Megadeth - Karlsruhe-Durlach

04.07.2007 | 22:42

20.06.2007, Festhalle

Karlsruhe-Durlach, 20.06.2007, 20.00 Uhr. Etwa 1500 Leute sind in der ausverkauften Festhalle aufgeschlagen, um MEGADETH zu sehen. Und sie haben das Komplettpaket gebucht: MEGADETH, SONIC SYNDICATE und kostenlose Sauna. Drei in einem, sozusagen.

Den Anfang machten die Youngster von SONIC SYNDICATE. Die Schweden konnten mit ihrem kürzlich erschienenen zweiten Studioalbum "Only Inhuman" ja einiges an Vorschusslorbeeren einheimsen. So platzierte sich die junge Band mit ihrem neuen Album sogar in den deutschen Media Control Charts. SONIC SYNDICATE kamen in Karlsruhe-Durlach durchaus motiviert rüber. Leider hatte es der Knöpfchendreher nicht so gut mit den Zuhörern gemeint, denn er ließ die Sechssaitigen ordentlich im Hintergrund agieren. Wo waren die fetten Riffs, Freunde?

Die beiden Sänger Roland Johansson und Richard Sjunnesson lieferten sich im Wechsel von cleanem und aggressivem Gesang schöne Wechselspiele. Und so klangen Songs wie 'Aftermath' oder 'Jailbreak' (vom Debütalbum der Schweden) ganz kurzweilig. Bereits beim dritten Song war einer der beiden Mikroakrobaten allerdings schon ein wenig aus der Puste und atmete "Wow, it's fucking hot in here" ins Mikro. Und er hatte Recht. Es war schon ordentlich warm in der Bude. Aber: Schlimmer geht immer, wie der Volksmund sagt. Leider wurde der Gig von SONIC SYNDICATE mit zunehmender Spieldauer dann doch ein wenig langweilig. Die Songs klangen fast alle gleich. Das sahen auch Teile des Publikums so, denn die "Megadeth!"-Rufe wurden zwischendrin immer lauter.

Insgesamt fehlt es SONIC SYNDICATE noch an einem eigenen musikalischen Profil, das sie erst noch entwickeln müssen. Hier eine Prise IN FLAMES, dort ein Fetzen SOILWORK, ein bisschen Keyboard-Kleister und noch ein Schuss CHILDREN OF BODOM - und fertig ist eine massenkompatible Mischung, die insgesamt recht gut ins Ohr geht, aber alles andere als originell ist und auch ein bisschen mehr ballern könnte. Die Live-Performance von SONIC SYNDICATE war trotz dieser Kritikpunkte durchaus ansprechend. Die drei Sjunnesson-Brüder an den Klampfen, ihre Mitstreiter und die hübsche Bassistin der Band, Karin Axelsson, haben sich achtbar geschlagen. Nach etwa vierzig Minuten war Schicht im Schacht, und SONIC SYNDICATE erhielten vom überwiegend jungen Publikum (schätzungsweise die Hälfte der Fans dürfte zwischen fünfzehn und fünfundzwanzig Jahre alt gewesen sein) sowohl Anstandsapplaus als auch vereinzelt ziemlich positive Fanreaktionen.

Setlist:
Aftermath
Denied
Only Inhuman
Flashback
Enclave
Jailbreak
Double Agent 616
Psychic Suicide
Blue Eyed Fiend

Jetzt war die Halle ordentlich vorgeglüht für den Hauptact des Abends. MEGADETH machen sich im Zuge ihres aktuellen Albums "United Abominations" ja durchaus rar bei uns und spielen in Deutschland nur läppische zwei Konzerte. Am Tage zuvor spielte die Band in Hamburg auf. Dave Mustaine und seine Hintermannschaft ließen das inzwischen schon kräftig schwitzende Publikum ganz schön lange warten. Mindestens eine halbe Stunde dauerte die Umbaupause. Doch dann, als die Scheinwerfer angeworfen wurden und Mastermind Dave Mustaine die Bühne betrat, brachen alle Dämme:

Mit dem sehr stark gezockten 'Sleepwalker' und dem famosen "Rust In Peace"-Klassiker 'Take No Prisoners' demonstrierten MEGADETH von Anfang an, dass die Band in dieser Besetzung beängstigend tight klingt und einen wahren 'Tornado Of Souls' (der später noch angestimmt wurde) vom Stapel lässt. Zum Luftholen kam das mächtig laute Publikum zwischen den Songs nicht, denn ohne Pause heizten MEGADETH mit 'Skin O' My Teeth' und dem extrem geil geholzten 'Wake Up Dead' in Karlsruhe-Durlach gehörig ein. Gerade bei 'Wake Up Dead' zog Dave gewaltig vom Leder und spielte wie ein entfesselter Derwisch auf seiner Klampfe. Ein Augen- und Ohrenschmaus! Auch der Sound war recht passabel, und er wurde mit der Zeit noch besser.

Nach dieser opulenten Viererpackung sprach Dave zum Publikum und klang dabei zwischendrin knurrend und gleichzeitig entspannt. Irgendein Vollspacko hielt es für notwendig, dem Rotschopf den ausgestreckten Mittelfinger entgegenzurecken. Dave ging sogleich darauf ein, ließ sich jedoch nicht von diesem Kerl provozieren und machte sich im Gegenzug in ironischer Weise über ihn lustig. Als dann der vielleicht größte Kracher des neuen Studioalbums, 'Washington Is Next', unglaublich intensiv und mit messerscharfem Riffing ins Publikum geblasen wurde, war der Schreiberling dieser Zeilen völlig außer Rand und Band. Hammer! Glen Drover harmoniert prächtig mit Dave und ließ ebenfalls wahre Riffgewitter vom Stapel. Und mit 'Hangar 18' und dem groovebetonten 'Gears Of War' folgten weitere Volltreffer. Bei 'Peace Sells' erreichte die fulminante Show einen neuen Höhepunkt. Die Halle kochte! Im wahrsten Sinne des Wortes. Ein Blick auf die um mich herumstehenden Leute offenbarte ein Bild, als stünden die Leute in voller Montur in einem Dampfbad oder einer Sauna. Überall rinnende Schweißperlen und trotz des mittlerweile erst eine Stunde dauernden Konzerts recht abgekämpft wirkende Konzertbesucher. Alles triefte und selbst das Kondenswasser tropfte mittlerweile von der etwa zehn Meter hohen (!) Decke. Ob Dave Mustaine deshalb seine Verweilpausen zwischen den Songs so kurz hielt? Um dieser Hitze zu entrinnen? Denn trotz der Ventilatoren auf der Bühne dürfte es dank der Scheinwerfer dort ähnlich heiß wie im Publikum gewesen sein.

Mit 'Never Walk Alone (A Call To Arms)' folgte eine neue Nummer, die man sich jedoch hätte sparen können. Denn so gut ist dieser Track beileibe nicht. Stattdessen hätte die Band doch 'A Tout Le Monde (Set Me Free)' intonieren können. Und mit 'The Four Horsemen', das in der MEGADETH–Version 'Mechanix' heißt, hehe, hätte ich mir nur allzu gerne meine Lauschlappen durchpusten lassen. Aber diese Tracks wurden leider nicht gezockt. Obwohl 'Mechanix' übrigens auf der geplanten Setlist stand. Schade.

Nach geschätzten zwei Litern Flüssigkeitsverlust in diesem ordentlich aufgeheizten Hexenkessel zog es mich ins Foyer der Halle. Raus aus dieser Hitze! So wie viele Fans, die mit triefend nassen Klamotten das Weite suchten. Die Festhalle Karlsruhe-Durlach scheint für Metal-Konzerte im Sommer einfach gänzlich ungeeignet zu sein. Solch abnormale Temperaturen habe ich noch nie in einer Halle erlebt. Das frenetisch eingeforderte 'Symphony Of Destruction' genoss ich bei einer kühlen Apfelschorle im Foyer der Festhalle und moshte mit, so gut es eben ging.

Nun sollte vielleicht DER Klassiker von MEGADETH folgen: 'Holy Wars ... The Punishment Due'. Ich näherte mich dem Eingangsbereich. Doch der Hitzeschwall ließ mich zurückweichen. Spielerisch noch einmal eine saugeile Vorstellung, die ich aus erwähnten Gründen etwas aus der Ferne genoss. Nach 'Holy Wars' verließen MEGADETH dann auch schon die Bühne. Nach läppischen 75 oder maximal 80 Minuten! Frechheit! Schweinerei! Das würde ich im Normalfall lauthals brüllen, wenn die Hauptband des Abends nach einer etwa 35 bis 40 Minuten aufspielenden Vorband nach nur unwesentlich mehr als einer Stunde die Bühne verlassen würde. Aber angesichts der abnormalen Temperaturen ging das für mich in Ordnung.

Setlist:
Sleepwalker
Take No Prisoners
Skin O' My Teeth
Wake Up Dead
Set The World Afire
Washington Is Next
Hangar 18
In My Darkest Hour
Kick The Chair
Gears Of War
She-Wolf
Tornado Of Souls
Peace Sells
Never Walk Alone (A Call To Arms)
Symphony Of Destruction
Holy Wars ... The Punisment Due


Zurück bleibt die Erinnerung an ein spielerisch hervorragendes MEGADETH-Konzert mit klasse Setlist und hammermäßiger Stimmung. Es mag jetzt etwas überzogen klingen, aber betet oder drückt wenigstens die Daumen, dass die Erkrankung von Dave mit Namen "Stenosis" (die zu einer Taubheit in seinem linken Arm führt) geheilt werden kann, damit er auch weiterhin mit MEGADETH tadellose Alben wie das aktuelle "United Abominations" veröffentlicht und weiter auf deutschen Bühnen solch hammermäßige Konzerte spielt!

Zum Schluss noch ein "heißer" Tipp von meiner Seite: Geht nie auf ein Metalkonzert im Sommer, das in der Festhalle in Karlsruhe-Durlach stattfindet. 'Nuff said!

Redakteur:
Martin Loga

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