IRON MAIDEN - Berlin

28.06.2013 | 22:47

18.06.2013, o2 World

Die Eisernen Jungfrauen kommen mit ihrem legendären "Maiden England"-Set nach Berlin. Das darf man sich nicht entgehen lassen.

Berlin in Aufregung. An einem Tag kommen PORTISHEAD (na gut, für unsere Leserschaft vielleicht nicht so wahnsinning interessant), BON JOVI (schon eher), Barack Obama (wahrscheinlich wegen BON JOVI) und IRON MAIDEN in die Stadt. Für den gestandenen Metaller ist die Auswahl also leicht. Zumal die eisernen Jungfrauen mit dem legendären "Maiden England" von der "Seventh Son Of A Seventh Son"-Tour in der O2 World (irgendeinen Haken muss es ja geben) halt machen.

Dass bei sommerlicher Hitze die Halle beim Support VOODOO SIX schon mehr als ordentlich gefüllt ist, draußen aber noch tausende Metaller stehen, die lieber noch die Sonne, ein Bier und eine Zigarette genießen, macht schnell deutlich, dass die zweitgrößte Konzerthalle Deutschlands sehr, sehr gut gefüllt ist. Ein "Sold Out"-Schild kann zwar nicht ausgehangen werden, aber wirklich frei sind nur die Ränge, von denen man schlecht sieht.

Musikalisch passt der schwitzige, schwere Heavy Rock von VOODOO SIX nicht wirklich zu IRON MAIDEN, aber es ist ja bekannt, dass Steve Harris gerne etwas für die Familie tut und so ist es nicht verwunderlich, dass auch hier Familienbande mit im Spiel ist. Macht aber nix, denn das Quintett macht sich auf der großen O2-Bühne richtig gut. Man rockt sich etwa eine halbe Stunde und ein halbes Dutzend Songs lang den Allerwertesten ab und schafft es ein paar eingängige Hymnen in den Gehörgängen des Publikums zu platzieren. Es wird sogar auf Aufforderung in den vorderen Reihen mitgeklatscht. Da sind Vorbands bei IRON MAIDEN schon schlechter angekommen, von daher hat VOODOO SIX diesen Slot im Vorprogramm einer der größten Metalbands der Welt auch verdient.

Pünktlich um 20.45 ertönen dann die ersten Takte des UFO-Klassikers 'Doctor Doctor', mit dem Bruce Dickinson, Steve Harris und der Rest der Bande ihren Gig einläuten und schon dabei beginnt die Halle langsam zu beben. Der Beginn mit 'Moonchild' und 'Can I Play With Madness' lässt einen großen Teil der Masse dann auch gleich Kopf stehen. Ob das an den Songs oder der Energie der Band liegt, dürfte unterschiedlich bewertet werden. Fakt ist: Wer geglaubt hat, dass hier ein paar Mitfünfziger gemütlich ihre Songs zocken, sieht sich schnellt mit einem Tumult auf der Bühne konfrontiert, der eher einem Sack Flöhe als einer Rentnerband entspricht. Bruce läuft von der ersten Note an wie von der Tarantal gestochen über die zwei Etagen der Bühne, Steve Harris sprintet von links nach rechts, Adrian Smith und Dave Murray posen typisch und dann ist da noch Janick Gers. Was soll ich dazu noch sagen? Wäre das "Comedy meets Metal"-Festival nicht abgesagt worden, hätte Janick da sicher gut als Headliner gepasst. Sein Getrippel, Gepose, Gedrehe und Gemache ist faszinierend albern. Dass es manchmal so wirkt, als würde er am Song vorbei spielen, kann man amüsiert oder kopfschüttelnd hinnehmen. Er ist Teil der MAIDEN-Familie und damit wird er uns sicher noch lange Zeit mit seiner guten Laune auf der Bühne verzücken.

Sicher ist aber auch, dass das Sextett beim Spielen von den großen und größten Klassikern der Bandgeschichte einen Heidenspaß hat. Alle Protagonisten sind nicht nur dauerhaft in Bewegung, sondern freuen sich offensichtlich darüber auf der Bühne zu sein. Anders sind die lächelnden Gesichter kaum zu deuten. Kein Wunder, dass das eine ansteckende Wirkung hat und die Halle bei Songs wie 'The Trooper' (mit Eddie auf der Bühne, dem Janick immer durch die Beine läuft), 'The Number Of The Beast' oder 'Run To The Hills' komplett singt und tobt. Doch nicht nur die Setlist und die Spielfreude sind fantastisch. Die im "Seventh Son Of A Sevent Son"-Stil gehaltene Bühnendeko verändert sich bei nahezu jedem Song. Es gibt neue Backdrops, Eddie wird in verschiedenen Formen auf die Bühne gezaubert, die Pyros hören auf Bruces Anweisungen oder werden gar je Riff gezündet, auf den Videoleinwänden darf man Nicko McBrian oder Steve Harris auf die Finger oder ins Gesicht schauen. Das ist schon äußerst imposant, was da veranstaltet wird. Und dann - ich wiederhole mich - diese Setlist. Mit Ausnahme von 'Fear Of The Dark' (natürlich von der kompletten Halle mitgesungen/-gesummt) und 'Afraid To Shoot Strangers' gibt es ausnahmslos Songs von den ersten sieben Alben zu hören, die bekanntlich (fast) nur Klassiker beinhalten. Die Höhepunkte aufzuzählen, käme also eine Nennung der Setlist gleich.


Alles super also? Nicht ganz. Wo bei RUSH - zumindest auf den Rängen - ein differenzierter, aber etwas zu lauter Sound vorherrschte, ist der Sound heute der einzige klare Schwachpunkt. Wer im hinteren Bereich steht, erzählt später etwas davon, keine Gitarren gehört zu haben, auch auf den Seitenrängen ist es spürbar zu leise und etwas vermatscht. Dass man keine drei Gitarren hört, ist man mittlerweile gewohnt, aber wenigstens zwei wären schon wünschenswert. Für mich persönlich ist das dank der Setlist, der tollen Stimmung und der ansonsten grandiosen Show absolut zu verschmerzen, aber erwähnt werden muss es schon. Beim Bericht vom RUSH-Konzert habe ich gefragt, ob IRON MAIDEN dieses - auch nicht ganz perfekte - Konzert wird toppen können und die Antwort darauf ist heute dann wohl ein entschlossenes "Jein". Wo Sound, Licht und persönliche Präferenz bei RUSH vorne liegt, gewinnt IRON MAIDEN in den Kategorien Bühnenshow, Stimmung, Agilität. Aber eines wird an diesem Abend ganz sicher deutlich: IRON MAIDEN ist völlig zu Recht eine der größten Heavy-Metal-Bands auf diesem Planeten. Das geben anschließend sogar mit großer Begeisterung Leute zu, die vorher vom "Turnschuh-Metal der alten Männer" nichts erwartet haben.

Redakteur:
Peter Kubaschk
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