LINKIN PARK - Düsseldorf
02.07.2025 | 18:0601.07.2025, Merkur-Spiel-Arena
Die Nu-Metal-Könige sind zurück auf dem Thron!
Nachdem mein Kollege Norman Wernicke bereits sehr objektiv und mit tollen Bildern versehen für euch vom LINKIN PARK-Konzert in Hannover berichtet hat, möchte ich euch an dieser Stelle meine Eindrücke zum Konzert in Düsseldorf näherbringen, auch wenn diese deutlich subjektiver gefärbt und gesehen durch die Fanbrille daherkommen. Als Fan der Amerikaner bin ich nämlich schon seit der Veröffentlichung der Single 'Crawling' dabei, die damals erst mein Interesse weckte, aus dem dann durch das Album "Hybrid Theory" komplette Begeisterung wurde. So schleppte ich dann auch im Jahr 2001 mit dreizehn Jahren meinen zugeben eher unwilligen Vater als Begleitung mit auf das ausverkaufte Konzert im Kölner Palladium, bei dem die Nu-Metaller noch auf drei Supports zurückgreifen mussten, um ein abendfüllendes Programm bieten zu können. 24 Jahre später sitze ich gemeinsam mit meiner Frau und meiner beinahe sechsjährigen Tochter, die seit dem Release von "The Emptiness Machine" komplett verrückt nach der Band ist, in der Düsseldorfer Merkur-Spiel-Arena, um mir den hiesigen Stop der "From Zero"-Tour anzuschauen. Da kommt man dann selbst als eher nüchtern ausgelegter Mensch nicht drumherum, etwas emotional zu werden.
Mit einer Bewertung der beiden Supports JPEGMAFIA und ARCHITECTS kann ich vorweg allerdings nicht dienen, denn dank tropischer Temperaturen jenseits von 35°C und des sowieso schon langen Abends für den Nachwuchs, reisen wir erst so an, dass wir pünktlich zum Headliner in die Arena kommen. Es bleibt gerade noch genügend Zeit, die Frischwasservorräte aufzufüllen und schnell noch eine Packung des speziell für die Tour gemixten Haribo-Sortiments einzutüten, bevor auf den gigantischen Leinwänden auf beiden Seiten der Bühne bereits der zehnminütige Countdown beginnt, der den baldigen Start des LINKIN PARK-Sets ankündigt. Könnten sich bitte mehr Bands diese Praxis angewöhnen? Denn dank der Vorwarnung bleibt der Sturm der verspäteten Konzertbesuche aus, die sich noch während der ersten beiden Songs an einem vorbei zu ihren Plätzen schieben und damit irgendwie die Luft aus diesem magischen Moment nehmen. Heute sieht die Sache glücklicherweise anders aus, denn alle sind schon bereit und mit kühlem Getränkt bewaffnet an ihrem Platz, als drei Minuten vor dem Ende des Countdowns 'All We Are' von DORO aus den Boxen schmettert. In jeder Stadt machen es sich Mike Shinoda und Co. ja zur Aufgabe, einen lokalen Song zu finden, der das Publikum etwas vorwärmt. Die Metal Queen ist da natürlich die logische Wahl für den heutigen Abend.Als dann pünktlich um 20:50 Uhr das Licht im Stadion erlischt und das Intro beginnt, schleicht sich mir dann auch eine leichte Gänsehaut auf den Nacken. So etwas ist mir bei einem Konzert lange nicht passiert, aber die eröffnenden Töne des "Meteora"-Krachers 'Somewhere I Belong' lassen mich erst so richtig die Tatsache realisieren, dass eine meiner absoluten Lieblingsbands nach dem zu frühen Ablenben des legendären Fronters Chester Bennington doch wirklich zurück ist. Klar habe ich "From Zero" gefeiert und sicher bereits jenseits der 200er-Marke auf meinem Plattenteller gehabt, doch leibhaftig zu hören, wie sich das Sextett durch eine triumphale Eröffnung mit dem bereits erwähnten Opener, 'Cut The Bridge' und 'Crawling' wuchtet, macht den Fakt erst so richtig greifbar. Und das Stadion? Das kocht nicht nur dank der noch immer katastrophal heißen Temperaturen, sondern frisst den Amerikanern sofort aus der Hand. Angesichts der Komplettierung des ersten Aktes der Show durch 'New Divide' und die eingangs erwähnte Hit-Single 'The Emptiness Machine', bei der gerade Emily ihre ganze Klasse zeigen kann, ist das aber auch kein Wunder, denn so viele Klassiker, wie sie die Nu-Metaller hier schon verbraten, bringen manche Bands in ihrer gesamten Karriere nicht zustande.
Da kommt die kleine Verschnaufpause in Form des elektronisch geprägten Mittelteils der Show sehr gelegen. War ich bei Erscheinen definitiv kein Fan von "A Thousand Suns" oder "Living Things", hat sich diese Einstellung inzwischen komplett gedreht und so genieße ich den Abstecher in diese Karriere-Phase heute Abend sehr, auch weil die Songs im Live-Gewand etwas rockiger daherkommen und Emily hier für meine Ohren einen besonders guten Job macht. Höhepunkt bleibt für mich dabei 'Waiting For The End', aber auch 'The Catalyst' und 'Burn It Down' bringen das Düsseldorfer Stadio mächtig ins Beben. Unterbrochen wird der Reigen der Elektro-Ära-Songs nur von der aktuellen Single 'Up From The Bottom', die live eine hervorragende Figur macht und hoffentlich noch lange ein Fixpunkt im Set bleiben wird.
Gleiches gilt für das folgende 'Two Faced', bei dem sich tatsächlich direkt mehrere Circe-Pits bilden und auch auf den Rängen fleißig gesprungen wird. Ebenfalls demonstriert der Song eindrucksvoll, wie viel Spaß das neue Line-Up um Colin Brittain und Emily Armstrong am Comeback hat. Dabei machen die Amerikaner auch vor ein bisschen Selbstparodie nicht halt. Aufgegriffen wird hier heute ein Texthaspler von Emily, bei dem sie "toothpast caught in a Lidl" sang, was natürlich prompt zum Meme wurde und im Internet seine Kreise drehte. Und so singt Emily 'Two Faced' heute eben im rot-gelb-blauen Trainingsanzug, auf dem groß und breit das Logo der Lidl-Supermarktkette prangt. So geht Selbstironie!
In der Setliste folgt anschließend das Solo von DJ Joe Hahn und Mikes FORT MINOR-Einlage, bevor 'Given Up' und eine grandiose Langfassung von 'One Step Closer' diesen Abschnitt der Show beenden. Danach wird es dann erst einmal etwas ruhiger, denn mit einer Hybridversion von 'Lost, bei der Emily und Mike am Piano und Gesang die erste Strophe spielen und erst danach Unterstützung von der gesamten Band erhalten, servieren die Amerikaner meinen Höhepunkt des Abends. Einfach großartig wie Emily die Nummer interpretiert! Auch 'Good Things Go' ist danach eine mehr als willkommene Überraschung, hatte ich doch nicht unbedingt erwartet, meinen persönlichen Geheimfavoriten von "From Zero" heute zu hören. Anschließend ist aber erst einmal Schluss mit ruhig, denn mit 'What I've Done', 'Numb' und 'In The End' gibt es danach noch einmal ein wahres Hit-Feuerwerk, bei dem es die mehr als 60.000 Zuhörer und Zuhörerinnen teilweise sogar schaffen, die Band zu übertönen. 'Faint' beendet schlussendlich das reguläre Set mit einem flotten Volltreffer, wobei ich hier noch einmal ganz besonders Emilys aggressive Herangehensweise an die Nummer loben möchte, die mir fast sogar besser gefällt als die Live-Versionen mit Chester.
Schluss ist damit natürlich noch nicht, denn auch wenn die Temperaturen inzwischen sichtbare Spuren bei vielen Zuhörenden hinterlassen haben, will niemand ohne Zugabe nach Hause gehen. Gänzlich ist die Hitze übrigens auch an Mike nicht vorbeigegangen, denn nachdem er bereits seinen normalerweise vorbereiteten Zettel mit ein paar Sätzen in der Landessprache vergessen hatte, bedankt er sich vor der Zugabe auch noch fälschlicherweise beim Support SPIRITBOX, der heute garnicht Teil der Tour war, sondern bei der letzten Show in London mit von der Partie war. Mike nimmt es aber natürlich mit Humor und so heizt LINKIN PARK die Stimmung mit 'Papercuts', dem live überraschend tollen 'Let You Fade' und dem Kracher 'Heavy Is The Crown' noch einmal ordentlich an, bevor beim abschließenden 'Bleed It Out' wirklich niemand im Stadion mehr stillsitzen kann. So endet nach über zwei Stunden ein absolut großartiges Konzert, das eindrucksvoll beweist, dass LINKIN PARK nicht nur zurück ist, sondern problemlos mit der Klasse der ersten Phase der Band mithalten kann.
Setliste LINKIN PARK: Somewhere I Belong; Cut The Bridge; Crawling; New Divide; The Emptiness Machine; The Catalyst; Burn It Down; Up From The Bottom; Where'd You Go; Waiting For The End; Castle Of Glass; Two Faced; Joe Hahn Solo; When They Come For Me / Remember The Name (FORT MINOR-Medley), Given Up, One Step Closer; Lost; Good Things Go; What I've Done; Overflow; Numb; In The End; Faint Zugaben: Papercut; Let You Fade; Heavy Is The Crown; Bleed It OutWährend ich dann mit Frau und glücklichem Nachwuchs durch den endlich abkühlenden Abend zurück zum Auto wandere, komme ich doch nicht umhin, ein leicht anderes Fazit zu ziehen als Kollege Wernicke. Wo Norman nämlich das Gefühl hatte, Emily wirke souveräner bei den Klassikern, wenn Mike sie unterstützt, hatte ich heute Abend den Eindruck, dass Emily und auch Collin dank der laufenden Tour endgültig im LINKIN PARK-Universum angekommen sind.
Auch wenn ich es nicht gerne zugebe, habe ich Chester heute Abend doch weniger vermisst, als ich erwartet hätte. Das liegt primär daran, dass Emily einen hervorragenden Job macht und auch die alten Tracks des Katalogs überzeugend rüberbringen kann. Ja, während Chester angetrieben von Schmerz und Leid gesungen hat, das man als Zuhörender durchweg spüren konnte, ist Frau Armstrong deutlich aggressiver unterwegs, womit sie bei mir aber genau den richtigen Nerv trifft. So freue ich mich auch schon sehr auf alles, was die Zukunft für die Amerikaner bringen wird und hoffe inständig, dass dieses tolle Konzerterlebnis auch in Form eines Livealbums für die Nachwelt konserviert wird.
Da ich selbst als zahlender Gast auf dem Konzert war und keine Akkreditierung hatte, habe ich für die visuelle Aufbereitung auf Norman Wernickes Bilder aus Hannover zurückgegriffen.
- Redakteur:
- Tobias Dahs