Memorial Hall - Quorthon und BATHORY

03.06.2009 | 21:37

Zum fünften Todestage Quorthons.



The Memorial Hall - Im Gedenken an Quorthon von BATHORY






Geboren am 17. Februar 1966 - Gestorben am 3. Juni 2004








Einleitung
(von Rüdiger Stehle)



Am dritten Juni des Jahres 2004, also heute vor fünf Jahren, starb in der schwedischen Hauptstadt Stockholm ein Mann, welcher der Metalszene als Wegbereiter und Innovator, als Inspirationsquelle und Legende galt. Ein Mann, um den sich Mythen rankten, die er in seinen Veröffentlichungen und Interviews nährte, und ein Mann, den nur ganz wenige wirklich kannten, bei dem kaum einer wusste, was die Wahrheit und was der Mythos war. Auch ich weiß nur wenig bis nichts über den Menschen hinter dem Mythos. Ich habe ihn nie getroffen und nie mit ihm gesprochen. Alles was ich weiß, habe ich in Quellen gelesen, über deren Authentizität man nur mutmaßen kann; und auch das, was der Mann über sich selbst erzählte umweht noch heute der Hauch des Ungewissen. Alles was wir wirklich haben, ist ein musikalisches Vermächtnis, das wie kaum ein zweites den extremen Metal und all seine verschiedenen Unterarten beeinflusst hat. Und viele von uns tragen in ihrem Herzen die Gewissheit, dass dieses musikalische Vermächtnis sie dereinst tief berührt und damit auch persönlich beeinflusst hat. Manche hat es nie mehr losgelassen. Deshalb soll dieser Artikel auch keine halbwahren Enthüllungen präsentieren, keine Sensationen breittreten, die keine sind und niemals welche waren und nicht in den Geheimnissen wühlen, welche der Geehrte sein Leben lang bewahrte. Es soll darum gehen, die Musik zu feiern, welche Quorthon von BATHORY uns hinterlassen hat.




In diesem Artikel wollen wir also die Rolle der Band und des Musikers nicht kritisch beleuchten, sondern vor allem denen einen groben historischen Überblick über das Schaffen Quorthons bieten, die vielleicht zu spät geboren oder auf die Band aufmerksam geworden sind, um BATHORY zu Lebzeiten des Protagonisten zu entdecken, und wir wollen zum anderen einige Musiker und Fans zu Wort kommen lassen, für die BATHORY ein wichtiger Einfluss war und ist. Deshalb möchte ich der erläuterten Diskographie auch zuerst einen sehr persönlichen Nachruf auf Quorthon voran stellen, den Manuel Trummer von ATLANTEAN KODEX verfasst hat, und der euch eine mögliche Interpretation der Leitmotive Quorthons vorstellt:







Nachruf
(von Manuel Trummer)



I have no master

I swear no oath

The gods may pass me by

I steer the horse I choose to mount

When the storm draws near

and the blood rains from the sky



In seiner "Kritik der Urteilskraft" von 1790 schreibt Immanuel Kant: "Darin ist jedermann einig, dass Genie dem Nachahmungsgeiste gänzlich entgegen zu setzen sei". Quorthon war ein Genie. Wenigen Künstlern ist es vergönnt, über die schiere Schöpferkraft zu gebieten, nicht nur einen, sondern gleich zwei neue, eigenständige Stile nahezu ohne Vorbilder zu erschaffen. Vor Quorthon war nichts und er schuf dennoch den Black Metal, seine Klangästhetik, seine Ikonographie, seine Ideologie. Vor Quorthon war nichts, und dennoch gab er dem Pagan Metal Gestalt und Inhalt. Die wenigen Einflüsse auf Bathory - zum einen Venom, zum anderen frühe Manowar - deutete Quorthon mit beispielloser Kreativität radikal um und legte so alleine die Wurzel für zwei der gegenwärtig einflussreichsten Stilrichtungen der Metal-Kultur.



"Die Handlungen eines Genies liegen außerhalb aller Berechnungen" notierte Heinrich Heine in seinen "Französischen Zuständen" von 1831. Quorthon war ein Genie. Sein Werk wurde jenseits aller Erwartungshaltungen geschaffen - unberechenbar, sowohl für Kritiker, aber auch für die Fans. In der Hochphase des auf technische Höchstschwierigkeiten kaprizierten US-Metal terrorisierten Bathory die Szene mit der denkbar asozialsten Brutalität. In der großen Zeit des Death Metal setzte Quorthon der blutigen Sozialkritik, der Religionsfeindlichkeit und dem Splatterfaible schwedischer und amerikanischer Bands in Form von „Hammerheart“ ein eskapistisches Klangmonument mit Akustikgitarren, Möwengeschrei und einer Rückbesinnung auf nordische Spiritualität entgegen. Auch nach seinem Meisterwerk, dem an entfesseltem Pathos und transzendentaler Größe nicht zu überbietendem "Twilight of the gods", folgte Quorthon nur dem eisernen "Tu was Du willst" des wahren Künstlers. Niemand erwartete nach den Abschlussfanfaren der Gustav-Holst-Adaption 'Hammerheart' zwei gnadenlos hysterische Gewaltausbrüche wie "Requiem" und "Octagon". Die Antithese als Leitmotiv. Das große Nein als treibende Kraft. Dem Zeitgeist die Stirn bieten.



Längst ist inzwischen bekannt, wer sich hinter Vans McBurger verbarg, wer "Boss" war und wo sich das Heavenshore Studio befand, doch bleiben Bathory auch im grellen Licht des Internet noch immer einer der letzten großen Mythen. Mit Tomas Forsberg verlor der Heavy Metal nicht nur eine seiner prägendsten Persönlichkeiten, sondern auch einen Teil seiner Kreativität, seiner Rücksichtslosigkeit und seiner Aufrichtigkeit. Sein früher Tod hinterlässt auch noch fünf Jahre später eine beständige schmerzende Leere.



Manuel Trummer (Atlantean Kodex / Iron Kodex)









Musikalische Biographie Quorthons und Bathorys
(von Rüdiger Stehle)





Die Geschichte begann im Januar des Jahres 1984 mit den beiden Stücken 'Sacrifice' und 'The Return Of Darkness And Evil' auf einem Sampler, der den Titel "Scandinavian Metal Attack" trug und von Börje "Boss" Forsberg für sein damaliges Label Tyfon Grammofon produziert worden war. Neben BATHORY waren auf dem Album etliche weitere skandinavische Bands vertreten, die damals drauf und dran waren, die europäische Metalszene zu erobern. OZ und TRASH seien beispielhaft erwähnt. Doch während alle anderen vertretenen Bands sich dem damals angesagten traditionellen Heavy Metal verschrieben hatten, war es BATHORY vorbehalten, mit den beiden genannten Stücken den Grundstein einer Bewegung zu setzen, welche den Metal bis heute in Atem hält. Hörbar von MOTÖRHEAD und der Punk-Bewegung beeinflusst, hatten die beiden Stücke eine Räudigkeit und extreme Ausrichtung, welche bis dato nicht gehört war, und vor allem der heißere, absolut extreme Gesang des jungen Mannes, der sich Quorthon nannte, ließen das Blut in den Adern gefrieren und waren ohne jeden Zweifel wegweisend. Obwohl es eine gewisse Zeit dauern sollte, bis dieser Einfluss die Szene eroberte. Denn wie es bei Künstlern zu erwarten ist, die etwas völlig Neues wagen: Die ersten Kritiken waren keineswegs nur positiv. Doch ein Grundstein war gesetzt, die Band hatte für Aufmerksamkeit bei jenen gesorgt, die Heavy Metal für eine Kunstform halten, die im Wortsinne progressiv ist, die Grenzen überschreitet, die provozieren darf und provozieren soll.



Provokation ist dann auch ein Element, das BATHORY durch die ganze Geschichte der Band hindurch begleitet hat. War die okkultistische bis satanistische Ausrichtung der Frühphase BATHORYs auf dem vorigen Sampler nur durch die Songtitel angedeutet, mangels abgedruckter Texte jedoch nicht allzu plakativ in Szene gesetzt, so änderte sich dies ein halbes Jahr später mit dem unbetitelten Debütalbum drastisch. Der Ziegenbock als Symbol des Gehörnten wurde zum Markenzeichen der Band, und mit Titeln wie 'In Conspiracy With Satan', 'Necromansy' und 'Hades' wurde die okkultistische und diabolische Aura der Band klar und deutlich manifestiert. Wer sich daraufhin näher mit dem Bandnamen befasste, der stieß auf die ungarische Gräfin Bathory und die finsteren Mythen um sie. Dass das Design der Scheibe, der Bandname und die lyrische Ausrichtung BATHORYs sehr stark an den zwei Jahre zuvor erschienenen Klassiker "Black Metal" der britischen Metalband VENOM erinnerte, hat Quorthon stets als Zufall dargestellt und behauptet, dass er VENOM damals gar nicht gekannt habe. Interessant ist die Randbemerkung, dass der Ziegenbock an sich hätte in Gold gedruckt werden sollen, was allerdings aufgrund drucktechnischer Probleme schief gegangen ist und dazu führte, dass die Originalauflage in Bananengelb erschien. Davon existieren tausend wenig teuflisch aussehende Exemplare, weshalb die letztlich berühmt gewordene Nachpressung die Geiß in weißer Farbe zeigt. Für mich persönlich ist bereits das Debüt wegweisend. Mit den genannten Titeln und einer Neueinspielung des vom Sampler bekannten 'Sacrifice' enthält es auch bereits viele Songs, die noch heute als absolute Klassiker des frühen Extrem-Metals gelten dürfen.



Ein weiteres halbes Jahr später, im Mai 1985 war es bereits Zeit für die Rückkehr BATHORYs, welche das programmatisch betitelte zweite Album "The Return ......." markierte. Das Album wird von einem Artwork geziert, das fast noch unheilvoller wirkt, als das des Debüts. An einem von düsteren Wolken verhangenen Himmel verdunkelt sich in beängstigender Weise die Sonne als solle es kein morgen geben. Quorthon wird dahin gehend zitiert, dass der Albumtitel auf den ersten Blick wie ein typischer Zweitling-Titel einer jungen Band habe wirken, dem Hörer aber erst mit dem letzten Song habe offenbaren sollen, wessen Rückkehr gemeint ist. Die Rückkehr der Finsternis und des Bösen nämlich. So ist der bereits vom Sampler bekannte Rausschmeißer 'The Return Of Darkness And Evil' der Dreh- und Angelpunkt eines Albums, welches aus meiner Sicht das Debüt in Sachen atmosphärischer Dichte deutlich übertrifft und dabei erneut schwarzmetallische Hymnen für die Ewigkeit enthält. Zwar stellt das Titelstück alles in den Schatten, doch auch das dramatische 'Born For Burning', 'Possessed' oder 'Sadist' sind definitiv prägend für das, was gute sechs bis sieben Jahre später eine ganze Generation junger Musiker in ungeahntem Maß beeinflussen sollte.



Für viele Fans eines seiner besten Alben, wollte Quorthon später zeitweise nicht mehr viel von "Under The Sign Of The Black Mark" (Mai 1987) wissen, doch dies galt auch für so manch anderes seiner Werke. Mir ist nie völlig klar geworden, warum er in Interviews zumeist schlecht über sein eigenes früheres Schaffen redete. Die typische Eigenart mancher Musiker, das Augenmerk der Zielgruppe vom Backprogramm weg hin auf die aktuelle Platte zu lenken? Das Streben nach Mythologisierung durch Distanzierung vom eigenen Schaffen? Es war und ist für die meisten ein Rätsel, doch wie eingangs gesagt, das soll hier nicht das Hauptthema sein. Eine weithin unbestrittene Tatsache dürfte sein, dass es Quorthon auf seinem Drittling gelungen ist, die perfekte Synthese zwischen dem auf den ersten beiden Alben etablierten extremen Sound und eingängigem, ja, durchaus hymnischem Songwriting zu schaffen. Dies stellen gleich eine ganze Reihe großartiger Lieder unter Beweis, wie etwa 'Woman Of Dark Desires', mit welchem Quorthon seinen Fans endlich die Namensgeberin der Band ausführlich vorstellt. Das gruselige 'Call From The Grave' greift ein ähnliches lyrisches Thema auf, wie zuvor VENOMs 'Buried Alive' und die Überhymne des Albums, namentlich 'Enter The Eternal Fire' erzählt eine faustische Geschichte, die mich schon beim Erstkontakt mit dieser Scheibe frappierend an MANOWARs göttliches Epos 'Bridge Of Death' erinnerte. Mit 'Equimanthorn' und '13 Candles' lieferte Quorthon weitere Blaupausen für die zweite Black-Metal-Welle, die Skandinavien und insbesondere Norwegen ab 1991 überrollen sollte. Fraglos ein Klassiker sondersgleichen und musikhistorisch essentiell.



Das anderthalb Jahre später im Oktober 1988 erschienene "Blood Fire Death" markiert in vielerlei Hinsicht einen Wandel in der künstlerischen Darstellung, die Quorthon mit BATHORY verfolgte. Schon das großartige Artwork zeigte eine Szene aus der nordischen Mythologie und auch das instrumentale Intro namens 'Odens Ride Over Nordland' zeigt eauf, dass Quorthon die Mythen seiner schwedischen Heimat für sich entdeckt hatte. Ob auch hier diverse frühe MANOWAR-Texte einen Einfluss darstellten, möchte ich offen lassen; ich weiß es nicht. Zwar ist das Album mit versteckten Botschaften in den Texten zu 'The Golden Walls Of Heaven' und 'Dies Irae' noch nicht völlig dem diabolischen Okkultismus entwachsen, doch es ist eine klare Tendenz weg vom plakativen Satans-Kult und hin zur mythischen Nordland-Thematik erkennbar. Das schlägt sich auch musikalisch nieder. Zwar keift Quorthon noch in einer Art und Weise, die noch heute als der typische, eben von Quorthon etablierte Black-Metal-Gesang gilt, doch kompositorisch bewegt sich ein gewisser Teil der Stücke schon sehr stark in die Richtung ausladender, vielschichtiger Epen mit abwechslungsreicher Dramaturgie, akustischen Passagen und Momenten, die eben das speedige Inferno durch getragene Anmut ersetzen. So sind Stücke wie die Kriegerhymnen 'A Fine Day To Die' und 'For All Those Who Died', sowie natürlich das alles überragende zehnminütige Titelstück ein deutlicher Gegenpol zu weiterhin infernalischen Deibeleien wie 'Pace Till Death' oder 'Holocaust'. Das Tolle an "Blood Fire Death" ist dabei, dass sich Quorthon mit diesem "Missing Link" gerade nicht zwischen die Stühle setzt,e sondern ein Album erschaffen hat, das die perfekte Synthese zwischen Schwärze und Epik lieferte und damit nicht zuletzt als maßgelicher Einfluss auf IMMORTAL gelten kann, deren Klassiker "A Perfect Vision Of The Rising Nordland" deutliche Parallelen zum Titelstück der BATHORY-Scheibe aufweist.



Im Frühjahr 1990 war mit "Hammerheart" der Wandel von der Black-Metal-Band zur epischen und doomigen Heavy-Metal-Band mit Wikingerthemen dann endgültig vollzogen, und Quorthon gelang das Kunststück nach dem Fundament der Black-Metal-Bewegung nun zum zweiten Mal den Grundstein zu einer neuen Szene zu legen, quasi einen neuen Musikstil zu erfinden, nämlich den Viking Metal. Als lose Einflüsse mögen vielleicht wiederum die alten MANOWAR zu "Into Glory Ride"-Zeiten herhalten, doch auch diese Assoziation ist vage. Im Prinzip war Quorthons Schaffen der frühen Neunziger völlig einzigartig. Die Art und Weise, wie er mit ausladenden Longtracks epischer Machart, nunmehr cleanem, emotionalem, wenn auch keineswegs konsensfähigem Gesang, wuchtigen und zähen Riffs sowie mit vielen atmosphärischen Zwischenspielen oder Songelementen der akustischen Gitarre, Windbrausen, krächzenden Raben und vielem mehr vor dem inneren Auge die Welt des mittelalterlichen Skandinaviens zum Leben erweckte, ist letztlich unnachahmlich und fast unbeschreiblich. Das gilt auch für das großartige Konzept der Scheibe, welches das Leben und Sterben eines Wikingers von der "Taufe" in Feuer und Eis, über die Plünderungen fremder Küsten bis hin zur (gewaltsamen) Christianisierung und der Einkehr in Walhalla schildert. Ungeachtet der historischen Authentizität prägt dieses Werk musikalisch wie inhaltlich noch heute die gesamte Pagan- und Viking-Metal-Szene, ihre Arrangements und ihre "Botschaften". Dass es zum Longtrack "One Rode To Asa Bay" einen großartigen Videofilm gab, der sogar auf den bekannten Musiksendern gezeigt wurde, hat BATHORY nicht nur weitere Popularität beschert, sondern durch die Bildgewalt und einzigartige Stimmung auch den Mythos um Quorthon und seine Band weiter genährt. Dazu trug natürlich auch das grandiose Artwork bei, welches das klassische Gemälde "A Viking's Funeral" von Sir Frank Dicksee wiedergibt. Damit glaube ich, mir sicher sein zu dürfen, dass ich nicht übertreibe, wenn ich "Hammerheart" als eines der wichtigsten und einflussreichsten Metal-Alben aller Zeiten bezeichne. Denn noch heute klingt sein Einfluss allerorten durch, wo epischer Metal mit heidnischen Texten gemacht wird, besonders aber bei Bands wie EREB ALTOR, FALKENBACH, CROM oder ATLANTEAN KODEX. Besonders intensiv ist aus heutiger Sicht die Ballade 'Song To Hall Up High', bei dem man meinen könnte, dass Quorthon damals über seinen eigenen Abschied reflektiert hat. Dieses Gefühl wird zusätzlich dadurch genährt, dass er ganz unmittelbar vor seinem Tod zusammen mit Jennie Tebler das Stück neu eingespielt hat. Die Veröffentlichung der Single hat er nicht mehr erlebt.



Eine stilistisch konsequente Weiterentwicklung hat dann zum 1992 erschienenen "Twilight Of The Gods" stattgefundenden. Das Album ist in ähnlicher Weise episch und ergreifend wie sein Vorgänger. Es zitiert weiterhin die nordischen Mythen und es lebt von seiner dichten Atmosphäre. Was sich geändert hat, ist zum einen das auf den ersten Blick weniger eingängige und etwas sperrigere Songwriting, sowie das weniger eindeutige lyrische Konzept. Quorthons Texte sind hintergründiger, metaphorischer und skeptischer als auf dem erzählerisch ausgerichteten "Hammerheart". Für mich war "Twilight" vielleicht genau aus diesem Grund immer das intensivste und wichtigste Album BATHORYs, das ich noch heute sehr liebe. Das Titelstück, 'Under The Runes' oder die abschließende Gustav-Holst-Adaption 'Hammerheart'. Interessant ist an diesem Album, dass es sehr stark den Eindruck vermittelt, dass es inhaltlich ein sehr intensives und persönliches Album sei, dass Quorthon aber Zeit Lebens genau dies bestritten und selten ein gutes Haar an "Twilight Of The Gods" gelassen hatte. Doch egal, wie Quorthon selbst das Album zu späteren Zeiten wahrnahm, oder zumindest öffentlich darstellte: Es ist und bleibt eines der am meisten genannten Alben vieler BATHORY-Fans, wenn es darum geht, das Album zu benennen, das sie emotional am stärksten berührt hat. Zu diesen BATHORY-Fans zähle ich mich selbst auch.



Mit "Twilight Of The Gods" endete die große Ära der unbestritten BATHORY-Klassiker, und es folgte eine mehrjährige Pause, die Quorthon mit zwei Best-of-Scheiben ("Jubileum I" und "Jubileum II") sowie mit einem Soloalbum überbrückte. Damit begann auch eine Phase, in welcher Quorthon mit jedem weiteren Album für teils massive Kontroversen sorgte. Er erreichte niemals wieder den breiten Konsens, der alle bisherigen BATHORY-Alben zu nicht von allen geliebten, doch aber von der weit überwiegenden Zahl der Metalfans anerkannten Klassikern gemacht hatte. Weil er, wie Manuel in seinem Statement  zu Beginn dieses Artikels gesagt hat, stets die Erwartungsen von Medien und Anhängern enttäuschte und das Unvorhersehbare tat. Diesen  umstrittenen Alben möchte ich die folgenden Absätze widmen:



Den Anfang einer stilistischen Achterbahnfahrt markierte im September des Jahres 1994 das erste Soloalbum, das unter dem Namen QUORTHON erschien und den schlichten Titel "Album" trug. Es verband alternative und rock'n'rollige Momente und ist dadurch Meilen vom Heavy Metal im Allgemeinen und von BATHORY im Besonderen entfernt. Dennoch enthielt es aus meiner Sicht seine großen Momente, die es sogar schafften, mich ein kleines Stückchen weit für alternative Klänge zu öffnen, der ich damals ein bekennender Gegner der Grunge-Bewegung war. Dennoch haben mir Songs wie 'No More And Never Again' oder 'Boy' ziemlich gut gefallen. Mit der zum Album gehörenden Promokampagne wurde mir dann schließlich bewusst, dass Quorthon durch seine Äußerungen über sein eigenes Schaffen und über die Szene bewusst oder unbewusst einen Keil zwischen sich und einen immer größer werdenden Teil der metallischen Gemeinde zu treiben begann. Die Hintergründe konnte und wollte ich damals nicht verstehen und ich muss zugeben, dass der Schwede auch in meinem Hinterstübchen ein großes Fragezeichen hinterließ, als ich seine Interviews aus dem Jahr 1994 las. Die Ankündigung, dass in Bälde zwei neue BATHORY-Scheiben erschienen würden, versöhnte jedoch. Wobei die Aussage, dass es sich dabei um ein pechschwarzes und hartes Death-Metal-Album und um ein Wikinger-Epos handeln würde, gleichzeitig auch wiederum verstörte und die Fragezeichen kaum kleiner werden ließ. Wohin sollte die Reise gehen, und wo war der rote Faden, der das Schaffen BATHORYs bis dato ausgezeichnet hatte?



Nur gute zwei Monate später stand dann "Requiem" in den Läden, und Quorthon hatte Wort gehalten. Das mit Totenschädeln gepflasterte Album war unbarmherzig, schnell, finster und vernichtend. Allerdings schloss es auch nicht nahtlos an das Frühwerk an. Es klang für damalige Verhältnisse sehr seltsam und doch hatte es Parallelen zum früheren Schaffen BATHORYs, die sich vor allem im heißeren Gesangsstil Quorthons und einigen Riffs, sowie im punkigen und rockigen Aufbau der meisten Stücke zeigten. Besonders gelungen finde ich hierbei noch heute den Opener 'Requiem', das speedige 'Pax Vobiscum', das gnadenlos harte 'Distinguish To Kill' und der nicht minder starke Rausschmeißer 'Apocalypse'. "Requiem" ist eine rohe, brutale und kompromisslos primitive Thrash-Attacke der alten Schule, die nach "Twilight Of The Gods" definitiv einen großen Teil der BATHORY-Fans zumindest verschreckt und oft regelrecht abgestoßen hat. Auch ich war damals zunächst sehr irritiert, doch "Requiem" wuchs mit jedem Durchlauf und wenn ich es heute noch mal auflege, dann muss ich doch anerkennend sagen, dass das ungeliebte Album letztlich viel stärker ist, als es bei erscheinen aufgenommen wurde.



Ob es daran lag, dass Quorthon durch "Requiem" Gefallen an dem räudigen Thrash-Sound gefunden hat, oder daran, dass ihn die schlechten Kritiken für den Vorgänger zu einer "jetzt erst recht"-Einstellung anstachelten, kann ich nicht beurteilen. Fakt ist, dass nun doch nicht das von den Fans sehnlich erwartete Epic-Album folgen sollte, sondern ein knappes Jahr danach, im Herbst 1995, zunächst einmal ein weiteres Brutalo-Thrash-Album, das auf den Namen "Octagon" hörte und recht nahtlos dort anknüpft, wo "Requiem" aufgehört hatte. Mit dem Opener 'Immaculate...' fängt die Scheibe sogar noch recht viel versprechend an, doch auf Albumlänge geht dann letztlich doch die Inspiration ein Stück weit flöten. Das Album wirkt auf mich schizophren, psychotisch und vor allem lyrisch sehr bizarr. So finde ich es auch durchaus verständlich, dass es von der Anhängerschaft weitestgehend sehr negativ aufgenommen wurde, auch wenn ich die krasse Ablehnung nicht ganz teile. Zwar merklich schwächer als sein Vorgänger hat doch auch "Octagon" seine starken Momente und ein sehr nettes KISS-Cover zu 'Deuce'; doch die inpirierende Kraft und kreative Energie aller früheren Alben geht dem achten Studioalbum zum großen Teil ab, so dass das BATHORY-Thrash-Experiment hier in einer Sackgasse endet.



So begab es sich im Jahre 1996, dass Quorthon endlich mal wieder das tat, was seine nach wie vor sehr treuen Fans von ihm haben und hören wollten: Er veröffentlichte das lange angekündigte neue Wikinger-Epos, das nach Quorthons Aussagen zum großen Teil aus rekonstruierten alten Aufnahmen und Songideen erschaffen wurde. Wenn es so gewesen sein sollte, dann mag dies als kleines Wunder gelten, denn "Blood On Ice" ist eines der mächtigsten Alben der Metalgeschichte, bei dem schlicht alles stimmt. Vom großartigen Artwork über die Storyline bis hin zur Musik, ist diese Scheibe rundum perfekt. In eindringlichen Texten und musikalischen Bildern wird die Geschichte eines nordischen Conan-Äquivalents erzählt, und dies mit einer epischen Macht und fühlbar dichten Atmosphäre, die bis heute Ihresgleichen sucht. Quorthon erzählt die Geschichte mit klarem und sehr emotionalem Gesang, und die musikalische Untermalung mit vielen Hörspiel-Elementen, verträumter Akustik und mächtigen Gitarrenarrangements ist schlicht die vollendete Art und Weise, diese Art von Geschichte musikalisch zum Leben zu erwecken. Außerdem zeichnet sich das Album dadurch aus, dass es sehr ausführliche und detaillierte Linernotes enthält, einen der seltenen Momente, in denen Quorthon den Mythos um BATHORY und sich selbst ein wenig lüftete.



Dass im Folgejahr dann wieder ein Soloalbum anstand, haben Quorthon nach diesem epochalen Meilenstein nur wenige übel genommen, und selbst dazu bestand kein Anlass, war "Purity Of Essence" doch ein wirklich gelungenes Album, das erneut alternative Momente mit viel Rock'n'Roll und einer durchaus poppigen Note verband. Dazu kommen einige sehr persönlich wirkende Lyrics wie etwa die zu 'I've Had It Coming My Way' oder 'When Our Day Is Through', die den amtlich vollgepackten Doppeldecker für mich zu einem sehr wertvollen Album machen. Sicher hat "Purity Of Essence" mit seinen guten anderthalb Stunden Spielzeit auch gewisse Längen, doch es ist stets sehr angenehm zu hören, und es rockt. Und hätte es nicht den Namen einer Black- und Viking-Metal-Ikone auf dem Cover und ein reines Metallabel im Rücken gehabt, so könnte ich mir gut vorstellen, dass es Leute aus der Anhängerschaft von ALICE IN CHAINS über OASIS bis hin zu den BEATLES hätte ansprechen können. So ist es leider weitgehend ungehört untergegangen und wird als Quorthons vermutlich unbekanntestes Album in die Geschichte eingehen, das kaum polarisierte, aber auch nicht die Chance bekommen hat, die richtigen Hörer zu begeistern. Schade drum. Wirklich schade!



Danach wurde es vier lange Jahre sehr still um Quorthon und Bathory, lediglich die wenig essentielle aber für Fans wegen fünf Bonustracks doch sehr nette dritte Auflage der "Jubileum"-Serie gab ein kleines Lebenszeichen. Schließlich tauchte 2001 wie aus dem Nichts ein Album auf, das auf den von Oppenheimer inspirierten Namen "Destroyer Of Worlds" hörte und im Prinzip all das auf einem Album vereinte, wofür BATHORY seit 1994 stand. Es ist ein Album, das wie eine Compilation aus unveröffentlichten Stücken der Sessions der letzten vier Studioalben anmutet. So enthält es auf einen Stücken beeindruckende und anmutige Wikinger-Epik, auf anderen Stücken den brutalen Thrash der Phase 1994/1995 und hier und da auch ein wenig knochentrockenen Rock'n'Roll. Nicht alle Stücke sind Hits, doch es sind auf jeden Fall mit 'Lake Of Fire', 'Ode', dem Titelstück und etlichen mehr, eine ganze Menge großer Momente vorhanden, die dafür sorgen, dass "Destroyer Of Worlds" auf jeden Fall als ein starkes BATHORY-Album durchgeht, das allerdings hier und da den roten Faden verliert. Schwäche, weil es sich ein wenig im Wirrwarr der Stile verzettelt, oder Stärke, weil es für die Anhänger mehrerer Phasen der Bands etwas zu bieten hat? Das muss jeder selbst entscheiden.



Danach war Quorthon wohl letztlich klar geworden, was die Mehrheit seiner Fans von ihm hören wollte, nämlich ohne Wenn und Aber: Viking-Metal-Epen, und nur die. Ob er mit dieser Erkenntnis besonders glücklich war, das weiß ich nicht, jedenfalls fügte er sich den Wünschen der Anhängerschaft und kündigte für die folgenden Jahre die Veröffentlichung der beiden "Nordland"-Alben an, deren erstes "Nordland I" im November 2002 erschien und vom Necrolord-Artwork über die Landschaftsbilder bis hin zur Lyrik all das enthielt, was die Hobby-Nordmänner aus Quorthons Gefolge sich gewünscht hatten. Das Werk mag nicht die dramatische Dichte und den schlüssigen Aufbau der ersten drei Wikinger-Alben BATHORYs haben, doch es hat die typische Atmosphäre, die von Quorthons einzigartiger Stimme, vom Wechselspiel aus akustik und sphärischen E-Gitarren-Sounds und von Naturgeräuschen lebt, die zusammen das ganz spezielle Feeling erzeugen, das BATHORY eben ausmacht und bislang von keiner Band wirklich reproduziert werden konnte. Dass mit dem von indianischer Rhythmik geprägten 'Mother Earth', mit 'Foreverdark Woods' und dem großartigen Titelstück auch echte Überflieger enthalten sind, wurde von der Presse gerne unterschlagen, doch für mich sorgen sie dafür, dass "Nordland I" ohne nennenswerten Einbruch an die großen Neunziger-Alben BATHORYs anschließt. Es erreicht wie gesagt nicht ganz deren historische Dimensionen, doch es gereicht ihnen auch keineswegs zur Schande.



Da das im Folgejahr erschienene "Nordland II" stilistisch identisch gelagert ist und ich vermeiden möchte, euch nochmals das Selbe zu erzählen wie eben, überlasse ich die Schilderung der Eindrücke zu diesem Album meinem Kollegen Julian Rohrer, der sehr eingehend auf Quorthons letztes Album eingehen wird:



Review von Julian Rohrer:

Es ist gar nicht so einfach, gleichzeitig die Augen geschlossen zu halten, sich von der Musik hinwegtragen zu lassen und nebenbei einen Text für diese persönliche Perspektive auf BATHORY und dessen letztes Werk „Nordland II“ zu werfen. Und doch ist es eigentlich genau jene Haltung, die der geschlossenen Augen, die ich bei BATHORY am liebsten einnehme. Wenn das epische Keyboard die ersten, dicken Wollfäden spinnt und die Trommeln zu einem getragenen Rhythmus einsetzen, so fängt das Kopfkino ansatzlos zu arbeiten an.



„Nordland II“ bietet ja das tolle Nordpol-Cover auf der Vorderseite und auf der Rückseite des Booklets die Waldszene. Beide Bilder stecken voller Energie und urwüchsiger Kraft und Schönheit. Während sich über den zerklüfteten Eisfeldern Wolken zu fantastische Bollwerken auftürmen, die direkt aus den nordischen Sagen entsprungen zu sein scheinen und der nahezu grenzenlosen Epik BATHORY's entsprechen, vermittelt der Bach, der sich seinen Weg durch einen durch und durch grünen Wald bahnt, jene sprunghafte und erquickliche Lebendigkeit, die auch der Musik Quorthons zu eigen ist. Die Sehnsucht nach der Wurzel seiner Heimat, der Kraft der Natur und der geheimnisvollen Vergangenheit seiner Vorväter waren wohl die treibende Kraft hinter seinen Kompositionen. Ich kann und will mir einfach nicht vorstellen, dass die Musik BATHORY's aus finanziellem Kalkül entstanden ist. Dafür werden viel zu viele Farben, Facetten und Hintergründigkeiten in den Songs heraufbeschworen.



Der Pathos und die Hingabe, mit denen Quorthon gearbeitet hat, schaffen es bei mir, erhebende Momente voller Spannung und elektrisierender Wehmütigkeit zu erzeugen. Dieses Gefühl entspricht im Ansatz dem, was ich in Anbetracht der Berge meiner Heimat empfinde. Es ist das Gefühl, dass man hier einer monumentalen Wirklichkeit gegenüber steht, die schon vor einem da war, jetzt ist, und auch in Zukunft sein wird. Wenn man selbst längst zu Staub zerfallen ist, wird die Gebirgswand immer noch genau an jener Stelle stehen, und dabei ist völlig egal, was sie gesehen hat und was sie jemals sehen wird. Abseits aller Religion und menschlicher Kleingeistigkeit ist es eine tiefgehende Erfahrung, die das innere seelische Gleichgewicht eines in unserer modernen Gesellschaft sozialisierten Menschen tief erschüttern kann. Alle in sich möglicherweise homogenen Regeln unserer Gegenwart verlieren an Bedeutung. Die Konfrontation mit dem Leben an sich birgt eine unheimlich zeitlose Intensität, die Gedanken erheben sich einen kurzen Moment über alles bekannte und ich habe das Gefühl zu verstehen, was Existenz, Sinn und Leben eigentlich bedeuten. Die Natur und das menschliche Leben ergeben für diesen Moment einen reinen Augenblick des Seins. Viel zu schnell ist dieser flüchtige Moment vergangen und dennoch bleibt einem eine Ahnung des Gefühls, die man tief in sich verschließen und immer wieder heraufbeschwören kann. Besonders einfach fällt dies bei den monumentalen Songs von BATHORY. Hier schließt sich der Kreis.



Monumental ist der Begriff, mit dem BATHORY für mich am ehesten zu bezeichnen ist. Ob „Nordland II“ nun das beste oder gar das schlechteste Album der Band darstellt oder nicht: Es ist das letzte musikalische Lebenszeichen Quorthons. Allein diese Tatsache macht das Album zu etwas ganz besonderem. Voller Wehmut und Trauer denke ich an diesem besonderen Tag daran, was uns mit dem viel zu frühen Tod dieses Ausnahmekünstlers, der die Metalgemeinde in seiner polarisierenden Art unbestreitbar beeinflusst hat, entgangen ist. Doch die Tatsache akzeptierend, dass irgendwann jeder Mensch einmal zu Staub zerfällt, bleibt uns ein besonderes Lebenswerk, voller zerklüfteter Felsen und Steilwände, tiefer, azurblauer Seen und ein unendlicher Himmel, der alles Leben umspannt. Wenn ich unserer technisierten und rationalen Welt entfliehen will, so ist der Griff zu BATHORY der Garant für eine zwar zeitlich, in seiner Intensität aber kaum begrenzten Reise und darüberhinaus ein erbauendes Erlebnis. Dafür verbleibe ich in tiefer Dankbarkeit zu BATHORY und sage: Ruhe in Frieden, Quorthon. [Julian Rohrer]



Insbesondere Julians letztem Absatz kann ich nicht mehr viel hinzu fügen. Ich kann mich gut an den Frühsommer des Jahres 2004 erinnern, als ich in unserem Forum die Nachricht von Quorthons Tod erhalten habe. Ich kann mich gut erinnern, dass ich mir niemals zuvor hätte vorstellen können, vom Tod eines Menschen so schockiert zu sein, den ich nie persönlich kennen gelernt habe. Ich weiß noch, wie sehr ich an ein böses Gerücht glauben wollte und es nicht wahr haben wollte, dass das Leben dieses derart einflussreichen Musikers so früh enden musste, und mit ihm die Geschichte einer Band, die mich seit bald anderthalb Jahrzehnten durch mein Leben begleitet hatte und mich mit ihrer Musik und ihren Texten immer unglaublich stark beeinflusst hat. Es war ein Schock, der mich noch heute mit Wehmut erfüllt, wenn ich ein Album BATHORYs oder Quorthons auflege. Eben, während ich diese Zeilen tippe, läuft 'Pestilence' von der "Destroyer Of Worlds" und die Gänsehaut ist unbeschreiblich. Ich denke an mein Erlebnis auf dem Wacken Open Air 2006. Am Stand von Black Mark traf ich Boss und fragte ihn nach der Jennie-Tebler-Single. Er gab sie mir und sagte nur "It's with Quorthon." - Meine Antwort war ein zurückhaltendes "I know." - Daraufhin gab mir Boss die Hand und sagte "Thank you so much!". Kein weltbewegendes Gespräch, werdet ihr meinen. Ihr mögt Recht haben, aber für mich bleibt es unvergesslich. So unvergesslich wie die Musik, die uns Quorthon hinterlassen hat.

[Rüdiger Stehle, am 03.06.2009]








Tribute







Ein Requiem zum fünften Todestag Quorthons könnte indes nicht komplett sein, ohne auch auf diejenigen einzugehen, die nach dem Tod Quorthons großes geleistet haben, um die Erinnerung am Leben zu erhalten und das musikalische Vermächtnis BATHORYs zu feiern. Ganz besonders möchte ich hier Jeanette Lohaus erwähnen, die sicher viele von euch von Konzerten und aus dem süddeutschen Metal-Business kennen. Jeanette hat eine BATHORY-Tribute-Band namens BATHORLORD ins Leben gerufen und nach Quorthons Tod mit ihrem eigenen Label Black Goat Productions ein Tribute-Album veröffentlicht, das Seinesgleichen sucht.

Das auf Tausend mit Blut nummerierte Gatefold-LPs limitierte Doppelalbum ist mit so viel Liebe zum Detail und Aufwand realisiert, dass sich die Frage erübrigt, wie sehr Jeanette BATHORY und Quorthon schätzt, ja verehrt. Die beiden Langspielplatten sind in den schwedischen Landesfarben gehalten, eine in gelbem und eine in blauem Vinyl, das Gatefold-Sleeve enthält eine sehr lange und sehr persönliche Einleitung von Jeanette, in welcher sie im Detail schildert, wie viel BATHORY ihr bedeutet. Ehrlich, glaubwürdig und ergreifend.

Außerdem enthält das Album ein vierundzwanzigseitiges Booklet im Format von 30 x 30 Zentimetern, in welchem auf den ersten vierzehn Seiten die vierundzwanzig beteiligten Bands jeweils sehr ausführlich zu BATHORY und ihrer jeweiligen Songauswahl Stellung beziehen. Zahlreiche Bilder von Quorthon, Jeanette, Bandmitgliedern und weiteren BATHORY-Fans und -Memorabilia runden ein wunderschönes Booklet ab, dessen zweite Hälfte ein achtseitiges Interview enthält, das Jeanette im Frühjahr 2001 in Schweden mit Quorthon geführt hat, kurz bevor "Destroyer Of Worlds" das Licht der Welt erblickte.

Euch alle Coverversionen im Detail vorzustellen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Dazu werde ich in Kürze ein ausführliches Review schreiben. Die Mehrzahl der vertretenen Bands kommt jedoch aus der Black- und Thrash-Metal-Szene, so dass es euch kaum wundern wird, viele Covers von Stücken der ersten vier BATHORY-Alben zu hören. Doch auch einige Epiker sind vertreten, die vor allem ihre Vorliebe für "Blood On Ice" bekunden.

"A Tribute From The Hordes To Bathory" ist für mich der Inbegriff eines würdigen Tributs, und ich kann jedem BATHORY-Fan nur ganz dringend nahe legen, sich noch ein Exemplar des langsam aber sicher rar werdenden Albums zuzulegen. Es lohnt sich ohne jeden Zweifel.









Ein weiterer essentieller Tribut an Quorthon ist die bereits weiter oben kurz angesprochene "Silverwing"-Single von Jennie Tebler, welche den Titelsong enthält, den Quorthon zusammen mit Jennie Tebler geschrieben und eingespielt hat. Dieser hätte der Grundstein für ein gemeinsames Album werden sollen, das wegen Quorthons Tod nicht mehr verwirklicht werden konnte. Jennie hat dem durchaus kommerziellen aber sehr schönen Stück eine von ihr neu eingesungene Version von 'Song To Hall Up High' zur Seite gestellt, die vor dem Hintergrund dessen, was geschehen ist, eine ganz besondere Bedeutung bekommt. Nicht jeder wird es nachvollziehen können, aber ich habe jedes Mal eine Träne im Knopfloch, wenn ich das Stück höre.

[Rüdiger Stehle]








Zum Abschluss folgen noch einige Kurzinterviews, die wir aus Anlass des Todestages mit einigen Bands geführt haben:









Max Marquart von HELFAHRT:


Seit wann seid ihr Anhänger von BATHORY?
Ich höre Bathory seit meinem 13. Lebensjahr, würde mich aber nicht als "Anhänger" bezeichnen.

Welche Bedeutung hat BATHORY für euer eigenes musikalisches Schaffen und für die Metalszene insgesamt?
Meine Hauptinspiration habe ich nie wirklich von Bathory genommen. Ich denke jedoch, dass er mit seiner Musik den Grundstein für den Pagan Metal und dessen gesamte Szene gelegt hat. Auch den Black Metal hat er mit Alben wie "Blood, Fire, Death" oder "Under The Sign Of The Black Mark" inspiriert. Er war im übrigen der Erste, der die germanische Mythologie für seine Lyrics verwendet hat. Jedoch muss ich zugeben, dass ich von seinem Werk "Twilight Of The Gods" immer wieder zu guten Ideen angeregt wurde.

Wie habt ihr die Nachricht von Quorthons Tod erhalten und aufgenommen?
Ich glaube, ich habe das über einen Bekannten erfahren. Da ich Quorthon nicht persönlich kannte, hat mich sein Tod auch nicht unbedingt berührt. Auch wenn ich es natürlich als äußerst bedauernswert betrachtet habe. Naja, der Preis des R'n'R!

Beeinflussen euch die Musik und die lyrischen Inhalte BATHORYs noch heute?
Nein. Hat es auch noch nie. Ich schätze und liebe seine Alben, höre mir diese gerne an - aber es wäre schon etwas traurig, wenn ich mich heute immer noch von Quorthons Schaffen inspirieren lassen würde. Da gibt es weitaus mehr.

Welches BATHORY-Album hat euch am meisten geprägt?
Definitiv "Twilight Of The Gods" - das ÜBERALBUM schlechthin. Die Scheibe hat damals extreme Verrisse bekommen - vielleicht, weil es das ruhigste und melancholischste BATHORY-Album ist. Vor allem im Rock Hard und Metal Hammer glaube ich ... typischer Heavy-Metal-Schwachsinn! Was das Album betrifft: Die Songs haben eine dermaßen phantastische Atmosphäre - sowas gibt es ganz selten. Witzigerweise ist "Twilight Of The Gods" im Gegensatz zu den anderen Alben kein bisschen heroisch und, wie man heute so gerne sagt, episch! Sogar die Texte sind diesmal annehmbar! Desweiteren ist natürlich "Hammerheart" ein Klassiker, welchen jeder Metalfan sein Eigen nennen sollte.
Und übrigens "SHORES IN FLAMES"! Nicht immer nur das dämliche "One Rode To Asa Bay". "Blood Fire Death" ist auch genial.
Ach ja, bevor ichs vergesse: Es gab auch noch ein Nebenprojekt namens "Quorthon". Die erste Scheibe, "Album", ist genial! Hat nicht das geringste mit BATHORY zu tun - hört euch mal den Kram an, tolle Musik!


Welcher BATHORY-Song hat euch am stärksten fasziniert?
'A Fine Day To Die' von der "Blood, Fire, Death".

Welcher BATHORY-Text hat für euch die wichtigste Message?
Message? Haha!

Wie seht ihr die Person Quorthons, die er den Medien gegenüber darstellte?
Im Alter von 16 habe ich mal ein Interview mit ihm gelesen und weiß noch genau, wie ich mich über ihn empört habe, da er nicht nur den Interviewer sondern vielmehr auch seine Fans und somit die Befürworter und Käufer seiner Kunst mit seinen Aussagen diffamierte. Ich halte diese Einstellung nach wie vor für zweifelhaft und keineswegs "cool". Außerdem stellt sich mir somit auch immer wieder die Frage: Wenn ihm nichts an Interviews lag - warum hat er diese dann zugesagt? Wenn ihm nichts an der Meinung anderer lag - warum hat er dann überhaupt Alben veröffentlicht?

Würdet ihr eine BATHORY-Tribute-Show live sehen wollen?
Nein! Auf keinen Fall! Das wäre wie die schlechte Verfilmung eines guten Buches.







Stefan Schneider von DEATHFEAR:

Seit wann seid ihr Anhänger von BATHORY?
Ich bin so 1992 auf Bathory gestoßen, da habe ich im "Metal Lexicon" einen Bericht über Bathory gelesen und habe mir dann die "Under The Sign Of The Black Mark" noch beim WOM gekauft. Schweineteuer: 50 DM für nen Schweden-Import gezahlt, aber ich wurde nicht entäuscht.

Welche Bedeutung hat BATHORY für euer eigenes musikalisches Schaffen und für die Metalszene insgesamt?
Also für mich die Eigenständigkeit und den Mut, etwas Neues zu schaffen
und auch den Beweis, dass man mit einfachen Mitteln Mega-Songs machen kann.


Wie habt ihr die Nachricht von Quorthons Tod erhalten und aufgenommen?
Ich habe von Quorthons Tod bei einem Underground-Konzert erfahren. Tja, der Abend war gelaufen.

Beeinflussen euch die Musik und die lyrischen Inhalte BATHORYs noch heute?
Ich glaube schon, dass man ein bisschen vom "Meister" in unseren Songs hören kann. Von der lyrischen Seite her ... schwer zu sagen, da sich ja die Thematik bei BATHORY oft geändert hat. Die Texte von den ersten drei Scheiben
haben aber auch bei mir Spuren hinterlassen.


Welches BATHORY-Album hat euch am meisten geprägt?
Definitiv die "Under The Sign Of The Black Mark". So muss Black Metal sein.

Welcher BATHORY-Song hat euch am stärksten fasziniert?
Es ist schwer, bei BATHORY einen einzelnen Song zu wählen. Ich könnte von jeder Scheibe und Epoche zwei bis drei Songs auflisten, aber die Top 3 sind: 'Enter The Eternal Fire', 'Blood Fire Death' und 'A Fine Day To Die'.

Welcher BATHORY-Text hat für euch die wichtigste Message?
Die Frage ist sehr schwer zu beantworten, da der gute Quorthon von Satanismus bis hin zu Icehockey alles verarbeitet hat.
'One Rode To Asa Bay' und 'Twilight Of The Gods' sind sehr interessante Texte. Bei 'Twilight Of The Gods' ist er sehr "sozialkritsch".


Wie seht ihr die Person Quorthons, die er den Medien gegenüber darstellte?
Der Joey DeMaio aus Schweden, hahaha! Da gab es auch immer gespaltene Meinungen über Quorthon und die Medien. Dass er nie live spielen wollte. Aber es ist
sehr faszinierend, was er ohne Auftritte, ohne Bilder und mit nur einem Video alles erreicht hat. BATHORY (/Quorthon) war und bleibt ein "Mysterium".

Würdet ihr eine BATHORY-Tribute-Show live sehen wollen?
Nein, das würde sein Werk vernichten! Keep the legacy!








Bardauk von WALDWIND:

Seit wann seid ihr Anhänger von BATHORY?
Meinen ersten Kontakt mit BATHORY hatte ich recht früh in meiner beginnenden Metalphase. Wie genau ich zu BATHORY gekommen bin, weiß ich allerdings nicht mehr. Wahrscheinlich war es einfach irgendwann klar, dass man das "mal gehört haben sollte". Und gerade aus dem Black Metal heraus entwickelte sich schnell ein gesteigertes Interesse an Quorthons Schaffen. Während ich den Einstieg mit den früheren Black-Metal-Werken gefunden habe, packten mich zusehends die großartigen epischen Hymnen, die die beschriebenen Welten des Nordens und Legenden über Götter und Hämmer einfach perfekt ins (damals noch) Kinderzimmer transportiert haben.

Welche Bedeutung hat BATHORY für euer eigenes musikalisches Schaffen und für die Metalszene insgesamt?
Ich denke, dass Quorthon eine der wesentlichsten Grundlagen für den epischen, hymnenhaften Black Metal darstellt, die sich dann immer mehr in das entwickelt hat, was wir heute "Pagan Metal" nennen. Ein Großteil dieser Szene wird sicher sofort und ohne zu zögern auf BATHORY verweisen. Und auch mein eigenes musikalisches Schaffen wurde und wird immer von Quorthon und dessen visionären musikalischen Arbeit beeinflusst werden.

Wie habt ihr die Nachricht von Quorthons Tod erhalten und aufgenommen?
Die Nachricht, dass Quorthon tot sei, habe ich via Internet beim alltäglichen Metalnews stöbern erfahren. Wie eigentlich nur selten in meinem Leben war ich geschockt und voller Trauer - was ich bei dem Tod eines Menschen außerhalb der eigenen Familie oder des näheren Bekanntenkreises eigentlich nie für möglich gehalten hätte. Doch mit der Nachricht traf mich die Erkenntnis, dass BATHORY NIEMALS wieder eine Platte veröffentlichen werden, wie der buchstäbliche Hammer ins Gesicht. Und so bleibt lediglich immer wieder aufs Neue dem andachtsvoll zu lauschen, was BATHORY bis jetzt geschaffen haben ...

Beeinflussen euch die Musik und die lyrischen Inhalte BATHORYs noch heute?
Jedes einzelne Mal, wenn ich BATHORY höre.

Welches BATHORY-Album hat euch am meisten geprägt?
"Twilight Of The Gods" - aber auch "Nordland II", denn dieses Album hat etwas, was ich bis jetzt noch nicht lokalisieren konnte, was mich aber immer wieder aufs Neue fasziniert.

Welcher BATHORY-Song hat euch am stärksten fasziniert?
'One Rode To Asa Bay' und aus irgendwelchen Gründen 'Vinland'.

Welcher BATHORY-Text hat für euch die wichtigste Message?
Das ist schwierig ... hm, nein, das kann ich eigentlich nicht an einem einzelnen Song festmachen. Überhaupt ist es schwierig, eine "Message" herauslesen zu wollen. Aber möglicherweise steht das Gesamtwerk BATHORY's für visionären Entdeckergeist und Freiheit - Freiheit im Sinne der Kunst, die sich von niemandem beeinflussen und beschränken lässt ...

Wie seht ihr die Person Quorthons, die er den Medien gegenüber darstellte?
Das hat mich eigentlich nie wirklich interessiert - ich habe die Person Quorthons eigentlich lediglich durch die Musik kennen und schätzen gelernt.

Würdet ihr eine BATHORY-Tribute-Show live sehen wollen?
Wann? Wo? Ich bin da!







Hinweise:


Alle Artworks und Photos von Bathory, Quorthon und Jennie Tebler sind geistiges Eigentum der Firma BLACK MARK AB. Dort könnt ihr alle oben besprochenen Alben mit Ausnahme des Tribute-Albums "A Tribute From The Hordes To Bathory" bekommen.

Das Artwork zu "A Tribute From The Hordes To Bathory" ist geistiges Eigentum von Black Goat Productions und Jeanette Lohaus. Über den Link könnt ihr euch erkundigen, ob das Album noch erhältlich ist.


Die Interviews mit HELFAHRT und DEATHFEAR wurden von Julian Rohrer geführt, das Interview mit WALDWIND von Rüdiger Stehle.

Redakteur:
Rüdiger Stehle

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