NEVERMORE: Interview mit Jim Sheppard

01.01.1970 | 01:00

NEVERMORE haben ja mit ihrem letzten Album "Dead Heart In A Dead World" einen Volltreffer gelandet und sind hierzulande richtig gut damit angekommen. Der Auftritt bei der Metal Odyssey mit diesen anderen großen Bands (DIMMU BORGIR, IN FLAMES, LACUNA COIL) untermauert diesen Erfolg. Ich traf mich vor dem Konzert in Zwickau mit Bassist Jim Sheppard, um mit ihm ein wenig über die Band zu plaudern.
Den kompletten Konzertbericht gibts übrigens unter:
http://www.powermetal.de/konzert/index.php?berichtid=131


Stephan:
Wenn ich richtig informiert bin, habt ihr gestern eine Szene für die deutsche Krimiserie "Tatort" gedreht. Ist das richtig und wie kam es dazu?

Jim:
Eigentlich war es Yvette Uhlmann (Mitarbeiterin bei der Plattenfirma Century Media - Anm. d. Verf.), die das möglich gemacht hat. Es war... (schaut etwas irritiert in Richtung Yvette, die noch im Tourbus herumwuselt) ...ich weiß nicht, Yvette? Wie sind wir eigentlich zu dieser Fernsehserie gekommen?

Yvette:
Na, die brauchten eine Heavy-Metal Band für diese Serie und wollten entweder ICED EARTH oder NEVERMORE, und NEVERMORE waren am Ende einfach besser.

Jim:
Der Typ, der da die Regie führt, ist ein Fan von harter Musik. Und da er NEVERMORE mag, hat er bei uns angefragt, ob wir nicht mitspielen wollen. Das war ziemlich cool.

Stephan:
Ihr habt zwischen der "Neon Black"-Tour und den Aufnahmen zum neuen Album keine Pause gemacht. Wann macht ihr eigentlich mal Urlaub?

Jim:
Nie.

Stephan:
Never more? (kleiner Scherz meinerseits - d. Verf.)

Jim:
Ich hoffe, daß wir zwischen den Festivals dieses Jahr ein bißchen Pause machen können und wieder etwas zunehmen können.

Stephan:
Konzentriert ihr euch auf dieser Tour hauptsächlich auf die Stücke vom neuen Album, oder werdet ihr auch ein paar ältere Sachen wie z.B. "The Sanity Assassins" spielen?

Jim:
Wir konzentrieren uns hier auf die neuen Songs. Auf der ANNIHILATOR-Tour hatten wir mehr Zeit zur Verfügung und konnten so auch ein paar ältere Stücke spielen. Aber wir sind nicht bis zur EP ("In Memory" aus dem Jahre 1996 - Anm. d. Verf.) oder SANCTUARY zurückgegangen, wegen unserem neuen Gitarristen. Außerdem wollen wir den Leuten hauptsächlich unser neues Zeug zeigen. Aber wenn wir zu den Festivals wieder hierher kommen, werden wir definitiv auch ältere Sachen, wie z.B. eben von SANCTUARY oder der EP, spielen.

Stephan:
Ihr tretet auch auf dem With Full Force auf, richtig?

Jim:
Wir machen Dynamo, With Full Force, Wacken und Eurorock.

Stephan:
Ist es für euch nicht etwas ungewohnt, nur auf der dritten Position des Billings zu spielen?

Jim:
Naja, wir haben diese großartige Möglichkeit bekommen, hier zu spielen. Jede unserer Platten hat sich ein bißchen besser verkauft, und wir könnten vielleicht auch eine erfolgreiche Headliner-Tour machen und arbeiten auch darauf hin. Aber wir wurden gefragt, ob wir diese Tour mitmachen wollen und haben diese Möglichkeit natürlich genutzt, weil wir vor vielen Leuten und vielen neuen Fans spielen können. Wir sind an einige Orte gekommen, wo wir noch etwas Nachholbedarf haben, wie z.B. in London. Deshalb sind wir natürlich glücklich, diese Tour machen zu können. Es läuft wirklich gut.

Stephan:
Wie würdest du denn den Stil von NEVERMORE ungefähr einordnen, da mir Powermetal bei euch doch ein bißchen zu oberflächlich klingt?

Jim:
Ja, für mich ist es einfach Heavy Metal. Ich weiß, daß es da jede Menge Kategorien gibt. Viele Band bezeichnen sich selbst als True Metal, ich weiß nicht mal genau, was das bedeutet. Für mich ist es einfach harte Musik. Wenn du uns jetzt mit anderen Bands vergleichst, wirst du Bands finden, die melodischer sind als wir, und genauso gibt es welche, die nicht so melodisch sind. Aber mit dieser Tour, denke ich, stellen wir jedes Publikum zufrieden. So wie meine Lieblingsband BLACK SABBATH, die waren ja auch heavy und gleichzeitig melodisch.

Stephan:
Wie wichtig sind die Lyrics für euch?

Jim:
Sehr wichtig. Warrel findet Inspiration in der dunklen Seite der Persönlichkeit des Menschen. Manche seiner Lyrics sind sehr tiefgründig, andere wiederum kratzen nur an der Oberfläche. Aber alles hat irgendwo einen Bezug zur Realität.

Stephan:
Ihr habt "Sound Of Silence" gecovert, wie zur Hölle seid ihr denn ausgerechnet auf Simon & Garfunkel gekommen?

Jim:
Wenn du dir Paul Simon's Texte anhörst, dann wirst du feststellen, daß sowohl er als auch Warrel sehr dunkle und depressive Lyrics schreiben. Du Musik ist natürlich bei uns jetzt ein bißchen schneller, aber das ist etwas, was Warrel schon immer mal machen wollte. Wir hatten zwar nicht vor, diesen Song zu covern, aber wir hatten einen Song für das neue Album und Warrel sagte: "Holy Shit! Sound Of Silence passt genau dazu". Der Song selbst hat das dann sozusagen erzwungen. Ich denke, wir haben gute Arbeit geleistet, auch wenn der Song jetzt natürlich sehr weit vom Original weg ist.

Stephan:
Würdest du mir zustimmen, wenn ich sage, daß Nevermore im Laufe der Zeit etwas ruhiger geworden sind? (Nach dem Auftritt konnte ich diese Frage übrigens selber mit einem klaren "Nein" beantworten - d. Verf.)

Jim:
Ich denke, die "Politics Of Ecstasy" war ein bißchen wütender, wir haben viel ausprobiert und die Scheibe war im Endeffekt sehr technisch. Und dann sind wir mit "Dreaming Neon Black" sicher ruhiger geworden, die ja total anders war. Das war ein Konzeptalbum, auf dem wir viel von der Musik zu Warrel's Lyrics bzw. zur Konzeptidee geschrieben haben und nicht anders herum. Aber ich denke, auf dem neuen Album findet man beides. Es gibt sehr intensive Songs und daneben auch sehr ruhige Stücke.

Stephan:
Wann sehen wir euch auf Headlinertour?

Jim:
Ich hoffe, möglichst bald. Am besten noch in diesem Jahr. Und wenn das nicht klappt, dann werden wir spätestens, wenn wir eine neue Scheibe aufgenommen haben, zurückkommen und definitiv headlinen. Es war ein guter Test für uns, dieses ANNIHILATOR-Ding durchzuziehen (wo NEVERMORE Co-Headliner waren - Anm. d. Verf.), weil wir nicht wußten, ob wir eine ausreichend große Fanbasis haben, um eine gute Headliner-Tour auf die Beine zu stellen. Aber bei der Tour mit ANNIHILATOR kamen viele Fans, um uns zu sehen, und so werden wir mit Sicherheit wiederkommen und headlinen. Und wir werden versuchen, den Leuten eine ordentliche und aufwändige Show zu bieten.

Stephan:
Gibt es deiner Meinung nach Unterschiede zwischen Metallern in Amerika und Europa?

Jim:
Eigentlich nicht. Ich denke, gerade durch den Boom im New Metal, lebt die Metal Szene allgemein auf, da gibt es keine großen Unterschiede. Wir waren mit MERCYFUL FATE und IN FLAMES in den Staaten unterwegs und hatten manche Nächte tausend Zuschauer und auch sonst 500 bis 600. Man merkt, daß die Leute die Musik mögen, sie buhen niemanden aus und unterstützen die Bands. Und da wurde auch richtig viel gemosht und stagegedivt (Kann man das so übersetzen?? - d. Verf.) und so weiter.

Stephan:
Seit ihr eigentlich hier in Deutschland erfolgreicher als zu Hause in den Staaten?

Jim:
Ich meine, wir verkaufen natürlich mehr Platten in den Staaten, aber es ist ja auch viel größer. Es ist drei- oder viermal so groß im Vergleich zu Europa. Wir verkaufen drüben zwar mehr, sind aber aufgrund der Größe wahrscheinlich hier erfolgreicher.

Stephan:
Habt ihr solch positive Reaktionen auf "Dead Heart..." erwartet?

Jim:
Man ist sich natürlich immer ziemlich unsicher, obwohl du fühlst, daß das deine beste Platte ist und du gute Arbeit geleistet hast. Aber wenn man dann eine Pause macht, merkt man, daß die guten Reaktionen seitens der Presse noch kein bequemes Leben bedeuten. Wir haben in all den Jahren gelernt, nicht zuviel zu erwarten. Ich würde sagen, wir sind schon ein bißchen überrascht, wie gut die Platte bisher angekommen ist. Wir haben hart dafür gearbeitet und verdienen jetzt auch etwas Geld damit. Das ist wichtig, damit wir weiter touren und Platten aufnehmen können, denn ohne Geld würde das nicht gehen.

Stephan:
Glaubst du, daß der Erfolg, den ihr momentan habt, die Band verändern kann?

Jim:
Ich hoffe nicht. Ich habe das bei meinen Freunden aus Seattle gesehen, die quasi über Nacht sehr berühmt wurden und dann really fucked up. Wir hatten nie den Mega-Erfolg in der Szene und ich denke, den wollen wir auch nicht. Wir arbeiten uns allmählich nach oben und können momentan ziemlich gelassen in die Zukunft blicken und ich hoffe, das ändert sich auch nicht. Es gibt ja Bands, die sehr erfolgreich werden und dann anfangen Happy Music zu schreiben. It did not long and they pissed up. Ich hoffe, das wird bei uns nicht der Fall sein. Dann eher wie bei solchen Bands wie SLAYER oder MOTÖRHEAD, die das machen, was sie immer gemacht haben und sich immer treu geblieben sind.

Stephan:
Was würdest du mit NEVERMORE gerne als nächstes erreichen?

Jim:
Eigentlich so etwas, wie einen Weltmarkt aufzubauen. Nicht so viel an einem bestimmten Ort zu verkaufen, sondern dafür überall ein bißchen. Und sonst einfach am Ball zu bleiben. Touren, Alben aufnehmen und alles was dazu gehört.

Stephan:
Danke fürs Interview. Gibt es noch etwas, was du die Leute wissen lassen möchtest?

Jim:
Ja, ich will mich für den Support bedanken. Wir machen jetzt die Festivals. Also kommt und schaut euch uns an.

Redakteur:
Stephan Voigtländer

Login

Neu registrieren