THANATEROS: Interview mit Ben Richter, Jens Busch

01.01.1970 | 01:00

Das Interview mit THANATEROS entstand bereits Mitte November 2002, als die Sechs auf ihrer Mini-Tour durch Deutschland und Österreich einen Stopp in der Röhre Stuttgart einlegten (den Konzertbericht findet ihr unter http://www.powermetal.de/konzert/konzert-338.html). Jetzt, knapp zwei Monate später, steht die Veröffentlichung des Zweitwerks der Berliner ins Haus: „Circle Of Life“ wird pünktlich am 27.01.2003 in den Läden stehen und bestimmt Kenner des Debütalbums „The First Rite“ wie auch Neukonsumenten mit seinen starken keltischen Einflüssen überraschen.
In einem der Backstageräume der Röhre stellten sich zunächst bei einem gemütlichen Bierchen und umweht von jeder Menge Räucherwerk (hust) „nur“ Sänger Ben Richter und Gitarrist Jens Busch meinen Fragen rund um die neue Scheibe, Musik an sich, Mystik (einem tief in der THANATEROS’schen Musik verankerten Aspekt) usw. – mit der Zeit stießen jedoch noch Zweitgitarrero Karsten Kennert, Drummer Mario Ulrich und auch Tontechniker Uwe (? – ich und mein Namengedächtnis, d. Verf.) zu unserer kleinen aber feinen Gruppe, um sich eifrig am Gespräch zu beteiligen – es sei mir deshalb verziehen, wenn ich die Aussagen der Jungs ein wenig durcheinandergewirbelt haben sollte... .


Kathy:
Die erste Frage, die mir schon seit einigen Tagen auf den Nägeln brennt, ist folgende: Warum um alles in der Welt macht ihr denn jetzt schon diese kleine Blitztour, wenn euer neues Album doch erst im Januar 2003 veröffentlicht werden soll – noch dazu gänzlich ohne richtige Werbung und vorhergehende Promotion?

Ben:
Nun, es war so, dass die Veröffentlichung des Albums eigentlich für November 2002 geplant war. Daraufhin hat unsere Promotionagentur angefangen, die Tour zu buchen. Als wir uns dann aber entschieden haben, dass die CD später erscheinen soll – weil wir einfach noch ein bisschen Zeit brauchten – wurde die Tour komplett auf Januar/Februar verschoben, es gab aber halt einige Konzerte, die konnten oder wollten nicht mehr abgesagt werden. Diese Blitztour sind also sozusagen die Überbleibsel. Klar, dass das ziemlich ungünstig ist, die alte Platte ist schon ewig lang raus, die neue kommt erst, deswegen sind wir auch heute Abend ein bisschen auf Party eingestellt – mal kucken, was passiert.

Kathy:
Spielt ihr zum ersten Mal hier in der Röhre bzw. in Stuttgart?

Ben:
Also Jenne (Jens Riediger, Bass, Ex-Mitglied der DREADFUL SHADOWS – Anm. d. Verf.) hat glaub ich schon mal hier mit den DREADFUL SHADOWS gespielt, ich selbst bin zum ersten Mal hier und der Rest auch, glaube ich.

Jens B.:
Also der Saal ist echt OK, finde ich. Der Soundcheck war richtig klasse – that’s Rock n’Roll (lacht).

Kathy:
Wie ich gesehen habe, habt ihr eine Vorband dabei, nämlich KAMIKAZE 52. Die kenne ich nun überhaupt nicht – könnt ihr mir ein bisschen was über sie erzählen?

Ben:
Die Sängerin ist Asiatin und kommt aus Japan, das ist die Sui. Wir haben die mal mehr oder weniger per Zufall kennengelernt und ein Konzert zusammen mit ihnen als Support gespielt. Und wir fanden die Jungs und das Mädel ganz nett und fragten deshalb auch die Sui, ob sie nicht als Gast auf „Circle Of Life“ mitsingen möchte, weil sie ja eine sehr charismatische Stimme hat, und so kam das dann auch zustande, dass KAMIKAZE 52 uns nun wieder als Support begleiten.

Kathy:
Eure Band setzt sich aus Musikern zusammen, die früher bei verschiedenen Formationen wie beispielsweise EVEREVE, VERMILION FIELDS oder den DREADFUL SHADOWS tätig waren. Wie ist es im Endeffekt dazu gekommen, dass ihr euch alle bei THANATEROS getroffen habt?

Ben:
Es ist so, dass wir uns – mit der Ausnahme von Jens – schon sehr lange kennen und Freunde sind, also mit Drummer Mario und Karsten an der Gitarre hab’ ich zusammen bei VERMILION FIELDS gespielt. Dann haben die sich aufgelöst, auch die DREADFUL SHADOWS haben sich aufgelöst. Bei EVEREVE war es so, dass ich da keine Möglichkeit sah, mich irgendwie auszudrücken und ich habe da schon angefangen, das THANATEROS-Projekt auf die Beine zu stellen. Nachdem ich dann bei EVEREVE einen Schlussstrich gezogen habe und ausgestiegen bin, hab’ ich meine Kumpels gefragt, ob sie nicht Lust hätten auf THANATEROS, und die waren sofort Feuer und Flamme, denen hat die Musik voll gefallen. Dann haben wir noch Jens kennengelernt , der hat auch gleich super dazugepasst, und so kam die Band dann eben zustande.

Kathy:
Was macht, eurer Meinung nach, THANATEROS zu etwas besonderem, verglichen mit den eben angesprochenen früheren Bands?

Jens B.:
Es ist mal eine interessante, neue musikalische Mischung aus Metal und Rock mit irisch/keltischen Einflüssen.

Kathy:
Das bezieht sich jetzt aber nur auf die neue Platte, euer Debüt „The First Rite“ war ja ziemlich elektronisch beeinflusst.

Jens B.:
Nee nee, das war eigentlich so schon geplant, als wir die erste aufgenommen hatten, da konnten wir das halt noch nicht so umsetzen, das musste sich alles entwickeln. Da muss man kucken was geht und was es überhaupt für Musiker gibt, die so was spielen können. Das war gar nicht so einfach, Gott sei Dank haben wir da mit die besten aus Deutschland bekommen, MIDNIGHT COURT, die machen nur irische Musik und die haben wir über Ben dafür gewinnen können, mitzuspielen.

Ben:
Thematisch ist ja auch schon auf der ersten CD dieses Keltische leicht mit drinne, „Nemeton“ und „Immrama“, das sind ja alles keltische Titel, inhaltlich gesehen.
Für mich ist es halt, besonders im Hinblick auf die vorhergehenden Bands VERMILION FIELDS und EVEREVE so, dass ich das erste Mal die Musik, die ich fühle, spüre, mich ausdrücken und das umsetzen kann. Bei VERMILION FIELDS sind mir die Songs irgendwie nie so gelungen, bei EVEREVE war gar keine Chance, irgendwas einzubringen. THANATEROS ist für mich die Band, in der ich erstmalig meine musikalischen Vorstellungen mit eben diesen keltischen und irischen Einflüssen verwirklichen kann.

(In dem Moment erscheinen Karsten, Mario und Uwe von der Tontechnik in der Tür und gesellen sich zu uns.)

Kathy:
Um mal etwas genauer auf „Circle Of Life“ einzugehen: Als ich mir den ersten Song anhörte, dachte ich gleich „boah, das klingt ja voll nach ‚Braveheart’...“.
(allgemeines Gelächter)

Jens B.:
Dieser Stil soll auch beibehalten werden. Man darf gespannt sein, wie sich das weiterentwickeln wird.

Kathy:
Gibt’s dann live auch Instrumentalisten, die diese keltischen Melodien auf Geige, Dudelsack etc. spielen werden? Oder kommt das vom Band?

Ben:
Gut, wir haben schon Playback, Keyboardsounds – wir haben ja auch bei den neuen Songs immer noch elektronische Elemente mit dabei – kommen da vom Band. Noch zwei Keyboarder da aufzustellen, das wäre Blödsinn. Es hätte auch keinen Sinn, für eine Tour jemanden mitzunehmen, der dann grade mal mit seinem Instrument drei Minuten auf der Bühne stehen würde, so was kommt dann auch vom Band. Aber einen Live-Geiger, Christoph, haben wir ja schon dabei, mit dem irischen Dudelsack wird’s schwierig, den spielt man im Sitzen und da gibt es nur ganz wenige Leute, die diesen Dudelsack spielen können. Christian, der die Bagpipes auf der CD eingespielt hat, hat uns erzählt, dass es inzwischen eine Wartezeit von sieben Jahren auf dieses Instrument gibt, also wer den will, muss sich sieben Jahre vorher anmelden. Und der wird nur in Irland gebaut. Da wird’s bestimmt schwer werden, jemanden zu finden, der das live für uns macht, der Zeit und auch Spaß daran hat.

Kathy:
Was mich verwundert hat ist, dass neben der ganzen enthaltenen Keltik auf der Scheibe ein indisches Mantra in Liedform eingebaut wurde, nämlich „Gayatri“. Wie kam es dazu?

Ben:
Ich könnte jetzt natürlich anfangen mit Indo-Germanen und dass Kelten und Inder eigentlich auch zusammenhängen, aber das ist natürlich nicht der Grund. Die Sache ist einfach die, dass es vom Inhalt und vom Text zu dem passt, was wir aussagen und rüberbringen wollen. Dass Gayatri-Mantra kann man ansehen als eine Art von Gebet oder Lobpreisung an das Licht und die Kraft, die das Sein durchdringt. Durch das Singen des Mantras, so heißt es, kann man diese Liebe und diese Kraft auch in sich erwecken und hervorbringen. Und um das geht’s bei uns einfach, dass wir eben positive Kräfte wecken wollen und positives Denken fördern wollen.
Aber wie gesagt, es gibt auch wirklich musikwissenschaftliche Untersuchungen, die keltische mit indischer Musik vergleichen und da die Zusammenhänge herausarbeiten. Die Kelten sind ja ein indo-germanischer Stamm, und da gibt es einfach verwandtschaftliche Zusammenhänge.

Kathy:
Du scheinst dich sehr für solche Themen rund um Mystik und Völkerkunde zu interessieren... .

Ben:
Nun, ich habe Religionswissenschaften und Ethnologie studiert, dann mache ich grade eine Ausbildung im schamanisch-magischen Bereich und als Meditationslehrer.

Kathy:
Was machst du denn hauptberuflich, wenn ich fragen darf? Nicht Pfarrer, oder?
(allgemeines Gelächter)

Ben:
Neiiiiiiiin! Zwischen Religionswissenschaften und Theologie gibt’s ja Unterschiede, weil die Religionswissenschaftler versuchen, die Religionen wissenschaftlich zu erklären. Sie setzen nicht voraus, dass es Gott gibt, sondern sie versuchen zu erklären, wie der Mensch dazu kommt, daran zu glauben. Hm, hauptberuflich (kichert albern), ähem, was mach ich eigentlich grade... (unterdrücktes Prusten der restlichen Gruppe). Also, zum einen habe ich mit meiner Freundin eine Grafik-Agentur, dann leite ich jetzt auch ein Meditationszentrum, dann ist da ja die Band, und wenn das alles noch nicht reicht, dann habe ich noch einen Job, wo so ein bisschen Kohle reinkommt... Callboy! (Gelächter)

Kathy:
Das ganze Material für eure spirituell angehauchten Texte, woher nehmt ihr das, aus Büchern?

Ben:
Das sind so die Erfahrungen, die ich über jahrzehntelange Arbeit gemacht habe. Vor über zehn Jahren habe ich diesen magisch-schamanischen Weg für mich entdeckt, und was ich dabei herausgefunden habe für mich, die Entwicklungen, die ich mitgemacht habe, das verarbeite ich alles in den Texten.

Kathy:
Wir bei Powermetal.de geben für jede Platte, die wir reviewen, Anspieltipps an, also so zwei bis vier Songs, die der Hörer sich reinziehen sollte. Stellt euch vor, ihr wärt Redakteure bei uns, welche Titel von „Circle Of Life“ würdet ihr als Anspieltipps vorschlagen?

Ben:
Da wird bestimmt jeder von uns einen bzw. drei andere nennen. Also, mein Favorite im Moment ist „Pilgrim“, der gefällt mir zur Zeit am besten. Und als zweiten, hm, schwer zu sagen... „So High“.

Karsten:
„Tir Na n’Og“, also der zweite Track. Zweiter Favorit - wechselt auch immer - mittlerweile „Kernunnos“, davor war mein Liebling „Gayatri“, da konnte ich mich dran satthören..., weil’s so schön geklappt hat mit dem mehrstimmigen Gesang, da haben wir gezeigt, dass wir das auch können (lacht).

Jens B.:
Tjaaa, definitiv „Tir Na n’Og“ und dann schwankt es immer mal so zwischen „Falling Away“, das find ich inzwischen auch sehr interessant, und „So High“. Dann vielleicht noch „Power Of Thoughts“..., hm, was soll ich sagen, sind alle toll (grinst).

Mario:
Och, das ist bei mir so stimmungsabhängig, also ich zieh mir alles rein!

Uwe:
Also „Pilgrim“ ist für mich der absolute Hammersong, dann „Tir Na n’Og“ als zweiter, und „Gayatri“ hebt sich auch noch so ein bisschen ab, das ist einfach nur schön.

Kathy:
OK, bleiben wir bei diesem kleinen Spielchen: Stellt euch weiterhin vor, ihr seid Redakteure bei uns, welche Band würdet ihr dann am liebsten mal interviewen und warum?

Ben:
Oh Gott... . Bei mir wären es wohl NEW MODEL ARMY, mit denen würd ich mich ganz gern mal bei nem Bierchen unterhalten, weil ich deren Texte sehr interessant finde, da kann ich mich auch mit identifizieren.

Mario:
Für mich auf jeden Fall in erster Linie METALLICA, und mit den AC/DC-Jungs würd ich auch gern mal quatschen, weil ich mit denen halt großgeworden bin. Mit denen bin ich auch auf die härtere Schiene, sprich Rock und Metal, gekommen.

Jens B.:
Also ich hab festgestellt, dass ich mit meinen Heros gar nicht reden will, die sollen einfach so sein, wie sie in meinem Gehirn sind... .

(daraufhin bricht – unter viel Lachen – eine kurze Diskussion über entmystifizierte Vorbilder mit allerhand skurrilen Vorstellungen wie Pickel etc. los ;-) )

Kathy:
Also noch mal Jens, wer sind denn nun deine Heros?

Jens B.:
Nun, da wären auch METALLICA, AC/DC ebenso. Mit SAXON habe ich angefangen, Musik zu machen, die habe ich nachgespielt ohne Ende, hm, was sagt man denn dazu, Poser-Metal? (lacht) Hm..., und dann noch FIELDS OF THE NEPHILIM.

Karsten:
Ich würd gern mit dem Songschreiber von DEPECHE MODE, also Martin Gore, mal plaudern und mich austauschen, was seine Musik angeht etc. Jaaa, und ansonsten wären da noch SWANS, die gibt’s aber leider nicht mehr, da der Sänger Michael Gira jetzt ein anderes Projekt hat. Aber der ist einfach irre... .

Kathy:
Wie wird es bei euch die nächsten Wochen bzw. Monate weitergehen, was genau ist alles in Planung?

Ben:
Wenn das Album im Januar 2003 rauskommt, dann gibt’s erst mal eine richtige Tour...

Jens B.:
... , dann entern wir die Charts und gehen auf Welttournee (lacht).

Ben:
Also eine Support-Tour werden wir auf jeden Fall wieder angehen, dann auf jeden Fall aber auch eine eigene. Ansonsten wird höchstwahrscheinlich eine Single rauskommen, mit Video dazu.

Kathy:
Weihnachten und Neujahr stehen vor der Tür – wisst ihr schon, wie ihr die Zeit verbringen werdet?

Ben:
Hm, es kann sein, dass wir an Neujahr rum ein Konzert haben, wenn nicht, dann wird ich mit meiner Freundin zu ihren oder zu meinen Eltern fahren und gemütliche Tage verbringen.

Jens B.:
Ich wird wahrscheinlich umziehen... . Ich mach das immer so, ich zieh immer kurz vor Weihnachten um. Das Leben schlägt manchmal Haken (lacht).

Karsten:
Möglicherweise werde ich zu der Zeit in Prag sein, mal schauen.

Ben:
Ahhh, und an Silvester machen wir ja noch eine große Party in der Garage, mit Motto „Die 20er Jahre“ oder so was.

Jens B.:
OK, ich komm dann mit der Umzugsschürze... .
(Gelächter)

Kathy:
Soweit sogut – ich bin durch mit meinen Fragen, wenn ihr noch abschließende Worte habt, könnt ihr diese jetzt gern anbringen.

Jens B.:
Viel Spaß beim Hören der neuen Platte!

Redakteur:
Kathy Schütte

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