SUSPERIA: Interview mit Athera

01.01.1970 | 01:00

Einst gab es eine Black-Metal-Szene, die auf diesem Planeten einzigartig war. Die norwegische Szene hatte viele Downs, aber auch massig Ups. Gerade in letzter Zeit fehlen einem die Worte, wenn man sieht, dass solch stilistisch gelegene Acts Grammys gewinnen und für ihr musikalisches Schaffen gewürdigt werden. Im Land der musikalischen Finsternis erklommen DIMMU BORGIR und SATYRICON den Thron und begannen einen sagenhaften Triumphzug rund um die Welt. Inmitten dieses Teufelssumpfes entwickelte sich eine Band, die in der schwarzen Stilistik als bahnbrechend bezeichnet werden kann. Nicht weil sie in diesem Genre besser als andere wäre, sondern weil sie sich nicht einer musikalischen Richtung ausliefern will. Sie mischt schwarze Elemente, melodischen Death Metal, Thrash und puren Heavy zu einer unwiderstehlichen Mixtur, die in ihrer Direktheit schlicht und ergreifend atemberaubend ist. Im Zeichen der neuen Scheibe "Unlimited" versuchte Sänger Athera Licht in das endlose Dunkel der Band SUSPERIA zu bringen.

Alex Straka:
Hi Athera, zunächst einmal möchte ich dich etwas zur derzeitigen Black-Metal-Szene in Norwegen fragen. Einst war das Land ein nicht versiegender Quell des Schwarzmetalls. Wie sieht die Situation in Oslo und dem Rest des Landes heute aus?

Athera:
Hi zusammen, es gibt immer noch eine sehr große Szene hier oben. Ich glaube aber nicht, dass sich jede Band dem Black Metal verschrieben hat. Black Metal heißt immer noch die Quelle, aber die Bands variieren dieses Genre viel mehr. Die Situation ist die, dass viele Leute zur Gründung einer Band inspiriert sind und fest daran glauben, dass sie mit ihr wirklich etwas erreichen können. Das wiederum passiert im ganzen Land, mit dem Ursprung im Black Metal.

Alex Straka:
In meinem Review habe ich euch als Crossoverband beschrieben, die bahnbrechend in ihrer Stilistik ist. Am meisten denke ich dabei an die monströse Vokalleistung von dir, Athera, und die Arrangements, die wirklich keinem Genre zu einhundert Prozent zugeordnet werden können. Wie siehst du das?

Athera:
Ich überlasse es anderen Leuten unsere Musik zu beurteilen. Wir kreieren einfach nur Musik. Irgendwann auf unserem Weg haben wir unseren eigenen Stil und unsere eigene Identität gefunden, was sehr gut für uns ist. Weißt du, das passiert ganz natürlich. Wir haben jetzt eine Kombination an Leuten am Start, die gut miteinander harmonieren. Wir schauen nicht darauf, unbedingt Stilelemente bestimmter Genres zu verwenden. Meine Vocals und auch die Arrangements sind Bestandteil eines jeden von uns, der in das Songwriting integriert ist. Wenn ihr seht, dass wir als eine Einheit neue Wege beschreiten, ist das mehr als in Ordnung. Jede Band braucht ihre eigene Identität.

Alex Straka:
Eure Musik ist derjenigen anderer, stilistisch naher Bands nicht unähnlich. Mit dem Unterschied, dass ihr wesentlich häufiger in pechschwarze Gefilde und Thrashbereiche abdriftet. Ihr bevorzugt aber immer eine clean geshoutete Frontröhre. Diese Mischung funktioniert meiner Meinung nach blendend und macht eines eurer ganz persönlichen Stilmerkmale aus. Wie wichtig sind euch diese Kontraste und Details in der Umsetzung eurer Ideen und die Anerkennung durch die Fans?

Athera:
Ich sage nur: Folge einfach dir selbst. Der Stimme, die zu dir gesprochen hat, bevor du mit dem Songschreiben begonnen hast. Kopiere niemals einfach andere Bands. Diese Kontraste in unserer Musik harmonieren perfekt miteinander und sind die Quintessenz all unserer Einflüsse. Jede Band braucht und will Anerkennung für ihre Musik, auch wir. Es ist aber auch in der Entwicklung einer Band wichtig, dass die Mitglieder sowohl Individuen auf der personellen, als auch auf der instrumentellen bzw. musikalischen Seite sind. Sobald du versuchst zu kopieren, kannst du die ganze Sache vergessen.

Alex Straka:
Ihr seid so etwas wie eine Allstar-Band, die sich aus Mitgliedern diverser namenhafter Acts rekrutiert. Wie kam es zu dieser Zusammenkunft und zwangsläufig zu den Splits in den anderen Bands?

Athera:
Es war einfach Schicksal, es passierte einfach! Wir waren einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Sicherlich wissen die Leute bereits, dass alles mit mir begann. Ich traf Tjodalv vor einigen Jahren auf dem "Wacken Open Air" und er gab mir eine CD voller Musik. Ich mochte sie sofort, genauso Memnock und Elvorn, die mit mir zusammen in einer Band zockten. Der Rest ist Geschichte, hehe! Splits sind nicht ungewöhnlich und passieren ständig. Die Leute verändern sich mit der Zeit. Es ist eine Schande, wenn sich einflussreiche Acts zu solch Schritten durchringen. Aber sie alle haben ihre Gründe.

Alex Straka:
Norwegen ist kein großes Land. Wie ist die Solidarität innerhalb der Black-Metal-Szene?

Athera:
Ich denke, sie ist noch immer so, wie sie schon immer war. Ich war nie zu sehr darin involviert, aber die hiesigen Bands helfen sich durchaus untereinander. Man kann also von einer guten Solidarität innerhalb der Szene sprechen.

Alex Straka:
Black Metal ist nicht einfach nur eine Musikrichtung, sondern eine Lebenseinstellung. Athera, kannst du mir etwas über deine Lebenseinstellung berichten?

Athera:
Meine Lebensphilosophie heißt, eng verbunden zu sein mit SUSPERIA, und der Band dazu zu verhelfen, so erfolgreich wie möglich zu werden.

Alex Straka:
Was willst du mit SUSPERIA ausdrücken?

Athera:
Verschiedene Gefühle und Emotionen. Die Aggression steht dabei an einem Ende, die Ruhelosigkeit am anderen. In der Mitte ist der Tumult. Du solltest dazu in der Lage sein, SUSPERIA zu hören, egal welche Gefühle du dabei hast.

Alex Straka:
"Unlimited" wurde in zwei verschiedenen Studios aufgenommen, nachdem ihr eure letzte Scheibe "Vindication" in Peter Tägtgrens Abyss Studio eingespielt habt. Kannst du mir den Entstehungsprozess von "Unlimited" ein wenig näher bringen?

Athera:
Wir haben das Album in zwei verschiedenen Studios aufgenommen. Die Drums im Studio Fredman, das wirklich erstklassig für den Schlagzeugsound ist, wie wir ihn haben wollen. Die Jungs machen immer einen guten Job, wenn es darum geht, die Energie einzufangen. Den Rest der Aufnahmen erledigten wir im "Sobsonic Society"-Studio in Oslo. Wir arbeiteten dort mit Lars Klokkerhaug zusammen, einem richtig klasse Typen, der uns jede Menge half.

Alex Straka:
Wie entstehen eure Songs? Jamt ihr die Tracks im Proberaum zusammen, oder existieren bereits vorgefertigte Arrangements, die dann lediglich von allen eingeübt werden?

Athera:
Üblicherweise kommt Cyrus mit fertigen Songideen in den Proberaum. Er hat sein eigenes Heimstudio und kann seine Ideen leicht aufnehmen und sie dann der Band präsentieren. Bei "Unlimited" verschanzten wir uns in einer Hütte, die Memmnock in den norwegischen Wäldern besitzt. Sie liegt mitten im Nirgendwo, ganz friedlich. Wir nahmen einen Haufen Bier und einiges an Whiskey und Wein mit dahin und ließen uns einige Wochen Zeit mit dem Songwriting. Der Entstehungsprozess war ein sehr natürlicher. Jedes Bandmitglied hatte seinen Teil zum Gesamtgefüge beigetragen. Es war eine Erfahrung, die die Band zusammengeschweißt hat.

Alex Straka:
Kannst du mir etwas zu den Lyrics auf "Unlimited" erzählen?

Athera:
Die Texte handeln von meinen Erfahrungen. Von dem, was um mich herum geschieht. Von dem, was in der Welt geschieht. Sie basieren auch auf persönlichen Erlebnissen.

Alex Straka:
In meiner Rezension sehe ich Parallelen zwischen neumodischen Bands wie SOILWORK und euch, klassifiziere euch aber als direkter, weniger ausschweifend und der Rockmusik näher. Kannst du meine Einschätzung teilen?

Athera:
Ja, ich kann verstehen, was du meinst. Als wir mit unserer eigenen Musik begannen, wurden wir von unzähligen Genres beeinflusst. Erst nach und nach entwickelte sich der jetzige, uns sehr eigene. Gegenüber den anderen Acts sind wir einfach nur thrashiger.

Alex Straka:
Wie sieht es mit den Tourplänen für 2004 aus? Kommt ihr nach Deutschland, vielleicht sogar auf der Headlinerposition?

Athera:
Im Moment wird gerade eine große Europatournee geplant. Sie wird von September bis November gehen und uns auch nach Deutschland führen. Dort werden wir einen ganzen Haufen Freunde wiedersehen. Danach geht es noch zu diversen Festivals im skandinavischen Raum. Zurzeit haben wir gerade eine kleine Norwegen-Tour gespielt, die recht gut gelaufen ist.

Alex Straka:
Noch mal ein kleiner Exkurs zur norwegischen Black-Metal-Szene. Wie hast du die Entwicklung der Szene in den frühen Neunzigern erlebt? Warst du integriert und wie ist deine Einstellung heute dazu?

Athera:
Ich wuchs in der unmittelbaren Nähe dieser Szene auf und war daher durch sie beeinflusst. Das kann man ja auch an unseren frühen Alben deutlich hören. Heutzutage ist dieser Stil noch immer heilsam, auch wenn die Bands mittlerweile abenteuerlicher mit ihm umgehen.

Alex Straka:
Wie sieht dein persönlicher Musikgeschmack aus?

Athera:
Ich möchte eigentlich keinen einzelnen Künstler aussuchen. Ich höre viele verschiedene Stile. Musik ist eine variable Sache, so höre ich zum Beispiel SLAYER wegen der Aggression. Manchmal muss es aber auch etwas weit Softeres sein.

Alex Straka:
Als Letztes möchte ich eine realistische Einschätzung von dir, ob du mit SUSPERIA im amerikanischen Markt abgrasen kannst. Bands der sogenannten "neuen amerikanischen Härte" stehen dort derzeit hoch im Kurs. Könnt ihr davon profitieren?

Athera:
Warum nicht? Diese Bands haben für uns Europäer einige Türen geöffnet und eine Menge Leute dazu mobilisiert, aggressive Musik zu hören. In den USA wird unser Album von Candlelight rausgebracht. Wir haben große Hoffnungen, etwas vom Kuchen abzubekommen.

Alex Straka:
Athera, ich danke dir für das Interview. Ich wünsche euch viel Glück für 2004 und hoffentlich den Durchbruch mit "Unlimited". Verdient habt ihr es mit dieser Scheibe!

Athera:
Ich danke euch für euer Interesse an SUSPERIA und mir. Wir sehen uns on tour!


Redakteur:
Alex Straka

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