In der Gruppentherapie: ASPERA - "Ripples"

07.02.2010 | 17:52

Beim Progressive Melodic Metal ist die Genre-Konkurrenz bekanntermaßen recht zahlreich, wenngleich im Januar-Soundcheck eher mit Thrash und Black Metal zu wetteifern war. ASPERA zogen sich dabei mit einem geteilten dritten Platz mehr als achtbar aus der Affäre.


ASPERA haben einen sauber modellierten Grundstock. Dass sie noch keinen Sprung in die Unverzichtbarkeit vollführen können, verhindern die instrumental wenig sensationellen Songs. Musikerpolizei-Metal, der mit pfeifenden Keyboards, den bekannten Gitarrentricks, niemals überraschenden Breaks und Schlagzeugfiguren in ein maßgeschneidertes Kompositionskorsett gepfropft wird, riecht immer noch nach frisch gestrichenem Gartenzaun. Die Norweger schauen brav zurück anstatt nach rechts oder links und machen all das, was die Neunziger-Prog-Metal-Freunde garantiert nicht verschreckt unter die Bettdecke kriechen lässt; eine derart unterwürfige Haltung gegenüber Genrevereinbarungen dürfen sich auch nur junge Bands noch erlauben. Dennoch ist Berechenbarkeit sehr schnell uninteressant. Zudem wird bei der bekannten Retrospektive der Fehler begangen, Atle Pettersen selten einzubeziehen. Der Junge am Mikro muss den anderen oft tatenlos beim Rummachen zuhören; es scheinen noch nicht alle gemerkt zu haben, dass er der Coolste ist und der Grund, warum "Ripples" nicht in der grauen Bausparvertragszone versumpft und auch Emotionen transportiert. Mit seinen wandelbaren Hooklines, die bisweilen ENCHANT-Atmosphäre erzeugen, zieht er einiges nach oben. Die besten Melodien warten dabei in 'Do I Dare', 'Remorse' und 'Catatonic Coma'; in seiner Gesamtheit am überzeugendsten ist 'Torn Apart', weil es hier nicht darum geht, zwanghaft Solospots zu schalten, sondern um Nachhaltigkeit. Und um Pettersen, der im Vordergrund stehend zeigen darf, was er kann.

Note: 7,0/10
[Oliver Schneider]


Huch, was hat sich dann da zu den beiden Thrashern auf's Treppchen gemogelt? Prog Metal. Das ist ja ganz was für mich. Schicke, relativ lange Songs, die an den Rändern kompositorisch ausfransen, sich aber um ein Fundament aus sehr melodischem Rock und Metal gruppieren. Dabei tritt der Prog-Faktor gegenüber vergleichbaren Bands gelegentlich in den Hintergrund, statt dessen schleicht sich Melodic Rock auf leisen Sohlen vor den Laser. Allerdings spart man aber nicht zu sehr mit Breaks, als dass man den Ottonormalprogger verstören würde, aber der Fluss der Songs wird in nur selten gestört. Zudem ist Sänger Pettersen eine echte Bank, der allein einen Bonuspunkt wert ist, aber auch instrumental bieten ASPERA mehr als ordentliches Futter für die Frickelfraktion, auch wenn Songdienlichkeit häufig groß geschrieben wird. Ich bin zwar überrascht, dass es "Ripples" so weit nach oben im Soundcheck geschafft hat, weil die häufig dominant eingesetzten Keyboards einige Parts doch sehr unmetallisch machen, aber das beweist nur mal wieder, wie wenig Scheuklappen die Kollegen aufhaben und dass auch eine seichtere Version von SYMPHONY X, DREAM THEATER und FATES WARNING echte Chancen hat.

Note: 8,0/10
[Frank Jaeger]


Ja, ganz ohne Frage: Würde unser Soundcheck nach Artwork Noten verteilen, so hätten ASPERA nicht nur die 10 Punkte, sondern auch den Sieg verdient. Doch leider - man möge mir diesen Wortwitz verzeihen - schießt die doch recht eintönig-plüschige Musik den Vogel auf dem Cover ab. ASPERA melodieren so vor sich hin, als hätten sie - und nicht Milka - Luflée erfunden. Ganz wie in der Schokolade steckt auf dem Album neben einigen leckeren Sachen verdammt viel Luft. Da wird solider Rock neben ziemlich weichgespülte Prog-Passagen gestellt, woran der Knackpunkt des Ganzen auch schon gefunden wäre: Obwohl das Album als Prog verkauft wird, sind es gerade jene Passagen, die mir den Hörgenuss ziemlich versauen. Denn wo andere Bands genau dort ansetzen und eine eigene Duftmarke setzen können, verlieren sich ASPERA in den ewigen Weiten des Progs, ohne es zu schaffen, ihren eigenen Claim nachhaltig abzustecken. Das liegt vor allem daran, dass die angeproggten Passagen sehr stark von anderen Bands beeinflusst werden - und wenn das schon einem auffällt, der wie ich sicher nicht der versierteste Prog-Fan ist, so mag sich das für Genrekenner noch deutlich offensichtlicher gestalten. Und so bleibt das Fazit, das hier wie die Faust aufs Auge passt: Ein in vielen Bereichen ordentliches Album, das nicht mitreißt.

Note: 6,5/10
[Julian Rohrer]


Eines können ASPERA gut - eingängige Melodien von hoher Einprägsamkeit zu schreiben. Bereits der nach dem Intro eröffnende Titeltrack 'Ripples' oder auch 'Between Black & White' haben solch feine harmonische Klangkunst zu bieten. Und doch fehlt ausnahmslos allen Songs das Griffige und Robuste - man sehnt sich mit der Zeit regelrecht nach ein paar mehr Kanten im weichgespülten Soundgewand. Somit stehen ASPERA für ein leider recht weit verbreitetes Phänomen im Progressive-Metal-Sektor: Sowohl in Bezug auf Melodik und Songwriting als auch in technisch-handwerklicher Hinsicht ist das Ganze als äußerst gefällig zu bezeichnen, und doch geht der Musik über weite Strecken die notwendige Spannung ab. Würde man auch mal eine unkonventionelle Passage oder einfach einen gröberen, überraschenden Ausbruch dazwischen schieben, würde das auch die übrige musikalische Kost deutlich aufwerten. Immerhin gibt es viele talentierte Prog-Metal-Kapellen, die einen ähnlichen Sound pflegen, und somit hat man alles auf diesem Album zum Besten gegebene doch schon mal "irgendwo" gehört und es gibt keine spezielle eigene Note, die genau diese Band unverwechselbar und mithin interessant erscheinen ließe. So ist ASPERA mit "Ripples" ein gutes, für Genre-Sympathisanten sicherlich auch sehr ansprechendes Werk gelungen, das allerdings eine sehr geringe Halbwertszeit aufweist, da zu wenig wirklich nachhaltig hängen bleibt.

Note: 7,5/10
[Stephan Voigtländer]


Die junge Band aus Skien hat ein Durchschnittsalter von knapp zwanzig Jahren und überzeugt auf ihrem Debüt nicht nur mit einem schönen Artwork und einer noblen geomusikalischen Herkunft, sondern auch mit ihrer Musik, die mich persönlich deutlich mehr begeistern kann als das Gros der regelmäßig abgefeierten Prog-Helden, die manchen Soundcheck des Jahres 2009 für mich sehr mühsam machten. Warum aber gefällt mir ASPERA so gut? Nun, zum einen finde ich den abwechslungsreichen Gesang von Atle Pettersen toll, das Keyboard hat sehr angenehme 70er-Vibes und die gesamte Ausstrahlung ist angenehm sphärisch und doch nicht psychedelisch oder psychotisch. Sehr locker und flockig, um es mal so zu sagen, und doch direkt und einprägsam. Manchmal schlägt auch eine sympathische 80er-Pop-Schlagseite durch, was ich an dieser Stelle ganz klar als Kompliment verstanden wissen will. Als spürbare Einflüsse höre ich PAGAN'S MIND und SYMPHONY X heraus, was ja durchaus große Referenzen sind. Die sehr gelungene Produktion von Jens Bogren tut ein Übriges, um ASPERA auf der Landkarte der Genreprogger sehr dick zu unterstreichen.

Note: 8,5/10
[Rüdiger Stehle]


Zu "Ripples" gibt es natürlich auch eine ausführliche Rezension.

Redakteur:
Stephan Voigtländer
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