TURISAS: Interview mit Olli

31.03.2008 | 14:29

Am Ostersonntag gastierte das Ausnahme-Package von TURISAS und NORTHER in der deutschen Hauptstadt. Grund genug um die Ostereier links liegen zu lassen und Kreuzberg einen Besuch abzustatten und sich mit TURISAS-Teufelsgeiger Olli über die laufende Tour, Pläne zur neuen CD und Osterhasen zu unterhalten. Und ab dafür...

Enrico:
Hey Olli, wie geht's dir?

Olli:
Ein wenig müde und wie du an meinem Schal erkennen kannst, auch ein wenig erkältet.

Enrico:
Wie läuft die Tour?

Olli:
Ganz prima. Zunächst lief alles eher langsam ab und eh wir uns versehen konnten, sind wir in der dritten oder vierten Woche. Zuerst hatten wir die Shows in Großbritannien, dabei bis auf London eher kleinere Städte und die Zuschauerreaktionen waren wirklich prima. Es waren kleine Clubs mit einem Fassungsvermögen von 300 bis 500 Leuten, aber dafür war die Stimmung sehr intim. Viele kamen mit Gesichtsbemalungen, so dass alle ihren Spaß hatten. Danach kamen die ausverkauften Shows in Holland und jetzt sind wir, bis auf einen kurzen Zwischenstopp in der Schweiz, in Deutschland. Es ist ja unsere erste Headliner-Tour in Europa und wir sind alle mächtig glücklich darüber. Besonders in der Schweiz war es toll. 700 Fans waren bei der Show und haben total verrückte Dinge gemacht. Auch da war es sehr familiär, die Leute hingen fast über den Monitorboxen – ein irrer Gig.

Enrico:
Wo siehst du die größten Unterschiede zwischen den Support- und den Headliner-Shows? Seht ihr euch einen gesteigerten Druck ausgesetzt?

Olli:
Irgendwie schon, immerhin kommen die Leute ja diesmal wegen uns und nicht wegen dem Headliner. Alles liegt jetzt an uns und wir sind verantwortlich dafür, dass die Fans etwas für ihr Geld bekommen. So gesehen ist es als Support einfacher, jedoch musst du immer kämpfen, da viele Fans einen Scheiß von dir halten. Ein Headliner-Posten ist natürlich auch von Vorteil, weil du mehr Rechte hast.

Enrico:
Klar, du bist der King jetzt.

Olli:
Haha, ja genau, man behandelt dich einfach besser. Wir sind sehr glücklich darüber und fühlen uns auch bereit diesen Schritt zu gehen. Die Locations sind voll und wir fühlen uns momentan einfach am richtigen Ort zur richtigen Zeit.

Enrico:
Wie war es, erst vor wenigen Monaten mit ICED EARTH zusammen Berlin zu rocken? Immerhin musstet ihr vor einem Haufen treuester Heavy-Metal-Fans ran.

Olli:
Das war schon okay, doch man sieht dabei auch, dass die Fans hier sehr oft tolle Shows präsentiert bekommen. Nehmen wir Exeter in England, wo solche Bands wie wir nur ein oder zwei Mal im Jahr spielen, da sind die Fans natürlich etwas anders drauf, immerhin freuen sie sich meistens schon eine lange Zeit, dass sie mal wieder in den Genuss einer Metalshow kommen. Berlin war schon cool, obwohl wir auch jede Menge kämpfen mussten, um das Publikum auf unsere Seite zu ziehen. Da waren besonders die Holland-Gigs großartig, bei denen die Fans total ausgeflippt sind, obwohl sie uns gar nicht kannten.

Enrico:
Na ja, in Holland kann das auch an anderen Dingen liegen.

Olli:
Haha, das kann natürlich auch sein.

Enrico:
Ihr habt vor einiger Zeit mit 'Rasputin' eine sehr unterhaltsame Version des BONEY M-Klassikers herausgebracht. Woher stammte die Idee?

Olli:
Die Idee stammt ursprünglich von Mathias. Nachdem wir eine Diskoversion des Tracks von einer kitschigen Coverband gehört hatten, wollten wir das mal auf unsere Art spielen. Dies spielte sich aber alles noch um 2000 bzw. 2001 ab und dann, fünf oder sechs Jahre später haben wir es dann in die Tat umgesetzt. Da steckte kein großer Plan dahinter.

Enrico:
Gab's keine Befürchtungen, dass gewissen Hardcore-Fans mit diesem Track ein Problem haben könnten?

Olli:
Ich glaube, dass wir noch an einem Punkt in unserer Karriere sind, wo wir noch viel ausprobieren und experimentieren können.

Enrico:
Und warum musste Mathias im dazugehörigen Video wie ein Zuhälter aussehen?

Olli:
Haha, er sollte einfach den kitschigen Nachtclubbesitzer spielen, mit den ganzen Mädels im Arm. Er war sozusagen der Rasputin. Den Erfolg hatten wir auch nicht geplant, es war einfach ein großer Spaß für uns.

Enrico:
Wie wichtig ist euch der visuelle Aspekt mit den ganzen Kostümen?

Olli:
Es ist schon ein sehr wichtiger Bestandteil. Die Musik würde auch ohne dieses starke Gimmick funktionieren, aber die Kostüme und das ganze Zeugs bescheren dem Hörer gewissen Bilder, die Hand in Hand mit der Musik gehen. Was wir natürlich nicht wollen, ist, dass die Leute uns nur als ein Gimmick wahrnehmen. Die Bemalung ist schon wichtig und es ist auch witzig, wenn ein Rockmagazin wie Kerrang! ein Osterspezial heraus bringt und gefärbte Eier mit den Gesichtern berühmter Rockstarts wie Serj Tankian oder Dave Grohl herausbringt und du gleichzeitig unseren Sänger siehst, der wiederum aussieht als wäre er ein Osterei, haha.

Enrico:
Wie lange braucht ihr um in die Klamotten zu steigen?

Olli:
Mit der Zeit lernt man die Teile schneller anzulegen, im Moment braucht es circa eine Stunde um uns komplett optisch zu verwandeln.

Enrico:
Entdeckst du einen Wandel an dir, ein Veränderung deiner Selbst, sobald du das Kostüm angelegt hast?

Olli:
An sich ist das jetzt bei mir nicht so die große Veränderung, als dass ich mich jetzt für eine andere Person halten würde, als der Violinist. Ich denke da auch nicht groß darüber nach, ob ich jetzt zum Krieger werde, haha.

Enrico:
Aber das ist doch schon belastend mit diesen Kostümen zu spielen, oder?

Olli:
Ja, vor allem weil sie sehr schlecht riechen. Da ist meine momentane Erkältung sehr förderlich, weil ich den Gestank nicht ertragen muss. Es ist schon warm unter den Kostümen, aber auch nicht viel mehr als wenn du in einem T-Shirt spielst. Einzig wenn du schwitzt, läuft dir die Farbe im Gesicht herunter, was einem das Violinenspiel etwas schwerer macht.

Enrico:
Was war der Grund für dich Violine zu spielen?

Olli:
Keine Ahnung, mittlerweile spiel ich dieses Instrument seit über 20 Jahren, hatte dabei etliche Jahre eine Ausbildung in klassischer Musik, ohne jemals zu ahnen später ein Violinist in einer Metal-Band zu werden. Ich hab zwar Metal gehört, aber niemals in Erwägung gezogen, daraus eine Karriere zu machen. Ich hatte zwar auch einige Gitarrenstunden, wollte dann aber nicht das spielen, was eben alle Kids spielten.

Enrico:
Das letzte Mal als ich im "Kato" zugegen war, haben sich SATYRICON den Wolf gespielt und auf Grund extremer Sauerstoffknappheit geschwitzt wie Sau, so dass Satyr das Wasser die ganze Zeit am Arm herunterlief. Habt ihr spezielle Vorbereitungen, wie z.B. Saunagänge mit Kostümen?

Olli:
(lacht laut auf) Nee nee, so was haben wir nicht gemacht. Seit vier oder fünf Jahren schwitzen wir uns die Hintern wund, so dass wir da langsam Übung drin haben. Außerdem sind Klimaanlagen auch nicht immer so von Vorteil, da man sich eben auch leicht erkälten (hust) und die Stimme austrocknen kann.

Enrico:
Kommen wir kurz zu eurem aktuellen Album "The Varangian Way", wo siehst du persönlich die größten Differenzen zu "Battle Metal"?

Olli:
Zunächst einmal, dass ich einen größeren Einfluss auf die Scheibe hatte, dann das wir weniger Folk-Einflüsse und fröhlichen Saufnummern hatten. Für mich ist das Album persönlicher, da ich als Co-Autor, oder wie man das nennt, einen gewichtigen Anteil an der Entstehung hatte.

Enrico:
Hast du gewisse Bilder beim Komponieren im Kopf.

Olli:
Nicht direkt, ich bin an sich nicht der große Komponist und auch nicht so involviert, mehr derjenige der für Improvisationen verantwortlich ist. Mathias ist da ziemlich gut was solche kompositorischen Dinge betrifft.

Enrico:
Also laufen bei dir keine Filme vor dem Auge ab?

Olli:
Eher nicht.

Enrico:
Bist du ein Filmfreak?

Olli:
Nicht wirklich, denn ich kann mich schlecht konzentrieren, wenn ich mich auf eine Sache fokussieren muss. Daher sind Filme nix für mich.

Enrico:
Bist du zufrieden mit den Reaktionen der Fans und Kritiker?

Olli:
Auf jeden Fall, es ist schon interessant, die größte finnische Tageszeitung aufzuschlagen und dein Album unter den besten 100 Alben des Jahres 2007 zu finden, wobei alles vertreten war, von Kommerzmusik über Jazz bis hin zu klassischer Musik. Aber natürlich gibt es auch schlechte Kritiken, aber das gehört nun mal dazu. Wäre ja auch sonst sehr langweilig, wenn dich alle loben würden.

Enrico:
Gibt's Pläne für eine DVD-Veröffentlichung? Mittlerweile schmeißt ja fast jede Band nach einer Tour so ein Scheibchen auf den Markt.

Olli:
Von dieser Tour wird es definitiv keine geben. Es finden aber Gespräche statt, die den Frühling betreffen. Ich persönlich würde aber keine Aufzeichnung in einem kleinen Club für die erste TURISAS-DVD präferieren. Das sollte schon eine größere Produktion sein, irgendwann in der Zukunft.

Enrico:
Wie sieht's mit den Plänen für ein neues Album aus?

Olli:
Wir hoffen es nächstes Jahr veröffentlichen zu können. Durch die ganzen Tourneen kommen wir im Moment eher selten in die Stimmung, um an neuen Songs zu arbeiten. Mathias braucht da schon volle Konzentration und auch Zeit, die aber Mangelware ist, sodass das Album noch ein bisschen warten muss. Auf jeden Fall soll es nicht zu so einem langen Intervall wie zwischen erster und zweiter Scheibe kommen.

Enrico:
Wird es wieder ein Konzeptalbum?

Olli:
Das wird sich erst zeigen. Der letzte Song auf "The Varangian Way" könnte als Brücke dienen, aber lassen wir uns überraschen, wohin die Reise geht. Es wird auf jeden Fall kein "The Varangian Way II" geben.

Enrico:
Vor einigen Wochen gab es diverse News zum Verschwinden eures Akkordeon-Spielers Lisko. Was genau lief da ab?

Olli:
Haha, bei einer unserer Holland-Shows kam es dazu. Tja, er hat eine sehr eigene Persönlichkeit und verschwand auch schon bei Studioaufnahmen. Künstlerisch hat er es voll drauf, aber privat ist er etwas schwierig und daher im Moment eher neben als in der Band. Beim angesprochenen Holland-Gig kam er einfach nicht zum Flughafen. Lassen wir uns überraschen, wie es in Zukunft mit ihm weitergeht, hoffentlich zum Positiven, denn er ist ein wirklich toller Musiker. Jedoch sind wir auch mit seinem Ersatz, der 17-jährigen Netta, voll zufrieden.

Enrico:
Heute ist Ostersonntag, wie feiern finnische Metalheads diesen Tag?

Olli:
Normalerweise ist da nicht viel los, weil die meisten jungen Leute in ihren Colleges sind und viele Familien die Feiertage nutzen um Ski zu fahren. Daher sind die Städte meist sehr leer. Man futtert Lamm, trinkt Wein und singt Kirchenlieder, das Übliche eben.

Enrico:
Wird es für die Fans einige Osterspecials geben - Osterhasen (ihr wisst, was ich meine) und dergleichen?

Olli:
Wahrscheinlich nicht, soweit haben wir gar nicht gedacht, da wir oft gar nicht wissen, welcher Tag denn nun genau ist und in welcher Stadt wir gerade sind.

Enrico:
Also, was für einen Tag haben wir heute und in welcher Stadt befinden wir uns?

Olli:
Heute ist Sonntag, soweit ich weiß, und wir sind in Berlin.

Enrico:
Großartig!

Olli:
Also mit den Bunnys können wir nicht dienen.

Enrico:
Schade.

Olli:
Wir haben lediglich einige Milka-Hasen, haha, aber die bringen wir wohl besser nicht mit auf die Bühne. Aber wir könnten ein paar mechanische Enten auf die Stage holen, die sehen aus wie Hasen, haha.

Enrico:
Gibt's noch ein paar abschließende Worte für die Fans da draußen?

Olli:
Kommt und seht unsere Show! TURISAS funktioniert zwar auch auf CD, aber das Live-Erlebnis ist was ganz Besonderes, weil wir uns wirklich den Hintern aufreißen um euch Fans zu unterhalten. Also entweder sehen wir uns auf der Tour oder auf den Festivals im Sommer.

Enrico:
Rock am Ring zum Beispiel.

Olli:
Auf jeden Fall, jetzt kommen neben den Metal- auch die Mainstream-Festivals. Jedoch werden wir dort den Bossen nicht die *** ***.

Enrico:
Da wäre zum Beispiel der von James Hetfield von METALLICA.

Olli:
Wirklich? Ja, ich glaube, dass es auch sehr einfach wird in den Backstage-Bereich von James Hetfield zu gelangen und ihm den *** zu ***. Na mal sehen was passiert, wir sind alle sehr gespannt auf die Reaktionen einer Mainstream-Crowd. Bis dahin!

Redakteur:
Enrico Ahlig

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