VOGELFREY: Interview mit Sänger Jannik

27.09.2014 | 09:10

Die Mittelalter-Metaller VOGELFREY haben gerade das zweite Mal auf dem Wacken Open Air gespielt und das dritte Album ist bereits in der Mache. Wir sprachen mit Sänger Jannik über das Bandleben und zukünftige Pläne der Durchstarter.

Jakob:


Für alle, die euch trotz eures dichten Tourplans und des Songs '6 Vaganten' nicht kennen: Stell die Band doch mal kurz vor und was ihr so macht.

Jannik:

Moin, ich bin Jannik, der Sänger der Band. Meine Bandkollegen sind: Dominik am Schlagzeug, Chris am Bass - das sind auch gleichzeitig die drei Gründungsmitglieder - Dennis an der Gitarre, Alex an der Geige und Johanna am Cello.

Auf wann gehen denn die Gründungsjahre zurück?

Wir haben die Band 2004 gegründet, es war glaube ich März. Wir sind also seit über zehn Jahren am Start, zählen aber erst ab dem ersten Gig 2006, also knapp zwei Jahre nach der Gründung. Wir haben etwas Zeit gebraucht, um die richtigen Leute zusammen zu suchen und halt natürlich auch um erstmal überhaupt Songs zu schreiben und unseren Stil etwas ausarbeiten zu können. Das ist, glaube ich ganz gut so, denn viele junge Bands gehen auf die Bühne und spielen eigene Songs, die fast noch klingen wie die Coversongs, die sie danach spielen (lacht). Unseren ersten Gig haben wir mit fünf eigenen Songs gespielt, wo die VOGELFREY-Signatur auch schon erkennbar war. In zwei Jahren feiern wir dann das 10-jährige Bühnenjubiläum.

Jetzt musst du mir noch verraten, was ihr macht. Wofür steht VOGELFREY für dich?


Als wir die Band gegründet haben, waren wir von den üblichen Bands des Genres beeinflusst. Zu der Zeit habe ich gerade angefangen IN EXTREMO zu hören, SCHANDMAUL, SUBWAY TO SALLY, dadurch kam die Idee zustande, nur wollten wir den Stil halt mit größeren Metal-Einflüssen garnieren, sozusagen einen größeren Metal-Einschlag haben und es nicht genauso machen, wie unsere damaligen Vorbilder. So entstand das Ganze und dafür steht VOGELFREY auch glaube ich nach wie vor.

Ja, das gefällt mir auch an euch im Gegensatz zu anderen Mittelalter-Kombos besonders, dass ihr das Versprechen, Metal mit Mittelalter zu mischen, einlöst. Was sind denn die musikalischen Einflüsse der Bandmitglieder, soweit bekannt?

Bei mir ist das ganz klar RAMMSTEIN. Das ist meine Lieblingsband seit ich neun war. Das hat auch seine Spuren hinterlassen, was man einigen Songs auch sicher anhört, denke ich. Chris hat früher viel Deutschrock- und Punk-Sachen gehört, war oder ist auch ein großer DIE ÄRZTE-Fan. Alex bringt die Klassik rein - wo ich mir RAMMSTEIN-Poster hingehängt habe, hat er sich wahrscheinlich MOZART aufgehängt (lacht). SCHUMANN ist ein großer Einfluss für ihn und er mag diverse andere Komponisten, die ich aber nicht unbedingt alle auswendig weiß. Die erste Metalband war für ihn glaube ich CRADLE OF FILTH. Früher war bei Dennis, Chris und mir auch ganz stark CHILDREN OF BODOM angesagt. Johanna ist METALLICA-Fan und steht auch sehr auf das Projekt vom ehemaligen Basser, Jason NEWSTED. Dennis ist mittlerweile eher auf so einem Djent-Trip [viele Grüße an dieser Stelle, JE] und hört viel progressive, aber auch elektronische Musik. Er möchte auch ein Projekt in die Richtung starten. Bei Dominik sieht es musikalisch ähnlich aus wie bei mir. Er steht zur Zeit auf OOMPH! allerdings hat er früher auch viel Hip Hop gehört, was jetzt bei Chris wieder los geht. Dauerbrenner im Tourbus ist bei uns DEICHKIND!

Ein bunter Haufen! Zu aktuellen Ereignissen: Ihr habt gerade das zweite Mal auf dem Wacken Open Air gespielt. Wie war das für dich, auch im Vergleich zu 2012?

Ich fand es sogar noch 'ne ganze Ecke cooler als 2012. Das fing erstmal mit der Hotelunterbringung an, was natürlich mega entspannt war (lacht). Außerdem konnten wir diesmal einfach spielen, ohne uns über Kameras Gedanken zu machen - wir arbeiten ja immer noch an der verfluchten DVD...

...Da kommen wir noch zu!

Den ersten Tag, an dem die meisten Leute kommen, konnte ich jetzt mehr genießen, da ich mich nicht auf Performance-Geschichten und Kameras konzentrieren musste und dadurch viel mehr realisieren konnte, wie verdammt viele Leute das sind. Wir haben mehr Show-Einlagen gemacht und sind auch generell anders an die Vorbereitung rangegangen. Vor zwei Jahren haben wir 14 Tage lang jeden Tag geprobt, diesmal haben wir ein konzentriertes Wochenende gemacht, was wesentlich effektiver war und haben die Show sorgfältig geplant. So hatten wir dieses Jahr das erste Mal eine lebendige Fee auf der Bühne, die mir erst meine Instrumente bringt und später mit dem Speer aufgespießt wird, dazu war auch wieder der Henker dabei, der mich auch 2012 schon versucht hat aufzuknüpfen. Insgesamt waren wir topfit, es waren noch mehr Leute da, die Vorbereitung war besser und ich hatte sogar Zeit mehr Bands zu sehen als 2012, obwohl wir damals vor Ort gecampt haben. Perfekt!




Eure Alben "Wiegenfest" und "12 Schritte zum Strick" liegen jetzt ja vier bzw. zwei Jahre zurück. Wie würdest du sie voneinander abgrenzen? Was sind deine Lieblingstracks?

Ich würde sagen, dass "Wiegenfest" noch ein bisschen fieser oder roher und insgesamt nicht so tanzbar ist wie "12 Schritte zum Strick". Auf der zweiten Scheibe ist der Sound aber wesentlich fetter und Heavyness ist definitiv nach wie vor vorhanden. 'Freitod' vom zweiten Album ist glaube ich der metal-lastigste Song von uns. Wir waren uns damals beim Proben nicht sicher, ob das passen wird, aber im Endeffekt hat es bestens funktioniert. Auf "Wiegenfest" wird noch häufiger Krieg und dergleichen thematisiert, während "12 Schritte zum Strick" auch lustigere Themen hat und insgesamt eher die Intention verfolgt, die Leute in Bewegung zu versetzen. Bei der nächsten Platte wird es wieder etwas anderes. Lieblingsongs...live spiele ich 'Lindwurm Massker' sehr gerne, 'Flamme bin ich sicherlich' finde ich auch auf Platte sehr geil und ist auch sonst ein interessanter Song, da er das Riff-lastige Metalzeug mit Klassik verbindet. Die Songs, wo ich auf der Bühne instrumental nichts machen muss, wie 'Der Tusch!' machen auch immer Spaß, da ich mich viel bewegen und mit dem Publikum interagieren kann. 'Sommer', eine Ballade vom zweiten Album, finde ich auch immer wieder schön, aber live passt der Song halt nicht immer.

Macht ihr eigentlich alles selbstständig oder bekommt ihr Unterstützung, in welcher Art auch immer?


Wir haben immer viel selber gemacht, aber die beiden Platten haben wir über Trollzorn/SMP Records rausgebracht. Bei der nächsten Platte ist das noch nicht ganz klar.  Ansonsten haben wir bei einem Verlag unterschrieben, der uns viel hilft und machen den Rest zur Zeit alleine. Das soll nicht unbedingt immer so bleiben, aber wir wollen da nichts überstürzen. Mal gucken, was die Zukunft bringt!

Apropos Zukunft: Was sind die nächsten Pläne für VOGELFREY? Wie steht es mit der DVD? Und gibt es bereits Ideen und Pläne für das dritte Album? Ihr habt ja auf dem Wacken einen neuen Song gespielt... Plauder doch mal ein bisschen aus dem Nähkästchen!

Erstmal steht die DVD an, die auch fast fertig ist. Da machen wir auf jeden Fall drei Kreuze, wenn das durch ist. Am Anfang hat alles super geklappt, aber dann haben wir uns in dem Projekt ein bisschen verrannt, das kann man ja mal ganz klar so sagen. Wir konnten im Vorfeld nicht einschätzen, wie viel Arbeit das wirklich ist und haben uns das nicht so aufwändig vorgestellt. Vor allem das Bonus-Material nahm viel Zeit in Anspruch. Die Kohle, die wir dank unserer treuen Fans beim Crowdfunding eingenommen haben, reicht gerade für das Nötigste, so wurde die DVD natürlich extern professionell gemixt und geschnitten. Es war aber kein Geld mehr übrig, um das Bonus-Material erstellen zu lassen, was aber meiner Meinung nach sehr wichtig ist, denn davon lebt so eine DVD. Wir haben jetzt bestimmt 90 Minuten allein an Bonus-Material zusammen: Einen sehr lustigen Wacken-Backstage-Abenteuer-Film und einen zehnminütigen Film mit dem Titel "Familienalbum – Unsere schönsten Erinnerungen", der den Zuschauer die Highlights unseres alltäglichen Tourwahnsinn erleben lässt. So ist es wirklich im Tourbus, wenn man zum Beispiel acht Stunden nach Bayern fährt und nichts zu tun hat (lacht)!  Dazu gibt’s noch "Behind the Songs", eine Interviewreihe mit Chris, Alex und mir, über die Hintergründe der Songs auf der DVD. Da können sich unsere Fans definitiv auf was freuen!  Das hat aber eben länger gedauert als gewollt.  
Wir haben nun alles zusammen und hoffen ganz bald einen Release-Termin bekannt geben zu können. Parallel schreiben wir an den neuen Songs, die immer mehr Gestalt annehmen, damit haben wir schon im Frühjahr mit einer Intensiv-Songwriting Woche auf Sylt begonnen. 'Tandaradei!', der Song, den wir in Wacken gespielt haben, habe ich allerdings schon vor zwei Jahren angefangen. Der lag immer unfertig rum und nun habe ich ihn fertig gestellt und coolerweise ist er auch gut angekommen. Dieses Jahr soll noch aufgenommen werden, so ist zumindest der Plan - seid der DVD bin ich lieber etwas vorsichtig mit derartigen Formulierungen. Das Songwriting ist in der heißen Phase und man kann sich auf einiges gefasst machen. Ich würde sagen, es wird noch eine Spur konsequenter (lacht). Wir freuen uns schon drauf, demnächst die neuen Songs zu spielen! Und dann sind wir noch dieses Jahr auf Tour als Support für FEUERSCHWANZ. Das wird bestimmt witzig! Da wir beides Bands mit Showeinlagen und gewissen theatralen Elementen sind, ist das glaube ich eine gute Kombination.

Und wo siehst du VOGELFREY in zwei und in fünf Jahren?

Wenn wir erfolgreich sind, müsste ich theoretisch in zwei Jahren tot sein, da ich dann 27 werde. Unser langfristiges Ziel ist es natürlich, von der Band leben zu können. Vielleicht ist das in fünf Jahren sogar schon machbar. In zwei Jahren werden wir auf jeden Fall eine dritte Platte draußen haben, vielleicht auch eine DVD (lacht). Ich denke auch, dass wir unsere Fühler weiter ins Ausland ausstrecken werden, vielleicht ja auch mal nach Südamerika, wo wir laut Facebook anscheinend schon Fans haben. Mit FEUERSCHWANZ geht es schon mal nach Österreich und vor kurzem waren wir zum dritten Mal in Holland. Einige Weichen gilt es aber schon noch zu stellen - gehen wir vogelfrei ans Werk und bringen unsere Sachen selber aus, was heutzutage ja durchaus eine abwägbare Option ist, oder wenden wir uns größeren Labels zu oder wird es doch das idealistische Indie-Label? In zwei Jahren werden wir es auf jeden Fall wissen. Und in zwei Jahren sind wir auch hoffentlich wieder in Wacken, wer weiß. In fünf Jahren sind wir dann heroinabhängig und die meisten von uns sind tot [Interviewer lacht].

Redakteur:
Jakob Ehmke

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