BLACK STONE CHERRY - Wien

30.09.2022 | 17:29

22.09.2022, Arena

Ansteckende Spielfreude!

Aus den bekannten Gründen musste auch BLACK STONE CHERRY die Tournee zum letzten Studioalbum "The Human Condition" insgesamt zwei Mal verschieben. Für den ursprünglich 2020 eingeplanten Support THE LAZYS klappte es im aktuellen Versuch nicht, weshalb THE GEORGIA THUNDERBOLTS nicht nur die Ehre hat, den Gig in der Wiener "Arena" zu eröffnen, sondern den gesamten Teil der Europa-Tournee in diesem Herbst zu übernehmen. In insgesamt elf Ländern wird der Tross zu Gast sein, und nimmt man das Geschehen auf den Brettern in Wien als Maßstab, ist davon auszugehen, dass die beiden Bands jede Menge Spaß auf dieser gemeinsamen Tour haben.

Den Beginn der Show an diesen Donnerstag liefert das im letzten Jahr mit einem wahrlich imposanten Debütalbum "Can We Get A Witness" auch hierzulande überaus respektvoll aufgenommene Quintett aus Rome, Georgia. Leider versäume ich die ersten Tracks des Sets, da erst einmal ein Parkplatz gefunden werden muss, aber ab 'Half Glass Woman' kann ich aber das Geschehen auf und vor der Bühne mitverfolgen. Im Mittelpunkt des Geschehens steht die gesamte Spielzeit über Gitarrist Riley Couzzourt, der wie ein Berserker über die Bretter tobt und beim Solieren auf die Entfernung betrachtet an den jungen Zakk Wylde erinnert. Der mit zahlreichen Blues-Untertönen und bisweilen auch eine gehörigen Dosis Americana-Sounds gespickte Sound von THE GEORGIA THUNDERBOLTS kommt ganz gut an, wird aber zumeist eher nur mit Höflichkeitsapplaus bedacht.

Mit ein Grund dürfte wohl die Tatsache sein, dass Sänger TJ Lyle ein wenig schüchtern und unsicher wirkt. Der Kerl weiß zwar mit einer tadellosen Gesangsvorstellung zu gefallen, überlässt die gesamte Show aber offenbar liebend gerne den Kollegen. Dass er über eine wirklich gute Stimme verfügt, wissen nicht nur Kenner der bisherigen Veröffentlichungen, sondern offenbar auch die Kollegen, schließlich gibt es TJ zu späterer Stunde erneut auf

der Bühne zu hören und zu sehen. Ehe es so weit ist, präsentiert er jedoch zunächst zusammen mit seinen Kollegen neben diversen Auszügen aus dem Erstlingswerk auch den eben erst als Single digital veröffentlichten neuen Track 'Livin' In Muddy Water'. Wenn die Nummer einen Vorgeschmack auf den zweiten Longplayer darstellt, ist die Vorfreude darauf bereits jetzt gehörig, denn damit lässt THE GEORGIA THUNDERBOLTS an diesem Abend in aller Deutlichkeit erkennen, dass die Band nicht zu Unrecht schon mehrfach als Erben von LYNYRD SKYNYRD bezeichnet worden ist.

Und ja, bei geschlossenen Augen projiziert das Kopfkino in der Tat eine riesige Südstaaten-Flagge an den leeren, schwarzen Bühnenhintergrund. Musikalisch eine mehr als ordentliche Vorstellung, an der Live-Performance muss allerdings noch gearbeitet werden.

Setliste: Can I Get A Witness; Be Good To Yourself; Half Glass Woman; Take It Slow; Spirit Of A Workin' Man; Looking For An Old Friend; Livin' In Muddy Water; It’s Alright; Lend A Hand

Die Umbaupause wird vom Veranstalter mit feinen Classic-Rock- und Heavy-Metal-Standards angenehm gestaltet. Da es auch noch nicht allzu kühl ist, verlagert ein Großteil des Publikums, das zu diesem Zeitpunkt die Halle etwa zur Hälfte gefüllt hatte, seinen Aufenthaltsort ins Freigelände. Pünktlich zur angekündigten Showbeginn um 21:15 sind aber alle, und wohl noch einige Zuschauer mehr, mit von der Partie, als BLACK STONE CHERRY mit einer furiosen Version von 'Me And Mary Jane' loslegt.

Die Stimmung ist wohl nicht zuletzt auf Grund der Tatsache, mit einer der bekanntesten Nummern in das Konzert einzusteigen, von Beginn an großartig. Zudem merkt man dem Quartett bereits zu diesem Zeitpunkt an, wie sehr es sich darauf gefreut haben muss, endlich wieder in Europa gastieren zu dürfen. Allen voran Gitarrist Ben Wells erweist sich einmal mehr als Animator vor dem Herrn und zeigt auch seiner Kollegenschaft, was man unter einem "Vorturner" versteht. Doch seine Mitstreiter sind nicht minder ambitioniert und motiviert und geben ebenso reichlich Gas. Allen voran der in ein schmuckes LED ZEPPELIN-Shirt gekleidete Bassist Steve Jewell, der zwar erst seit dem letzten Jahr zum Line-Up gehört, jedoch den Eindruck erweckt, er wäre schon ewig Teil der Band. Er wechselt mit Ben nicht nur immer wieder die Bühnenseite, sondern versteht es, sowohl mit seinen Kollegen wie auch mit dem Publikum durch allerlei unterhaltsame Gesten zu interagieren. Das gelingt auch Drummer John Fred Young, der einen Löwenanteil der Backing Vocals übernimmt, sein Arbeitsgerät verdrischt wie wie Wilder und sich für sein kurzes, unterhaltsames Solo berechtigterweise heftig gestikulierend feiern lässt.

An vorderster Front steht aber logischerweise Chris Robertson. Der Frontsympath stellt seine neuerdings nahezu vollends tätowierten Oberarme zur Schau und vor allem das auf dem rechten Arm prangende Jimi-Hendrix-Konterfei dürfte er nicht bloß aus optischen Gründen auf seiner Haut verewigen haben lassen. Schließlich lässt er mehrfach in seinen Soli erkennen, dass der Gottvater aller Gitarristen eine seiner wohl wichtigsten Inspirationsquellen ist. Dass zu diesen unter anderem auch THE BLACK CROWES zählt, ist vor allem den "Band-Oldies" in der Bühnenvariante gut fünfzehn Jahre nach den eigentlichen Aufnahmen anzuhören. Zur Freude des Publikums gibt es mit 'Hell Or High Water' und 'Lonely Train' sogar zwei Tracks vom selbstbetitelten Debütalbum aus dem Jahr 2006. Diese fügen sich gut ins Programm ein, auch wenn das Hauptaugenmerk auf den letzten beiden Drehern liegt, mit dem man ganz offenkundig das Mainstream-Publikum doch ein klein wenig mehr anspricht. Doch das ist nur als Randnotiz zu bemerken, denn wenn die Jungs 'Soulcreek' oder 'White Trash Millionaire' rausballern, steht das Publikum unisono kopf.

Wohl auch, weil die Spielfreude der Burschen mehr und mehr auf das Publikum überschwappt, und Chris' Animations- und Mitsingversuche ohne großartige Bemühungen seinerseits mit imposanten Chören beantwortet werden. An vorderster Front im Publikum dürfte der Geräuschpegel jenen einiger österreichischer Bundesliga-Stadien locker übertreffen und speziell zu 'Blame It On The Boom Boom' assistieren die Zuseher auf besonders lautstarke Weise.

Doch auch die gefühlvollen Momente des Konzertes werden entsprechend goutiert. Mit einem Paradeexempel davon verabschiedet sich das sichtlich glückliche und zufriedene Quartett nach gut anderthalb Stunden schließlich vom Publikum.

Mithilfe erhält BLACK STONE CHERRY bei 'Peace Is Free' aber nicht nur von den Wiener Fans, auch TJ Lyle gesellt sich auf die Bretter, um gleichermaßen zeitlose wie aktuelle Textzeilen wie "Can't the whole world love one another, throw down your weapon and fix all the hunger?" in die Nacht zu entlassen. Unter tosendem Applaus wird die Band danach endgültig verabschiedet. Danke CHERRIES, beehrt uns bald wieder!

Setliste: Me And Mary Jane, Burnin'; Again; Blind Man; Like I Roll, Cheaper To Drink Alone; Hell & High Water; Soulcreek; Devil's Queen;, Drum Solo; Ringin' In My Head; In My Blood; White Trash Millionaire; Blame It On The Boom Boom; Lonely Train; Peace Is Free

Redakteur:
Walter Scheurer

Login

Neu registrieren