Nova Rock 2025: Sonne, Staub und Jahrmarkt - Nickelsdorf

11.07.2025 | 01:34

11.06.2025, Pannonia Fields 2

Vier heiße Tage unter den Windrädern in Ost-Österreich!

Donnerstag

Auf ein Neues. Das Festival beginnt erst um 13:30 Uhr und was uns sofort positiv auffällt, ist das Wetter. Nach dem verregneten und kalten Rock Hard-Festival scheint hier die Sonne. Das ist doch sehr viel angenehmer. Das bedeutet, mit Sonnencreme einschmieren und hinein ins rockige Vergnügen.

Frank: "KITTIE auf Konserve ist eher nicht mein Ding, aber live gehen die Damen ganz schön ab. Das ist fettes Shredding, dazu Growls aus der Tiefe der Kehle, nur gelegentlich wird mal ein bisschen Melodie eingestreut, um die Zuhörer nicht vollständig zu verschrecken."

Katharina: "Die haben ein extravagantes Backdrop mit roten Bäumen wie die Haarfarbe der Sängerin und davor schwebt eine berobte Frau mit vielen, abstehenden Haaren. Ich finde KITTIE live auch besser, leider mit noch wenig Publikum. Das ist das Los der ersten Band des Tages bei jedem Festival."

Chris: "Ich freue mich wirklich, dass KITTIE zurück ist. Das aktuelle Album haut richtig rein und die alten Songs haben über die Jahre auch eine Entwicklung durchgemacht und passen sich sehr gut in den neuen Sound ein. Sehr schade, dass sie schon so früh auftreten müssen – eine von vielen Festlegungen, die ich nicht nachvollziehen kann, wenn ich mir das Billing so ansehe."

Frank: "Nun folgt der erste österreichische Act, von denen wir noch einige werden erleben dürfen. Das unterscheidet das Nova Rock von Rock Am Ring, Rock Im Park oder auch dem Graspop, wo die Headliner auch alle spielen, aber die Alpenrocker können wir nur hier erleben. Den Anfang macht ANNA-SOPHIE."

Katharina: "Gegen KITTIE ist ihre Mischung aus Pop und Rock ziemlich zahm. Ist eigentlich ganz okay."

Frank: "Das Ganze wirkt irgendwie nett und naiv, auch die technischen Probleme werden eher ungelenk überspielt, dafür kann die junge Dame mich mit dem Kim Wilde-Cover 'Cambodia' abholen."

Katharina: "Echt? Ich fand das klasse, einfach den Refrain des letzten Liedes 'Breathe' nochmal ohne Musik zu singen, hat die Zeit gut überbrückt und das Publikum fand es gut."

Frank: "Anna-Sophie hat ja auch Heimspiel. Auf der "Blue Stage" folgt jetzt LØLØ, wie man am Backdrop unschwer erkennen kann. Wieder sind wir im Poprock, professionell dargeboten, aber irgendwie mädchenhaft. Sie hüpft, tanzt, dreht sich, was zum sonnigen Wetter passt, zu dem sie auch passend gekleidet ist. Musikalisch eher wenig sättigend."

Chris: "Hier gibt es also Popmusik Rücken an Rücken. LØLØ gefällt mir da im direkten Vergleich deutlich besser. Sie nutzt auch die Bühne besser und animiert die Zuschauer, während ANNA-SOPHIE da noch Erfahrung vermissen lässt.

LØLØs Auftritt hätte ich dabei fast verpasst, weil sie 10 Minuten früher angefangen hat, als auf dem Zeitplan vermerkt. Ein Fehler, den ich allerdings nicht der jungen Sängerin anlasten will, denn die Spielzeiten sind generell ein großes Ärgernis an diesen Tagen – mehr dazu gibt es später im Fazit. In diesem Fall führt der Frühstart aber immerhin dazu, dass ich es gleich noch zur anderen Bühne schaffe und dort ein paar Bilder knipsen kann."

Katharina: "Die Kanadierin ist noch recht neu im Geschäft, aber in Kanada durchaus schon bekannt, vor allem unter ihrem richtigen Namen Lauren Mandel und ihre POV-Cover bekannter Pop-Hits. Ihre Bühnenshow erinnert eher an das Happy End eines Teenie-Musicals, sie lacht und wirft die Hände hoch und dann müsste die Disney-Abspannmusik folgen."

Katharina kommt erst gegen Ende des Gigs der Dame zur "Blue Stage", zuvor hat sie POLARIS einen Besuch abgestattet.

Katharina: "Endlich mal Core! Die Jungs nutzen den Platz der Bühne aus und schaffen den ersten Pit des Tages gleich zu Beginn des Auftritts. Die Australier sind auch schon in Deutschland sehr bekannt, ihr Auftritt im Backstage in München letztes Jahr war in der größten Halle dort immerhin ausverkauft. Ihr Headbangen und die Screams sind ein starker, willkommener Kontrast zu ANNA-SOPHIE. Es gibt sogar eine Wall Of Death. Das hätte ANNA-SOPHIE mal versuchen sollen!"

Frank: "Wer weiß, vielleicht hätte das sogar geklappt. Festivalcrowds sind ja auch gerne mal verrückt. Ich habe nun aber auch meinen ersten richtigen Rockact vor mir, ich schaue mir nämlich NOTHING MORE an. Ich kenne die Band nicht, die eher esoterische Beschreibung in der Festival-App lässt aber darauf schließen, dass es eher etwas für mich sein dürfte als für Katharina. Bereits nach dem ersten Song bin ich allerdings der Meinung, dass die Texaner Katharina sehr wohl gefallen dürften. Ihre Musik ist Alternative Rock und hat sogar einen leichten Core-Einschlag. So ungewöhnlich finde ich das musikalische Geschehen auf der Bühne nicht, aber die Texte in der Nova-Rock-App sind bei manchen Bands schon sehr obskur. Gleich das zweite Stück 'Angel Song' ist ein echter Hit und Sänger Jonny Hawkins reißt die Menge vor der Bühne mit seiner Aktivität mit. Ich bin relativ weit entfernt und kann nicht erkennen, ob er sich bemalt hat oder ein Tattoo-Artist auf seinem Körper Amok gelaufen ist. Ich hoffe, ersteres. Auf jeden Fall ist er ein guter Frontmann und die Musik macht Spaß. Eine Band für meine Watchlist."

Katharina: "Ich bin bei JINJER, die spielt nämlich genau parallel zu NOTHING MORE. Der Kontrast der tiefen Growls und des klaren Gesangs von Sängerin Tatjana Shmayluk wirft mich etwas aus der Bahn. Insgesamt ist mir der Sound der omnipräsenten Ukrainer, die in den letzten Jahren auf vielen Festivals zu sehen waren, zu hart. Das kann auch Tatjana mit ihrer Performance in dem fancy Rüschenoberteil mit Korsett und wehendem Rock leider nicht retten. Dem Rest der Meute gefällt es aber und die Stimmung ist klasse. Ich gehe aber lieber rüber und höre die letzten Töne von NOTHING MORE. Ja, ich glaube, wir hätten tauschen sollen."

Chris: "Während ihr beiden über eure eigene Version von Freaky Friday sinniert, bin ich bei JINJER mehr als zufriedengestellt. Ich hätte mir zwar NOTHING MORE auch sehr gerne mal live angesehen, vor allem nachdem mir ihr Auftritt eine Woche vorher vom Regen verweigert wurde, aber wenn Tati mit ihren Männern auf der Bühne steht, hab ich Anwesenheitspflicht. Wieder mal ein sehr starker Auftritt der Ukrainer, die nicht müde werden kreuz und quer durch die Welt zu touren und die Fahne für ihr Land hochhalten. Danach brauch ich erstmal eine kurze Pause im Schatten. Da der auf dem Gelände sehr rar ist, heißt das für mich Pressezelt, während Katharina und Frank sich anschauen, ob amerikanischer Glanz vielleicht doch nur Schall und Rauch ist."

Nun stehen wir wieder beide vor der Hauptbühne. Es folgt ein ziemlicher Star, zumindest in den USA, zu einem erstaunlich frühen Zeitpunkt des Tages, nämlich POPPY, wie man am Backdrop auch aus großer Entfernung lesen kann. Wenn man es denn zu entziffern vermag.

Katharina: "Das ist genau, wie ich es mir vorgestellt habe, eine Mischung aus Metalcore und Popmusik mit der Attitüde eines Rap-Acts. Ihre hohe Stimme in Kombination mit elektronischen Sounds, wie beispielsweise in 'V.A.N.', gefällt mir nicht, die Metalausbrüche passen meiner Ansicht nach gar nicht zu ihr."

Frank: "Ja, genau, Schein über Substanz. Ein klares Indiz dafür: Der Gitarrist trägt eine schwarze Skimaske. Ich glaube, das ist genau, was du meinst mit der Rap-Attitüde. Dazu passt auch, dass sie keine Fotografen zulässt."

Katharina: "Ja, in der Fotoliste steht "strictly no photos" mit neun Ausrufezeichen."

Frank: "Da ist wohl jemandem der Erfolg zu Kopf gestiegen."

Wir beschließen daher, von der großen Bühne, vor der sich eine beachtliche Menge amüsiert und POPPY feiert, rüberzugehen zur kleineren "Red Stage", denn dort gibt es handgemachte Musik mit JERRY CANTRELL.

Frank: "Jerry will ich unbedingt sehen. Er ist der Bandleader von ALICE IN CHAINS. Das war ein wenig vor deiner Zeit, das waren die frühen Grunge-Tage der Stadt Seattle, die Band und er sind eine der bekanntesten Bands dieses Stils und dieser Zeit aus Washington State. Er ist schon lange auch als Solokünstler unterwegs und hat gerade ein neues Album am Start namens "I Want Blood"."

Katharina: "Stimmt, ich sehe es, steht ja groß genug hinter der Band. Im Unterschied zu POPPY ist Jerry musikalisch angenehmer, aber deine nostalgische Begeisterung kann ich nicht empfinden."

Frank: "Das ist schon ein einzigartiger Stil, aber ich kann nachvollziehen, wenn man so ohne Vorkenntnisse diesen ungewöhnlichen Sound eher merkwürdig findet. Leider ist der Zuschauerzuspruch eher überschaubar, die sind alle bei POPPY. Auf der Bühne passiert auch nicht allzu viel, nur wenige, kurze Ansagen, abgesehen davon, dass Jerry deutlich macht, das Bungee-Jumping eher nicht sein Ding ist. Er sagt nämlich, ihn brächte niemand dazu, in die Kabine zu steigen, man kann nämlich den Bungee-Kran auf dem Festival-Rummelplatz gut sehen. Ansonsten ist er eher wortkarg und lässt die Lieder sprechen, darunter auch 'Them Bones' und 'Rooster' von seiner Hauptband ALICE IN CHAINS. Auf die Länge des ganzen Auftritts wirkt es ein wenig eintönig, aber die kurzen Lieder, die einfachen, effektiven Riffs und die Tatsache, dass sich mehrere Sänger die Lieder teilen und auch häufig mehrstimmig singen, machen den Auftritt mit seinen hypnotisch-fließenden Grooves für mich schon zu einem Highlight des noch frühen Festivaltages."

Chris: "So sehr ich Jerry und vor allem ALICE IN CHAINS mag, zieht es mich zur Bühne mit den roten Bullen. Denn hier tritt gleich ein Duo auf, welches mir von einer befreundeten Fotografin wärmstens empfohlen wurde – und um diese Zeit ist der Weg übers Gelände ja noch gut ausgeleuchtet und größtenteils frei von Schnapsleichen. HOUSE OF PROTECTION wirbelt dann auch von Anfang an über die Bühne. Wobei das Wirbeln hauptsächlich von Stephen übernommen wird, der beim zweiten Song dann auch mit Mikroständer und Gitarre mitten in den Circlepit geht und neben geilem Sound auch für ein optisches Highlight sorgt. Aric ist durch das Schlagzeug naturgemäß ein bisschen in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt, dies hält ihn aber nicht davon ab, auf seinem Stuhl die eine oder andere Fitnessübung auszuführen.

Wer mal die Chance hat, die beiden ehemaligen FEVER 333 Mitglieder live zu erleben, sollte sich dies auf keinen Fall entgehen lassen. Klare Empfehlung!"

Nach Jerry gehen wir zurück zur Hauptbühne, wo der nächste Auftritt bereits begonnen hat. Mittlerweile ist es Zeit für eine Essenspause, in der wir uns von AWOLNATION beschallen lassen wollen.

Frank: "Ui, jetzt kommen tanzbare Grooves. Der Sänger sieht ungewöhnlich aus, Tuchhose, weißes T-Shirt und Oberhemd. Witzig, er ruft dazu auf, den Crowdsurfer-Rekord zu brechen und dann folgt so ein dezentes Lied. Teilweise ist bei dem Auftritt mehr Action auf der Bühne als davor, aber die Band erntet viel Jubel. Gut, dass zwischendurch auch mal heftigere Stücke gespielt werden. Der Auftritt gewinnt dadurch an Spannung und Dynamik. Das macht live Spaß, ob die im Studio auch so gut sind?"

Katharina: "Der elektronische Indie-Rock ist eine schöne Abwechslung und zu meiner Überraschung kann ich das Lied 'Sail' mitsingen, obwohl ich noch nie von der Band gehört habe. Es scheint auch der Hit der Band zu sein, denn wirklich viele singen den Refrain mit und nach kurzer Recherche finde ich raus, dass der Track für mehrere Filme und als Hintergrundmusik auf Social Media verwendet wurde."

Frank: "Aber nach der halben Spielzeit müssen wir los, parallel spielt APOCALYPTICA, die ich auch schon viele Jahre nicht mehr live gesehen habe. Ich war mal wirklich begeistert von der Band, besonders als sie begannen, zuerst Schlagzeug, dann auch Gesang zu integrieren, also mit dem selbstbetitelten Album. Irgendwie habe ich sie dann aus den Augen verloren. Mal sehen, was die Finnen noch auf die Bretter bringen."

Katharina: "Die Band ist mir auch gut bekannt, so habe ich Lieder wie 'Not Strong Enough' und 'I Don't Care' in meiner Playlist, sowie einige ohne Vocals. Für einen Auftritt auf einem Festival stelle ich mir die Band jedoch unspannend vor, denn wer will Lieder ohne Vocals und mit vier Celli für eine halbe Stunde am Stück hören? Aber wir werden ja sehen."

Frank: "Ich habe ganz vergessen, dass die Jungs eine zweite METALLICA-Coverplatte veröffentlicht haben. Grundsätzlich sorgen ein paar Coverversionen für Stimmung, aber zehn davon am Stück und noch dazu instrumental ist dann doch einfach langweilig, da stimme ich Katharina zu. Drei davon, gut platziert, und den Rest mit Sänger. Das hier wäre meine perfekte Setliste: 'Creeping Death' instrumental, 'Cult', 'I'M Not Jesus', 'Cold Blood', 'Master Of Puppets' instrumental, 'Not Strong Enough', 'S.O.S.', 'Nothing Else Matters' instrumental, 'Path', 'En Vie' und zum Abschluss 'Life Burns'.

Ich würde wetten, dass das ein einzigartiger Triumphzug werden würde. Und Sänger und Sängerinnen sind ja genug vor Ort, da fänden sich sicher ein, zwei, die mit den Herren rocken würden. Vielleicht könnte das ja jemand den Finnen mal stecken, ich glaube, damit wären sie ein heißer Kandidat für Headliner-Slots."

Katharina: "Einige der instrumentalen Wiedergaben von METALLICA-Klassikern erkenne ich, doch ohne Lyrics und Vocals ergibt sich das als äußerst schwere Aufgabe, da ich mit den Liedern nicht aufgewachsen bin. Ein 'Nothing Else Matters', 'Enter Sandmann' und 'Master Of Puppets' erkenne ich dann schon noch, aber beim Rest bleibe ich ratlos."

Frank: "Obendrein finde ich nicht jede Umsetzung der METALLICA-Stücke toll und bei 'St. Anger' höre ich ja im Original schon weg. So bin ich gerne bereit, APOCALYPTICA zu verlassen und zu einer veritablen Rocklegende zu marschieren."

Chris: "APOCALYPTICA hat ja durchaus schon mit einigen Sängerinnen und Sängern zusammengearbeitet und vielleicht wäre das für Festivals vielleicht tatsächlich der way to go. Denn während bei eigenen Shows das Publikum zuverlässig den Gesangspart übernimmt, erscheint mir, dass beim jüngeren Festivalpublikum da auch einfach die Textsicherheit fehlt.

Ich hab sogar die Zeit, mir die Finnen komplett anzusehen, denn während bereits früh am Tag bekannt gemacht wird, dass wir LINKIN PARK nicht shooten dürfen, gibt es auch bei Iggy eine kurzfristige Absage diesbezüglich – da hab ich wohl einfach den falschen Pass...

Den Auftritt von APOCALYPTICA finde ich dann auch durchaus souverän, auch wenn ich verstehe, warum der Funke nie so richtig aufs Publikum überspringt."

Katharina: "Als nächstes steht IGGY POP auf unserer Liste. Als der Sänger mit Begleitung auf die Bühne kommt, denke ich als erstes "Uff ist der alt". Ich habe zwar mit keinem jungen Musiker gerechnet, nachdem mein Dad die kennt, aber ich habe mit etwas mehr Kleidung gerechnet und irgendwas an seiner Bewegung wirkt komisch. Es ist halt rotziger Rock, mal ganz schön, aber nach den vorherigen Bands hätte ich mir etwas Abwechslung gewünscht. Das Lied 'Passenger' finde ich ganz schön und anscheinend ist das auch ein Hit, denn wirklich viele singen mit."

Frank: "Das ist typisch Iggy Pop, ja, der läuft immer so, er hat eine Wirbelsäulenverkrümmung, das hindert ihn aber nicht am Rocken. Das macht er immer noch genau wie früher, der lebt für die Bühne. Er hat heute auch ein echtes Best-Of-Programm drauf, in der ersten Hälfte gleich neben dem von die genannten Superhit noch 'Raw Power', 'Lust For Live' und 'Death Trip'! Wow, kein Wunder, dass die Stimmung kocht."

Katharina: "Jetzt geht es aber zu MOTIONLESS IN WHITE, die will ich sehen. Als wir zur Bühne gehen, hören wir schon die altbekannte Spieluhr erklingen, die ihr erstes Lied einleitet, 'Disguise', bevor ordentlich ins Mikro geschrien wird "Get up, Get up" und das Publikum anfängt zu jubeln."

Frank: "Auf dem letzten Summer Breeze hatte ich die Kapelle noch verpasst, weil ihr mich zu einer anderen Bühne geschickt habt, jetzt will ich sie aber mal sehen. Ziemlich heftig, aber mit melodischen Refrains, das ist schon ganz gut. Ich dachte, die wären brülliger. Die Jungs sehen etwas blass aus, oder?"

Katharina: "Wie gewohnt arbeitet die Band mit schwarz-weiß Kontrasten und da muss auch das Gesicht herhalten. Sogar der Gitarrist Ryan Sitkowski hat seine grünen Haare inzwischen wieder blond gefärbt. Das einzige, was die beiden Farben unterbricht, ist das Licht und die Bildschirme, die anstelle eines Backdrops stehen, und die das Geschehen mal in Rot, mal in Blau tauchen."

Frank: "Huch, ist das ein eigener Song oder eine verunglückte Coverversion? Ich höre "It's my party and I cry if I want to", nein, warte, das ist "It's my party and I die if I want to". Witzige Referenz, gutes Lied."

Katharina: " 'Necessary Evil', das Lied das du meinst, ist ein bereits etwas älterer Klassiker der Band. Später spielen sie noch 'Voices', einer ihrer Hits neben 'Another Life', das sie leider nicht spielen. Dafür wird 'Voices' laut mitgesungen, sei es Refrain oder Strophe, jeder ist textsicher. Dann kündigt Chris Motionless den letzten Song an. Er bedankt sich sichtlich bewegt beim Publikum für die Treue, die Energie, die Verbindung. Und mit den Worten "No matter where we go, I'll always be eternally yours" leitet er in den emotionalen Abschluss über: 'Eternally Yours'."

Frank: "In der Mitte des Sets von MOTIONLESS IN WHITE mache ich Pause, ich möchte mich etwas hinsetzen und etwas essen. Im "My Burgenland"-Zelt komme ich mit einem jungen Rocker, ich schätze ihn mal auf zehn Jahre, und seiner Mutter ins Gespräch, die mir berichten, dass die Rollerdisco tatsächlich bis zum Sonnenaufgang in ziemlicher Lautstärke herumbollert. Die beiden sind etwas mitgenommen von der beinahe schlaflosen Nacht.

Ja, der Rummelplatz ist wirklich seltsam und aufdringlich. Wozu man einen Bacardi-Bau und so eine blaue Wummerdisko auf einem Rockfestival benötigt, erschließt sich mir nicht. Dazu Horror-Haus, Riesenrad, Bungee und besagte Rollerdisco, eine veritable Kirmes. Aber es ist auch ein deutlich geringerer Anteil an Bandshirts zu sehen, viele "witzige" Leibchen und auch gerne mal unifarben. Erzähle mir keiner mehr, Wacken wäre nur noch Party, dagegen ist Wacken das schlagende Herz des Metal, der Partyanteil des Nova Rock ist sehr viel höher.

Ein weiterer Grund für die Pause ist, dass jetzt RISE AGAINST spielt, die ich toll finde, aber noch nie live gesehen habe. Deswegen lasse ich die Bleichgesichter auf der "Red Stage" links liegen und ruhe mich ein bisschen aus, um Kraft zu tanken, denn schon bald geht es los. Die Band aus Chicago hat fünfundsiebzig Minuten Spielzeit, darin kann man sicher sehr viele der im Schnitt recht kurzen Stücke der Jungs unterbringen, mal sehen. Gleich zu Beginn, nachdem man sich mit fetten Pyros eingeführt hat, wird einmal quer durch die Erfolgsalben gerutscht, je einen Song von Alben drei bis sechs, die Zeit von 2004 bis 2011.

Damit kann man aus dem Vollen schöpfen, Hit folgt auf Hit, bis dann mit 'I Want It All' ein Stück von "Ricochet" folgt, dem Album, dass am 15. August 2025 das Licht der Welt erblicken wird. Ich bin optimistisch, dass das auch wieder ein starkes Album werden wird, vor allem weil später auch noch 'Nod' folgt, das so typisch RISE AGAINST ist, wie es nur geht."

Katharina: "Als ich mich auf die Suche nach meinem Dad begebe, muss ich mich durch eine Unmenge an Publikum schlängeln und als ich ihn endlich finde, stehe ich gefühlt näher an der "Red Bull Stage" als am eigentlichen Geschehen. Viele singen laut mit und es fühlt sich ein wenig an wie eine moderne Interpretation von Punk, der auf Akustik trifft. Die Lieder sind weniger hart als auf CD, da der Gesang und die Gitarre im Vordergrund stehen. Die Ansagen zwischen den Liedern beziehen sich stark auf aktuelle Politik."

Frank: "Die Show ist leider etwas statisch, da Sänger Tim McIlrath auch noch Gitarre spielt. Zwischendurch legt er sie einmal weg und läuft über die Bühne, was der Performance gut tut. Ansonsten gibt es aber nichts auszusetzen, der Auftritt ist super. Interessant ist, dass, soweit ich das höre, kein einziger Song der letzten drei Alben, "Black Market", "Wolves" und "Nowhere Generation", gespielt wird. Seltsam, denn diese sind eigentlich auf Augenhöhe mit den Vorgängern. Schlimmer aber finde ich, dass mein Lieblingssong, 'Collapse (Post-America)', fehlt. Aber keiner der vierzehn Songs wäre ein offensichtlicher Kandidat gewesen, um ihn auszutauschen. Ich hoffe, die Burschen werden nach dem nächsten Album wieder auf Tournee kommen. In einem Club oder einer Halle könnte das Erlebnis noch intensiver werden."

Katharina: "Mein Lieblingslied 'Savior' wird zum Glück als krönender Abschluss gespielt."

Chris: "Ich hab mir von RISE AGAINST die ersten drei Songs aus dem Fotograben angehört und mich dann auf den Weg zum Auto gemacht. Auch wenn ich RISE AGAINST sehr mag und IN FLAMES liebe, hat die Tatsache, dass ich aktiv an dem gehindert werde, wofür ich hier bin, mir komplett die Lust an diesem Festival genommen.

Dass das Trinken sich hier nicht nur auf die Zuschauer beschränkt, die im Zelt übernachten, muss ich feststellen, als das torkelnde Pärchen in das Auto neben mir einsteigt, während ich noch die Wanderschuhe gegen bequemere Sneaker wechsele. Ob hier einer der 33 Führerscheine flöten geht, die an diesem Wochenende von der österreichischen Polizei eingezogen werden, glaube ich jedoch nicht – ich entdecke nämlich keine entsprechende Kontrolle. Dass die einzige Straße vom Gelände runter aber auch der Weg ist, den alle gehen müssen, die zu weiter entfernt parkenden Autos müssen, verstärkt meinen Eindruck von der mangelhaften Organisation nur noch.

Euch beiden aber auf jeden Fall noch viel Spaß, ich hoffe, ihr könnt die restlichen Bands noch genießen!"

Frank: "Jetzt aber endlich mal richtigen Metal! Wir gehen rüber zur "Red Stage", um noch die letzten Lieder von IN FLAMES zu schauen, die leider teilweise parallel zu RISE AGAINST spielt. Wir hören noch ein paar Töne eines Liedes, das ich aber beim Gehen und mit verschiedenen Hintergrundgeräuschen, ich sage nur Rummelplatz, nicht erkenne und starten mit 'Only For The Weak' in den Gig. Nice, gleich mal ein alter Klassiker zur Einstimmung, dann folgen zwei neue Stücke. Leider habe ich die beiden letzten Alben der Schweden noch nicht, aber man ist ja wieder härter geworden nach dem Abstecher in alternative-rockigere Gefilde, was man deutlich merkt."

Katharina: "Mir gefiel der Abstecher ja besser. Jetzt sind sie mir schon wieder etwas hart. Gute Zeit, mir einen Snack zu holen."

Frank: "Sänger Anders Fridén ist ganz ordentlich in Form, ich halte ihn eh nicht für den besten Live-Sänger, aber er meistert heute Growls und Klargesang sehr gut, nur finde ich sein Bühnenoutfit in Form eines Kapuzenpullis und einer Baseball-Cap irgendwie unterbekleidet. Seine Ansagen zwischen den Songs geraten auch ein wenig lang, aber ansonsten gibt es nichts zu mosern. Der Sound ist gut und die Band tight, es wechseln die Bühnenelemente und der Aufforderung zum Circle Pit wird natürlich auch nachgekommen. Ich stelle fest, dass ich nicht textsicher bin, ich muss mehr IN FLAMES hören. Aber immerhin beim Rausschmeißer 'Take This Life' bin ich wieder in meinem Element."

Als letzte Band des Tages geht es nun zu LINKIN PARK. Mit dem Strom gehen wir daher zur Bühne zurück und müssen ein ganz schönes Stück entfernt bleiben aufgrund der Menschenmenge. Sobald es dunkel wird, gibt es eine coole Lasershow einmal quer über das Gelände.

Frank: "Das ist dann wohl wirklich ein echter Headliner, fast alle sind vor der "Blue Stage", die meisten werden wohl CRADLE OF FILTH genauso ignorieren wie wir, LINKIN PARK ist einfach die Band der Stunde. Da sieht man mal, wie viele wirklich anwesend sind, denn, ich nehme es vorweg, so voll wird es vor der Hauptbühne an diesem Wochenende nicht wieder sein, LINKIN PARK will wirklich jeder sehen. 

Nach dem neuen Album mit den beiden Hits sind sie auch total angesagt, 'The Emptiness Machine' war lange Nummer 1 in Deutschland genauso wie das Album. Ich denke, es gibt augenblicklich keinen heißeren Rock-Act in Europa. Das ist ja auch einer der Gründe, warum wir das Nova Rock besuchen und nicht Rock Am Ring oder Rock Im Park, die ja insgesamt das größere Line-Up haben und auch einige Bands mehr, die mich interessieren würden. Aber eben kein LINKIN PARK."

Katharina: "Das Intro zieht sich. Auf dem Backdrop, das als Bildschirm dient, blitzt für gut zwei Minuten immer wieder ein einzelner Blitz auf. Erst nach einer weiteren Minute betreten die Musiker langsam die Bühne und beginnen mit 'Somewhere I Belong'."

Frank: "Toller Bühnenaufbau, ich kann von hier gar nicht erkennen, was wirklich dreidimensional ist und was projiziert, es hat etwas Monumentales, da scheinen zwei riesige, kubistische Raumschiffe über der Band zu schweben, eine Anmutung zwischen Speer'schem Beton-Größenwahn und futuristischer Orwell-Ästhetik. Auch die Lichtshow mit Lampen und Lasern ist stark. Nur das Bühnenoutfit von Sängerin Emily Armstrong, ein grauer Hoodie mit einer großen 93 darauf, ist irgendwie wenig aufregend. Und auch unvorteilhaft, denn die Bilder werden von einer auf die andere Seite gespiegelt, sodass sie rechts eine 93 auf der Brust trägt, was links gespiegelt aber seltsam aussieht."

Katharina: "Es fällt sofort auf, dass die Stimme von Emily Armstrong im Mix zu leise ist. Die Instrumente übertönen sie deutlich. Das bessert sich glücklicherweise ein wenig bei 'Crawling', dem dritten Song. Spätestens da hat sich auch das Publikum an den neuen, noch ungewohnten Anblick gewöhnt. Der Refrain wird laut mitgesungen, Emily hält das Mikrofon mehrfach ins Publikum, da dieses lauter singt als sie selbst. Bei 'Two Faced' passt der Mikrofon-Level endlich. Ihre Stimme ist nun gleichauf mit der von Rapper Mike Shinoda. Auch das Publikum merkt den Unterschied. Die Stimmung wird noch besser. Als sechstes Lied folgt dann 'The Emptiness Machine', unser persönliches Highlight. Danach überlegen wir kurz, ob wir ebenfalls mit den vielen anderen Menschen mitgehen sollen, die anscheinend nur für diesen einen Song hier waren. Doch wir bleiben, auch wenn erneut ein langes Intro folgt."

Frank: "Die Zwischenspiele zwischen den Liedern sind mir zu lang, das nimmt die Stimmung zu sehr raus. Außerdem nervt mal wieder der Rummelplatz in den ruhigen Passagen, das Geboller da drüben ist echt die Pest."

Katharina: "Natürlich spielen die Musiker weitere Klassiker wie 'Numb', 'In The End', 'Faint' und 'Papercut'. Die Reihen lichten sich allerdings etwas. Meine Favoriten sind 'Burn It Down' und 'In The End', denn das Lied kommt live mit Emilys Stimme super zur Geltung. Als vorletztes Lied kommt schließlich 'Heavy Is The Crown'. Zu diesem Zeitpunkt sind schon erstaunlich viele Zuschauer gegangen. Beim Weggehen hören wir noch 'Bleed It Out', eine weitere Wucht zum Ende."

Frank: "Es war auch ein langer Festivaltag und auf den Campingplatz ist er möglicherweise noch nicht zu Ende. Für uns aber schon..."

Fotocredits: 
Chris Schantzen "Nova Rock"; JERRY CANTRELL, IN FLAMES, SKILLET, BIFFY CLYRO: Rock im Park 2025
Frank Jaeger: Fotos aus dem Publikum
Norman Wernicke: LINKIN PARK: 16. Juni 2025, Hannover; LORNA SHORE: 6. Juni 2025, Dresden

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Redakteur:
Frank Jaeger

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