OF THE ARCHAENGEL: Interview mit Alex Rodrigues

15.02.2012 | 19:34

Eine agile Truppe aus Brasilien bereichert die südamerikanische Metalszene. Sänger und Bandleader Alex Rodrigues berichtet über den Werdegang seiner Band und Perspektiven in der brasilianischen Metalszene.

OF THE ARCHAENGEL, das ist der klangvolle Name einer brasilianischen Metaltruppe, die im vergangenen Jahr mit der Veröffentlichung ihres Albums "The Extraphysicallia" auf sich aufmerksam gemacht hat. Nach einer Demo-CD aus dem Jahre 2005 ist der aktuelle Longplayer das zweite Full-lenght-Album der Brasilianer, die gleichwohl bereits eine lange Wegstrecke im Metalgenre zurückgelegt haben.

"Wir haben 1992 noch unter dem Namen LETHAL CURSE begonnen", berichtet Sänger Alex Rodrigues, "97 brachten wir unser Debütalbum heraus, hatten eine Menge Gigs, von denen einige erinnerungswürdig sind, wie etwa die Tour mit ROTTING CHRIST 1998. Mit den Jahren haben wir unsere Lebensziele und die Intention, Teil der Metalszene zu werden, erreicht. Das war dann die Zeit, in der wir uns auf die Suche nach der Seele unserer Musik machten, um ein höheres Level zu erreichen."

Dies scheint gelungen, denn Alex und seine drei Mitstreiter haben bisher eine Menge positive Reaktionen auf "The Extraphysicallia" geerntet. Die ersten Reaktionen sind immer etwas Besonderes. Sie geben einen ersten Eindruck wieder und waren überraschend positiv.
"Wir haben enthusiastische Reviews aus der ganzen Welt erhalten mit dem Statement, dass wir dem brasilianischen Metal eine neue Perspektive gegeben haben und einige Stile clever neu bearbeitet haben" freut sich Alex, "und überwiegend wurden wir als ungewöhnliche Band bezeichnet, die in der überfüllten Gegenwartsszene etwas Neues zu bieten hat."
Derartige Reaktionen machen natürlich neugierig darauf, wer OF THE ARCHAENGEL eigentlich sind. Was ist die Idee hinter der Band mit diesem mystischen Namen? Alex erzählt dazu: "Die Idee hinter OF THE ARCHAENGEL ist es, unsere künstlerischen Ziele zu erreichen, die beste Performance als Musiker, Instrumentalisten und Komponisten zu erlangen und natürlich gute Unterhaltung für diejenigen zu bieten, die den Dark Metal und seine Subgenres lieben."
Stilistisch bedient sich OF THE ARCHAENGEL dementsprechend auch in unterschiedlichen Genres des Metals. So finden sich Elemente des  Thrash, dominierend sind aber Eindrücke aus dem Gothic. In welche Schublade die Kompositionen am besten passen, darüber gehen die Meinungen sicher auseinander. Alex findet: "Tatsächlich ist unsere Musik eine Fusion von Genres, angefangen bei grobem Metal bis hin zu einer anspruchsvolleren Art. Die Beschreibung vermittelt einen Eindruck dieses "gemischten Salates" für diejenigen, die unseren Sound noch nicht gehört haben. Aber unsere größte Leistung als Band war es, mit diesen unterschiedlichen Einflüssen so kunstvoll umzugehen, dass sich keine unerwünschten Nebeneffekte einschlichen. "The Extraphysicallia" ist ein Konzeptalbum, auf dem wir versuchen, unsere Gefühle, die wir bei diesem minimalistischen Experiment durchleben, auf die beste Art und Weise darzustellen."


Klassifizierungen und Schubladen interessieren den bodenständigen Musiker dabei nur in einer Hinsicht. "Es ist nicht so wichtig für mich, mit irgendetwas anderem identifiziert zu werden als mit Metal, aber mir ist klar, dass diese Klassifizierungen helfen, wenn man über Promotion und diese ganzen Sachen redet."

Etwas überraschend und damit auch jenseits aller denkbaren Schubladen mutet die Zusammenarbeit der Brasilianer mit dem griechischen Label Sleazy Rider an. Die Frage, wie man zusammengefunden hat, drängt sich da natürlich auf. Alex teilt diesen Gedankengang und erklärt:
"OF THE ARCHAENGELs Musik gehört nicht gerade zu den Top-Präferenzen des brasilianischen Metals. Überhaupt ist es nicht so einfach für irgendein Label in Brasilien, mit einer Band wie uns zu arbeiten und eine befriedigende Arbeit anzubieten. Wir brauchten ein bisschen mehr als das, was sie hier üblicherweise machen können und das war der ausschlaggebende Punkt als wir Sleazy Rider fanden."

Mit den Griechen verbindet die Brasilianer aber noch mehr als ihr aktuelles Label. So findet sich der namhafte Sakis Tolis von ROTTING CHRIST als Gastmusiker auf ihrer Scheibe, auf der er den Song 'Water Flows Through The Slimmy Walls' gestaltet hat. Alex berichtet, wie es zu der Zusammenarbeit kam.
"Wir waren 1998 zusammen mit ROTTING CHRIST auf Tour und haben seitdem Kontakt gehalten, da zwischen beiden Bands große Affinität besteht. Sakis Teilnahme passt in gewisser Weise in den Zusammenhang mit den Texten, bei denen er in der Dualität Licht/Schatten eine Rolle spielt.  Es war für uns extrem erfreulich, dass er erschienen ist. Die Zeit mit ihm gehört zu den Highlights der Aufnahmen. Seine Beteiligung an diesem Song hat massiv dazu beigetragen, dass der Song so fett klingt, wie er ist."

Aber nicht nur die Zusammenarbeit mit der ROTTING-CHRIST-Ikone hat die brasilianischen Künstler beflügelt. Auch die vergangenen Touren mit anderen namhaften Bands wie OPETH, DARK TRANQUILLITY und PARADISE LOST erweisen sich rückblickend als hilfreich, wenn es nun darum geht, die Aufmerksamkeit auf "The Extraphysicallia" zu lenken.
Alex meint dazu: "Diese Namen sind jetzt wichtig, nachdem das Album offiziell erschienen ist, mindestens für diejenigen, die diese Konzerte verfolgt haben, sei es durch persönliche Anwesenheit oder Werbung."

Neben der Musik verdient auch das Cover-Artwork des in Rede stehenden Albums besondere Aufmerksamkeit. Es wurde von Seth Siro Anton gestaltet, der damit offenbar auch bei der Band visuell den richtigen Ton getroffen hat. Alex jedenfalls ist noch heute von der finster anmutenden Darstellung angetan.
"Wir haben Seth  keine Vorgaben gemacht, weil das seine Interpretationen unserer Arbeit in unerwünschter Weise verfälscht hätte. Wir haben ihm lediglich den Albumtitel genannt und abgewartet, ob eine Intervention in seinen Arbeitsprozess erforderlich würde oder nicht. Aber glücklicherweise war das nicht nötig und ich muss feststellen, dass ich noch heute auf das Albumcover schaue und bei mir vermehrter Speichelfluss einsetzt (lacht). Kein Zweifel, die Verbindung zwischen Sound und Bild besteht und ist nicht nur auf das Cover beschränkt. Das möchten wir näher erforschen und ich glaube, es stärkt unsere Identität".

Unzweifelhaft dürfte OF THE ARCHAENGEL bereits jetzt die Identität der brasilianischen Metalszene gestärkt haben. Dass diese schon lange nicht mehr nur aus SEPULTURA besteht, ist unstrittig, auch wenn dieser Name immer noch als erstes assoziiert wird, wenn es um die Verbindung von Brasilien und Heavy Metal geht. Alex analysiert die brasilianische Metalszene wie folgt:
"Heutzutage ist KRISIUN ein wichtiger Name und es gibt gute Bands in allen Metal-Genres. Ich glaube, dass unsere Szene wächst. Es kommen immer neue Bands, viele davon arbeiten ernsthaft, gutes Material entwickelt sich. Brasilien ist auch immer häufiger Teil internationaler Touren, so dass eine Menge Bands aus der ganzen Welt hier jeden Monat spielen. Auf der anderen Seite hat diese Entwicklung allerdings auch eine Art Desinteresse an unseren eigenen Bands hervorgebracht, was die Sache wieder ziemlich kompliziert macht."

Nichtsdestotrotz hat Alex selbst mit seiner Band durchaus größere Ambitionen, so dass sogar Hoffnung besteht, die Truppe einmal in europäischen Gefilden zu sehen. "Sehr bald werden wir eine Single und ein neues Musikvideo herausbringen. Auch wollen wir so viele Gigs spielen wie möglich. Und wir würden es tatsächlich begrüßen, eine Europa-Tour zu machen. Das ist ein großer Wunsch von uns. Alles, was wir dazu brauchen, ist ein passendes Angebot und wir würden definitiv zugreifen."

Demensprechend wünscht sich Alex natürlich den Support der deutschen Fans und verweist auf die Internetpräsenz von OF THE ARCHAENGEL: www.facebook.com/ofthearchaengel und www.ofthearchaengel.com.

Dem sympathischen Bandleader ist zu wünschen, dass seine Vorhaben sich bald realisieren lassen.




Redakteur:
Erika Becker

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