LINKIN PARK, ARCHITECTS und GRANDSON - Hannover
18.06.2025 | 12:2916.06.2025, Heinz-Heiden-Arena
Welcome back!
Eine der größten Überraschungen des letzten Jahres, war sicherlich die Reunion von einer Band des Nu-Metal, welche diesen wie vielleicht keine andere geprägt hat. Die Rede ist natürlich von den US-Amerikanern LINKIN PARK, die sich nach sieben Jahren in neuer Formation zusammengetan haben. Der Tod von Frontmann Chester Bennington verursachte nicht nur einen Schock in der Musikindustrie, sondern schien auch das endgültige Ende der Band zu besiegeln. Viele Jahre später hat sich Songwriter und Gründungsmitglied Shinoda wieder mit ehemaligen Bandkollegen getroffen und verschiedene Musiker ins Studio eingeladen, um der damaligen Kreativität neuen Raum zu geben. Besonders bei Emily Armstrong, ehemals DEAD SARA, stimmte die Chemie und so kam es, dass LINKIN PARK wieder in voller Besetzung antreten kann.
Mit diesem Outing hat die Band nicht nur erneut für Schlagzeilen gesorgt, sondern auch Frontfrau Emily auf die erste Probe gestellt. Diese musste teils schon im Vorfeld heftige Kritik einstecken und hat gewiss keinen leichten Start gehabt. Das neue Album "From Zero" und viele alte Songs der ersten Ära im Gepäck, geht es nun mit ARCHITECTS und GRANDSON nach Hannover und ich bin gespannt, ob sich die "Helden der Jugend" bei mir wieder ins Herz spielen können.
Dass dieser Abend in Hannover mehr ist als nur ein nostalgischer Rückblick, zeigt sich bereits früh. Die Heinz-von-Heiden-Arena ist bis auf den letzten Platz ausverkauft, über 40.000 Fans haben sich versammelt und die niedersächsische Landeshauptstadt ächzt unter dem Gewicht gleich mehrerer Großveranstaltungen. Verkehrschaos und volle Parkhäuser hin oder her: Die Vorfreude ist greifbar.
Den Auftakt des heutigen Konzertabends übernimmt GRANDSON, von dem ich leider nur noch den letzten Song 'Blood // Water' zu sehen bekomme. Aber dieser reicht schon aus, um einen durchweg positiven Eindruck bei mir zu hinterlassen, denn live ist seine Performance wesentlich stärker, als es die Vorabrecherche vermuten lässt. Mit einer explosiven Mischung aus Alternative Rock, modernem Rap und elektronischen Einflüssen sorgt er für einen fulminanten Start in den Abend.
Das Publikum reagiert begeistert auf die wuchtigen Beats, und die rohe Bühnenpräsenz des Sängers. GRANDSON versteht es, die, bereits gut gefüllte, Arena auf Touren zu bringen. Seine Energie reflektiert sich deutlich von der Bühne auf die Menge. Die Besucher feiern, als hätten sie nur auf genau diesen Kickstart gewartet. GRANDSON gelingt es eine Verbindung aufzubauen, die über das bloße Anheizen hinausgeht. Ein Auftakt, der nicht nur Stimmung macht, sondern das Publikum perfekt auf das vorbereitet, was noch folgen soll.Den zweiten Slot des Abends besetzen die britischen ARCHITECTS – und liefern damit eine stilistische Punktlandung auf dem Weg zum Headliner. Mit ihrem düsteren, druckvollen Alternative-Metal bringen sie eine andere Klangfarbe in den Abend, die sich nahtlos ins Line-up einfügt. Schon mit den ersten Takten wird klar: Diese Band ist gekommen, um die Arena in Bewegung zu setzen. Das Quartett zeigt sich auf der Bühne äußerst dynamisch, sucht immer wieder den direkten Kontakt zum Publikum - mit Erfolg. Selbst die letzten verhaltenen Zuschauer beginnen sich zu bewegen und lassen sich auf das Spektakel ein.
Musikalisch setzt ARCHITECTS im Vergleich zum eher experimentellen Opener GRANDSON auf deutlich härtere Gangarten. Schwere Riffs, treibende Drums und ein Wechselspiel aus Shouts und melodischen Passagen formen ihren Sound. Gerade beim Song 'Doomsday' funktioniert dieses Konzept hervorragend. Parallel dazu entfaltet sich auch allmählich die visuelle Inszenierung der Show. Die Lichttechnik fährt langsam aber spürbar hoch und gibt einen Vorgeschmack auf das, was an diesem Abend noch folgen soll. Die Bühne beginnt zu leben, der Spannungsbogen steigt. ARCHITECTS liefert nicht nur musikalisch ab, sondern heizt die Arena mit Präzision und Druck weiter an, der perfekte Übergang zum großen Finale.Höchste Zeit mit der Gruppe zum Fotograben zu gehen und noch einmal die Atmosphäre der Arena aufzunehmen, bevor ich in meinem Tunnel bin. Dieser ist mittlerweile deutlich spürbar und vereint eine Mischung aus Euphorie und erfürchtigem Innehalten. Die berühmte Stecknadel kann man zwar nicht fallen hören aber hier scheint ein Feuerwerk von Emotionen nur darauf zu warten frei gelassen zu werden.
Der Countdown läuft auf den Leinwänden gegen Null und es scheint die Menge, während des Intros, zu zerreißen. Mit den ersten Tönen von 'Somewhere I Belong' beginnt die Show, auf die alle gewartet haben. Welcome Back LINKIN PARK! Der Track läuft, wie erwartet, super durch und katapultiert Hannover in eine beinahe vergessene Ära zurück. Man fragt sich, wie das noch zu toppen wäre und bekommt im direkten Anschluss darauf die Antwort, in Form von 'Crawling'.
Wenn sich über 40.000 Menschen zu einer Stimme vereinen um den Refrain dieses Tracks in den Himmel zu schreien, dann kann selbst ich, als amtlicher Melo-Death-Metal-Enthusiast, nicht leugnen eine Gänsehaut bekommen zu haben. Das war wirklich unbeschreiblich und wird in Erinnerung bleiben. Mit 'New Divide' kommt ein weiteres Stück aus der früheren Zeit und nimmt wieder etwas Tempo raus, um ein Durchatmen zu ermöglichen. Frontfrau Emily scheint jedoch noch nicht richtig warm zu sein und agiert recht verhalten. Hier ist Mike Shinoda schon wesentlich präsenter. Mit 'The Emptiness Machine' wendet sich das Blatt und Frau Armstrong ist endlich da. Mit dem neuen Stück fühlt sie sich deutlich wohler und schafft es Energie aufzubauen.
Die Zahnräder der Show greifen jetzt ineinander und LINKIN PARK spielt souverän das Set ab. Besonders sticht dabei nochmal 'Up From The Bottom' hervor, da hier Dynamik und Groove perfekt zusammenspielen und der Song grandios auf der Bühne funktioniert. Das Shinoda die Menge sehr vermisst hat, teilt er Hannover nicht nur mit, sondern geht auf diese zu und unterzeichnet in der Pause gern das eine oder andere Fanplakat. Auch die liebe Paula dürfte ihre Vitrine zu Hause nun umgestaltet haben, da sie von ihm sein Basecap geschenkt bekommen hat. Mit insgesamt neunzehn Circlepits geht es bei 'Two Faced' nochmal in die Vollen und die Landeshauptstadt dreht völlig durch.
An Hitdichte mangelt es nicht, denn ein Highlight folgt dem vorherigen, sei es 'One Step Closer', 'Numb', 'In The End' oder 'Faint' - die Stimmbänder der Gäste werden heute stark beansprucht. Für mich geht es zum letzten Spielblock nochmal in den Fotograben, da heute auch dieser nochmal abgelichtet werden darf. Diese Chance lasse ich mir natürlich nicht entgehen und verabschiede letztendlich die Band nach 'Heavy Is The Crown' und 'Bleed It Out' inmitten der Arena.
Was für ein Abend, mit einigen Überraschungen und bleibenden Eindrücken. Angefangen mit GRANDSON, der hier einen super Job gemacht hat, über ARCHITECTS, mit einem ordentlichen Tritt aufs Gaspedal und dem Headliner LINKIN PARK, welcher nicht nur eine kleine Zeitreise ermöglicht hat, sondern auch wieder im Hier und Jetzt angekommen ist. Mastermind Shinoda hat gezeigt, wie sehr er sich nach der langen Zeit wieder auf die Bühne freut und seiner Energie endlich freien Lauf lassen kann. Frontfrau Emily scheint bei den älteren Songs immer noch etwas verhalten zu sein und agiert in diesen souveräner, wenn Mike unterstützt, um eine Doppelspitze zu bilden. Ja, die Krone, die sie trägt, ist schwer, aber um gänzlich von unten nach oben zu steigen, bedarf es nur etwas mehr Mut. Sie kann in diese großen Fußstapfen treten, denn das hat sie heute Abend durchaus bewiesen.
Setliste: Somewhere I Belong; Lying From You; Crawling; New Divide; The Emptiness Machine; The Catalyst; Burn It Down; Up From The Bottom; Where'd You Go; Waiting For The End; Castle Of Glass; Two Faced; When They Come For Me; Casualty; One Step Closer; Lost; Over Each Other; What I've Done; Overflow; Numb; In The End; Faint; Papercut; Let You Fade; Heavy Is the Crown; Bleed It Out
Text und Fotocredit: Norman Wernicke
- Redakteur:
- Norman Wernicke