Headbangers Open Air 2025 - Brande-Hörnerkirchen

15.08.2025 | 23:28

24.07.2025, Garten

Die nächste Ausgabe der lautesten Gartenparty der Welt liegt hinter uns.

Donnerstag, 24.07.2025

Ganze sechs Jahre ist es nun schon her, dass wir den letzten Festivalbericht zum HEADBANGERS OPEN AIR verfasst haben. An diesem Umstand bin ich, der ich mich ja nun erst im zweiten Jahr Redakteur schimpfen darf, allerdings nur teilschuldig, denn ein Blick in die noch immer gut archivierten Artikel zeigt, woran es in den letzten Jahren auch gelegen haben könnte, dass wir hier eine kleine "Kunstpause" eingelegt haben. Ein triftiger Grund dürfte wohl sein, dass Brande-Hörnerkirchen geographisch gesehen einfach näher an Deutschlands nördlichster Spitze liegt als an Frankfurt, Köln, Stuttgart oder auch Gelsenkirchen. Das mag den einen oder anderen bei uns sicherlich von einem Besuch in der norddeutschen Tiefebene abhalten, zumal das letzte Juli-Wochenende hier und da auch mitten die Urlaubszeit mit der Familie fallen dürfte. 

Ein weiterer Grund ist selbstredend auch die unterschiedliche Geschmackausrichtung innerhalb der Redaktion. Aber das trifft natürlich auf alle breit aufgestellten Redaktionen zu, sei es Print oder Digital. Der eine steht eben eher auf reinrassigen Heavy Metal mit würziger Thrash-Note, während es den anderen im Gegenzug eher zu symphonischen Klängen modernerer Prägung zieht. Im besten Fall gibt es aber natürlich auch Ohren, die beide Arten gleich verehren. Zwei Kollegen, die mehr oder weniger jedes Jahr vor Ort sind, sind Holg und Rüdiger. Und auch meine Wenigkeit hat sich dort vor seiner Tätigkeit bei powermetal.de all die Jahre mehr oder weniger regelmäßig rumgetrieben, so dass dieses Jahr klar war, welches Trio von einem der ehrlichsten und sympathischsten Festivals überhaupt nun endlich wieder livehaftig berichten wird. Denn sechs Hände schreiben bekanntlich schneller und fließender als vier Hände. So here we go, WELCOME TO THE GARDEN again!

[Stephan Lenze]

Das Eröffnungsgeballer am Donnerstag zeigt sofort, dass die Veranstalter vom HOA immer auf der Suche nach exklusiven und auch überraschenden Bands sind. So feuert das mexikanische Trio STRIKE MASTER ab 15 Uhr aus allen Rohren. Wobei diese Formulierung in diesem speziellen Fall nicht ganz korrekt ist, denn im Hause STRIKE MASTER kommt man ohne Bass aus. Was auf dem Papier etwas merkwürdig aussieht, funktioniert in der Realität aber tatsächlich ganz ausgezeichnet. Sänger und Gitarrist Francisco Kmu und sein Gefolge ist nämlich mit so viel Spielfreude unterwegs, da muss man auch als mit dem Material der Band fremdelnder Zuschauer unwillkürlich mit den Füßen wippen. 

Die beiden Mistreiter, Luis Soto an der zweiten Gitarre und Conspirator A hinter der Schießbude, stehen dem unter Feuer stehenden Frontmann in Sachen Spielfreude in Nichts nach. Mit grinsenden Ohren zocken sie ihren leicht rüpelhaften, aber äußerst mitreißenden Thrash, der nicht nur mir zu gefallen scheint. Der Garten ist nämlich schon amtlich gut gefüllt und auch am Merchandise Stand ist reichlich Betrieb. Klar, wer weiß schon, wann man diese Exoten noch einmal in unseren Breitengraden live erleben wird. Songs wie 'Machines Of Mercy' oder 'Crystallized' bestechen aber auch mit grantiger Früh-Neunziger-Thrash-Idylle und so ist es kein Wunder, dass die drei Herrschaften mächtig abgefeiert werden. Das war schon mal eine erste, gelungene Überraschung im Billing.

Setliste: Intro; Maximum Amount Of Aggressions; Prototype God; Violent Reivindication; Merciless Machine; Children Of Death; Crystallized; Subject Criminals; Thrashing The Blind School; Street Criminals

[Holger Andrae]

Nur eine leichte Spur gemäßigter und melodischer, aber trotz traditionellerer Marschroute ebenfalls mit einer stattlichen Thrash-Note versehen, gehen die Briten TORANAGA UK aus dem Vereinigten Königreich in Folge zu Werke. Und wie so oft beim HOA, präsentieren uns Herr Tegelhütter und seine Crew hier mal wieder eine Kapelle aus den Tiefen des Untergrounds, von der nicht nur ich hier bisher wohl noch nichts gehört haben dürfte.

Zwei Longplayer stehen hier in der Historie allerdings bereits zu Buche, die beide nun schon gute fünfunddreißig Jahre auf dem Buckel haben. 

Sänger Marc Duffy erinnert mich nicht nur vom Habitus, sondern auch vom Gesang her ein wenig an eine Mischung von Marc Biedermann von BLIND ILLUSION und dem jungen Peavy von RAGE. Die hier vorgetragenen Stücke weisen eine gute Mischung aus Power, Spiellust, treibendem Riffing und überschaubaren komplexeren Passagen auf. Und wenn der hungrigen Meute gegen Ende des Sets dann mit 'Desecration' noch ein neues Stück in Form eines schön thrashigen Nackenbrechers, sowie eine verdammt straighte Cover-Version von 'Madhouse' (ANTHRAX) kredenzt wird, muss man ganz einfach attestieren: Ziemlich stramme und geile Performance, die Herren!

Setliste: Execution; Psychotic; Food Of The Gods; Hammer To The Skull; Desecration; Madhouse (ANTHRAX-Cover); Sword Of Damocles; The Shrine

[Stephan Lenze]

Das Niveau kann die nun folgende Truppe leider nicht so ganz halten, zumindest nicht nach dem Dafürhalten des für die Band hier zuständigen Schreibers. Dem einen oder anderen hier dürfte HAMMER KING-Sänger Patrick Fuchs u.a. vielleicht auch bekannt sein durch sein Mitwirken bei den Epic Doomstern LORD VIGO und den später noch auftretenden ROSS THE BOSS, bei denen Fuchs ebenfalls zwei Alben eingeträllert hat. Diese Alben besitze ich tatsächlich sogar allesamt, während es in diesem Leben von HAMMER KING hingegen wohl kein Tonträger mehr in meine überschaubare Sammlung schaffen wird. 

Dabei liefert Fuchs aus rein gesangstechnischer Sicht die heute wohl professionellste Performance ab, musikalisch holt mich das aber so überhaupt nicht ab. Gut, europäischer Power Metal mit einer gehörigen Tripleportion Cheese (und ohne Onions und so) à la HAMMERFALL, GRAVE DIGGER und Konsorten, war noch nie mein Ding und wird auch in Zukunft meine Gemüter nicht mehr positiv erregen.

Wenn dann auch noch Zuckerwatte-Keyboards vom Band sowie Mitgröl-Contests in Verbund mit dem "königlichen Publikum" hinzukommen, wird die ganze Chose auch nicht wirklich erträglicher. 

Auch das ganze Bühnenbrimborium inklusive Überreichen eines Messingkelches, sowie Hochstemmen des Band-Hammers ("Hail, zwo, drei, vier") durch dafür eigens mitgebrachte Helferhände, lässt wohl nicht nur mich hier irritiert mit der Frage zurück: Sind wir hier schon in Wacken oder kann das alles weg? Vielen meiner geschätzten Kollegen hätte das heute aber ganz zweifelsohne richtig gut gefallen, mit den Stahlbrüdern Stehle, Andrae und Lenze hat man für diese Art von Musik aber eben leider die "falschen" Kollegen in den brennenden Garten geschickt. Kann ja mal passieren.

[Stephan Lenze]

Passend zum Nachmittags-Gebäck mit Kaffee steht der musikalische Koffeein-Bomber aus Cleveland namens DESTRUCTOR parat. Das unverwüstliche Quartett aus Ohio war schon mehrfach zu Gast in der Scheune und weiß demnach, was die Fans hier hören wollen. So gibt es im Gegensatz zu früheren Shows dieses Mal etwas ganz Besonderes zu hören: Wir feiern das 40jährige Jubiläum des Debütalbums "Maximum Destruction"! Heil'ges Blechle! Das wird ein Fest! Nach dem fulminant-brachialen Intro 'Prelude In Sledge-Minor Opus 7 1st Movement' geht es direkt über in den mächtigen Titelsong. Dave Just stachelt sofort die hungrige Meute in den ersten Reihen an, aber auch etwas weiter hinten geht schon mächtig die Post ab. Kein Wunder, bei so einer ungezügelten Urgewalt, die uns da um die Ohren brettert. 

Wer sich noch nie mit DESTRUCTOR beschäftigt hat, der möge sich EXCITER mit zwei Gitarren und ohne die Beehler-High-Pitches vorstellen. Genau: Vollgas auf allen Pötten! Spätestens mit der genialen Ansage zum Instrumental 'Instrumental', es handele sich bei der nachfolgenden Nummer, um einen Song mit tollem Gesang, ist das Eis auch beim letzten Zweifler gebrochen und der Garten feiert die Herrschaften gebührend ab. Beim stampfenden 'Pounding Evil', fliegen die Fäuste in den Himmel und es ist eine Freude, Gitarrist Mark Hellhound beim Riffen zuzuschauen. 'Overdose' beschreibt dann die ganze Atmosphäre sehr gut und beim Hit 'Iron Curtain' singt der halbe Garten den Chorus lauthals mit. Insgesamt eine weitere Machtdemonstration dieser sensationellen Truppe, die ohne viel Schnickschnack einfach ihr Ding durchzieht. So geht Heavy Metal!

Setliste: Maximum Destruction; Destructor; Take Command; Instrumetal; Pounding Evil; Iron Curtain; Overdose; Hot Wet Leather; Bondage

[Holger Andrae]

Nach dem grobschlächtigen Geschrote aus Cleveland nun fein Gerocktes aus Schweden. SCREAMER ist schon rein optisch das komplette Gegenteil. Die Jungs sehen in ihren schwarz/weißen Outfits schon wesentlich weniger nach Heavy Metal aus als die destruktiven Kollegen, die vorher auf den Brettern standen. Dies hört man natürlich auch in ihren Songs, die weit mehr im Bereich Heavy Rock anzusiedeln. Sofort fällt auch der sehr differenzierte Sound auf, der allen Instrumenten schön viel Freiraum lässt. Was aber leider ebenfalls sofort ins Ohr sticht, ist die fehlende Kante bei den Klampfen. Das tönt alles eher etwas fröhlich und gefällig. Ein sicherlich genau so gewollter Zustand. 

Die Menge direkt vor der Bühne, die sicherlich genau deswegen dort steht, hört das auch mit deutlich euphorischeren Ohren als ich mit meinen ollen Nörgel-Lauschern. Ich hätte gern mehr Biss, aber das ist bereits auf den Scheiben nach "Phoenix" so. Während ich dieses Album noch immer liebe, kann ich mir die Nachfolger zwar alle gut anhören, Begeisterung bleibt aber aus. So sieht das leider auch bei diesem Auftritt aus, an dem ich rein objektiv nichts beanstanden kann. Sehr guter Gesang von Andreas Wikström und auch das einstudierte Stageacting passt wunderbar zur gebotenen Musik. Sicher, Songs wie 'Kingmaker' oder 'Highway Of Heroes' machen schon Laune, aber insgesamt habe ich mir mehr Energie erhofft. Liegt vielleicht auch einfach an meiner Energie, wer weiß. Gute Show, trotzdem.

[Holger Andrae]

Die schottischen Black Speedster HELLRIPPER durfte ich bereits letztes Jahr im Vorprogramm des unheiligen ABBATH live genießen. Damals wie heute: Allerbester Generalabriss in Profimanier! Und auch heute fragt Sänger/Gitarrist und Mastermind James McBain freundlich und höflich bei der bangenden Anhängerschaft nach: "Are you ready to dance?" Aber hallo. Bang that head that doesn't bang, lautet das Credo in den ersten vorderen Reihen heute mal ganz geschmeidig. Zwei Gitarren, Bass und Trommelbude bolzen und schrubben sich hier aber mal sowas von räudig und mit Niveau durchs Bühnenholzgebälk, dass es eine wahre Freude für alle Fans des gepflegten High Speed-Geballer ist. 

Drei durch die Bank ordentliche Longplayer auf der Habenseite sorgen natürlich dafür, dass den Schotten die musikalische Ballerbrühe dabei auch ja nie zu früh ausgeht. Nach STRIKE MASTER und DESTRUCTOR ist es heute bereits die dritte Kapelle, die verhältnismäßig oft und brachial das Gaspedal durchdrückt. Mal gut, dass die Temperaturen heute noch nicht so hoch wie am letzten Tag ausfallen. Ich jedenfalls bin derweil froh, dass es mit ROSS THE BOSS wohl gleich bedeutend epischer, aber eben tempomäßig auch ne kleine Spur "gemütlicher" zugehen wird.

Setliste: All Hail The Goat; Bastard Of Hades; Black Arts & Alchemy; Blood Orgy Of The She-Devils; Demdike (In League With The Devil); Flesh Ripper; From Hell; Goat Vomit Nightmare; Headless Angels; Hell's Rock 'n' Roll; Nunfucking Armageddon 666; Spectres Of The Blood Moon Sabbath; The Affair Of The Poisons; The Hanging Tree; The Nuckelavee

[Stephan Lenze]

Wenn Ross Friedman, der ursprüngliche Gitarrist der Kings of Metal mit seinem "Best of MANOWAR"-Set angekündigt ist, dann steht und fällt das ganze Unternehmen am Ende mit dem Gesang. Den Bonus, dass nahezu das gesamte Publikum jeden Song auswendig kennt, den kann man ROSS THE BOSS nicht nehmen. Ebensowenig die Tatsache, dass Ross noch immer ein ganz besonderer Gitarrist ist, dessen Stil eben völlig unnachahmlich bleibt. Indes jemanden zu finden, der am Mikro eine allseits verehrte Legende wie Eric Adams würdig vertreten kann, das ist schon eine schwierige Aufgabe. So standen in der Vergangenheit an Ross' Seite schon Patrick Fuchs (der ja heute auch mit seiner aktuellen Truppe HAMMER KING zugegen war), Mike Cotoia und seit geraumer Zeit eben Marc Lopes, der seither auch von METAL CHURCH verpflichtet wurde. 

Nun, was soll ich sagen, auch wenn niemand einen Eric Adams wirklich ersetzen kann, so ist mir doch aufgefallen, wie viel besser Marc Lopes inzwischen mit den MANOWAR-Hymnen klar kommt. Überzeugte er bei seinen ersten Gigs mit ROSS THE BOSS vor allem bei den Screams, so meistert er inzwischen auch die klaren und balladeskeren Passagen viel souveräner als anfangs. Allein beim Intro zu 'Guyana' kommt sein Einstieg etwas zu zahm herüber. Auch Bassist Dirk Schlächter, den ihr sicherlich von GAMMA RAY kennt, ist die perfekte Wahl, war doch Joey DeMaios Stil sicherlich ein Einfluss auf seine Stammband, und so gibt er spielerisch wirklich alles und glänzt auch bei den Bass-Soli und Intros. Da auch Sean Elg am Drumkit den richtigen Punch parat hat, steht einem Triumphzug nichts im Wege, und so ist es auch. 

Das Publikum geht von Anfang bis Ende begeistert mit, und im Kollegen- und Freundeskreis ertappe ich auch den einen oder anderen ausgesprochenen MANOWAR-Kritiker beim Mitsingen. Dass in Sachen Setliste wenig anbrennen kann, versteht sich von selbst, doch es fällt auf, dass Ross auch den einen oder anderen Song auspackt, denn seine ehemaligen Kollegen eher selten aus der Mottenkiste holen.

So überraschen beispielweise der brachiale Opener 'Blood Of The Kings' und eine gerade von Bassist Dirk und Sänger Marc recht funky dargebotene Version von 'All Men Play On 10', und - im Gegensatz zu MANOWAR - verkneift man sich im Hause ROSS THE BOSS das grobe Vergehen, das wundervolle Intro zu 'Hail And Kill' einfach wegzulassen. Interessant ist auch der Kniff, die Storytelling-Passage in 'Dark Avenger' durch eine ausgedehnte instrumentale Passage mit wunderbaren Soli zu füllen. Doch, das ist ein sehr gelungener Headliner-Gig für diesen ersten Tag, und das quittiert das zahlreich ausharrende Publikum auch mit großem Applaus, nachdem die letzten Töne des stürmisch geforderten 'Hail And Kill' schließlich verklungen sind.

Setliste: Blood Of The Kings; The Oath; Sign Of The Hammer; Kill With Power; Thor (The Powerhead); Dark Avenger; Blood Of My Enemies; All Men Play On 10; Guyana (The Cult Of The Damned); Black Wind, Fire and Steel; Kings Of Metal; Battle Hymn; Fighting The World; Hail And Kill

[Rüdiger Stehle]

Photo Credit: TIME FOR METAL: Kay L. und Jürgen F.

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Redakteur:
Stephan Lenze

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