices" und "Show 'Em How" gestreift. Dass die ganz frühen Demo- und Single-Hits aus den Siebzigern etwas stiefmütterlich behandelt werden, das mag mancher anwesende Stahlarchäologe etwas bedauerlich finden, doch wenn eine Band ihren Set mit eine Dreifachschlag aus 'Relentless', 'Be Forewarned' und 'Last Days Here' abschließen kann, dann lässt sich zur Not auch das Fehlen von 'Living In A Ram's Head' verschmerzen. In jedem Fall ist PENTAGRAM eine tolle Show gelungen. Wir wünschen Bobby, dass er gesundheitlich noch lange auf dem Damm bleibt und hoffen auf ein bärenstarkes neues Album "Curious Volume" im August!

Setlist: Sign Of The Wolf, Forever My Queen, The Ghoul, Review Your Choices, Starlady, Ask No More, When the Screams Come, All Your Sins, Dying World, Petrified, Relentless, Be Forewarned, Last Days Here

[Rüdiger Stehle]

 

VENOM

Ja, Leute, nun neigt sich der Freitag seinem krönenden Abschluss zu. Nach dem sehr feinen Auftritt des überraschend gut aufgelegten und agilen Bobby Liebling und seiner Mannen ist es an der Zeit, dass es langsam dunkel wird und eine grollende Stimme die mythischen Worte spricht, auf die heute jeder gewartet hat: "Ladies and gentlemen, from the very depth of Hell... VENOM!"

Wie üblich geht der Bandname im Gebrüll der Massen unter, und zur ersten Pyrosalve betritt Zeremonienmeister Cronos im aus den Achtzigern herüber geretteten, bauchfreien, roten Baphomet-T-Shirt-Fetzen, dem er merklich entwachsen ist, und seinen hohen Lederstiefeln die Bühne. Begleitet wird er natürlich von seinen beiden Mitstreitern Danté (Schlagzeug) und Rage (Gitarre), um vor dem altbekannten Teufelskopf und zwei gigantischen Pentagrammen mit 'Rise' in den Set einzusteigen. Dem folgt direkt 'Hammerhead' und erst an dritter Stelle ist mit einem Medley aus 'Bloodlust' und 'Black Flame (Of Satan)' erstmals Klassikeralarm angesagt. Wer zuletzt unseren Bericht vom "Keep It True" gelesen hat, der weiß ja schon, wie wichtig mir diese Band in all ihren Inkarnationen ist, und so bin ich auch hier voller Vorfreude und von einem kommenden Triumphzug überzeugt, der dann auch recht umfassend wahr werden soll.

Zwar sind die Sidekicks des Frontmannes natürlich nicht die charismatischen Musiker, welche die Bruderband mit dem Demolition Man, Mantas und Abaddon an Bord hat, doch dafür macht Cronos höchstselbst natürlich viel wett. Doch an dieser Stelle soll der Vergleiche auch genug sein, denn beide Bands sind einfach toll und ich will keine missen. Davon abgesehen machen Danté und Rage ihre Sache gut und fehlerlos. Vor allem Danté ist am Schlagzeug sehr extrovertiert und dynamisch am Werkeln, während sich auch Rage trotz seines nicht ganz so stilsicheren Outfits mit rasierter Murmel und rotem Kragenhemd sauber schlägt. Zudem setzt die Band hier und heute eben nicht auf Nummer Sicher, nicht auf eine reine Klassikershow, wie es viele Bands bei Festivalauftritten allzu gerne tun, sondern sie steht dazu, dass es nach der klassischen Phase und speziell seit der 1997er-Reunion eben auch etliche weitere starke Scheiben gab, die mit zahlreichen tollen Stücken gespickt sind, auch wenn die nicht jeder kennt und mitsingen kann.

So stammen heute ganze elf der zwanzig Stücke des Programms von Alben, die ab 1997 erschienen sind, was wohl die wenigsten erwartet hätten. Klar, wenn sich an das bärenstarke 'Die Hard' erst einmal der neue Song 'Long Haired Punks' anschließt, bevor eine monströse Version der 1982er-Lebendgrufthymne 'Buried Alive' von einem Großteil des Publikums mit meterdicker Gänsehaut mitgebrüllt wird, dann ist schon spürbar, dass die Euphoriekurve beim neueren Material merklich absinkt, doch welcher Band mit einer solchen Historie geht es da anders? Eben, so gut wie keiner, ganz egal wie groß ihr Name sein mag, und daher muss ich sagen, dass ich es meist sehr genieße, wenn die neueren Scheiben einer Band nicht nur als Kreativitätsalibi dienen, sondern bei den Konzerten eine gleichberechtigte Rolle spielen. Klar, der Gelegenheitsfan hätte vielleicht eine lupenreine Klassikerparade noch mehr gefeiert, aber ich persönlich freue mich über die vorliegende Songauswahl noch mehr, und ich bin mir sicher, dass es vielen so geht, die VENOM über all die Jahre immer verfolgt und begleitet haben.

Vor diesem Hintergrund ist diese Setlist einfach ein nachhaltiges Statement, dass VENOM im Jahre 2015 eben doch keine Band sein will, die sich nur noch selbst covert und allein von der Vergangenheit zehrt. Das Trio präsentiert sich als aktives, kreatives und nach wie vor hungriges Gespann. Denn ganz gleich, ob die Reunion-Hymne 'The Evil One' erklingt, oder direkt danach der Jahrhundertklassiker 'Welcome To Hell': Cronos ist zu jeder Sekunde anzumerken, wie sehr er es genießt, das gut besuchte Amphitheater voll im Griff zu haben, und seine Kompagnons geben alles, um den Zuschauern ein gelungenes Fest zu bieten. Die Zuschauer spüren das und so gibt es im Gegensatz zu manch anderem Freitagsheadliner der Gelsenkirchener Festivalgeschichte deutlich weniger Abwanderer. Ein Hit wie 'Countess Bathory' mit seinem heftigen Flammenwerfer-Einsatz wird von tausenden Leuten mitgegrölt, als gäbe es kein Morgen, und danach kann es sich die Band sogar problemlos leisten, ein ganzes Triple mit Songs vom aktuellen Album "From The Very Depths" abzufeuern, ohne das Publikum zu verlieren, bevor eine herrlich intensive Darbietung von 'Warhead' mit gigantischem Publikumseinsatz das reguläre Set beendet und wirklich alle im Halbrund wieder packt und mitnimmt.

Doch damit ist natürlich noch lange nicht Schluss. Die Briten lassen sich nicht lange bitten und erscheinen zum Kreissägenlärm der Genrehymne 'Black Metal' wieder auf der Bühne, was die Arena natürlich gebührend zum Kochen bringt, bevor auch der in der Frühzeit seltenst gespielte Klassiker 'In League With Satan' für ein angenehmes und äußerst unpeinliches Mitsingspielchen genutzt wird. Dass an dieser Stelle, inmitten all der Klassiker dann sogar noch das Titelstück des vorletzten Albums "Fallen Angels" gewählt wird, zeugt von gehörigem Selbstbewusstsein, das jedoch vom Publikum belohnt wird, denn auch dieser Song kommt super an. Dass darauf noch einer folgen muss, das ist indes allen Anwesenden klar, und so schlägt Cronos ganz gemächlich mehrfach mit der Faust auf seinen Bass, sodass es zwölf einzelne Schläge wie vom Glockenturme herab dröhnen: "Come hear the moon is calling, the witching hour draws near...", der obligatorische Nausschmeißer macht den Deckel drauf auf eine wirklich großartige Show, die einen grandiosen Festivalauftakt beschließt und VENOM in bestechender Form präsentiert.

Davon bitte gerne immer mehr, die Herren!

Setlist: Rise, Hammerhead, Bloodlust/Black Flame Of Satan/Bloodlust, Die Hard, Long Haired Punks, Buried Alive, The Evil One, Welcome To Hell, Antechrist, Countess Bathory, Flight Of The Hydra, The Death Of Rock 'n' Roll, Grinding Teeth, Pedal To The Metal, Warhead, Zugabe: Black Metal, In League With Satan, Fallen Angels, Witching Hour

[Rüdiger Stehle]

Weiter geht es mit dem Samstag...

Redakteur:
Marcel Rapp

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