Charity Unleashed 2025 - Oberhausen

19.06.2025 | 11:04

25.05.2025, Druckluft

Head-Bangen für den guten Zweck!

Seit 2022 hat sich die ehrenamtliche Organisation "Druckluft e.V." für benachteiligte Randgruppen in der hiesigen Gesellschaft bereits mit musikalischer Unterstützung stark gemacht und sich das "Charity Unleashed"-Festivals zu einer der wichtigsten Anlaufstellen für Underground-Metal in NRW gemausert. In diesem Jahr geht das Event bereits in die vierte Runde und kann auch nun auf den Support einiger der interessantesten Newcomer und einer Legende wie ACCUSER setzen.

 

Alle beteiligten Acts sind heute ebenfalls ohne Gage unterwegs, jedes verkaufte Getränk kommt dem guten Zweck zugute, und da auch in diesem Jahr der gesamte Erlös dem Verein "Deutsche Kinderhospiz Dienste" gespendet wird, gibt es wirklich keinen einzigen Grund, der Veranstaltung fernzubleiben, zumindest nicht wenn man in der Nähe des Oberhausener Druckluft-Clubs seine Heimat hat.

Und die Macher haben auch heuer wieder mächtig aufgefahren, bieten erneut eine mit tollen Preisen angereicherte Tombola an und dürfen schon nach dem Gig der ersten Band melden, dass sämtliche Lose verkauft werden konnten. Das hebt die Stimmung, das macht einfach Spaß beim Zuschauen! Bei so viel freiwilligem Engagement muss man noch einmal eine zusätzliche Lanze brechen, dass sich hier wirklich jeder einzelne Beteiligte der guten Sache widmet und im eigenen Geldbeutel gerne mal Fünfe gerade sein lässt. Wirklich toll, dass das Herz hier am rechten Fleck geblieben ist.

Als den Jungs von SUNSHINE schließlich die Ehre zuteil wird, das Festival zu eröffnen, ist der schlauchförmige Club, der sich als wirklich tolle Konzert-Location entpuppt, auch schon gut gefüllt. Knapp 300 Anhänger zieht es heute an den Rand des Ruhrgebiets, und alle vergnügen sich bestens beim recht räudigen Mix aus melodischem Death Metal und einigen Heavy-Core-Einflüssen, die das sechsköpfige Ensemble an den Start bringt. Die Bühne ist den Jungs sogar schnell zu klein geworden, so dass die beiden Sänger den Vorraum nutzen und sich als Underground-Stars zum Anfassen geben. Das meist einprägsame Material wird richtig gut angenommen und die feinen Shirt-Designs sieht man im Anschluss auch an manchem Leib. Auch wenn SUNSHINE recht straight zum Schluss kommt, kann sich die Truppe sicher sein, mit der heutigen Vorstellung eine Reihe neuer Fans hinzugewonnen zu haben. Recht so!

DESTROY THEM nimmt den Bandnamen im Anschluss vielleicht eine Spur zu ernst. Der etwas modern aufbereitete Thrash, der hin und wieder auch auf ein paar technische Todesblei-Riffs zurückgreift, haut umgehend so sehr ins Mett, dass der Schlagzeuger sein eigenes Pedal zerstört. Mit einer ungewöhnlichen Lockerheit nimmt die Band das Malheur zur Kenntnis, fragt einmal im Publikum nach, ob jemand zufällig Ersatz am Start hat, kann sich dann aber auf die Schützenhilfe der heutigen Kollegen verlassen, so dass nach einer rund fünfminütigen Pause weitergemacht werden kann. Der Stimmung tut all dies keinen Abbruch, im Gegenteil, DESTROY THEM bekommt noch mehr Anfeuerung und wird mit ungewöhnlich lautem Applaus verabschiedet. Auch wenn die Show aufgrund des kurzen Zwischenfalls ein wenig gekürzt werden muss, ist die Visitenkarte hinterlegt. Diese Jungs dürfen gerne wieder zurückkommen!

SMORRAH genießt im Ruhrgebiet schon einen gewissen Kultstatus, so dass sich offenbar nicht wenige auf den Gig am heutigen Abend gefreut haben. Die Band musste kürzlich ihren Bassisten verabschieden und hofft hier auf zahlreiche neue Bewerber, hat im Vorfeld (und auch Wochen später beim Rock Hard Festival) aber auch wirklich gute Promotion für das letzte Album gefahren und darf in Sachen Neubesetzung sicherlich zuversichtlich sein. Die heutige Show ist auf jeden Fall ein fettes Bewerbungsschreiben, weil die Herrschaften sich allesamt als absolute Rampensäue entpuppen und die Menge schnell im Griff haben. 

An vorderster Front gibt es sofort reichlich Bewegung, und der erste Mosh des Festivals gehört in diesem Fall auch verdientermaßen SMORRAH. Frontmann Marius nutzt jede Gelegenheit, sich beim Publikum für den Einsatz zu bedanken, verkörpert gleichzeitig aber auch all diese sympathischen Facetten, die die Band insgesamt ausstrahlt. Nicht ganz so freundlich ist indes der schmutzige Modern-Thrash-Sound der Jungs aus Gelsenkirchen, der mit ein paar todesmetallischen Grooves ordentlich aufgefettet wird und mit seiner ganzen Radikalität wunderbar einschlägt. Ob die Jungs mit diesem Auftritt um den Tagessieg mitkämpfen können, kann man zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen, aber die Chancen hat man auf jeden Fall deutlich gesteigert!

Von Siegern und Verlierern zu sprechen, fällt auf einem Event wie diesem wirklich schwer, da sich hier heute jeder Musiker und jeder Gast auf die Schulter klopfen kann, dem guten Zweck den bestmöglichen Einsatz zu verpassen. Doch für meinen persönlichen Geschmack fehlt es dem etwas melancholischeren Sound von WORDS OF FAREWELL heute an Durchschlagskraft. Die Performance ist zwar wirklich überzeugend, der Sound passt ebenfalls, aber wo die vorangegangenen Bands mit einer Menge Energie auf die Bühne gestürmt sind, wirkt die vierte Truppe im Bunde ein wenig verhalten und bringt den Funken nicht ganz zum Überspringen. 'In Kingdoms Of Rain' bleibt als Highlight im Gedächtnis, aber mehr als eine solide Darbietung kann man WORDS OF FAREWELL trotzdem nicht attestieren.

Ganz anders sieht es da schon bei den Altstars von ACCUSER aus, die dem Namen nach locker auch den Headliner-Part hätten füllen können, heute aber ins zweite Glied gerückt sind. Warum, wieso, weshalb - das wird heute nicht geklärt, steht aber auch nicht mehr zur Debatte, als die Siegener mit 'Rotten From Within' und 'Ghost Of Disease' demonstrieren, dass sie nach knapp vier Dekaden längst noch nicht zum alten Eisen zählen. Auf Platte hat die Band mich zuletzt nicht mehr so gepackt, doch auf den Brettern ist ACCUSER definitiv immer noch eine Macht, die mit 'Repent', 'Sacrifice Machine' und 'Violent Vanity' einen Kracher nach dem anderen herausschleudert und relativ bald keine Fragen mehr aufkommen lässt, wer heute eigentlich den Hauptslot hätte füllen sollen - zumindest zu diesem Zeitpunkt. Mit den letzten Klängen von 'Sadistic Terror' endet eine formidable Show einer der vielleicht am meisten unterschätzten Thrash-Acts in der ganzen Teutonen-Szene. Gerne dürfen die Jungs diese Energie auch auf ihren hoffentlich noch folgenden, nächsten Studio-Release übertragen, denn dann hat ACCUSER auch künftig noch einiges zu sagen.

Dass PRIPJAT inzwischen auch schon 15 Jahre Teil des deutschen Thrash-Undergrounds ist, ist mir wohl in den vergangenen Jahren ein wenig entgangen. Man hat die Band zwar immer wieder auf dem Billing verschiedener regionaler Wochenendgigs gesehen, dass sie aber schon ein solch gewaltiges Following hat, erscheint mir letztlich ein wenig überraschend. Und die Erfahrung machen sich die Herren auch schnell zunutze, stiefeln noch recht locker auf die Bühne, hauchen ein kurzes 'Fuck' ins Mikro und bringen den Moshpit vom ersten Takt an in Bewegung. 

Je weiter die Band schließlich vordringt, desto klarer erklärt sie den verbliebenen Zweiflern, warum sie heute an der Topadresse des Events stehen: saucoole Attitüde, feines Stageacting, tolles Songmaterial und einen Energieüberschuss, den PRIPJAT auch in voller Kanonade auf die Zuschauer ergehen lässt. Die Herren aus der Domstadt haben in diesem Jahr noch einige Gigs auf der Agenda, und nach der bockstarken heutigen Performance kann man nur hoffen, dass sie auch abseits einer Veranstaltung wie dem "Charity Unleashed" genügend Zulauf bekommen. Gemeinsam mit ACCUSER teilen sich die Kölner den Pokal für den besten Act des Abends und ernten auch den verdienten Beifall.

In der Zwischenzeit ist auch das Rahmenprogramm nicht ins Stocken geraten, und einige Lacher gibt es auch. Die von ACCUSER gesponserte Gitarre wechselt den Besitzer und ist künftig offensichtlich in der Hand eines echten Gitarristen. Der Gewinner freut sich dennoch wie Bolle und verkündet, dass er zumindest schon mal weiß, wie man das Gerät festhalten muss. Auch sonst sind die Nebenschauplätze in und neben der Halle immer gut besucht und der Support für die vielen Charity-Aktionen maximal. Das haben nicht nur die Deutschen Kinderhospiz-Dienste vollends verdient, sondern auch die sehr emsigen Veranstalter, die glücklicherweise auch reichlich Merch absetzen können. 

Trotz total beschissenen Wetters, einer Zuganreise, die mal wieder eigene Bücher füllt, ist die 2025er Auflage des Festivals ein voller Erfolg und hoffentlich auch Ansporn genug, den Laden im kommenden Jahr voll zu bekommen. 25,- € für sechs meist richtig geile Bands ist ein Witz, und wer sich nicht nur dem guten Zweck widmen, sondern die Floskel "Support The Underground" etwas ernster nehmen möchte, kann eigentlich gar nicht anders, als der nächsten Edition beizuwohnen. Mein persönlicher Dank gilt meinen beiden Begleitern Max und Barbara und all denjenigen, die diesen tollen Tag zu einem ebensolchen haben werden lassen! Richtig toll, was ihr hier auf die Beine stellt, Leute!


Text: Björn Backes
Fotocredit: Barbara Sopart


Redakteur:
Björn Backes

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