HELLOWEEN / RAGE / MOB RULES - Stuttgart

29.10.2003 | 06:56

22.10.2003, Longhorn / LKA

Im Hause HELLOWEEN hat sich im letzten Jahr viel getan. Nach dem Auftritt beim Wacken Open Air im Jahr 2001 mussten Gitarrist Roland Grapow und Schlagwerker Uli Kusch ihre Koffer packen und wurden im Jahr 2002 durch Sascha Gerstner (g / ehem. FREEDOM CALL) und Stefan Schwarzmann (dr) ersetzt. Mit dem neuen Album “Rabbit Don’t Come Easy“ meldete man sich nun im Frühjahr zurück und bereist seit September den Globus. Zuerst waren Süd- und Nordamerika dran, ehe man Ende Oktober einen Abstecher ins alte Europa macht. Selbstredend, dass ein Besuch in der heimlichen deutschen Metal-Hauptstadt Stuttgart unumgänglich ist. Die Vorzeichen standen trotz eines fairen Ticketpreises und eines attraktiven Supports denkbar schlecht. Getreu dem Motto "Was zählt der Prophet im eigenen Lande" sollte auch der heutige Abend verlaufen. Der Fanzuspruch ist keineswegs mit dem Auftritt vor zwei Jahren an gleichem Ort zu vergleichen. Hierzu dürfte aber auch der VFB Stuttgart seinen Teil beigetragen haben. Wer hätte das noch vor ein paar Jahren gedacht, dass die Ballartisten des VFB Stuttgart in der Champions League spielen und ausgerechnet noch am heutigen Mittwochabend ein Heimspiel austragen werden. Wie viele Fans hierdurch den Weg ins Gottlieb-Daimler-Stadion bevorzugten, steht aber in den Sternen. Trotz allem war das Longhorn gut zur Hälfte gefüllt.

Pünktlich um 20 Uhr eröffnen zur Überraschung der meisten Anwesenden die Wilhelmshavener MOB RULES den Abend, schließlich waren diese erst vor wenigen Wochen mit auf den Tourtross aufgesprungen. Das Sextett hat sich dem melodischen Speed Metal verschrieben und liefert ein ordentliches Set ab. Man durchstreift in den zur Verfügung stehenden dreißig Minuten alle drei Alben, wobei mich die Stücke der letzten Veröffentlichung “Hollowed Be Thy Name“ am meisten überzeugen. Ein jähes Ende findet der Auftritt, als in der Mitte des letzten Stückes ’Rain Song’ der Strom ausfällt. Trotz dieser kleinen Panne erntet die Band ordentlich Applaus.

Setlist MOB RULES:

Hollowed Be Thy Name
Speed Of Life
Pilot Of Earth
Celebration Day
In The Land Of Wind And Rain
Rainsong


Nach einer etwas längeren Umbaupause geht es mit RAGE weiter. Der athletische Mike Terrana nimmt hinter seinem gewaltigen Schlagzeug Platz und heizt die Menge mit einem "Are you ready for the power of Rage?" an. Während das Intro ’Orgy Of Destruction’ erklingt, betreten die Mitmusiker Victor Smolski und Peavey Wagner die Bühne unter frenetischem Jubel. Das erste Stück ’War Of The Worlds’ des neuen Albums “Soundchaser“ funktioniert auch als Show-Eröffnung prächtig. Überhaupt wirkt das Trio äußerst agil und brennt ein kleines Feuerwerk ab. Die technischen Fähigkeiten sind unumstritten und hierüber noch viel Worte zu verlieren, wäre wie Wasser in den Rhein zu tragen. Die Titelauswahl dürfte sicherlich nicht leicht gefallen sein, da aufgrund der Kürze des Auftritts nicht alle Klassiker gespielt werden können und auch noch ein paar Stücke der letzten Veröffentlichung untergebracht werden müssen. Dennoch finden neben dem Opener mit ’Great Old Ones’ und ’Soundchaser ’ immerhin drei aktuelle Stücke den Weg ins Programm. Trotz der knapp bemessenen Spielzeit von fünfzig Minuten verzichtet man nicht auf ein kurzes Gitarrensolo und ein ausgiebigeres Drumsolo. Den Abschluss bilden ’Don’t You Fear The Winter’ in einer etwas gekürzten Version und die Hymne ’Higher Than The Sky’, bei denen das Publikum auch noch zum Einsatz kommt und tatkräftig mitsingt. Nachdem Peavy eine kleine Headliner-Tour durch Deutschland für Januar 2004 angekündigt hatte, stapften die Jungs zufrieden und mit einem breiten Grinsen von der Bühne.

Setlist RAGE:

Orgy Of Destruction (Intro)
War Of Worlds
Great Old Ones
Medley : Devil/Firestorm (to 1st Chorus)
Down
Guitar Solo Victor Smolski
Soundchaser
Set This World On Fire
Drum Solo Mike Terrana
Don’t You Fear The Winter (Short Version)
Higher Than The Sky (No Session)


Meine Erwartungen waren zugegebenermaßen etwas verhalten, da ich bezüglich der Umbesetzungen ein wenig skeptisch war, allerdings war ich dies auch schon, als Kai Hansen und Michael Kiske die Band damals verlassen mussten. Mit ’Starlight’ und ’Murderer’ aus der seligen “Walls Of Jericho“-Zeit konnte man den Abend nicht besser eröffnen. Sänger Andi Derris bedankt sich bei all den Unentwegten, die - trotz des bereits erwähnten Heimspiels des VFB - den Weg ins Longhorn gefunden haben. Die Leidenschaft zum Fußball könne er allerdings als Karlsruher nicht ganz nachempfinden, da seine Mannschaft ja bereits seit Jahren nur noch im Unterhaus 'rumdümpelt. Sicherlich hat er es auch als Badenser nicht so leicht im Schwabenland. Die Akteure auf der Bühne waren im Vergleich zu dem W.O.A.-Gig nicht mehr wiederzuerkennen. War man dort noch recht unmotiviert zu Werke gegangen, sprühte man am heutigen Abend förmlich vor Spielfreudigkeit und hatte wieder mächtig Spaß in den Backen. Bassist Markus Großkopf rennt wie ein Derwisch über die Bretter, während Michael "Weikie" Weikath gewohnt cool und scheinbar gelangweilt seine Gitarre bearbeitet. Aber auch das frische Blut in Form von Sascha Gerstner und Stefan Schwarzmann hinterlässt einen guten Eindruck. Die erste Überraschung gibt es dann gleich beim dritten Stück ’Keeper Of The Seven Keys’, wurde der fünfzehnminütige Song doch schon seit einer Ewigkeit nicht mehr livehaftig dargeboten. Sänger Andy Derris strahlt bei der Ankündigung des kleinen Geschenkes über beide Ohren. Souverän singt er sich durch die Hansen- und Kiske-Ära, egal ob ’Eagle Fly Free’ oder ’Dr. Stein’, es bleiben keine Wünsche offen. Die Stimmung im Publikum bleibt konstant gut und selbst die üblichen "sing along"-Spielereien werden brav mitgemacht. Das Programm ist insgesamt sehr breit gefächert, so dass alle Alben berücksichtigt werden. Auffallend ist nur, dass von “The Dark Ride“ nur ’If I Could Fly’ gespielt wird. Auch das neue Album wird lediglich mit drei Stücken (’Open Your Life’, ’Back Against The Wall’ und ’Sun For The World’) berücksichtigt. Bei der Ballade ’Forever And One’ wird auch Keyboarder Jörn offiziell angekündigt, was so neu nicht ist. Schließlich wirkt schon seit Jahren ein Keyboarder bei Live-Shows hinter dem Vorhang mit. Alles in allem ein souveräner Auftritt, der mit ’How Many Tears’ im Zugabeteil nach 110 Minuten sein Ende findet. Ein besonderes Lob möchte ich der Technik aussprechen. Der Sound stand wie eine Eins, lediglich die beiden Lichttechniker haben bei den ersten drei Songs die Frontbeleuchtung nahezu vergessen oder ihre tarifliche Pause abgehalten, sie dann aber - nachdem die Fotografen den Fotograben verlassen haben - wiedergefunden. Dennoch war der Einsatz des Lichtes erstklassig. Auf jeden Fall hat es Spaß gemacht, mal wieder in alten Erinnerungen zu schwelgen.

Setlist HELLOWEEN:

Starlight
Murderer
Keeper Of The Seven Keys
Futureworld
Eagle Fly Free
Hey Lord
Forever And One
Open Your Life
Dr. Stein
If I Could Fly
Back Against The Wall
Power
Soul Survivor
I Can
Where The Rain Crowes
-------------------------------
Sun For The World
How Many Tears

Redakteur:
Frank Hameister

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