LAID IN ASHES: Interview mit Markus Siegemund
09.10.2008 | 15:48Aus dem Ruhrgebiet kommt ja bekanntlich immer etwas Gutes. Diesmal dreht es sich um die Bottroper Death-Metal-Knüppler mit dem klangvollen Namen LAID IN ASHES, die nach unermüdlichen Jahren und einer durchaus schon beachtlichen Reihe von Live-Gigs nunmehr ihr drittes Album unter das Volk bringen. Für Drummer Markus Siegemund ist dies Anlass genug, sich auf eine kleine Rückschau über das bisher Erreichte einzulassen.
Erika:
Mit "Solitary Ghostrider" werft ihr gerade euer drittes Album auf den Metalmarkt. Was ist an der neuen Scheibe anders als an den beiden Vorgängern? Ihr blickt ja inzwischen auf eine rund neunjährige Bandgeschichte zurück. Wie habt ihr euch in dieser Zeit musikalisch verändert und weiterentwickelt?
Markus:
Hmm, eine gute Frage. Ich möchte jetzt nicht wie so viele andere Bands sagen, dass unser neues Album mit Abstand das beste aller Zeiten ist. Das muss jeder selbst beurteilen. Ich persönlich fand aber auch schon die Songs auf "Bastards From Hell" stark, nur der Sound hat leider einiges kaputt gemacht. Wir liefen schon Gefahr, als reine Liveband zu gelten, die auf der Bühne alles wegpustet, aber auf CD etwas abkackt. Mit "Solitary Ghostride" ist es uns dank des fetten Sounds aus dem "Soundlodge"-Studio zum ersten Mal gelungen, unsere ganze Energie im Studio einzufangen. Die musikalischen Veränderungen sind nicht so gravierend. Vielleicht sind wir ein bisschen melodischer und gleichzeitig etwas heftiger geworden. Mann, Mann ... neun Jahre, da sagste was! Wir müssen im nächsten Jahr schon unser zehnjähriges Jubiläum feiern. Dafür planen wir was Feines.
Erika:
In welchem Verhältnis stehen bei euren Arbeiten Musik und Lyrics? Was steht am Anfang: Die Idee zu einem Riff, einer genialen Melodie oder ein Gefühl für etwas, das ordentlich knallt oder eine textliche Thematik, die umgesetzt werden will?
Markus:
Die Lyrics kommen erst nachdem der Song in instrumentaler Form fertig ist. Wir starten meist mit einem einzelnen Riff. An manchen Songs basteln wir echt lange herum. Wir mögen es nicht, zwanzig Songs für ein Album aus dem Ärmel zu schütteln, um dann die besten zehn davon auszuwählen. Stattdessen basteln wir so lange an einem Song herum, bis er für jeden von uns perfekt ist und er deshalb ohnehin auf das Album muss.
Erika:
Wie wichtig sind euch inhaltliche Botschaften im Text? Spielt das überhaupt eine Rolle für euch? Stecken hinter manch finsterer Thematik gar persönliche Grenzerfahrungen, die ihr künstlerisch in eurer Musik verarbeitet?
Markus:
Da ich die Texte schreibe, kann ich jetzt bei der Antwort aus dem Vollen schöpfen. ;-)
Wir sind keine politische Band und wollen den Hörern keine tief schürfenden Botschaften eintrichtern. Das Ganze soll einfach nur Spaß machen. Okay, manchmal benutze ich Texte als Ventil, wenn ich mal gerade miese Laune habe und meinen ganzen Hass niederschreiben will. Trotzdem haben die Inhalte keinen Bezug zur Realität. Wenn man sich so manchen Text durchliest, wird man schnell merken, dass ich sehr viel mit Klischees arbeite. Ich mag das einfach und es kommt nicht gerade selten vor, dass ich mir eine Strophe aus den Fingern sauge und mich dabei fast kaputt lache.
Erika:
Es gibt unglaublich viele junge Bands, die sich auf dem Musikmarkt tummeln und versuchen erfolgreich zu sein. Nur die wenigsten kommen raketenartig voran und werden populär. Bei euch sieht es so aus, als zahle sich zähe lange Arbeit und Beharrlichkeit aus. Inwieweit spielt es für euch selbst eine Rolle, mit eurer Musik erfolgreich in einem kommerziellen Sinne zu sein? Hat euch jemals die Vorstellung bewegt, von der Musik vielleicht einmal leben zu können?
Markus:
Wir sind nie so naiv gewesen zu denken, dass wir einmal von unserer Musik leben könnten. Dafür ist es einfach nicht das richtige Genre. Welche Band aus dem Death- oder Thrash-Bereich kann schon auf sonstige Jobs verzichten? Das ist vielleicht eine Handvoll.
Es kam schon mal vor, dass etwas Frust in uns hochstieg, denn wenn du jahrelang kämpfst und es kaum jemand mitbekommt, wirst du echt bescheuert. Es ging uns dabei nie um Kohle, sondern um Anerkennung für das was wir machen. Wir arbeiten hart am Songwriting und reißen uns auf der Bühne regelmäßig den Arsch auf. Ich glaube, live haben wir noch nie jemanden enttäuscht. Für unsere Konzerte haben wir fast ausschließlich tolle Reviews bekommen (im Gegensatz zu den beiden ersten Alben), aber wir haben trotzdem immer ganz unten herumgekrebst. Man darf sich davon nur nicht abschrecken lassen. Vielleicht ändert sich ja diesmal etwas. Die Reviews werden immer besser. Wir möchten ja nur möglichst viel live spielen und Platten aufnehmen, die wir auch selber kaufen würden.
Erika:
Was macht ihr im bürgerlichen Leben?
Markus:
Das willst du gar nicht wissen, haha! Das ist teilweise so was von uncool. Das reicht vom Mechatroniker über Informatiker, Reisebürokaufmann (oder so ähnlich) bis zum Erzieher und Marktforscher. Jetzt bist du völlig desillusioniert, oder? Kein Metzger, Bestatter oder Kirmesboxer dabei. ;-)
Erika:
Gibt es Bezüge zu anderen Musikstilen jenseits des Metal, die euch beeinflussen?
Markus:
Wir sind alle mit unterschiedlichsten Musikrichtungen aufgewachsen. Die 80er mit all ihren popmusikalischen Auswüchsen gehören dazu, ebenso wie Rock der 70er. Auch heute noch mag jeder von uns Bands aus anderen Genres. Ich glaube allerdings nicht, dass man das in unseren Songs hört. Man pickt sich halt von allem das Beste raus.
Erika:
Welche Ziele setzt ihr euch mit dem Rückenwind des neuen Albums für die kommende Zeit?
Markus:
Wie schon eben erwähnt, ist es für uns besonders wichtig, ein bisschen herum zu kommen, auch mal wieder aus NRW raus. Das eine oder andere Festival wäre auch nicht schlecht. Wir wollen endlich mal wieder ein größeres Publikum wegblasen.
Ganz wichtig ist auch ein neuer Deal, da unser Vertrag mit Perish In Light mit diesem Album ausläuft und das Label ohnehin in Zukunft nichts mehr veröffentlichen wird. Okay, vielleicht überleben die ja, wenn sich unser Album gigantisch verkauft, haha.
Erika:
Ihr habt in den vergangenen Jahren schon mit durchaus namhaften Bands auf der Bühne gestanden. Was ist denn in naher Zukunft in dieser Hinsicht zu erwarten? Habt ihr Einfluss darauf, an welchen Touren ihr teilhaben könnt?
Markus:
GOREFEST oder EXODUS sind zwar schon tolle und bekannte Acts, aber das war eher sporadisch und nur für einzelne Gigs. Natürlich wünschen wir uns, dass so etwas in Zukunft häufiger vorkommt, aber eine ganze Tour müsste wegen unserer Jobs schon relativ weit im Voraus geplant werden. Es gab schon Angebote, aber meist war es das berühmte "pay to play".
Erika:
Zuweilen schicken Veranstalter ja drei, vier oder sogar fünf Bands auf gemeinsame Tour, die manchmal nicht einmal besonders gut zusammen passen. Wie bewertet ihr solche Packages, bei denen Fans mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit oft nur wegen der ersten beiden Headliner kommen und kleinere Bands nur kurze Zeiten Gelegenheit haben, sich zu präsentieren?
Markus:
Im Prinzip ist es ja gar nicht so schlecht die Richtungen ein bisschen zu mischen. Wenn ich mir CANNIBAL CORPSE anschauen will, muss ich nicht noch fünf weitere Death-Metal-Bands dabei haben. Da darf auch ruhig mal eine Thrash- oder Black-Metal-Band dabei sein. Ich meine, auf Festivals ist es den Leuten ja auch egal, wenn nach NILE plötzlich IN EXTREMO auf die Bühne gehen. Ich persönlich kann sehr gut damit leben und ich denke, viele andre Metaller auch. Die wenigsten sind Puristen, die nur eine ganz bestimmte Richtung dulden.
Erika:
Euer aktuelles Label Perish In Light verschwindet bedauerlicherweise von der Bildfläche. Was bedeutet das für euch?
Markus:
Wie gesagt, wir waren eh darauf vorbereitet, uns ein neues Label zu suchen. Trotzdem ist es schade und es tut uns für Vanessa und Thomas schon sehr leid. Die beiden sind Idealisten und wollten das Ganze nebenbei betreiben, weil sie einfach Spaß an der Sache haben. Wenn man allerdings immer nur Kohle rauswirft und kaum etwas zurückkommt, geht das auf Dauer nicht gut. Wir wünschen den beiden auf jeden Fall alles Gute. Vielleicht können wir ihnen mit unserem neuen Album ja das Leben etwas leichter machen.
Erika:
Gibt es zum Abschluss noch etwas Wichtiges, das ihr gerne an die POWERMETAL.de-Leser loswerden wollt? Jetzt ist Gelegenheit dazu!
Markus:
Hört auf jeden Fall mal in unser Album rein! Zwei Songs gibt es ja als Appetizer auf Myspace. Und wenn wir bei euch in der Nähe spielen, kommt einfach mal vorbei! Ihr werdet bestimmt nicht enttäuscht sein.
Und an alle Musiker: Nehmt euch nicht immer so ernst. ;-) Man muss auch nicht unbedingt so viele Bands wie möglich gründen. Es gibt schon genug!
Erika:
Danke für deine Zeit und viel Erfolg mit "Solitary Ghostride"
Markus:
Danke auch und bis zum nächsten Mal!
- Redakteur:
- Erika Becker