ROCKFELS 2015 - Loreley

11.08.2015 | 23:40

07.08.2015, Freilichtbühne

Noch ein weiteres Sommerfestival, das sich auch jährlich wiederholen soll. Auf der Loreley steigt in diesem Jahr erstmalig das Rockfels-Open-Air. Powermetal.de war dabei.

Freitag, 7.8.2015

Die Loreley – nach Aussagen der Betreiber die schönste Live-Location der Republik. In diesem Jahr startet dort eine neue Festivalreihe, die jährlich am zweiten Wochenende im August wiederholt werden soll: ROCKFELS. Klingt grundsätzlich gut und da sich das Line-Up auch mehr als sehen lassen kann, nehme ich den langen Weg an den Mittelrhein auf mich und pilgere bei mal wieder tropischen Temperaturen, etwas das sich irgendwie durch die Festivalsaison zieht, denn die Besucher des WITH FULL FORCE und das BANG YOUR HEAD mussten bereits unter tropischer Hitze stöhnen.

Im Auto ist dann auch alles in Ordnung, da regiert die Klimaanlage, aber beim Aussteigen laufe ich wie gegen eine Wand. Na, das kann ja heiter werden. Apropos heiter: Die Ausmaße des zum Parken markierten Areals sind ja unglaublich! Ich kann vorweg nehmen, obwohl ich früh da bin und noch so einige Fans kommen werden, diese Riesenfläche werden sie nicht füllen können. Aber ich bin früh da, um den Bericht in Ruhe vorzubereiten und mich mit dem Gelände vertraut zu machen. Doch muss ich erfahren, dass ich nicht früh genug da bin. Denn es gibt es kurze Probleme mit der Akkreditierung, eine Erfahrung, die man häufig macht. Da gibt es immer wieder Kommunikationsprobleme bei der Übermittlung oder Konsolidierung selbiger. Das Ganze wird aber ruhig und professionell geregelt, dauert halt nur ein bisschen. Inzwischen hat SERIOUS BLACK angefangen, doch hier, neben dem Kassenhäuschen, höre ich davon nur wenig. Apropos Kassenhäuschen: Irgendwie scheint das Prinzip, dass sich jeder anstellen muss, um an einer der beiden Kassen abgefertigt zu werden, nicht optimal zu sein, da die Schlange der Wartenden immer länger wird. Darauf angesprochen wird mir erklärt, dass sich auch die anstellen müssten, die bereits eine Karte haben, um die gegen ein Bändchen zu tauschen. Die Karten würden obendrein noch eingescannt. Okay, aber mal ehrlich, wenn ihr die Dinger einscannen müsst, dann gibt es doch wenigstens Handscanner, die das Ganze deutlich beschleunigen würden. Aber das ist zugegebenerweise der einzige Engpass, den ich an den zwei Tagen ROCKFELS erlebe.

Kurz darauf bekomme ich das Presse-Paket, das wirklich toll zusammengestellt ist. Informationen zu den Bandspielzeiten, Lageplan, Informationsheft, ein Lanyard für den Fotopass und sogar noch ein Regenponcho, den ich zum Glück nicht brauchen würde. Dass die Veranstalter sogar noch mit ein paar Getränkemarken dafür sorgen, dass die Presse hydriert bleibt, ist das berühmte i-Tüpfelchen. Ich bin beeindruckt, und ich habe schon so einige Festivals mitgemacht. Tolles Pressepaket. Ich ziehe den imaginären Hut.

Einen Wermutstropfen gibt es allerdings: SERIOUS BLACK ist beim letzten Song. Sänger Urban Breed, der früher bei TAD MOROSE tätig war, beeindruckt sofort. Im Laufe des Festivals wird die SERIOUS BLACK-T-Shirt-Dichte zunehmen. Ein gutes Zeichen, doch leider kann ich nur sagen, dass mir die Band, die immerhin mit Ex-BLIND GUARDIAN Thomen Stauch und Jetzt-MASTERPLAN, ex-HELLOWEEN Roland Grapow namentlich punkten kann und auch sonst aus erfahrenen Musikern besteht, gut gefallen hat, aber ein Song natürlich zu wenig ist, um ein fundiertes Urteil abgeben zu können. Schade, auf die Jungs bin ich gespannt gewesen, aber es wird ja noch genug Musik geben. Da SERIOUS BLACK im Herbst im Vorprogramm von GAMMA RAY auf Tour gehen wird, werde ich mir die Band eventuell da einmal komplett ansehen und –hören.

Jetzt habe ich die Zeit, mir das Gelände anzusehen. Die Freilichtbühne auf dem Loreley-Felsen ist eine Art Amphitheater, was den Vorteil hat, dass man tatsächlich von nahezu jedem Ort optimal auf die Bühne blicken kann. Auch erfreuen sich alle Bands des Wochenendes eines sehr guten Sounds, was möglicherweise auch an der Location liegt. Rundherum tummeln sich einige Buden für den Getränke- und Speisenverkauf. Der Preis für Getränke ist dabei absolute normal, wobei ich mir bei einer Temperatur von 35 Grad Celsius gewünscht hätte, dass die Preise für Wasser niedriger ausgefallen wären. Auch die Preise für Speisen sind teilweise recht hoch ausgefallen: Burger für 8.50 Euro und ein Steakbrötchen für 6 Euro sind am oberen Rand der festivalüblichen Preisgestaltung. Dafür entdecke ich aber noch einen Biergarten, in dem mehr als drei Dutzend Biertischgarnituren stehen und der sich als wirklich gemütlich erweist.

Doch jetzt mal zurück zur Musik, oder besser: überhaupt erstmal Musik. AXXIS ist gleich die zweite Band des Tages. Nach zwölf Alben ist das auch nicht üblich, immerhin geht die Band im September auf Headlinertour, aber das ROCKFELS Open Air hat ein ungewöhnliches Billing zusammengestellt, in dem die üblichen kleinen Opener nahezu fehlen. Wobei es völlig in Ordnung geht, mit einer namhaften Band Leute auf das Gelände zu locken. Allerdings bleibt da die Frage, ob man nicht auch mit einer anderen Konvention brechen könnte: Warum muss eigentlich jede Band, die später kommt, unbedingt eine längere Spielzeit erhalten? Zu diesem Punkt aber später noch mehr. Jetzt spielt AXXIS erst einmal vor einer doch noch recht spärlichen Kulisse. Routiniert und trotz der Hitze mit viel Elan sind die Deutschen ein Opener, der Spaß macht. Auf Tonträger sind sie mir ja häufig zu kitschig, aber live kann man mit ihnen nichts falsch machen. Ich sagte, dass noch wenige Fans da sind, aber immerhin, die freuen sich über den Auftritt und machen den Umständen entsprechend mit, denn die Bühne liegt im Schatten, das Publikum aber steht tagsüber beständig in der brennenden Sonne. Da hilft auch das ‘Kingdom of The Night‘ nicht, mit dem der sympathische Frontmann Bernhard Weiß und seine Mannen, jetzt mit dem neuen Gitarristen Stefan Weber, den unterhaltsamen Gig beenden.

Nun folgt DRAGONFORCE. Sollte zumindest. Aber irgendwie passiert da nichts. Die Stagecrew ist fertig, alle warten, aber die Band kommt nicht. Beste Fanerklärung aus der Meute vor der Bühne: "Vielleicht haben sie vor, ihre Hochgeschwindigkeitsgranaten heute noch schneller zu spielen und fangen das etwas später an." Ja, genau. Zumindest beinahe. Nach 25 Minuten bekommen wir Aufklärung. Das Mischpult ist ausgefallen. Hatte AXXIS so viel Power? Oder ist vielleicht doch der Glutball am Himmel schuld? Ich möchte auch nicht in dem Soundturm sitzen, der in der prallen Sonne steht und in dem die Soundtechniker sicher ganz langsam gar gekocht werden. Jedenfalls beginnt DRAGONFORCE mit großer Verspätung, was die Veranstalter nur dadurch kompensieren können, indem sie pauschal allen heute spielenden britischen Bands die Sets kürzen. Klingt fies? Nein, ist es nicht, das sind nämlich einfach die nächsten beiden, die unter dem technischen Defekt leiden müssen. Und dann schwurbeln die Herren von der Insel drauflos. Dank der omnipräsenten Keyboards bekommen die Flitzegitarren Halt in den Kompositionen, und auch der Gesang klingt gut. Die Gitarristen posen, überhaupt sind die Jungs sehr agil. Natürlich sind zwanzig Minuten und vier Lieder, wenn ich mich nicht verzählt habe, wenig, aber trotzdem machen die Londoner einen guten Eindruck. Die sehr melodischen Refrains werden nur von einigen Anwesenden mitgesungen, aber ich denke, dass DRAGONFORCE sich mit ihrem wirklich mächtigen Gedudel trotz aller Widrigkeiten auf die Radarschirme einiger Anwesender gespielt haben.

Die bereits erwähnte zweite britische Band sind die RED HOT CHILLI PIPERS, die auf jeden Fall den Originalitätspreis einheimsen. Eine Rockband mit drei Dudelsäcken und drei Blasinstrumenten? Natürlich gibt es zuerst hochgezogene Augenbrauen, aber als die großartig gekleideten Jungs in Mannschaftsstärke die Bühne entern, bleibt kein Auge trocken. Coverversionen von bekannten Metal-Klassikern sind ihre Spezialität, halt durch den Bagpipe-Wolf gedreht. 'Thunderstruck' und 'Gimme All Your Lovin'' werden ver-schotten-rockt. Sehr eindrucksvoll, doch weitgehend ohne Gesang. Ich ertappe mich bei dem typischen Spiel "was ist denn das, das kennt du doch?", aber eigentlich ist das martialisch anmutende Outfit und die einstudierten Bewegungsabläufe zusammen mit zwei hart rockenden Metalmusikern auch so sehr unterhaltsam. Allerdings nutzt sich das nach einer Weile doch ab. Ich mag ja außergewöhnliche Auftritte, Einlagen und Showelemente, aber idealerweise sollten diese auch zeitlich begrenzt sein. Aufgrund des Ausfalls des Mischpultes müssen die RED HOT CHILLI PIPERS ihren Set ebenfalls kürzen, um sechs Stücke, wie ich später sehen werde, was ich aber nicht allzu stark beweine. Nach ihrer halben Stunde haben die Herren nämlich so ziemlich alles gebracht und bleiben mir noch besser in Erinnerung, weil sie eben nicht spielen, bis ich keine Lust mehr habe. Wie ich eingangs schon einmal erwähnte, muss vielleicht auch nicht jede folgende Band länger spielen als die Band davor. In diesem Fall wäre die Ansetzung der PIPERS auf 30 Minuten eine sinnvolle Entscheidung gewesen, die man vorher hätte treffen können. Nun ja, die Technik hat entschieden und den Briten möglicherweise sogar einen Gefallen getan. Ich sehe später so einige Fans mit CDs der Band über das Gelände gehen, denn immerhin sind die Musiker von der Insel eine der wenigen, deren CDs käuflich zu erwerben sind.

Dann geht es in die Vollen. Die drei folgenden Bands haben es in sich, und beginnen dürfen die Dänen PRETTY MAIDS. Ich habe die "hübschen Mädels", die eigentlich durchaus eher in die Kategorie "leicht gealterte Skandinavier" fallen, erst vor drei Wochen auf dem Bang Your Head gesehen, wo sie gehörig abräumten und vom Kollegen Chris sogar zum Festivalsieger gekürt wurden. So weit würde ich an diesem Wochenende zwar nicht gehen, aber PRETTY MAIDS ist ein Garant für großartigen Melodic Metal. Ich stelle fest, dass ich die Dänen vor beinahe 30 Jahren erstmals live erlebt habe. Ach, da wird einem ja nostalgisch ums Herz, zumindest bis die Musiker die Bühne entern. Denn von nun an kracht es! Ja, die Setlist ähnelt dem Bang Your Head, allerdings vermag ich nicht genau zu sagen, wie viele Unterschiede es gibt, da ich anfangs im Fotograben nicht so recht darauf achte. Auf jeden Fall gibt es wieder eine kurze 'Another Brick In The Wall'-Einlage, und ich vermisse 'Lethal Heroes', aber bei einer Stunde Spielzeit ist es unmöglich, alles zu bringen, was die MAIDS draufhaben. Die agile Band post, die Gitarristen rocken, was das Zeug hält und Ron Atkins ist wirklich beachtlich gut bei Stimme. Diesen Set könnte ich auf jedem Festival hören, und das finale Quintett aus 'Yellow Rain, 'Red, Hot & Heavy, 'Little Drops Of Heaven', ’Back To Back und, ' Future World' sorgt für großartige Stimmung. Das Publikum, das leider doch recht spärlich erschienen ist, wird mit einem mitreißendem Gig, agilen Musikern und einer Reihe unsterblicher Songs belohnt, die sogar das Ausharren im noch immer heißen Rund der Freilichtbühne vergessen machen. Im Vorfeld war PRETTY MAIDS mein heimlicher Headliner und nach diesem Auftritt bin ich nass und glücklich. Vier Stunden Anreise? Für meine Lieblingsdänen jederzeit wieder!

Ja, aber es ist noch nicht vorbei. Die Schweiz kontert mit GOTTHARD, deren Hard Rock ich für  so ein Festival auch für sehr geeignet halte. Ich habe die Band noch nie live gesehen, aber die letzten Scheiben haben mir alle sehr gut gefallen, auch wenn ich mit dem Backkatalog der Band nur am Rande vertraut bin. Mal sehen, wie sich die Fünf um den neuen Sänger Nic Maeder schlagen. Denke ich so, und werde gerockt.  Ja, das ist sicher weniger heftig als PRETTY MAIDS, aber die Burschen sind große Entertainer. Und dabei rede ich ausdrücklich nicht nur von Nic Maeder, nein, auch die Saitenfraktion sorgt für berechtigten Applaus. Das Bühnenbild ist auf das aktuelle Album "Bang" abgestimmt, dass das zehnte Nummer 1-Album der Schweizer in Folge in ihrer Heimat darstellt, und beinhaltet riesige "Einschusslöcher" auf den Marshall-Wänden und ein "Straßenkreuzer"-Drumpodest, das ein echter Eyecatcher ist. Zu Beginn kommen einige Songs vom aktuellen Album, die schon mal für Spaß im Publikum sorgen. Die Band ist vom alten Schlag. Da wird auf der Bühne gewitzelt und die alten Posen werden bemüht, es wird mit dem Publikum interagiert und der Bühnenausleger abwechselnd frequentiert. Gitarrensoli, Gesangsposen, Gesangsspielchen mit den Fans, GOTTHARD peppt den guten, aber doch nicht umwerfend originellen Hard Rock mit allem auf, was das Genre hergibt, und bittet sogar Publikum auf die Bühne für eine mehr als sehenswerte Gruppenperformance. Die siebzig Minuten vergehen wie im Flug und ehe ich mich versehe verabschieden sich die Sechs. Nachdem sie mir auf Konserve schon gut munden, muss ich sagen, dass sie live sogar noch besser sind. Empfehlenswert.

Einen haben wir noch: HAMMERFALL. Als die Band 1997 mit ihrem Debüt "Glory To The Brave" auf der Bildfläche Metal-Europas erschien, war ich sehr angetan. Doch schon beim Nachfolger "Legacy Of Kings" war für mich der Lack ab. Aus den originellen, flotten Hymnen wurden austauschbare Hard Rocker mit hohem Kitschfaktor und Dank Ventilator wehenden Haaren. Zwischendurch habe ich es immer wieder probiert, und wurde nur selten enttäuscht, aber auch nie richtig mitgerissen. Was aber erstaunlich ist, ist die Tatsache, dass ich HAMMERFALL bis heute nicht live gesehen habe. Mal sehen, was da so auf mich zukommt. Erwartungsgemäß ist das erstmal ein Brecher, nämlich 'Hector’s Hymn'. Mit einem bemerkenswerten Bühnenaufbau sieht man den Schweden an, dass sie es gewohnt sind, Headliner zu sein. Sicher und eindrucksvoll bewegen sich die Musiker, und die Animationen von Sänger Joacim Cans sind routiniert und effektiv. Überhaupt macht sich der Set, der wild gemischt durch die Diskographie hoppelt, gut. Klar, wenn ich darüber nachdenke, gibt es auf jedem mir bekannten HAMMERFALL-Album ein, zwei Songs, die live richtige Kracher sein dürften. Vielleicht mit Ausnahme von "Infected", das ich nach wie vor für fürchterlich halte. Als 'B.Y.H.' von diesem Album gespielt wird, bestätigt mich das, denn das ist ganz klar der schwächste Track im ganzen Set. Da lobe ich mir Livegranaten wie 'Any Means Necessary' oder sogar 'Blood Bound', selbst 'Let The Hammer Fall' vom zweiten Album "Legacy Of Kings" kommt live mit Druck und Spaß in den Backen rüber. Ich bin weit davon entfernt, zum HAMMERFALL-Jünger zu werden, aber unterhaltsam ist das schon.  Zur Zugabe gehe ich, da ich noch ein wenig zu fahren habe, und wenn ich etwas zu Meckern hätte, dann dass vom Debüt nur die Bandhymne gespielt wurde. Aber eigentlich wäre das nicht fair. Nach so vielen Alben müssen die Jungs Mut zur Lücke haben, und wenn ich mich nicht irre, haben sie von jeder Scheibe mindestens ein Stück gespielt. Hut ab, das nenne ich einen Festival-Set.

[Frank Jaeger]

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Redakteur:
Frank Jaeger

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