THULCANDRA: Interview mit Steffen Kummerer

13.10.2021 | 13:59

THULCANDRA ist wieder da! Auf "A Dying Wish" gibt es sechs Jahre nach dem letzten Album wieder eine starke Mischung aus leicht melodischem Todesblei und finsterem Schwarzmetall zu hören. Das nahmen wir zum Anlass, mit Bandkopf Steffen Kummerer die letzten, auch schwierigen Jahre kurz Revue passieren zu lassen, mit ihm gemeinsam die Hintergründe zum vierten THULCANDRA-Album zu durchleuchten und einen kleinen Ausblick auf kommende Taten zu wagen.

Steffen, wie geht es euch und wie ist die derzeitige Stimmung bei THULCANDRA?

Wir sind wohlauf, sehen der Veröffentlichung unseres neuen Albums "A Dying Wish" in einigen Wochen [am 29. Oktober  - d. Red.] entgegen und spielen uns derzeit mit einigen Festivals, wie dem Party.San, Baden in Blut Open Air und Fimbul Festival, für die kommende Release-Tournee im Winter warm.

Es vergingen stolze sechs Jahre seit eurem letzten full-length-Album "Ascension Lost". Was ist in der Zwischenzeit bei euch passiert?

Für das letzte Album "Ascension Lost" war es möglich, mehrere Tourneen in Europa anzunehmen, darunter Konzertreisen mit OBSCURA, GOD DETHRONED, FRACTAL UNIVERSE, SECRETS OF THE MOON, DODHEIMSGARD, OUR SURVIVAL DEPENDS ON US, NAILED TO OBSCURITY und vielen Festivals sowie Einzelshows. Einige Änderungen in der Besetzung taten ihr übriges und die Zeit verging wie im Flug.

Mit den beiden Herren Delastik und ganz frisch auch Carsten habt ihr zwei neue Gesichter in den Reihen. Magst du mir sagen, warum sich seit der letzten Scheibe das Besetzungsrad doch erheblich drehen musste?

Unser Bassist Christian Kratzer verstarb im letzten Jahr durch einen Unfall, daher waren wir gezwungen die Band neu zu besetzen. Beide Ludwig-Brüder sind in andere Teile Deutschlands gezogen und haben sich aus der Metal-Szene zurückgezogen. Mit der aktuellen Besetzung arbeiten wir Hand in Hand, freuen uns auf jedes Konzert und produzierten das neue Album "A Dying Wish" gemeinsam.

Was lange währt… Nun ist es doch zu "A Dying Wish" gekommen. Ein Album, das ihr inmitten der Corona-Pandemie aufgenommen habt. Wie gestalteten sich die Arbeiten und wie lange habt ihr daran werkeln müssen?

Über etwa zwei Jahre sammelten wir Material, Fragmente, lose Ideen und teilweise ganze Songs, um ab der zweiten Jahreshälfte 2020 aktiv ein Album zu komponieren. Mit einer bis ins Detail ausgearbeiteten Vorproduktion und Notationen aller Instrumente buchten wir das Five Lakes Studio in München, um die Drums mit Thomas Taube aufzunehmen. Alle verbleibenden Instrumente wurden von mir in der Klangfabrik Landshut aufgenommen, um das Material in die Hände von Dan Swanö zu legen, der bereits Alben von OPETH, BLOODBATH, KATATONIA und DISSECTION gemischt und gemastert hat.

Gibt es ein übergeordnetes Thema zu "A Dying Wish" oder eine Art Storyline, die sich durch das Album zieht?

"A Dying Wish" wurde nicht als Konzeptalbum angelegt. Jeder Song steht für sich selbst und auch die Lyrics sind voneinander losgelöst.

Worin glaubst du liegen die musikalischen Unterschiede zwischen dem aktuellen Bollwerk und "Ascension Lost"? Wie hat sich – Hand aufs Herz – der Sound von THULCANDRA bis zum jetzigen Album entwickelt?

Unser musikalischer Rahmen wurde mit Gründung der Band 2003 bereits festgelegt und über die Jahre konstant verfolgt. Jedes Album unterscheidet sich und bietet neue Ideen und Ansätze. "Ascension Lost" fällt geradlinig und straight aus, während auf "A Dying Wish" viele Twin Guitars, unvorhergesehene Arrangements und gerade die Produktion selbst anders angelegt wurden. Wir bleiben unserem Stil treu und begeistern mit jedem Album eine größere Zahl an Fans, die unsere neuen Tracks genauso wohlwollend aufnehmen, wie Material, das bereits vor 15 Jahren veröffentlicht wurde.

Ich persönlich stehe ziemlich auf das Artwork der Scheibe – euer bislang bestes, wie ich finde. In welchem Zusammenhang steht es zur Musik, zu dieser frostigen Grundstimmung auf "A Dying Wish"?

Wir haben dem Künstler Ideen und Farbgebung vorgegeben, das eigentliche Motiv reiht sich nahtlos in unsere Veröffentlichungen ein und verbindet die bisherigen Artworks letztendlich. Gerade ein hochwertig gedrucktes Artwork, passend zu Vinylpressungen, beeinflusst die Wahrnehmung der Musik grundlegend. Musik, Texte und Artworks müssen in sich geschlossen sein, um eine Wirkung zu erzielen. Auch in diesem Bereich arbeiten wir seit unserem Debüt konsequent.

Ich finde generell eure Songs noch ein wenig zielstrebiger und kompakter – woran könnte es liegen, dass Songs wie 'Scarred Grandeur', 'In Vain' oder das bereits veröffentlichte, klirrend kalte 'Funeral Pyre' direkt beim ersten Durchgang knallen?

Beide Songs sind sehr unterschiedlich entstanden. 'Funeral Pyre' wurde über Monate hinweg immer wieder verändert, umarrangiert und in Zügen bis zur finalen Version neu komponiert. 'Scarred Grandeur' hingegen entstand sehr spontan und fühlte sich in der ungezwungenen, treibenden Art schnell als abgeschlossen an. Die Arrangements der einzelnen Stücke auf "A Dying Wish" wirken flüssiger als auf dem Vorgänger, während viele unterschiedliche Stimmungen innerhalb einer einzigen Komposition zum Vorschein treten. Die Vielschichtigkeit und Stimmungswechsel könnten dafür ausschlaggebend sein.

Ich habe es gerade kurz angedeutet: Die Atmosphäre auf eurem Viertwerk ist sehr frostig, eisig und dadurch eurem Artwork sehr nahe. War das von Beginn an eure Zielsetzung? Welche Rolle spielt generell diese Aura in eurem Sound?

Für THULCANDRA müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Wichtig zu nennen ist die Art und Weise der Aufnahmen und Produktion; wir polieren den Grundsound nicht. Der rohe, ursprüngliche Aspekt, der in Teilen dreckige, authentische Ansatz muss immer präsent bleiben, um die angesprochene Atmosphäre zu erzeugen. Artwork, Texte und Musik müssen ein stimmiges Gesamtwerk ergeben. In diesem Punkt arbeiten wir zielstrebig und ändern die Umsetzung nur in Details.

Produziert wurde das Album von Dan Swanö. Worin liegen die großen Vorteile, mit solch einer Szenekoryphäe zusammenzuarbeiten?

Dan Swanö bewies in den letzten 35 Jahren mit den verschiedensten Arbeiten, welche Bandbreite an Sounds er zusätzlich positiv beeinflussen und formen kann. Seine Produktionen für prägende Bands wie UNANIMATED, SACRAMENTUM, DISSECTION, MÖRK GRYNING und vielen mehr waren stilgebend und beeinflussten uns als Band seit den Anfängen vor fast 20 Jahren. Mit ihm zu arbeiten, erwies sich als angenehm und hocheffizient. Dan versteht den Sound einer Band binnen Minuten und schafft den passenden Grundsound binnen wenigen Tagen. Seine Jahrzehnte umfassende Erfahrung gepaart mit einem angenehmen Charakter half, "A Dying Wish" zu einem besonderen Album zu formen.

Ihr habt auch eine Live-Version von DISSECTIONs 'Night's Blood' aufgenommen. Welchen Einfluss hatte die Band im Generellen auf euch?

Der Livetrack stammt von unserer 15-Years-Anniversary-Show, die 2018 in unserer Heimatstadt organisiert wurde. Das Konzert wurde mit professionellem Audio- und Videoequipment mitgeschnitten, um den Fans, die es nicht mehr zum Konzert geschafft haben, einen Einblick in unsere Liveshow zu geben. Einige dieser Stücke wurden aufbereitet und bereits online gestellt. Auf 'Night's Blood' ist Christian Kratzer zu hören, dem wir posthum damit die Ehre erweisen möchten, auch Teil von "A Dying Wish" zu sein.

Ihr habt euch nach dem 1989er DARKTHRONE-Demo benannt, nicht wahr? Wie viel DARKTHRONE-Vibe steckt denn nach wie vor in THULCANDRA und wie gefällt euch das neue Album "Eternal Hails"?

DARKTHRONE schert sich nicht um Genregrenzen und liefert seit Jahrzehnten die eigene musikalische Vision ungefiltert und ungezügelt in unterschiedlicher Ausprägung ab. Ich persönlich kann jedem Album der Band etwas abgewinnen und habe höchsten Respekt vor ihrer Arbeit.

Mit THE SPIRIT geht es Ende dieses und Anfang nächsten Jahres auf gemeinsame Europatour. Was verbindet euch mit den Jungs und worauf können sich Fans beider Bands freuen? Was kann erwartet werden?

THE SPIRIT ist eine Band mit Feuer, die ich nicht nur musikalisch sehr schätze und ich freue mich auf die gemeinsamen Konzerte. Für die Tournee konnten wir zum ersten Mal eine richtige Produktion ausarbeiten und werden damit den einen oder anderen überraschen. Bei einigen Konzerten laden wir zusätzlich noch Special Guests ein, die in den kommenden Tagen angekündigt werden.

Damit wäre ich auch am Ende meiner Fragen und möchte mich noch einmal bei euch vielmals bedanken und euch mit "A Dying Wish" und der anschließenden Tour alles Gute wünschen. Was möchtet ihr unseren Lesern und euren Fans noch mit auf den Weg geben?

Vielen Dank für die Unterstützung seit vielen Jahren, leiht euer Ohr "A Dying Wish" und besucht die Konzerte der Releasetournee 2021 und 2022!

Redakteur:
Marcel Rapp

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