JUSTICE: Interview mit Frank Graffstedt

01.01.1970 | 01:00

Auf unserem Jubiläumsfestival Night Of Power, welches am 16.10. in der Livefactory Adelsheim steigt, werden auch die Süddeutschen JUSTICE zum Tanz aufspielen. Ein stimmungsgeladener Auftritt ist bei dieser Band garantiert. Gitarrero Frank Graffstedt stand mir vorab Rede und Antwort.


Stephan:
Ihr seid ja schon auf großen Festivals wie dem Wacken Open Air und dem Summer Breeze aufgetreten. Was bedeutet euch der Auftritt auf der Night Of Power?

Frank:
Egal wann und wo wir mit unseren eigenen Sachen auftreten, es ist immer etwas ganz besonderes, so auch der kommende Auftritt bei der Night Of Power. Im Grunde genommen kann man eigentlich gar nicht beschreiben, wie aufregend das ist bei den Großen mal hinter die Kulissen schauen zu dürfen. Bei einer solchen Gelegenheit können wir die Musiker kennen lernen, deren Songs wir sonst an den Wochenenden covern. Wahnsinn!!!

Stephan:
Denkst du, dass das stilistisch sehr gemischte Billing auf der Night Of Power viele Leute anziehen kann oder dass damit ein gewisses Risiko verbunden ist?

Frank:
Ich denke, bei einem guten Metal-Festival sollte für jeden Geschmack etwas dabei sein, deshalb kann die Mischung eigentlich gar nicht bunt genug ausfallen. Mit BRAINSTORM und EKTOMORF habt ihr zwei hammermäßige Headliner am Start, da kann doch eigentlich nichts schief gehen!

Stephan:
Spielt ihr lieber auf großen Festivalbühnen oder darf es auch schon mal ein kleiner, verrauchter Club sein?

Frank:
Beides hat seinen ganz besonderen Reiz, solange es vor der Bühne nicht vollkommen leer ist ;-)) Ich liebe die verrauchten Clubs, da fühle ich mich zu Hause und kann relativ angstfrei die Bühne betreten. Wenn ich jedoch vor einem Festival-Auftritt die große Festivalbühne von unten sehe, bekomme ich immer diesen unangenehmen Druck in der Magengegend und denke mir: “Hoffentlich kommen wenigstens ein paar von unseren treuen Fans, damit es von oben nicht ganz so leer ausschaut”. Je näher der Auftritt dann rückt, um so schlimmer wird es dann bei mir. Das ist eigentlich schon kein Lampenfieber mehr, das ist die blanke Panik! Bislang war diese Angst völlig unbegründet. Sowohl in Wacken als auch auf dem Summer Breeze und dem Earthshaker-Fest haben uns unsere Leute dermaßen unterstützt, dass ich einfach nur noch ungläubig staunen konnte. Ich stand auf der Bühne und dachte mir, das muss doch der falsche Film sein!!! Zum Glück war er es nicht!!! An dieser Stelle von ganzem Herzen einen Dank an unsere treuen Fans!

Stephan:
Durch eure Covershows kommt ihr ja auf eine ganze Menge Shows im Jahr. Hat sich da mittlerweile so etwas wie Routine eingestellt oder ist trotzdem noch jeder Gig etwas besonderes?

Frank:
Wir haben in den 16 Jahren unseres Bestehens ca. 1600 Covershows gespielt. Eine Art von Routine stellt sich da automatisch ein. Unsere Techniker arbeiten so professionell, dass wir uns voll und ganz auf’s Spielen konzentrieren können, den Rest macht die Crew. Da gibt es keine zwei Stunden Soundcheck oder drei Stunden Lampen einleuchten. Wenn man mit solchen Leuten zusammenarbeitet, kann man beruhigt zum Auftritt fahren und weiß, dass alles funktioniert. Das gibt einem das Gefühl von Sicherheit. Trotzdem gehe ich immer noch mit leichtem Lampenfieber auf die Bühne, das wird sich wohl auch nie ändern. Was einen Gig für uns besonders macht, ist vielmehr die Reaktion des Publikums, das ganze Drumherum, Leute, die man dort kennen lernt oder auch Kleinigkeiten, die während eines Auftrittes passieren. Und irgendwie passiert eigentlich immer etwas...

Stephan:
Auf der Night Of Power werdet ihr euer eigenes Material zum Besten geben. Konzentriert ihr euch da ausschließlich auf eure beiden Alben oder gibt’s möglicherweise auch eine Covernummer zu hören?

Frank:
Als Coverband haben wir keinen so leichten Stand in der Szene. Nicht wenige Leute sind der Meinung, wir sollten doch weiterhin fröhlich vor uns hincovern und die “richtige” Musikwelt gefälligst in Ruhe lassen. Diesen Gefallen werden wir ihnen jedoch keinesfalls tun. Damals hat die Coverszene aufgeschrieen, wir sollen unseren Krach gefälligst im Proberaum, nicht jedoch auf öffentlich zugänglichen Bühnen spielen! Heute geschieht uns dasselbe mit unseren eigenen Stücken. Soll heißen, wir werden bei der Night Of Power ausschließlich Material der beiden Alben zum Besten geben, um nicht auch noch Wasser auf die Mühlen unserer ärgsten Kritiker zu schütten!

Stephan:
Kannst du dir vorstellen, dass JUSTICE irgendwann mal komplett die Coverschiene verlassen und ihr euch nur noch auf euer eigenes Material konzentriert?

Frank:
Ich weiß nicht, seit zwölf Jahren stehe ich jetzt so gut wie jedes Wochenende mit den Jungs auf der Bühne. Wenn wir Urlaub machen, schaue ich am Wochenende auf die Uhr und denke mir: gleich 20:00 Uhr, hm, eigentlich wäre jetzt Soundcheck; gleich 21:00 Uhr, Abendessen; gleich 22:00 Uhr, Intro und dann ab! Ich glaube, das alles würde mir so richtig fehlen. Selbst für den unrealistischen Fall, dass wir von der eigenen Musik leben könnten, würde ich die Coverschiene nicht verlassen wollen, dafür hänge ich einfach zu sehr daran. Die Tatsache, dass es dem Daniel Zimmermann von Zeit zu Zeit immer noch in den Fingern juckt, zeigt, dass es mir da wohl nicht alleine so ginge…

Stephan:
Ihr habt ja vor allem in Süddeutschland eine sehr treue Gefolgschaft. Wie erfolgreich seid ihr eigentlich anderswo und denkst du, dass ihr euch im Rest von Deutschland einen ähnlich guten Namen machen könnt?

Frank:
Du hast Recht, unsere Fans in Süddeutschland sind an Treue wohl kaum zu überbieten, da gibt es kein Vertun. Für den Rest der Republik sind wir ein weitgehend unbeschriebenes Blatt, da brauchen wir uns nichts vormachen. Um das ein wenig zu ändern, planen wir gerade als Support einer namhaften Band durch Deutschland zu touren. Mal sehen, ob’s klappt…

Stephan:
Ihr leiht euren Drummer Rami ja an EVIDENCE ONE aus und lasst euch dafür von Daniel Zimmermann (GAMMY RAY, FREEDOM CALL) unterstützen. Kommen solche Gastauftritte und Abwerbungen öfter vor und werdet ihr auf der Night Of Power mit eurem regulären Line-up am Start sein?

Frank:
Auf jeden Fall sind wir mit allen Mann dabei! Was die Aktivitäten von Ramy außerhalb der Band betrifft, so kann er im Grunde genommen tun und lassen was er will, solange es unsere Planung nicht völlig über den Haufen wirft und wenn er mit EVIDENCE ONE als Support von SAXON auf Tour gehen kann, dann wären wir wohl die Letzten, die ihm diese einmalige Chance verbauen würden. Mal davon abgesehen ist es für uns natürlich auch eine Ehre mit Daniel Zimmermann zusammen auf der Bühne zu stehen, keine Frage…

Stephan:
Nachdem du nun ein wenig Abstand zu eurem zweiten Album "The Descendant" gewinnen konntest, welches Fazit ziehst du von der Scheibe, auch im Vergleich mit "Hammer Of Justice"?

Frank:
Die "Hammer" war unser erstes eigentliches Lebenszeichen als eigenständige Band. Sie ist roh, ungeschliffen und aus dem Bauch heraus! Das war zu der Zeit, in der sie entstanden ist, genau das, was wir gebraucht haben: ein Tritt in den Arsch als Initialzündung. Bei der "Descendant" haben wir dann wesentlich mehr Wert auf die Ausarbeitung der einzelnen Songs gelegt. Wir wollten sie nicht so roh belassen, sondern mehr ins Detail gehen. Für mich ist die "Descendant" eine Weiterentwicklung der "Hammer" in die richtige Richtung.

Stephan:
Würdest du mir zustimmen, wenn ich sage, dass ihr auf "The Descendant" nicht mehr ganz so unkonventionell sämtliche Stilrichtungen abgrast und euch mehr auf knackigen Thrash Metal fokussiert?

Frank:
Ohne wenn und aber. Die Wurzeln von Mitch und mir liegen fast ausschließlich im Thrash Metal. Ich denke, man kann eindeutig erkennen, welche Songs aus unserer Feder stammen und welche nicht. Wie gesagt, die "Hammer" war aus dem Bauch heraus und eher ein wüstes Gemisch von dem, was uns gerade so einfiel. Bei der "Descendant" haben wir versucht unsere Ideen etwas mehr in eine Richtung zu steuern. Dabei heraus kam ein Thrash-Album, was ganz in meinem Sinne ist.

Stephan:
Was hat euch eigentlich damals vor "Hammer Of Justice" den Anstoß gegeben ein komplettes Album mit eigenen Stücken einzuspielen, nach immerhin 14-jährigem Bestehen?

Frank:
Im Grunde genommen wollten wir mit JUSTICE eigentlich immer schon eigene Stücke schreiben und aufnehmen. Irgendwas kam jedoch andauernd dazwischen. Als ich vor ca. 12 Jahren zur Band stieß (damals noch als Sänger!) hatten die Jungs bereits ein Demo mit ihrem vorherigen Sänger aufgenommen. Der konnte jedoch so hoch singen, dass wir die Songs für mich erst einmal hätten umschreiben müssen, was die Intention der Songs aber völlig verändert hätte. Also machten wir uns daran neue Stücke zu schreiben. Damals wohnte und arbeitete ich noch in Düsseldorf und kam nur für das Wochenende mit dem Zug nach Franken, deshalb gestaltete sich das ganze Unterfangen äußerst mühselig (mit den neuen Technologien wie Hard-Disc-Recording und DSL Internet Anschluss kann man heutzutage von überall auf der Welt innerhalb kürzester Zeit Songideen austauschen und bearbeiten, das hätte ich mir damals auch gewünscht!). Irgendwie war es uns zu dem Zeitpunkt und über die Entfernung einfach nicht möglich, effektiv an den Songideen zu arbeiten. Der zunehmende Erfolg von Hannes bei J.B.O. erschwerte uns das ganze noch zusätzlich. Da Hannes in der Zeit sehr fleißig Songs für J.B.O. schrieb und mit der Band häufig auf Tour war, blieb ihm da eigentlich nur noch am Wochenende Zeit für JUSTICE.
Das war schon der Hammer: teilweise tourte Hannes von Montag bis Donnerstag mit J.B.O. durch Deutschland, um dann am Freitag und Samstag wieder mit JUSTICE auf der Bühne zu stehen. Wir fragten uns damals, wie lange er das wohl durchhalten kann und irgendwann kam dann auch der Zeitpunkt, an dem es bei ihm nicht mehr ging. Hannes stieg aus, Mitch kam, ich mutierte zum Gitarristen. Wieder eine neue Situation für die Band. Neue Songs wurden geschrieben und aufgenommen, da verkündete unser damaliger Drummer Iain Finlay, er werde in absehbarer Zeit zurück nach Südafrika ziehen. Na prima! Iain ging, Ramy stieg ein. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits den Gedanken aufgegeben, dass wir mit JUSTICE jemals ein komplettes Album aufnehmen würden. Auch als Mitch dann mit neuen Songideen ankam, habe ich mich erst einmal bedeckt gehalten und geschaut, was jetzt wohl wieder passiert. Doch der Zeitpunkt war anscheinend ideal, so als hätten alle darauf gewartet, dass einer von uns den ersten Schritt tut. Endlich passte mal alles zusammen und innerhalb kürzester Zeit war das Album im Kasten. Ich denke das erklärt auch, warum die Songs auf der "Hammer" so ungeschliffen und roh klingen. Wir wollten nicht noch ewig im Proberaum sitzen und jedes einzelne Stück bis zum Letzten ausarrangieren, wir wollten unbedingt ins Studio, aufnehmen! Diese Intention kann man auf der "Hammer" sehr schön hören, sie klingt wie ein Befreiungsschlag!

Stephan:
Kannst du schon ungefähr abschätzen, wann ein neues Album von euch rauskommt und habt ihr vielleicht sogar schon ein paar Songs fertig?

Frank:
Da bei uns erfahrungsgemäß immer was dazwischen kommt, ist das so eine Sache mit dem ungefähren Abschätzen. Einige Songs sind fast fertig, anderen fehlt noch der Text und Ideen sind reichlich vorhanden. Ich würde mir auf jeden Fall wünschen, dass das neue Album (Arbeitstitel "Dead On Arrival") Ende 2005 erscheint. Wir werden sehen…

Stephan:
Informierst du dich öfter im Internet und speziell bei Online-Magazinen was so los ist in der Welt des Heavy Metal?

Frank:
Ein klares Ja! Sowohl durch Magazine (Metal Hammer, Rock Hard, Legacy, Metal Heart) als auch durch Online-Magazine versuche ich immer auf dem neusten Stand der Dinge zu sein.

Stephan:
Vielen Dank für das Inti und man sieht sich dann auf der Night Of Power.

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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