STYGIAN BOUGH: Interview mit Dylan und Jesse

26.12.2025 | 21:55

Westamerikanischer Funeral Doom in Vollendung. Wir haben bei BELL WITCH mal nachgefragt.

Mit "Volume II" hat das Gemeinschaftsprojekt des Funeral-Doom-Duos BELL WITCH und Erik Moggridge von AERIAL RUIN bereits sein zweites Album abgeliefert, was erneut eine Finsternis heraufbeschwört, die in ihrer Dichte wohl seinesgleichen sucht und den Hörer völlig vereinnahmt. Durch neun Stunden Zeitverschiebung gestaltete es sich schwierig, doch wir haben ein Bündel an Fragen über den weiten Atlantik geschossen und sogar das richtige Ziel getroffen. Dylan Desmond und Jesse Shreibman geben ein paar Einblicke in den Entstehungsprozess.

 

Hi Dylan und Jesse! Wie geht es euch, und wie laufen die Dinge bei euch? Es ist großartig, euch zum allerersten Mal auf POWERMETAL.de begrüßen zu dürfen!

Dylan: Schön, zum ersten Mal hier zu sein! Danke für die Einladung!

Jesse: Yo! Ich freu mich, hier zu sein.

Wie war bisher die Resonanz auf das neue STYGIAN BOUGH-Album? Seid ihr zufrieden mit den Reviews oder ist euch das eigentlich egal?

Dylan: Bisher scheint es so, als hätten die Leute Spaß an dem Album! Ich habe keine wirklichen Beschwerden gesehen, allerdings sind einige überrascht, dass Erik der einzige Sänger auf dem Album ist.

Jesse: Die Resonanz war wirklich gut, und ich liebe es, dass sich die Leute Zeit nehmen, es anzuhören. Besonders freut mich, dass viele die Produktion kommentiert haben … ich finde, Billy [Anderson, Produzent – KH] hat hier ganze Arbeit geleistet, und wir haben etwas geschaffen, auf das wir alle stolz sind.

Bevor wir über das Album sprechen: Erzählt uns doch, wie ihr euch kennengelernt habt und wie ihr beschlossen habt, zusammenzuarbeiten.

Dylan: Erik und ich haben uns irgendwann 2009 kennengelernt, und er gab mir ein frühes AERIAL RUIN-Demo. Ein Jahr oder so später gab er mir eine frühe Version von "Valleys Of The Earth". Dieses Album ist magisch und hatte einen riesigen Einfluss auf mich. Adrian Guerra (ehemaliger BELL WITCH-Drummer) und ich waren fest entschlossen, Erik irgendwie in unserer neuen Band singen zu lassen!

Jesse: Dylan und ich haben uns 2006 kennengelernt, während wir beide mit anderen Bands aus der alten Punk-/Metal-DIY-Szene getourt sind. Über die Jahre sind wir in Kontakt geblieben, haben viele Shows im ganzen Land gespielt, waren viele Jahre Mitbewohner, und schließlich bin ich um die Veröffentlichung von "Four Phantoms" 2015 herum zur Band gestoßen. Erik habe ich das erste Mal nach einer sehr langen Partynacht kennengelernt – und er stand in meiner Küche, haha! Ich denke, unsere Einflüsse sind alle sehr vielseitig, und wir teilen eine gemeinsame Liebe für schwere und experimentelle Musik.

Aber lasst uns über "Volume 2" von STYGIAN BOUGH sprechen. Obwohl mir "Volume 1" gefallen hat, fühlt sich "Volume 2" wie ein großer Schritt in eine neue Richtung an. Es ist jetzt nicht mehr BELL WITCH mit AERIAL RUIN – es fühlt sich fast wie eine andere Band an. Rückblickend: Wie seht ihr "Volume 1" im Vergleich zu "Volume 2"?

Dylan: Ich denke, "Volume 1" ist so etwas wie das erste Album einer neuen Band. "Volume 2" fühlt sich eher danach an, als würde diese neue Band nun wirklich als Einheit zusammenfinden und ihre Einflüsse mit einem anderen Maß an Erfahrung verbinden.

Jesse: Ich denke, "Volume 1" ist im klassischen Sinne ein kollaboratives Album … zwei eigenständige Einheiten, die zusammen spielen, dabei aber ihre jeweilige "Andersartigkeit" bewahren. "Volume 2" war bewusst stärker als Verschmelzung seiner Bestandteile gedacht. Dieses Album ist viel geschlossener in seinem Ansatz und klingt tatsächlich wie eine andere Band. Ich liebe es, dass du das auch so wahrgenommen hast – das bedeutet, dass wir erreicht haben, was wir uns vorgenommen hatten! Ich finde beide Alben auf ihre Weise großartig, aber ich bin sehr stolz auf das, was wir mit "Volume 2" erreicht haben.

Wenn ihr Musik für BELL WITCH schreibt, stelle ich mir vor, dass es immer eine 50:50-Entscheidung ist, ob ein Part im Song bleibt. Entweder ihr seid beide zufrieden oder er fliegt raus. Jetzt, wo Erik dazugekommen ist: Sprengt das euren demokratischen Prozess?

Dylan: Das sprengt den demokratischen Prozess komplett! Plötzlich gibt es drei starke Meinungen im Raum, und eine unpopuläre Meinung macht immer noch ein Drittel aus – was nicht immer bedeutet, dass etwas verworfen wird. Natürlich wollen wir, dass alles zusammenpasst, aber da wir aus sehr unterschiedlichen Richtungen kommen, kann das eine Herausforderung sein. Ich denke, wir haben das bei diesem Album ziemlich gut hinbekommen.

Jesse: Jede Band ist eine neue Dynamik. Dylan und ich haben eine sehr einzigartige und eingespielte Art zu schreiben, aber vor allem auch, verbal über Musik zu kommunizieren. Eine weitere Person im Raum verändert diese Kommunikationsweise zwangsläufig. Manchmal tut mir Erik leid, weil ich mir vorstellen kann, dass es eine schwierige Dynamik ist, in die man hineingeworfen wird. Anknüpfend an das, was Dylan gesagt hat: Das Interessante an STYGIAN BOUGH ist, dass es aus drei Menschen mit extrem starken Meinungen besteht, die es gewohnt sind, die Last mehrerer Bandmitglieder gleichzeitig zu tragen. Das bringt natürlich Herausforderungen mit sich, aber auch viele wirklich großartige Dinge entstehen genau daraus.

Nächstes Jahr kehrt ihr für eure erste Headliner-Tour mit STYGIAN BOUGH nach Europa zurück. Was können die Leute auf dieser Tour erwarten? Im Vergleich zu BELL WITCH dürfte das Zusammenstellen einer Setlist etwas schwieriger sein, haha.

Dylan: Die Setlist ist tatsächlich schwieriger! Wir denken darüber nach, uns hauptsächlich auf die Songs dieses Albums zu konzentrieren. Sie sind immer noch lang genug, um wenig Spielraum zu lassen, und da wir uns gerade auf diesen Albumzyklus fokussieren, ist es wichtig, diese Songs in den Mittelpunkt zu stellen. Zumindest vorerst.

Jesse: Moment … ich muss mehr als einen Song spielen?!

Obwohl ihr eine recht seltene, aber definitiv einzigartige Musik macht, die nicht für jeden ist, tourt ihr ziemlich häufig durch Europa. Wie erklärt ihr euch euren Erfolg mit dieser Art von Musik?

Dylan: Das überrascht mich selbst auch. Meine Philosophie ist, den Blick stets auf die ursprüngliche Vision des Projekts gerichtet zu halten, und je tiefer wir in dieses Loch hinabsteigen, desto mehr scheint sich ein Universum um uns herum zu erhellen – mit unzähligen Schichten und Dimensionen, die es zu erkunden gibt.

Jesse: Darüber denke ich oft nach… wie kommt es, dass die herausforderndste Musik, die ich je gemacht habe, gleichzeitig das größte Publikum hat? Ich glaube, weil sie für mich selbst eine Verbindung herstellt, glaubwürdig und authentisch ist – und dadurch auch andere berührt. Eines der Dinge, die ich am Älterwerden und am Weitermachen mit Musik am meisten liebe, ist, dass ich hören kann, wie sich meine Interessen und Einflüsse im Laufe der Jahre in meiner eigenen Kunst verändern. Wenn das, was ich mache, bei mir selbst einen Nerv trifft, habe ich Erfolg gehabt. Aus irgendeinem Grund nehmen sich Europäer besonders viel Zeit, die Musik, die wir machen, wirklich zu hören und zu verstehen … ganz zu schweigen von den unglaublich tollen Venues. Ich bin dankbar für jede Minute, die ich "drüben" verbringen darf.

Welche Musik hört ihr im Jahr 2025? Teilt gern ein paar eurer Lieblingsbands und -alben!

Dylan: In letzter Zeit höre ich viel ELIANE RADIGUE, ONE LEG ONE EYE, TZOMPANTLI, INCANTATION, ROIS, BACH, BLUT AUS NORD und CHOIR BOY.

Jesse: Ich höre aktuell SEA OLEENA, MIRRORRING, NATHAN SALZBURG, MASON LINDAHL, BLACK CURSE, EVOKEN, SANGRE DE MUERDAGO, CONWAY THE MACHINE und THE ALCHEMIST.

Vielen Dank für eure Zeit und dafür, dass ihr meine Fragen beantwortet habt. Ich werde euch nächstes Jahr in Dresden sehen und freue mich darauf, euch sehr bald wiederzusehen!

Dylan: Danke für die Fragen! Und wir freuen uns auf die Show in Dresden!

Jesse: Vielen Dank und bis bald!

 

Photo Credit: Emma Ruth Rundle

Redakteur:
Kevin Hunger

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