Dimmu Borgir/Amon Amarth - Berlin

24.10.2007 | 22:59

21.10.2007, Columbia-Halle

Shagrath hat eine Frage: "The mean question is now: Are you ready for Norwegian Black Metal?", schreit der Sänger von DIMMU BORGIR dem Publikum entgegen. "Are you ready?" Die Fans sind es sichtlich an diesem Sonntag in der ausverkauften Berliner Columbia-Halle. Tausende gefingerte Satanshörner schießen in die Höhe. Schon zu diesem Zeitpunkt ist klar: Der Gewinner des Doppelschlages AMON AMARTH und DIMMU BORGIR sind die Norweger. Und ein paar Wesen, die Gott zur Seite stehen.

Denn ENGEL aus Schweden sind nur kurzfristig ins Billing gerutscht. Deswegen müssen sie sich vorstellen. "We're not HATESPHERE", stellt Frontmann Mangan Klavborn fest - denn eigentlich sollten die dänischen Trasher als erste Band spielen, doch nach der Trennung von ihrem Sänger ist daraus nichts geworden. Die Lücke schließen ENGEL mehr als gut. Sie verlassen sich dabei komplett auf ihre bald erscheinende Debüt-Scheibe "Absolute Design", deren Cover in XXL an der hinteren Bühnenwand hängt. Den Fans scheint der Sound zu gefallen, diese wilde Mischung aus IN FLAMES und PAIN. Dazu ist der Band anzumerken, dass mehrere gestandene Musiker in ihr ein neues Spielfeld gefunden haben - unter anderem sind zwei Ex-Gitarristen von IN FLAMES und THE CROWN am Start. Entsprechend professionell ist die Bühnenshow, das Multitasking von Fingern am Instrument und fliegenden Haaren beherrschen sie. So werden Songs wie 'In Splendour' oder das göttliche 'Casket Closing' zu derbe stampfenden Brechern, die allesamt modern und dennoch rausgerotzt klingen. Zwar bricht deswegen im Publikum noch keine Moshpit-Hysterie aus, für einen satten Applaus reicht der knapp 30 Minuten dauernde Auftritt aber allemal.

Mehr Jubel gibt es - wie sollte es anders sein? - bei den Röhr-Elchen von AMON AMARTH. Obwohl das mit dem Röhren und Grunzen so eine Sache ist: Denn Frontmann Johann Hegg hat längst nicht mehr die Kraft in seiner Stimme wie in den Anfangstagen der Band. Dennoch ist der Gig für die Fans ein einzige große Party: Songs wie 'Bleed For Ancient Gods' oder 'Death In Fire' sind eben längst im Klassiker-Gefilde angekommen und haben dank ihrer zwingenden Riffs immer noch viel Durchschlagskraft bis in die letzte Haarspitze. Und auch der geilste AMON AMARTH-Track, 'Victorious March', kommt zu verdienten Ehren: Unüberschaubar groß ist die Zahl schüttelnder Köpfe bei den tausenden Fans vor der Bühne. Sie alle scheinen samt und sonders dem Motto des Auftritts verpflichtet zu sein: "With Oden on Our Side", heißt es auf dem Riesenbanner, dass hinter der Bühne hängt. Und so ballert es Klassiker um Klassiker - bis nach etwa 45 Minuten plötzlich und unerwartet Schluss ist. Selbst lautstarke Zugaberufe bleiben in der Folge unberücksichtigt. Das schnelle Ende scheint dabei nicht im Sinne der Band gewesen zu sein, denn zumindest Johann Hegg kommt noch einmal auf die Bühne und klatscht viele Fan-Hände ab. Doch bleibt das dumpfe Gefühl zurück, dass diese Kult-Band einfach viel zu kurz für rund 30 Euro Eintritt gespielt hat.

Bei DIMMU BORGIR fällt das Problem ähnlich aus. Nur etwa eine Stunde dauert ihr Auftritt, 15 Minuten nach 23 Uhr ist schon Schicht im Metal-Schacht. Fanverarsche der Leute, die das Konzert organisieren? Wenigstens ist der DIMMU BORGIR-Gig mitreißend. Er beginnt mit den zwei verkleideten Chaos-Priestern aus dem aktuellen 'The Sacrilegious Scorn'-Video. Dazu erstrahlt auf einer großen Video-Leinwand eine schicke Sonnenfinsternis vor Flammen, vor die sich Frontmann Shagrath stellt - einen Sinn für optische Effekte hat der Mann auf jeden Fall. Zugleich ertönen die infernalischen Keyboard-Klänge von 'Progenies Of The Great Apocalypse', einem der großartigsten Stücke der Norweger. So kommt auch Zweitsänger Simen gleich zu seinem ersten Einsatz und darf, seinen Bass aufs Knie gestellt, seine einzigartige Stimme erschallen lassen. Nach so einem Beginn haben es die ganz in schwarz gekleideten Musiker leicht, ihre Fans bei Laune zu halten: Was auch wichtig ist, denn der Auftritt wird von einer Kamera über den Köpfen des Publikums aufgezeichnet. Dafür werden sie auch von der Bühnenshow unterhalten, etwa mit brennenden Keyboards bei 'The Sinister Awakening' oder einem fulminanten 'Spellbound (By The Devil)'. Doch plötzlich ist es schon 23 Uhr und die erste Zugabe muss her: 'The Sacrilegious Scorn' inklusive des passenden Videos. Der diabolisch-augenzwinkernde Streifen wurde dieses Jahr bei Siegen gedreht, wie eine der attraktiven Darstellerinnen kurz vor dem Gig erzählt. Die Crew von damals trifft sich an diesem Tag bei freiem Eintritt beim Konzert - entsprechend begeistert sind die Filmemacher. Und auch das zahlende Publikum kann sich freuen: Ein frenetisch gefeiertes 'Mourning Palace' rundet den Auftritt von DIMMU BORGIR gebührend ab. Allerdings wäre das Publikum, den vergeblichen Zugabe-Rufen nach zu urteilen, mindestens noch zu einer halben Stunde mehr "Norwegian Black Metal" bereit gewesen. Dies aber fragt Frontmann Shagrath leider nicht mehr.

Redakteur:
Henri Kramer

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