Wüstennester, Stonerleidenschaft, Bässe, die die Luft abschnüren: Interview mit der Fotografin Katrin Saalfrank

14.03.2014 | 22:49

"So, wie wenn der Bassamp zu laut ist und es einem die Kehle zuschnürt, man es aber trotzdem unfassbar gut findet."

Katrin Saalfrank ist freischaffende Fotografin und lebt in Hamburg. Sie hat den sehr empfehlenswerten Fotobildband "Freedom Run - From Kyuss Lives to Vista Chino" herausgebracht. Grund genug für uns, sich mit der engagierten Endzwanzigerin über musikalische Vorlieben, Probleme bei Treffen mit den Musikern oder drohende Verwechlsungsmöglichkeiten mit der Supernanny zu unterhalten.

Außerdem war Katrin Saalfrank so offenherzig, für unsere Leser ein paar sehr schicke Limited Edited Prints Poster zur Verfügung zu stellen.

Natürlich endet diese Ankündigung mit unserem offiziellen Tipp, sich ihr Buch "Freedom Run - From Kyuss Lives to Vista Chino" zu besorgen. Einige Fotobeispiele daraus sind bereits  im folgenden Interview zu sehen.

Hallo Katrin, schön, dass du Zeit hast. Wie geht es Dir? Was machst Du gerade?

Wunderbar! Sitz gerade am Rechner und schreib die Antworten zu deinen Fragen. Ansonsten trink ich ein Glas Wein und hör AMPLIFIER.

Das hört sich gemütlich an! Seit wann arbeitest Du als freie Fotografin?

Ich bin schon während meinem Studiums nach Hamburg gezogen (ist sechs Jahre her) und habe seitdem als Freelancerin gearbeitet.

Katrin Saalfrank

Was sind denn Deine Schwerpunkte geworden und warum?

Schwerpunkte ... People, Portrait, Akt, und auch tote Dinge. Wenn's mich interessiert, kommt auch was Gutes bei raus.

Also ist das definitiv Deine Leidenschaft - und wie bist Du denn zur Fotografie gekommen?

Das hat ca. mit 16 angefangen... Die Flucht vor den langweiligen Sonntagen hauptsächlich. Meine Schwester macht Ton und hat damals aber auch einige Konzerte veranstaltet, so bin ich quasi zur Musikfotografie gekommen.

Und damit auch zur Musik: Wie groß ist Deine persönliche Bandbreite?

Nick Olivieri

Aufzählen ist ja nun quasi sinnfrei... breit gefächert, nur kein HipHop, Elektro, Techno und alles, was in diese Richtung geht. Das meiste bekomme ich über Konzerte oder meine Freundin Phaedra mit. Sie hat eine Riesen-Plattensammlung und wir machen ab und an wieder klassische Plattenabende. Mit dem Jutebeutel und den neuen Platten auf die Socken machen und gemütlich die neuen Scheiben hören und drüber quatschen. Dicken Kuss an dich, Phaedra!

Was geht für Dich gar nicht?

Unzuverlässigkeit.

Welcher Termin, welches Shooting hat auf Dich am meisten Eindruck gemacht?

Viele. Das sind alles so unterschiedliche Menschen. Aber um ein paar zu nennen, die mir ziemlich hängengeblieben sind: Gary Arce, John Garcia, Nick Oliveri, Jesse Hughes, Sean Wheeler.

Ging auch mal etwas gründlich in die Hose, oder ins Kleid?

Olivieri Garcia

Auf's Kleid... ab und an mal ein Gin Martini. Ansonsten hat alles wunderbar geklappt. Anstrengend war nur, die Termine zu koordinieren und letzten Endes alles, was in den letzten vier Jahren passiert ist, in ein Buch zu packen.

Wie kam es denn zu dem Buch "From KUYSS to VISTA CHINO"? Welche Ästhetik, welches Gefühl in dieser psychedelischen Musik spricht Dich besonders an?

Ich stand da vor ein paar Jahren auf einem Konzert und hab mich gefragt, warum ich denn nicht mal die Musiker anschreiben sollte, die meinen Nerv so richtig treffen. Das hab ich dann gemacht. Hat recht lange gedauert und war ein laanges "Gegen-die-Wand-Gerenne". Durchhaltevermögen habe ich mittlerweile sehr viel, egal was kommt... Was spricht mich an? Schwer in Worte zu fassen - entweder man mag es, oder man hört es super super gern oder es trifft eben einen ganz tiefen Punkt, irgendwo im Rumpf. So, wie wenn der Bassamp zu laut ist und es einem die Kehle zuschnürt, man es aber trotzdem unfassbar gut findet.

Sundown

Bei mir war KUYSS 1994 eine einzige Offenbarung! Wie bist Du in den Sog dieser Band geraten?

Da ich erst 28 bin, hab ich diese Zeit mit anderen Dingen wie im Garten zu buddeln verbracht. Das erste Mal, als ich KYUSS gehört habe, war ich bei meinem Kumpel Michi. Muss so irgendwann zwischen 14 und 15 gewesen sein. Ja und dann war es auch schon um mich geschehen.

Was genau fasziniert Dich eigentlich an diesen Typen, die sich Wüstensöhne nennen. Ist es deren Gelassenheit, deren Unruhe oder deren Professionalität?

Gelassenheit fasziniert mich manchmal, aber Unruhe oder Professionalität eher weniger. Interessanter ist vielmehr, wie in so einem kleinen Nest (mit "Nest" ist die Kleinstadt Palm Dessert in Süd-Kalifornien gemeint - M.F.) so viele gute Musiker heranwachsen, so spezielle Musik entsteht und vor allem warum! Also auf den Punkt gefragt: Was macht die Beschaffenheit der Umgebung für einen Ton?

Bjork

Also lag hinter der Gestaltung des Fotobandes ein Plan, den Du von Anfang an nachverfolgt hast. Oder hast Du irgendwann gemerkt: "Huch, jetzt habe ich aber viele Fotos... und überall sind Stonerrocker drauf... das reicht für ein Buch!"

Ein Buch war Plan von Anfang an. Die Fotografie ist das eine, da hat man ein Konzept, aber was dabei rauskommt, liegt ja nicht nur an dem Fotografen, sondern auch an den Personen, die vor der Linse sind. Die Gestaltung ist nun wirklich nicht mit einer Version zu machen. Es gibt viele Richtungen, in die man das Ganze treiben kann, viele Ansatzpunkte, viele Konzepte. Sackgassen sind gut, aber irgendwann muss man dann seinen Wohnungsschlüssel zum Fenster rausschmeißen und das Ganze zum Ende bringen.

Das kann ich mir vorstellen, diese Probleme bei der Auswahl oder der Gestaltung der knapp 230 Buchseiten! Was aber war die größte, nervigste Herausforderung dabei?

Die größten Herausforderungen waren wohl eher die Dinge, mit denen ich mich eigentlich nie beschäftigen wollte bzw. dann eben musste: Geld auftreiben, Werbung, Produktion und dann der Vertrieb. Bei mir sieht es aus wie in einer Post - gut, dass ich ganz früher mal Postangestellte werden wollte. Klebeband, Zettel, Verpackungen fand ich immer gut! Du hast ja bestimmt auch viel mit den Stonern gesprochen.

Nach einigen Aussagen ehemaliger KUYSS-Mitglieder, die ich gelesen und gehört habe: Hast Du da auch gespürt, dass diese sich alle nicht mehr sehr wohl gewogen sind? Wenn ja, wo ist das Problem, was denkst Du?

Ei, man kennt das doch, bist du noch mit all den Leuten aus deiner Grundschule befreundet?

Kyuss Live

Haha, nein, du hast recht, ist auch gut so. Hast Du eigentlich nach all den Jahren noch dieses KYUSS-Gefühl? Was hältst Du von den Reunion-Bestrebungen und All-Stars-Projekten? Stecken da Geldsorgen dahinter?

Klar hab ich das noch! Bei mir hat sich das Gefühl nur verändert durch den persönlichen Kontakt. Ein sehr schönes Zitat ist übrigens: "Through the difference between what can be seen and what we cannot resist to image behind it, the mystery is built." Und da kann ich auch gleich noch ein gutes Buch empfehlen: Simon Reynolds - "Retromania". Solange man Spaß daran hat und es Leute gibt, die einem quasi Geld dafür geben, warum nicht. Das wird vielen nicht anders gehen, egal in welcher Branche, außer sie haben ein großartiges neues Projekt und Zeit und Geld dafür.

Welche Projekte dürfen wir in naher Zukunft von Dir erwarten? Was würdest Du sehr gern noch realisieren?

Ein neues Buch, aber psscht, will noch nicht darüber sprechen, ok? Wird wohl noch zwei Jahre dauern. Realisieren will ich noch eine ganze Menge. Die Welt ist groß und die Liste von Dingen, die ich noch machen will, bevor ich das Zeitliche segne, ist laaaang...

Noch eine naive Frage zum Schluss: Gibt es oft Verwechslungen mit der "Super-Nanny"? Nervt Dich das? Wird es denn je eine Fotoserie "Katrin Saalfrank zeigt Katharina Saalfrank" geben? :-)

JA! Anfangs fand ich das ganz gut, weil plötzlich jeder meinen Nachnamen schreiben konnte. Verwechslungen gab es nicht, außer: "Seid ihr verwandt?!" - "Warum?" - "Weil du auch braune lange Haare hast." Ja,was soll man dazu sagen? Es gibt auch KATRIN Klopapierrollenhalter... Kenn ich nicht...

Was wünscht Du Dir für 2014?

Ich will nach Mexiko!!! Die Liste kürzen...

Wir wünschen Dir auf jeden Fall alles Gute! Danke für Deine Zeit!

Danke, das wünsch ich Dir auch!

Bjork bekifft

Das Buch "Freedom Run - From Kyuss lives to Vista Chino" kann hier bestellt werden.

Redakteur:
Mathias Freiesleben

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